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hätte ihm hinterbracht, Sie wollten in Leipzig eine Hofmeisterstelle an nehmen. Ich sagte, es wäre nicht andem, und Sie wollten auf Ostern wieder hierher kommen. Machen Sie mich ja nicht zum Lüg. ner, das bitte. Sie. Jedoch ich muß schließen, denn wo ich erst das Blatt umwent so schreibe ich es auch ganz gewiß voll. Ich bin, denke ich,

Ihr

bester Freund Moses.

Denken Sie ja nicht an die kleine Höflichkeit, mir die Briefe wiederum zu franfiren. Eo wahr ich Ihr Freund bin, ich nehme feinen postfrehen Brief von Ihnen an. Big, als ich es wünsche.

Schreiben Sie nur so flei

Berlin, den 19. Nov. 1755.

Liebster Freund!

Ich habe eine Stunde frey, und wenn ich eine Stunde frey habe, so bin ich gewohnt es Hrn. Lessing empfinden zu lassen, ergo &c. Führen Sie die Schlußrede selber aus. Wir schönen Geister müssen niemahls Geduld genug haben, Schlüffe zu machen, oder wir sind in Gefahr vernünftig zu denken.

Voltaire muß sich gewiß niemahls dieser Gefahr blos gestellt haben, sonst würde er nimmermehr einen so elenden Brief an Rousseau geschrieben haben. Der tolle Poet! sagten Sie in Ihrem lezten Schreiben, siehet alles von der drolligen Seite an. Ganz gewiß, liebster Freund! vornehmlich ein Voltaire, der die ganze Natur für eine Boufonnerie hält. Indessen bin ich doch entschlossen, diesen Brief mit zu übersehen. Wollen doch einige gern ihre Bäuche schütteln, nachdem sie ein wenig ernsthaft ausgesehen haben. Lassen Sie Voltairen immer die lustige Person machen. Rousseau ist doch tragisch genug.

Wo sind Eie, liebster Lessing! mit Ihrem bürgerlichen Trauerspiele? Ich möchte es nicht gern bey dem Nahmen nennen, denn ich zweifle, ob Sie ihm den Nahmen Faust lassen werden. Eine einzige Exclamation, o Faustus! Faustus! fönnte das ganze Parterre lachen machen. Wieder ein Rathgeber, werden Sie sagen, der gar keinen Beruf dazu hat? Nun wohl! So lassen Sie es immer dabey. Ich will alsdenn das Vergnügen haben, selbst mit dem Leipziger Parterre ju lachen, und Sie bey jedem Gelächter sich entflammen zu sehen.

Denn lachen muß man gewiß, wenn Ihre Theorie vom Lachen anders richtig ist.

Ich habe neue Gesichter kennen gelernt. Ich wollte mir einen Lessing aussuchen, bey dem die Reihe jezt eben an Berlin gekommen wäre. (Sie kömmt dennoch, sagen Sie was Sie wollen, auch bey Ihnen wieder einst an Berlin.) Db ich einen gefunden habe, will ich Ihnen nicht sagen, bevor Sie nicht die Leute selbst aus einer kleinen Beschreibung kennen lernen. Herrn... Jedoch ich mag von diesen Leuten weder Gutes noch Uebels reden. Ich nehme Edelmannen aus; von welchem ich dennoch einige Worte sprechen will, weil ich mich so sehr über ihn gewundert habe. Welch ein hölzerner Mann! Ich wette was, der Mensch hat eben so viel Bleh in seinem Gehirn, als Eisen an seinen Stiefeln. Sie kennen ihn doch auch, liebster Lessing? Hat er Ihnen nicht eben so klozmäßig geschienen? Wenn er doch nur ein rechter Windbeutel wäre! So was hätte ich mir vermuthet, als man mir sagte: Edelmann würde heute kommen. Es kann aber leicht seyn, daß ihn Verfolgung, Unglück und Beschwerlichkeiten so sehr niedergeschlagen, und alle seine Lebensgeister unterdrückt haben.

Es will niemand Pope ein Metaphysiker") gelesen haben. Pr. Sulzer fragte mich schon mehr als einmahl: ob was Guts darinn wäre? Ich versicherte ihn, diese kleine Schrift hätte mir gefallen, und wo ich mich nicht irre, so stieg ihm eine kleine Röthe in das Gesicht. Er gab mir zu verstehen, er seh weder mit der Aufgabe noch mit der Preisschrift zufrieden gewesen. Die deutsche Abhand

*) Diese Schrift erschien Danzig 1755. Moses Mendelssohn soll sie mit meinem Bruder zugleich verfertigt haben. Auch davon ist in Moses Mendelssohns Leben und Meinungen ein Stillschweigen. Karl G. Lessing.

