Zur Hütte kehrt, zwar müde, doch noch wacker, An rauhem Brodt und seinem braunen Weib Sich auf des Morgens Arbeit labet!"
Was hilft es nun dem Schach, der unter einem Thron Von goldnem Stoff als wie Sanct Job sich schabet, Was hilft ihm, daß er Sonn und Mon Zu Neffen hat? Staubleckende Veziere
Zu Sclaven hat, und Weiber von Kaschmire Zum Unterpfühl?
Was hilft ihm Sang und Saitenspiel Und all der Kihel stumpfer Sinnen,
Und all sein Nymphenheer und seine Tänzerinnen? Umsonst ist seiner Aerzte Müh Sein schwarzes Blut durch Säuren zu verdünnen. Zwei Jahre schon erschöpften sie
Treufleißight ihr Gehirn und alle ihre Büchsen; Bersuchtens, da nichts Lindrung schafft, Erst mit elektrischer, dann mit magnetscher Kraft, Dann mit der frischen Luft, und endlich mit der fixen, Ja, aus Verzweiflung gar zuleht mit Schierlingssaft. Bergebens sieht man sie durch Berg und Wiesen trots
ten
Nach Kräutern, die Galen und Celsus nicht gekannt; Die Kacherie des Schachs scheint ihrer nur zu spotten; Und täglich nimmt das Uebel überhand.
Von ungefähr (wie meistens alles Gute) Kam, da es just am schlimmsten stand, Ein Fremdling an aus einem fernen Land; Ein Mann, dem Ansehn nach von stillem ernsten Mus the,
Und der (das sieht der Wirth ihm flugs am Nasloch an). Ein wenig mehr als Fünfe zählen kann. Zufällig hört der Fremde von dem Jammer
Des armen Herrn. Er sagt darzu kein Wort.
Nach einer Weile geht er fort
In seine Kammer.
Was er darinn gemacht, ist unbekannt;
Denn, wie er sich allein befand,
Schob er den Riegel vor, und ließ den Vorhang nieder.
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Genug,
Wieland. Genug, er kam mit etwas in der Hand Das einem Schlågel glich, in einer Stunde wieder. Laß mich zum Sultan führen, Freund" Spricht er zum Wirth,
Das ist so leicht nicht als
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es scheint, Ihr werdet schwerlich angenommen „Sagt ihm, es sei ein fremder Arzt gekommen, Der, wenn er ihn in kurzer Zeit Von seinem Aussaß nicht befreit, Den Kopf bereit ist zu verlieren.“
Wie Lolo diese Bothschaft hört Denkt er: es ist der Probe gleichwohl werth, Der Mensch hat doch dabei nicht wenig zu verlieren; Und er befiehlt ihn vorzuführen.
Der Fremde kommt ein feiner langer Mann Mit schwarzem Bart und einer Art von Nase Die Lolo just am besten leiden kann.
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Herr, spricht der fremde Mann, ich blase Nicht gern mich selber aus: genug, die Facultat Hat deiner Heilung sich verziehen;
Ich heile nicht mit Pillen, Kråuterbrühen, Noch Rindenmehl; allein, wenn deine Majeståt Sich mir vertrauen will, foll binnen sieben Tagen Dein ganzer Leib so frisch und rein
Wie eine Mayenrose sein,
Wo nicht, so werde mir der Schädel abgeschlagen!"
Schach Lolo spricht:
Daß du mit deinem Leben
Affekuriren sollst was andre aufgegeben,
Das wolle Alla nicht!
Doch leiste, was du mir zu hoffen
Befehlst, und sei der Zweit' in meinem Reich!
Mit Lolo's Herzen steh zugleich
Sein Hof, sein Schaß, sein Harem selbst dir offen! Verdoppelt gleich mein Dank den höchsten Flug Den deine Wünsche sich erlauben :
Noch werd' ich immer nicht genug Für dich gethan zu haben glauben!
"Herr, spricht der Arzt, an deiner Dankbarkeit Bu zweifeln, wär' ein Majestätsverbrechen: Allein davon ists immer Zeit, Wenn du genesen bist, zu sprechen. Das Mittel dieser Wunderkur
Wird, wie gesagt, nicht innerlich genommen; Es geht von außenher und durch die Poren nur Jns Blut; doch muß es selbst vorher in Schwingung
kommen. Groß sind die Wunder der Natur!
Dieß, ich gesteh es, ist ganz außerhalb der Regel, Mit einem Wort: es steckt in diesem Schlägel."
In diesem Schlägel? ruft der Schach von Sche: shian,
Und vor Erstaunen bleibt der Mund ihm offen stehen. "In diesem Schlägel, Herr, du wirst die Würkung ses hen.
Natürlich ist ein Talisman
Dabei im Spiel genug, in fieben Tagen!
