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Burkard Waldis.

(Ein Geistlicher um die Mitte des sechszehnten Jahr hunderts, der vierhundert, zum Theil dsorische, zum Theil neue, größtentheils aber von andern entlehnte, Fabeln, in vier Büchern schrieb. Man sehe darüber des Hrn. von Gemmingen Abhandlung in seinen poetischen und prosaischen Stücken, S. 82. einen Auffag von mir, in den Hamburgischen Unterhaltungen, B. IV. S.933. und des feligen Zacharid vorläufige Anmerkungen zu seinen Fabeln in Burs. kard Waldis Manier, bei deren von mir besorgten zweiten Auflage eine, auch besonders ausgegebene, Auswahl von 35 Fabeln dieses alten, immer noch sehr merkwürdigen Dich ters befindlich ist. Die hier von ihm gelieferte Probe vergleis che man mit der bekannten Gellertischen Fabel gleichen Ins halts.)

Bom lügenhafften Jüngling.

Sich zu versuchen ein junger Knab

Weit hin in fremde Land' begab,

Daß er viel sähe, hört' mancherlei,

War aus ungefähr ein Jahr, zwei, drei;

Als er nun wieder heim hin kam,

Sein Vater ihn einft mit sich nahin,
Daß er Gesellschaft hätt' und Kurzweil, 1)
Zu einer Stadt über zwei Meil.

Da schwatzten sie von mancherhanden; 2)
Der Vater fragt, was er in Landen
Von Wunder gfehn und seltfam Thier.
Er sprach, Vater, nun glaubet mix,
Am Meer zu Lissabon im Sund
Sah ich so gar ein großen Hund,
Der ward geschägt viel Tausend werth;
Und war viel größer denn ein Pferd.

1) Zeitvertreib. 2) von allerlei.

Der

Burkard
Waldis.

Burkard
Waldis.

Der Vater b'gunt 3) die Lügen merken;

Sprach, hab bei allen gefchaffnen Werken
Deßgleich nicht gsehn, gehört, noch gelesen;
Es ist ein großer Hund gewesen.

Doch findt man gar viel seltsam Stücken.
Gleich wie da vor uns ist ein' Brücken,
Wer des Tags hat ein' Lúg' gelogen,

und kommt daselbst hinüber gezogen,
Sey felbander oder allein,

niitten auf der Brücke bricht ein Bein.
Der Knab' erschrak, wollt' doch nicht gerit
Ein Lügner seyn, der Ehr' entbehrn.
Begab sich über ein' ebne Weil,

Sprach: Vater, wollet nicht so eil'n;
Sagt mir auch etwan seltsam Schwänk'?
Er sprach, des hund's ich noch gedenk,
Der ist gewesen ohne Moß. 4)

Er sprach, er war nicht also groß;
Wenn ich die Wahrheit sagen soll,

Wie sonst ein Efel war er wohl.

Da b'gunten fie der Brücke nahen.

Er sprach, ich kann mich nicht entschlahen 5)
Der G'danken dieses Hundes halb;

Sprach, er war wie ein jährig Ralb.

Sie giengen fort bis um Mittag,

Und daß die Brüď da vor ihn’n lag.

Der Rnab' sprach, wollt Luch nicht bekümmern ;
Ich kann Euch zwar verhalten immer
Den Schwank, den ich Luch vom Hunde sagt,

Damit Ihr mich nicht weiter fragt:

Er war gleich wie ein andrer Hund;'

Denn 6) daß er um und um war bunt

Und

3) fieng an. 4) ohne Maaß. s) nicht erwehren. 6)

Außer, daß.

Und scheckicht über seinen Rücken.

Er sprach, so ist euch diese Brücken

Gar' nicht schädlicher denn die andern;

Magst wohl unb’schädigt drüber wandern. Allein hût dich ein andermal;

Wenn du willt lügen, b'denk dich wohl, Daß du also gar krumb nicht draißt, 7) Daß du es auch zu fidern 8) weißt.

