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vermögen und Einbildungskraft seyn können; und so wie sie senn müssen, wenn diese Kräfte zum Bes ften des Menschen und der Welt wirken sollen. Er hatte in seinen ersten akademischen Jahren, die tiefsinnige spekulative Philosophie sehr geliebt, und mit Eifer getrieben. Aber in der That war es nur der Eifer eines an sich thätigen Geistes, der feinen wahren Gegenstand noch nicht gefunden hatte. Diese Philosophie hatte gewiß auf seine Schriften und seinen Charakter wenig Einfluß. Aber er machte sich selbst in der Folge eine andre; eine, die dem bloß gesunden Verstande aller Menschen näher kömmt; die in der Gesellschaft und in der Welt besser gebraucht werden kann; und die die Einbildungskraft nicht tödtet, sondern leitet. Sein Verstand war wirklich helle, und durchdringend; es faßte leicht; brachte seine Begriffe geschwinde aufs Reine und Klare; gab ihnen den kürzesten, gedrångtesten und klärsten Ausdruck; urtheilte mit Bestimmung und Genauigkeit; und wußte alles mal die Wahrheit, die er eingesehen hatte, einleuchtend zu machen. Eben weil er in jeder Sache nur auf das Große und Hauptsächliche sahe, und weil er seine Betrachtungen nur im Ganzen darstellte, und sie nicht bis auf zu feine Theile zergliederte; eben deßwegen ist er von dem Großen, von dem Manne von Geschäften, die beyde nur solche Bes trachtungen fassen, oder brauchen können, eben so sehr gelesen und geachtet, als von denjenigen Philosophen, die den Werth des gesunden Verstandes noch zu schäßen wissen.

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Seine Kritiken find seinen guten Schülern sehr nüßlich gewesen. Er fand jede Unrichtigkeit in Gedanken und Ausdruck, fobald er fie finden wollte, und nur nicht für die Person zu günstig eingenommen war. Denn Wohlwollen konnte zuweilen sein Urtheil verführen, aber niemals Haß.

Seine Kanntniße, so weit sie durch Bücher: lesen und Fleiß erlangt werden können, waren nicht sehr ausgebreitet; aber sie waren in derjenis gen Klaffe, welche er sich gewählt hatte, vollståndig, und für ihn zum besten Gebrauche seiner Ta lente, hinreichend. testen Jahren seines Lebens, einer strengen und anz haltenden Aufmerksamkeit nicht fähig. Lleber: bieß schränkten sich seine Absichten immer mehr auf seine moralische Vollkommenheit ein. Selbst die Beschaffenheit seines Geistes machte, daß nur wenig Bücher von ihm mit großer Begierde gelesen werden konnten. Dem Geist, der selbst tharig seyn kann, wird es immer schwer, sich bloß von andern beschäftigen zu lassen. Das Genie bringt fieber Ideen hervor, als daß es sich dieselben mittheilen läßt. Ileberdieß giebt die Lebhaftigkeit der Einbildungskraft und der Empfindung, dem Menschen eine gewiße Unruhe, die sich mit dem stillsisenden Fleisse des unermüdeten Bücherlesens wenig vertrågt. Wenn aber Gelehrsamkeit so viel heißt, als ein aufgeklärter und bereicherter Geist; so hatte sie Gellert in dem vorzüglichsten Grade.

Er war, besonders in den

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In seinen Schriften herrschet noch ausser als len diesen Fähigkeiten eine so einnehmende Muns terkeit, ein so lachender Scherz, eine bey aller Unschuld doch so fühlbare Spöcteren, daß nothwendig in der ursprünglichen Anlage seines Geistes, ein hoher Grad von Lebhaftigkeit gewesen seyn muß, weil sie, auch nachdem sie durch die Reflexion ges mäßigt, und durch Krankheit geschwächt worden, fich noch so merklich äussern konnte.