Und daß wir keine Zeit verlieren, führe man
Des Sultans Leibpferd her, um nach der Maille:
Bahn Stracks seine Hoheit hinzutragen.“
Gesagt, gethan.
Schach Lolo langt an Ort und Stelle an,
Und mit dem Schlägel, den ihm Duban nachgetragen, (So nennt der Fremde sich) muß er in stetem Jagen Den schweren Ball so lange schlagen
Bis ihm der Schweiß aus allen Poren bricht.. „Der Talisman hat seine Pflicht
Für heut gethan, spricht Duban: unverzüglich Ins Bad nunmehr! Und seid ihr da genüglich Gewaschen und frottírt, dann flugs ins Bett, und deckt Euch doppelt zu, und schlaft bis euch der Iman weckt."
Den nächsten Tag wirds eben so getrieben. Der Schlägel däucht dem Schach schon minder schwer Und lustiger das Spiel, als Tags vorher;
Wieland. Er schlägt den Ball mit immer kråftgern Hieben, Schwist wieder, geht ins Bad, wird tüchtig abgerieben, Und schläft die Nacht durch wie ein Bår.
Mit jedem Tage wächst sein Glauben und Belieben An Dubans Talisman; und wie die heilge Sieben Vollendet ist, steht er am achten früh, Nach Dubans Wort, so munter auf, als wie Er kaum in seinen ersten Hosen
Gewesen war so blühend und so frisch Als håtten für Cytherens Bett' und Tisch Die Grazien ihn mit lauter jungen Rosen Gefüttert rein und glatt wie Lilien auf der Flur, Stark wie der Behemoth, gerade wie ein Kegel, Bon Aussah nirgends keine Spur!
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Mit einem Wort — der Mailleschlägel Hat große Ehre von der Kur.
Doch diese (wie's in solchen Fällen Zu gehen pflegt) kommt lediglich
Auf Duban's Rechnung. Schach, vor Freuden außer fich,
Herzt, küßt und drückt den Mann daß ihm die Ohren gellen;
Weiß nicht woher er Worte nehmen soll,
Und giebt just nichts, weil er, des Danks zu voll, Gleich Alles geben möcht'. Indessen
Wenn Duban Ehre geizt, so kann er diesmal sich Bis zur Genüge dran erleßen.
Er muß, da Lolo feierlich
Den ganzen Hof traktirt, sich ihm zur Seite seßen; Ihm wird ein Kaftan umgethan
Von purem Gold: und Silberlahn;
Und nah an Lolo's eignem Zimmer
Eins eingeräumt, das kaum vor Schönheit und vor
Schimmer
Bewohnbar ist. Er hat so gar ins Schlafgemach Den Zutritt; kommt dem holden Schach Den ganzen Tag nicht von der Seiten, Muß in den Divan ihn begleiten, Muß mit ihm jagen, mit ihm reiten, Wohin es geht, muß Duban mit,
Kurz, Duban ist der Favorit; Und Ohr in Ohr wird stark davon geflüstert, Der Großvezier sei seinem Falle nah. Daß Dubans Gunst ihn wenigstens verdüstert, War was bei Hof sogar der Hundewårter sah.
Der Großvezier, der in der Kabbala Sehr viel gethan, war nicht der lehte der es sah, Das ist, der sich an Dubans Stelle sette, Und dessen Sinnesart nach seiner eignen schäßte. Denn Duban freilich war zu ehrlich und zu klug Zu solcher Politik, und höher aufzufliegen Als ihn just ist die Luft und seine Schnellkraft trug, War ihm noch nie zu Kopf gestiegen.
Doch Ruth, der Großvezier, ein Mann, Der seinen Posten scharf bewachte, Genaue Rechnung hielt, sein Facit tåglich machte, Und was ein Anderer gewann
Sich als Verlust in Ausgab brachte.
Ein solcher Mann ist nicht pro forma Großvezier. Natürlich gab es ihm kein sonderlich Vergnügen, Daß Duban so im Sturm des Sultans Gunst erstie gen;
Und also bat er sich durch die geheime Thür Gehör bei Lolo aus. In allen seinen Zügen War Unruh, gleich als graute ihm vor dem, Was ihm die Pflicht nicht zuließ zu verheelen. Herr, spricht er, bei erhabnen Seelen Muß mit der Güte stets die Weisheit sich vermählen. Das alte Sprüchwort, trau, schau, wem,
Läßt Königen sich nicht genug empfehlen.
Wer håtte je so weit im Argwohn ausgeschweift, Daß dieser fremde Unbekannte,
Den Deine Majeståt mit Gnaden überhäuft, Und der, dem Anschein nach, von heißerm Eifer
brannte
Als alle deren Treu der långste Dienst bewährt; Wer hätte den Verdacht genährt, Daß dieser Mann, den du so hoch geehrt, Ihm dein Vertraun, dein ganzes Herz gegeben,
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