Im Tode noch, den sie umarmt verlachten. Doch niemand traf sein Argwohn und die Rache Mit größrer Wuth, als seine Günftlinge; Er sah' das Blut von dreißig Königinnen Sein Mordschwerdt fårben, eben so viel Söhne Entriß sein Grimm, noch in der ersten Blühte, Den schönen Hoffnungen der spåtern Jahre. Ein junges kaum der Brust entwöhntes Paar, War noch allein von dieser Anzahl übrig, Als er, den Stamm der herrschenden Caliphen Dem Throne zu erhalten, fest beschloß,
Dieß Paar, des Hauses Rest, vom Hof entfernt, Und sicher vom Verdacht erzieh'n zu lassen. Er ruft dem Elim. Dieser war sein Leibarzt, Der weiseste, den damals Persis nåhrte, Noch glänzt sein Nam' aus seiner Ewigkeit Die Enkel an, die seinen Fußtritt lesen. Aus langer tieferforschender Erfahrung War ihm der Sterne Lauf, der Kräuter Tugend, Des Leibes Wunderbau, der ganze Reichthum Der würksamen Natur in Luft und Wasser, In Wald und Thal bekannt, sie hatte nichts Das seinem tiefen Blick verborgen blieb. Groß war sein Geist, doch größer noch sein Herz. Dem König selbst, dem niemand redlich war, War seine Tugend wohl geprüft und heilig; Dem trug er auf die Söhne zu erzieh'n, Damit sie fern vom höfischen Gepränge, Der Klippe, wo so oft die Unschuld scheitert, Mit Wissenschaft und Arbeit sich bemühten, und, ohne sie dem Vater abzudringen, Von Herrschsucht frei, der Krone würdig würden.
Der Weise führt die königliche Söhne In seine Wohnung, wo er sie, geschieden Von Hof und Welt, in einen stillen Hain Zur Einsamkeit verschloß. Hier zieht er beide Im Schooß der Weisheit und der Tugend auf Voll Unschuld, an sanften Freuden fruchtbar Fließt ihre Jugendzeit unmerklich hin.
Wieland. Sie liebten Elim, wie man Våter liebet, Und sich so zärtlich, daß auf diesen Tag Von mehr als brüderlich vertrauten Seelen Der Perser spricht: sie lieben sich, Wie sich Ibrahim und Abdallah liebten.
Der weise Elim hatt' ein einzig Kind, Ein himmlisch Mädchen, wie die Liebe zårtlich, Schön wie der Mai, entzückend wie die Unschuld. Das beste Herz schlug in der schönsten Brust, Der schönste Geist sprach aus den sanften Augen, Von ihrem Munde floß, wie Frühlingsthau
Aus jungen Rosen rinnt, die süße Rede. Gleich alt als wie die Prinzen blüht Balsora Mit ihnen auf. Sie liebten beide fie Wie eine Schwester. Doch Abdallah fühlte Noch mehr für sie; ihn nahm ihr stiller Reiz, Ihr Herz nach seinem Herzen ausgebildet, Ihr ganzes Thun, der Klang von ihrer Stimme, Ihr Blick, ihr Gang, mehr als den Bruder ein. Sie fühlten beid, im Lieben unerfahren, Doch für einander, von der Lieb' erschaffen, Mehr, als Geschwister, wenn sie sich umarmten. Für sie nur übte sich sein Mund in Liedern, Die ihren Nainen durch die Cedern tönten; Für ihn brach sie in ihrer frohen Unschuld Am Rosenbach neu aufgeblühte Blumen. Oft ruhten sie in zärtlicher Umarmung, Wie in der göldnen Zeit der jungen Welt Die Unschuld am geliebten Herzen ruhte; Oft sahe sie am Rand der Silberquelle Der Mond sich küssen und ihr Schicksal segnen.
Doch, grausame und dennoch füße Liebe! Sprich, gabst du niemals deine Wonne lauter? Ja dieß ist dein Gesetz! erst nach dem Schmerze, Nach langem Schmerz und thrånenvollen Tagen Gewährst du uns in den gesehnten Armen Des Lebens Lust, der Liebe Götterfreuden.
Balsorens Schönheit, floh sie gleich den Ruhm, War viel zu groß, um unbekannt zu bleiben; Wie Blumen oft, von keinem Aug bewundert, Einsiedlerisch in dunkeln Thälern welken. Ihr Ruf drang auf den Flügeln des Gerüchtes Durchs ganze Land bis zu des Fürsten Ohren. Die Nachricht weckt die alte Brunst in ihm, (Er war zu wenig Mensch zur sanften Liebe) Er fliegt, von ungestümer Neugier glühend, Sie selbst in ihrer Einsanfkeit zu sehen. Der Vorwand seine Kinder zu besuchen, Deckt seinen Zweck. Er sah' die Schöne heimlich, Und kam, entbrannt von ihrem Reiz, zurücke. Man holt den Elim plöglich ins Serail, Ihm schwant sein Unglück, zitternd eilet er und hört, im Staube: zu des Thrones Füßen, Des Herrschers Willen. Hebe dich, sprach dieser Und höre: deine lang geprüfte Treue Verdiente würdiger belohnt zu werden. Empfang' auf einmal mehr als sich dein Stolz Im kühnsten Flug zu hoffen je vermaß Von Stund an, Elim, theile deine Tochter Den heil'gen Thron des Mahomed mit mir.