Wer sich aufs Singen soll begeben,
Der muß nicht allzu hoch anheben,
Daß ers auch kann zum End' ausschreien.
Also, wem's Lügen will gedeihen,
Der muß nicht nauf in d' Wolken treiben,
Hienieden bei der Erden bleiben.
Sonst gehts ihm wie dem Edelmann,
Der nahm sich großer Lügen an,

Zeugt 9) mit sein Knecht, der bei ihm war,
Ders ihm verjahet 10) ganz und går,
Damit der Junker blieb bei Ehren.

Als er nun that die Lüg' vermehren,

Und log von Lüften und den Winden,
Drauf konnt' der Knecht kein' Antwort finden,
Und sprach zum Junker: licht also!
Wollt Ihr Lurs Lügens werden froh,
So bleibt hienieden bei der Erden,
Auf daß Luch mög' geholfen werden.
Denn wenn Ihrs allzu grob wollt spinnen,
Werd't Ihrs zuletzt nicht fedmen 11) Eönnen.

7) dreheft. 8) zu verantworten. 9) rief ihn zum Seugen.
10) bekräftigt. 11) einfädeln.

Burkard
Waldis

von hages dorn.

von Hagedorn.

(Unter andern Verdiensten, die Friedrich von Hages dorn, der vom Jahr 1708 bis 1754, meistens zu Hamburg, lebte, um die Verbesserung der deutschen Poesie hat, ist seis ne Einführung eines geschmackvollern poetischen Vortrages der Fabel keines der geringsten. Seine Manier ist großens theils die Lafontänische; auch sind seine meisten Fabeln von fremder Erfindung. In beider Rücksicht aber hatte er doch auch viel Originalität, und besaß das Talent, Ernst und Belehrung auf die glücklichste Art mit Scherz und Unterhaltung zu verbinden, und dem Leser, durch oft nur vorüberges hende, aber bedeutungsvolle Winke, überall reichen Stoff zum Nachdenken zu geben.)

Der Fuchs und der Bock.

Einst reiste Meister Fuchs zu seinem Schwäger,
Im schwülen Sommer über Feld;

Es hatte sich zu ihm der Ziegenbock gesellt,

Der dumm und sicher war, wie viele Hörners träger.

Ein Abweg führte sie vor eines Pachters Haus, Da ward für ihren Durst ein Schöpfbrunn ange

troffen.

Hier trunken beyderseits. Das heiß ich recht gesofs.

fen!

Hub Reinke bellend an; und zum vollkommnen
Schmaus

Fehlt nur ein feister Hahn: der Hünerstall steht of:
fen;

Wie aber kömmt man hier heraus?

Mein Herr! darf ich den Anschlag geben,

So stellen Sie den Rücken hing

Sobald ich aus dem Brunnen bin,

Ifts Ihrem Diener leicht, Sie schuldigft nachzuhes

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Ha! meckerte der Bock: nichts kann gescheidter von hages

seyn.

Bey meinem Bart! mir fiel der Streich nicht ein.

Die klugen Köpfe sollen leben!

Hierauf bequemt er sich, und dienet ihm zur
Brücke;

Allein der Fuchs läßt seinen Freund zurücke,
Und sagt: Vorißt entschuldge mich ;

Mein Schwager wartet schon; sonst wollt ich bey
dir bleiben.

Dort jene Ziege guckt auf dich,

Sie wird dir unterdeß die Zeit recht wohl vertreis
ben.

Der Falsche rennt davon, und läßt mit scheelem
Blick

Dem armen Bock nur diesen Trost zurück:
Sobald wirst du dich nicht des Rettens unterfan-
gen,

Bevor du selbst der Noth entgangen.

Du murrest; fasse dich; der Mensch ist deiner Art:
Oft steckt sein Wissen nur im Bart.

dorn.

Der Berg und der Poet.

Ihr Götter, rettet! Menschen, flieht!
Ein schwangrer Berg beginnt zu kreißen,
Und wird ist, eh man sichs versieht,
Mit Sand und Schollen um sich schmeißen.
Er brüllt, er kracht, und Thal und Feld
Sind durch gerechte Furcht entstellt.
Was kann dem nahen Unfall wehren?
Es wird ein Wunderwerk geschehn:
Er muß mit Städten trächtig stehn,
Und bald ein neues Rom gebähren.

Suffe

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