Die Gabe, die dazu gehört, vortrefliche Vers fe zu machen, genau zu beschreiben, ist vielleicht mehr, als irgend ein Philosoph vermag; diese Gabe, nur den Ausdruck des Gedankens zu suchen, und doch zugleich den Reim und das Metrum zu finden. Gellert besaß diese Gaben, wenn irgend einer unfrer Dichs ter, und vielleicht hat nichts zu dem großen und allgemeinen Aufsehen, das seine Fabeln machten, mehr beygetragen. Es war eine seltsame und in Deutschland noch unerhörte Erscheinung, Vere se zu lesen, wo alles so gesagt war, wie man spricht, und doch alles edel und einnehmend, und alles zugleich im Sylbenmaaße und Reime richtig. Es ist gewiß, daß die Poesie, wenn sie diese Vors treflichkeit erreicht, einen weit größern Eindruck macht, als die Prose. Sogar das Vergnügen, wele ches der Reim macht, ist alsdann kein verächtliz ches Vergnügen mehr. Und wir glauben, daß, obs gleich ein gewisser Zeitpunkt im menschlichen Leben, und in der menschlichen Gesellschaft kömmt, wo man überhaupt gegen Verse gleichgültiger wird, doch die Fabeln Gellerts zu denen wenigen gehören,

bie zu allen Zeiten und in jedem Alter mit Vers gnügen werden gelesen werden.

So groß aber auch Gellert als Schriftsteller und Dichter ist, so ist er gewiß nicht bloß als Schriftsteller und Dichter so sehr geschäßt worden, als er es war. Diese ganz allgemeine Verehrung, die er genoß, dieser Enthusiasmus, dessen unsre Nation für Dichter und Schriftsteller so wenig fåhig zu seyn scheint, und der in allen Ständen und an allen Orten für die Person Gellerts herrschte ; dieser sein Ruhm, der nicht bloß in Beyfalle, sondern in Liebe bestund, ist gewiß mehr eine Wirkung seines Charakters als seiner Gaben. Für den Freund der Tugend ist dieß eine herrliche Erscheinung. Sie zeigt, was die Tugend unter den Menschen vermag; fie beweist, was bey Beobachtung einzelner Perfonen zweifelhaft werden könnte, daß die Mens schen den Werth moralischer Vortreflichkeit kennen ; und, wo sie nicht durch Vorurtheile gehindert werden, die Rechtschaffenheit mehr als irgend einen andern Vorzug, für den eigentlichen Gegenstand der Hochachtung halten.

In der That wäre Gellert für seine Freunde und. für sein Land immer ein merkwürdiger Mann, wenn er auch kein großer Schriftsteller gewesen wäre. Derjenigen Menschen, die es zu dem Hauptgeschäfte des Lebens machen, gut zu seyn, und Gutes zu thun, dieser Menschen giebt es noch zu wenig, als daß wir nicht aufmerksam werden sollten, wenn wir so glücklich sind, auf dem Wege unsers Lebens einen derselben anzutreffen. Die Grundfeste die

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fes Charakters war die Religion; und nur die Religion kann einen solchen Charakter hervors. bringen.

Nur der Mann kann immer rechtschaffen han deln, der das immer für nüßlich erkennt, was recht ist. Das ist nun in vielen Fällen, schon aus den nähern und sichtbaren Verbindungen, in welchen der Mensch stehet, und aus den nächsten Folgen seiner Handlungen einleuchtend. Solche Tugenden werden also von dem Verständigen, auch ohne Relis gion, ausgeübt werden können. Aber in noch meh rern, und gewiß in den schwersten Fällen, erhellt die Nußbarkeit der tugendhaften Handlung erst, wenn sich der Mensch mit der ganzen Natur der Dinge, und also zugleich mit ihrem Urheber in Verbindung setzt; wenn er sich die ganze Zukunft, und also zugleich das Wesen denkt, in dessen Verstande allein diese Zukunft vorhanden ist, und durch dessen Willen sie bestimmt wird.. :

Der menschliche Geist muß Begierden, einen Endzweck, wornach er strebt, Triebfedern haben, die ihn in Bewegung seßen. Wenn man ihm nun die kleinen eingeschränkten Endzwecke des Eigennußes und der Eitelkeit nehmen will: so müssen andre Gegenstände, andre Absichten an deren Stel le treten; aber dieser andre. Gegenstand kann nur Gott, diese andre Absicht kann nur Vollkommenheit, daß heißt Tugend seyn. Alle Dinge können nur diese doppelte Beziehung auf uns haben: die Bes ziehung, nach der sie unsre åußre Vortheilen, Bes. quemlichkeiten oder Ergößungen vermehren; und

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