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Wieland. so durchsichtig! Es ist nicht ganz recht mit mir gar nicht wie ich mirs dachte und doch bin ich eher wohl als übel. Aber seh ich nicht dort einen Schatten gegen mich her schweben? Sein Ansehen ist frei und ruhig und edel. Gewiß einer von den Weisen eines bessern Zeitalters! — Ich will ihn anreden; er soll mir sagen, ob dies Elysium ist?— Darf ich dich anreden? Darf ich dich fragen, wie du genennt wirst ?

Lucian. Du darfst alles was du kannst. Wir sind hier alle gleich, und haben, wie die alten Atlans ten, keine besondere Namen, als wenn wir uns von unserm vormaligen Leben unter einander besprechen. Da ich noch auf der Oberwelt war, nannten sie mich Lucian.

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Diokles (ein wenig zusammenfahrend). Lucian?
So bitt ich dich, schone meiner.

Lucian. Warum bittest du mich das?

Diokles. Weit du mich ohne Zweifel noch schårs fer sehen wirst, als ich mich selbst sehe. Ich bin gar nicht mir mir selbst zufrieden.

Lucian. Du bist also ein neuer AnkdmmTing? Habe Muth! Es wird immer besser mit dir werden.

Diokles. Sage mir doch, bin ich wirklich im Ely sium? Ist dieß Elysium, wo wir sind?

Lucian. Du bist im Elysium; aber deine Sinne find noch nicht ganz gereinigt.

Diokles. Das muß es seyn! Nun versteh ichs— Der Fehler muß an mir liegen, daß mir alles so trübe, so schattenmäßig, so dde und todt vorkommt.

Lucian. Du wirst ja diesen Augenblick erst gebo ren; deine Augen sind noch dunkel; deine Ohren noch

schlaff:

schlaff; du bist unsrer Luft, unsers Lichts noch nicht ges, Wieland. wohnt. Aber das wird sich bald geben.

Diokles. Sag mir doch, was ist das, das sich fast alle Augenblicke just jeßt, da ich mit dir redewie von mir ablöst, und wie Lappen eines zerrissenen wollichten Nebels, seitwårts an mir niederwallt?

Lucian. Dünkt dich nicht, du werdest bei jeder dieser Abschalungen leichter, freier, dir selbst durchschau licher?

Diokles. So daucht mich und nur gar zu leicht, gar zu durchsichtig! Denn ich merke wohl, es wird vor lauter Abschålungen, wie du's nennst, beinas he nichts von mir übrig bleiben.

Lucian. Sei unbekümmert! Es wird sich nichts abschälen, um was du dich nicht desto besser befinden wirst. Es sind nur die Täuschungen des Eis gendünkels, die dich bisher umwickelten, und die Ursachen deiner meisten Leiden und Freuden waren.

Diokles. Hilf Himmel! wenn dieß ist, was für ein Puppen und Fraßenspiel von Täuschung und Blende werk war das, was ich mein Leben nannte!

Lucian. Merkst du was? Und doch wird es dir nicht an einem Biographen fehlen, der eine gar feine Komposition daraus zu machen wissen wird.

Diokles. O das ist häßlich! Meine Vorzüge, meine Tugenden, meine Freuden, beinahe alle viels leicht gar Alles zusammen lauter Taus schungen!

Lucian. Dafür warens aber deine Leiden auch.

Diokles. Desto schlimmer! desto schlimmer!
Ich fühlte mich so stark, so groß, wenn ich sie standhaft,

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edel,

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wieland. edel, wie ein Weiser, zu tragen glaubte. cherlich ich dir vorkommen muß!

Wie lår

Lucian. Gar nicht! Die Last, die ein Mann kaum auf seinen Schultern fühlt, würde ein Kind nies derdrücken. Hierin liegt die Täuschung nicht, Bruder. Aber, wenn du deine Leiden so standhaft, so edel, so Heldenmüthig zu tragen glaubtest, davon geht nun wohl etwas ab?

Diokles. Ich litt freilich nur, was ich nicht åns dern konnte; und åchzte, klagte, schrie, so gut wie ein gemeiner Mensch, wenn mich Niemand hörte, vor dem ich mich schämte, nur ein gemeiner Mensch zu seyn.