Die kleine Schrift: Pope ein metaphysiker! schrieben Leffing und Moses in Gesellschaft. Die Veranlassung war, daß die Akademie der Wissenschaften zu Berlin, im J. 1754 zur Preisfrage ausgeseßt hatte: „Eine Un,,tersuchung des Popischen Systems, welches in dem Saße: Alles ist „gut, enthalten ist.“ Da die Akademie wirklich eine Schwäche verrathen hatte, indem sie einem Dichter ein philosophisches System zuschrieb, und noch eine größere Schwäche, indem sie meinte, Pope habe gesagt: Alles ist gut, da er doch gesagt hatte: Was ist, ist recht,

whatever is, is right;

so glaubten beide Freunde, diese wirklich interessante kleine Schrift würde viel Aufsehen machen. Aber es ging ihnen beynahe so wie Georgen, dem Sohn des Vicar of Wakefield. Er schrieb Paradoxen. Der Vater fragte: Nun, was sagte die Stadt zu deinen Paradoxen? Antwort: Nichts! Nicolai.

lung, die sich bey der Sammlung befindet, hätte ihn eher verdienet. Eben dieser Prof. macht so viel Rühmens von David Hume's sehr neuem Scepticisme, da er leugnet, man könne nicht beweisen, daß irgend eine Begebenheit in der Welt eine wirkende Ursache hätte. Ich halte diesen Zweifel gar nicht für neu, sondern glaube: es sey das System der allgemeinen Harmonisten. Ja die Cartesianer dringen sogar auf die Unmöglichkeit irgend eines influxus fo wohl idealis als realis. Die allgemeinen Harmonisten nehmen einen influxum idealem an, leugnen aber einen influxum realem. Was thut aber Hume mit allen seinen Spigfindigkeiten mehr, als daß er beweiset, wir hätten in der Welt nie einen Begrif vom influxu reali erlanget? Wer hat denn dieses je behauptet? sagen die allgemeinen Influxisten. Denn, sie wollten erklären wie es zuginge? Gewiß nicht! sondern sie beharren auf ihrer Vorausseßung, bis man ihnen die Unmöglichkeit gezeigt hat. Aber so gehts, die Deutschen verkaufen ihre Waaren allzu wohlfeil. Thäten sie ein wenig fauren Humor oder lustige Gasconaden daran, so würden sie 'gewiß Geistschöpfer (Efprit createur) seyn. Im Vorbehgehen, so soll jemand dieses Wort in dem Vers:

Weihe sie, Geistschöpfer, vor dem ich in 2c.

französisch gegeben haben.

Ist nicht Voltairens Orphelin de la Chine ein erbärmliches Stück? Noch weniger Plan ist darinn, als in der Esther, der Voltaire diesen Vorwurf macht. Gengis hat noch weniger einen Charakter als Xerres. In der Athalie ist fast ein ähnlicher Knoten; aber welcher Unterschied zwischen Racine und Voltaire! Wie fein, wie meisterlich hat ihn jener, und wie stumpf dieser bearbeitet! Man sehe nur dort Mathan, hier Oktar, dort eine zärtliche Josabeth, hier eine frostige Zamti, die sich durch viel Schreyen erhißt. Dort eine Tyrannin, der der Anblick des Kindes, das sie umbringen lassen will, Schrecken, Ehrfurcht und Mitleid einjagt. Hier einen griegköpfigen Kaiser, der bald wie ein Teufel, bald wie ein Engel spricht. Indessen zeigt sich Voltairens Geist aus manchen Stellen. Besonders hat er Zamti heroische Maximen in den Mund gelegt, die zu unsern Zeiten, so zu sagen, noch die einzigen heroischen Maximen sind.

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Nous lui devons nos jours, nos fervices, notre être,
Tout jusqu'au fang d'un fils, qui nacquit pour fon maitre.

Es ist einmahl Zeit, daß diese Heldentugend in dem Cothurn erscheinet. Die Freyheit scheint uns so schon zu allegorisch auf dem Theater!

Als der nächtliche Uhu Todesschrecken in die Stadt hinein heulte 2c.

So wollte ich das Lehrgedicht anfangen, davon wir mit einander redten, aber Herr Zachariä hat mir diesen neuen Ausdruck weggenommen. Als der Hahn Freude in das Dorf hinein krähte 2c.

Hat dieser scherzhafte epische Sänger nicht eine Satyre auf die Jahrszeiten machen wollen? Dafür hätte er lieber können spazieren wandeln. Auch ich will jezt weg wandeln, und zwar zu dem Hrn. Prof. Sulzer, der sonst auf das Gymnasium wandeln könnte. Leben Sie wohl, theurester und bester Freund.

Werthester Freund!

-

Moses.

Verlin den 7. Dec. 1755.

