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1.

Die Erscheinung.

In der einsamsten Tiefe jenes Waldes, wo ich schon manches redende Thier belauscht, lag ich an einem sanften Wafferfalle und war bemüht, einem meiner Mährchen den leichten poetischen Schmuck zu geben, in welchem am liebsten zu erscheinen, la Fontaine die Fabel fast verwöhnt hat. Ich sann, ich wählte, ich verwarf, die Stirne glühete. Umsonst, es kam nichts auf das Blatt. Voll Unwillen sprang ich auf; aber sieh! auf einmal stand ste selbst, die fabelnde Muse, vor mir. Und sie sprach lächelnd: Schüler, wozu diese undankbare Mühe? Die Wahrheit braucht die Anmuth der Fabel; aber wozu braucht die Fabel die Anmuth der Harmonie? Du willst das Gewürze würzen. Genug, wenn die Erfindung des Dichters ist; der Vortrag sey des ungekünftelten Geschichtschreibers, so wie der Sinn des Weltweisen.

Ich wollte antworten, aber die Muse verschwand. „Sie verschwand?" höre ich einen Leser fragen. „Wenn du uns doch nur wahrscheinlicher täuschen wolltest! Die feichten Schlüsse, auf die dein Unvermögen dich führte,

der Muse in den Mund zu legen! Zwar ein gewöhnlicher Betrug

"

Vortrefflich, mein Leser! Mir ist keine Muse erschienen. Ich erzählte eine bloße Fabel, aus der du selbst die Lehre gezogen. Ich bin nicht der erste, und werde nicht der lezte seyn, der seine Grillen zu Orakelsprüchen einer göttlichen Erscheinung macht.

2.

Der Hamster und die Ameise.

Ihr armseligen Ameisen, sagte ein Hamster. Verlohnt es sich der Mühe, daß ihr den ganzen Sommer arbeitet, um ein so Weniges einzusammeln? Wenn ihr meinen Vorrath sehen solltet!

Höre, antwortete eine Ameise, wenn er größer ist, als du ihn brauchst, so ist es schon recht, daß die Menschen dir nachgraben, deine Scheuren ausleeren, und dich deinen räuberischen Geiz mit dem Leben büßen lassen!

3.

Der Löwe und der Hase.

Ein Löwe würdigte einen drolligen Hafen seiner nähern Bekanntschaft. Aber ist es denn wahr, frägte ihn einst der Hase, daß euch Löwen ein elender krähender Hahn so leicht verjagen kann?

Allerdings ist es wahr, antwortete der Löwe; und es ist eine allgemeine Anmerkung, daß wir großen Thiere durchgängig eine gewisse kleine Schwachheit an uns haben.. So wirst du, zum Erempel, von dem Elephanten gehört haben, daß ihm das Grunzen eines Schweins Schauder und Entsegen erwecket.

Wahrhaftig? unterbrach ihn der Hase. Ja, nun begreif' ich auch, warum wir Hasen uns so entseßlich vor den Hunden fürchten.

4.

Der Esel und das Jagdpferd.

Ein Esel vermaß sich, mit einem Jagdpferde um die Wette zu laufen. Die Probe fiel erbärmlich aus, und der Esel ward ausgelacht. Ich merke nun wohl, sagte der Esel, woran es gelegen hat; ich trat mir vor einigen Monaten einen Dorn in den Fuß, und der schmerzt mich noch.

Entschuldigen Sie mich, sagte der Kanzelredner Liederhold, wenn meine heutige Predigt so gründlich und erbaulich nicht gewesen, als man sie von dem glücklichen Nachahmer eines Mosheims erwartet hätte; ich habe, wie Sie hören, einen heisern Hals, und den schon seit acht Lagen.

5.

Beus und das Pferd.

Vater der Thiere und Menschen, so sprach das Pferd, und nahte sich dem Throne des Zeus, man will, ich sey eins der schönsten Geschöpfe, womit du die Welt gezieret, und meine Eigenliebe heißt mich es glauben. Aber sollte gleichwohl nicht noch verschiedenes an mir zu bessern sehn?

Und was meinst du denn, das an dir zu bessern seh? Rede; ich nehme Lehre an: sprach der gute Gott, und lächelte.

Vielleicht, sprach das Pferd weiter, würde ich flüchtiger seyn, wenn meine Beine höher und schmächtiger wären; ein langer Schwanenhals würde mich nicht entstellen; eine breitere Brust würde meine Stärke vermehren; und da du mich doch einmal bestimmt hast, deinen Liebling, den Menschen, zu tragen, so könnte mir ja wohl der Sattel anerschaffen seyn, den mir der wohlthätige Reiter auflegt.

Gut, versezte Zeus; gedulde dich einen Augenblick! Zeus, mit ernstem Gesichte, sprach das Wort der Schöpfung. Da quoll Leben in den Staub, da verband sich organisirter Stoff; und plöglich stand vor dem Throne - das häßliche Kameel.

Das Pferd sah, schauderte und zitterte vor entsegendem Abscheu.

Hier sind höhere und schmächtigere Beine, sprach Zeus; hier ist ein langer Schwanenhals; hier ist eine

breitere Brust; hier ist der anerschaffene Sattel! Willft du, Pferd, daß ich dich so umbilden soll?

Das Pferd zitterte noch.

Geh, fuhr Zeus fort; diesesmal seh belehrt, ohne bestraft zu werden. Dich deiner Vermessenheit aber dann und wann reuend zu erinnern, so daure du fort, neues Zeus warf einen erhaltenden Blick auf das

Geschöpf!
Kameel

und das Pferd erblicke dich nie, ohne

zu schaudern.

6.

Der Affe und der Fuchs.

Nenne mir ein so geschicktes Thier, dem ich nicht nachahmen könnte! so prahlte der Affe gegen den Fuchs. Der Fuchs aber erwiederte: Und du, nenne mir ein so geringschäßiges Thier, dem es einfallen könnte, dir nachzuahmen.

Schriftsteller meiner Nation! noch deutlicher erklären?

Muß ich mich

7.

Die Nachtigall und der Pfau.

Eine gesellige Nachtigall fand unter den Sängern des Waldes Neider die Menge, aber keinen Freund. Vielleicht finde ich ihn unter einer andern Gattung, dachte fte, und flog vertraulich zu dem Pfaue hinab.

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