Lucian. Das mag wohl die dickste, håßlichste von allen Schuppen seyn, kein gemeiner Mensch seyn zu wollen, wenn man im Grunde doch nur ein gemeiner Mensch ist. Siehst du, was für ein Klumpen wieder von dir fällt?

Diokles. Hilf mir! Ich zerfalle! Zerfliesse in Dunst und Schlacken!

Lucian. Das Aergste wird nun bald vorüber seyn. Sei ruhig. Wir waren alle nur gemeine Menschen— mehr oder weniger Häute, schlechtere oder buntere Schuppen machten den ganzen Unterschied.

Diokles. Und die großen, die herrlichen Menschen sollten keine Ausnahme machen?

Lucian. Frage sie selbst, wenn du einst zu ihnen gekommen seyn wirst.

Diokles. Ihr lebt also hier frei von allem, was die Sinne der Sterblichen fälscht? Jeder erscheint dem andern, wie er ist?

Lucian. Ind sich selbst, wie er war.

Diokles.

Diokles. Und ihr seid glücklich?

Lucian. Eben darum. Auf Erden würde das freilich anders seyn. Aber hier, wo alles in vollkoms menem Gleichgewicht, alles in Ruhe ist, wo keiner von dem andern etwas zu fürchten noch zu hoffen hat, wo teine Schiefheit, keine Vorurtheile, kein Neid, keine Scheelsucht, keine Rachgier mehr Plaß hat, wo also schlechterdings keine Ursache ist, was anders oder bessers scheinen zu wollen oder zu müssen als man ist: hier kann man Niemand tåuschen, wenn man auch wollte, und nicht täuschen wollen, wenn man auch könnte. Auch sich selbst nicht. Denn man ist nur falsch gegen sich selbst, wenn man nicht wahr gegen ans dre seyn darf. Kurz, bei uns ist alles währ; und eben darum sind wir glücklich.

Diokles. Mir däucht, es wird Mühe kosten, bis ich mich an eure Glückseligkeit werde gewöhnen köns

nen.

Lucian. Warst du etwa ein König?

Diokles. Ein König?

Zuweilen, ja; aber nur in der Einbildung. Und das endete immer damit, daß ich Satyren auf die Könige machte, die es wirklich

waren.

Lucian. Hast du jemals gehört, daß ein Günstling, eh er in Ungnade fiel, oder ein Offizier, wenn er ein Regiment erwartete, oder ein Poet, wenn er eiņe Pension erhielt, eine Satyre auf die Könige gemacht habe?

Diokles. Ich verstehe dich; aber das war doch Bei mir die Ursache nicht.

Lucian. Nimm dich in Acht!

Diokles. Ich war, zum Glück, in einer Lage, daß ich ihrer Gnade entbehren konnte.

Lucian. Du bildetest dir also vielleicht ein, du würdest es an ihrem Plage besser gemacht haben?

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Wieland.

Wieland.

Diokles. Das war freilich auch eine häßliche Täuschung. Aber mein Haß gegen die Könige floß wahrlich aus einer reinern Quelle.

Lucian. Nimm dich in Acht, Bruder!

Diokles. Es war wirkliches Mitleiden mit dem armen Menschengeschlechte.

Lucian. Und aus wirklichem Mitleiden mit dem armen menschlichen Geschlechte hättest du selbst König seyn mögen?

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Diokles. Ich leugn' es nicht — aber bloß um Gutes zu thun!

Lucian. Håttest oberster Herr über den ganzen Erdboden seyn mögen?

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Lucian. Und unumschränkter Selbstbeherrscher? Diokles. Bloß um das Gute desto ungehinders ser zu thun.

Lucian. Im Ernste, das konntest du dir einbil

den?

Diokles. O weh!

Lucian. Da schuppte sich wieder eine garstige dis cke Haut ab!

Diokles. Ach! was wird aus allen den Tugen: den werden, in deren Bewusstseyn ich mir oft so gåtlich that!

Lucian. Das war wohl eine sanfte Wiege?.

Diokles. Wie glücklich ich mich dann fühlte!
Nein! Ich bin nicht im Elysium.

ganz anders

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Mir ist hier

Lucian. Du büffest hier für — deine Tugenden.

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