Sie mögen antworten oder nicht; so sollen Sie deswegen nicht eine einzige Zeile mehr oder weniger von mir bekommen: das merken Sie sich! Und dieses will ich mir merken, daß das menschliche Herz von der besondern Freundschaft immer etwas nachläßt, je allgemeiner es wird. Ich hätte nicht sollen sagen Herz, der menschliche Geist hätte sich besser geschickt; denn dieser wird wirklich beh Ihnen desto allgemeiner, je mehr Eie die gelehrte Welt auf seine Früchte warten lassen. Nun wohl, mein liebster Freund! Wenn Sie Ihre Zeit besser anzuwenden entschlossen sind, als an Ihre berlinischen Freunde zu schreiben, so müssen wir es zufrieden seyn. Wenn Sie aber in der Gesellschaft der ich weiß selbst nicht recht, wie ich es heraus bringen soll; aber ich fürchte immer etwas, seitdem ich von dem Hrn. v. Breitenbauch vernommen, Sie lebten allda unter den Schauspielern. Ich habe eine sehr gute Meinung von diesen Leuten, aber der beständige Umgang mit ihnen ich will mich deutlicher erflären der beständige Umgang mit denjenigen, die erst in denneuern Zeiten die Freyheit erhalten haben, auf der Schaubühne zu erscheinen, machet, daß ich nicht sehr ruhig seyn kann, weil ich immer besorge, Sie hätten hier ruhiger seyn können, als in einer solchen geschäftigen Gesellschaft. — Verzeihen Sie meiner Kühnheit, liebster Freund! Ich kann nicht anders als freymüthig seyn, ob dieses gleich eben Ihr Fehler nicht zu sehn scheinet.

Sollte es aber wirklich nicht, ich will nur sagen, nachlässig von Ihnen seyn, daß Sie uns so lange, wegen Ihres Befindens, wegen Ihrer Verrichtungen, wegen Ihrer Art zu leben, in Ungewißheit lafsen? Nur diese Frage beantworten Sie mir, wie es Ihnen beliebt,

alsdenn mögen Sie schreiben oder nicht. Sind Sie böse? höre ich Sie fragen. Ja, antwortet der Herr v. Breitenbauch; so etwas, ruft Herr Müchler; bitterböse, schrehet Herr Naumann, und ziemlich böse, sagt

Ihr

ergebenster Freund Moses.

Liebster Lessing!

Berlin, den 26. Dec. 1755.

Nun wahrhaftig! Mehr hat nicht gefehlt, als daß mir noch der Trost genommen werden sollte, an Sie zu schreiben. Mit Euch Schwindlichten ist gar nichts anzufangen. Ihr habet niemahls cine bleibende Stelle, und wenn euch denn das Duecksilber recht herum treibt, so wünschet ihr euch noch wohl Glück dazu. Ich muß zu einer glücklichen Stunde aus Berlin gereiset seyn. Viel Glück dazu! Reisen Sie immer! Streifen Sie die Welt durch. Lernen Eie tausend Nairen kennen, um sie von noch größern Narren auslachen zu lassen. Lernen Sie tausend Elende kennen, um noch Elendere zum Mitleiden zu bewegen. Machen Sie in Engelland Doktor Faußte, in Italien Lustspiele und in Frankreich Lieder, ich will indessen hier bleiben, und vor Langeweile Ihre Schriften lesen. Der Himmel weiß es, ich habe recht wenig Muße, aber viel Langeweile. Dieses ist sehr parador, sagen Sie? Es kann seyn, indeffen ist es wahr, und wenn ich Eeduld genug dazu hätte, so könnte ichs Ihnen beweisen.

Wie gesagt, ich bin erstaunend ungeduldig. Ich wollte, daß mich Bernhard zum Hause hinaus stieße; ich wollte, daß Sie und Ihr Herr Winkler sich Sterbens verliebten, (was ich in meinem vorigen Schreiben gefürchtet habe, das wünsche ich jezt) daß Sie eifersüchtig auf einander würden, daß Sie, mein Freund, wieder den Einfall bekämen, sich an dem Jöcherschen Wörterbuche unsterblich zu machen, daß alle Pferde die Beine zerbrächen, die Sie werden von da wegfahren sollen, oder daß Sie Gottsched zum Dichter krönen möchte, mit dem Bedinge, daß Sie feine und Schönaichs Reime zu Gedichten machen müßten. So eine kleine Leschäftigung möchte ich Ihnen gönnen, Sie sollten nicht so bald davon kommen. Jedoch genug hiervon! Ich will mich ein wenig zerstreuen. Die Ueberseßung vom Rousseau ist bald fertig. Noch 3 Bogen sind ohngefähr zu drucken. Der Schwanz ist nicht so fett, wie Eie aus Gefälligkeit

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