Bestürzt hört Elim diese Donnerworte; Er kennt Balsorens Herz, doch muß er schweigen. Ihr Schicksal ångstigt ihn, kaum hålt sein Muth, Der nie gewankt, die våterlichen Thränen Zurück im Auge. Doch ihm lispelt schnell Der Geist, der ihn beseelt, die Worte zu: Fern sei von dir, o Herr, mit meinem Blute Den Götterstamm des Abbas zu entweihen!
Nichts hemmt des Herrs schers Willen, Die Fieberglut, die aus Balsorens Augen Sein Herz erhitzt, gährt schon in allen Adern Und glüht in jedem Blick. So glüht ein Löwe Vor heißer Brunst, es lechzt der dürre Schlund, Die Flammen schießen funkelnd aus den Augen,
Wieland. Die Glieder strozen, und mit Wuth im Blick Sucht er lautbrüllend die erhißte Löwin.
Balsora muß sogleich vor ihm erscheinen, Der Vater selbst soll ihr das Todesurtheil, Des Fürsten Vorsaß, vor dem Thron entdecken. Sie kömmt. Man führt sie vor, ihr matter Blic Verråth die Sorgen der beklemmten Brust. Jht zittert Furcht auf ihren bleichen Wangen, Jht fårbet sie die jugendliche Schaam. Der Fürst sieht sie erstaunt; so göttlich schön Sind, wie ihm dünkt, des Paradieses Nymphen, Die der Prophet den Gläubigen verspricht.
Doch kaum vernahm die unglücksel’ge Schöne Das zugedachte Glück, so sank sie hin, Erbleichten gleich, zu des Tyrannen Füßen; Der Vater weint und spricht des Fürsten Grimm, Der aus den Augen droht, mit Fleh'n zufrieden: Die Ehre, die mein Mund ihr kund gemacht, Ist viel zu blendend und zu unvermuthet; Ihr Herz ist noch zu schwach sein Glück zu tragen. Doch willt du mir zween Tage nur erlauben, So will ich sie nach deinem Willen bilden Und würdiger in deine Arme liefern.
Der Fürst gesteht es zu. Man trågt Balsoren In ihres Vaters Haus. Nach langer Mühe Schleicht wiederum das fast erlosch'ne Leben Durch die entnervten welken Glieder hin.
Doch, armes Kind, wie martert nun die Kenntniß Von deiner Noth dein Herz mit Todesqualen! Ach! die Arzney, die dir das Leben schenkt, Stärkt nur dein zärtlich Herz zu größern Leiden. Wie? ruft sie aus mit ångstlich schwachem Laut, Du, der du mich, den ich so zårtlich liebe, Dir soll die Hoffnung deiner stillen Seufzer, Der Lohn der reinen Treu entrissen werden? Ich, die ich dein zu sein mein einzig Glück, Mein Leben nannt', ich, deiner Seelen Hälfte,
Soll, dir geraubt, in fremden Armen leben? Nein! nein! eh soll dieß Auge das nur dich Zu sehen liebt, der Tod auf ewig schließen! So flagt sie jammernd, bis die matten Glieder Ein tobend Fieber tödtlich niederlegt. Es wird bekannt; man klagt sie überall; Selbst der Tyrann erzittert vor der Nachricht. Indeffen schärft Gefahr und Angst des Alten Erfindsamkeit, und sicher seiner Kunst Spricht er zufriednen Muth der Tochter ein. Ein Wundertrank den er ihr gab, legt schnell Durch einen Schlummer der dem Tode gleicht, Des Fiebers Wuth und die Gefahr des Todes.
Drauf eilt er voll verstelltem Schmerz, mit Asche
Das Haupt bestreut, und mit zerrißnen Kleidern, Balsorens Tod dem König anzuzeigen. Der Fürst, der menschlich nie gefühlt, vernahm Mehr zürnend als gerührt die Trauerpost. Drauf sagt er: Weil in allen meinen Reichen Schon ruchtbar ward, wozu ich sie bestimmte, Soll man der Braut die gleiche Ehr' erzeigen, Die der Gemahlin wiederfahren wåre.
Ihr Leichnam werd ins schwarze Haus gebracht! Dieß schwarze Haus war seit uralten Zeiten, Ein töniglicher Doom von schwarzem Marmor - Entseßlich prächtig aufgeführt. Hieher Trågt man gleich nach dem Tode die Caliphen, Und was zum königlichen Haus gehdret, Um Mitternacht, mit stillem Trauerpompe. Dann werden sie vom ersten Arzt gesalbt Und auf Porphyr in ihre Reihn gelegt.
Der Tod und ew'ge Nacht herrscht in den Wänden Der einsamen erhabenen Gewölbe.
Doch zittert um die glänzendschwarzen Pfeiler Der blaulichtweiße Schein von tausend Lampen. Kein Sterblicher, selbst der Caliphe nicht, Darf dieses Tempels heilge Nacht besuchen, Dem ersten Arzt allein bleibt dieses Recht.
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