Johann Wolfgang von Goethe.*) (Geschichte der deutschen National-Litteratur § 51-54.) Poetische Gedanken über die Höllenfahrt Jesu Christi. Welch' ungewöhnliches Getümmel! Ein Jauchzen tönet durch den Himmel, Ein großes Heer zieht herrlich fort. Gefolgt von tausend Millionen Steigt Gottes Sohn von seinen Thronen 1 1765. Und eilt an jenen finstern Ort. *) Heinrich Viehoff, Goethes Gedichte erläutert, 3. Aufl. 1876. 2 Teile. Heinrich Dünger, Goethes lyrische Gedichte erklärt, 3. Aufl. 3 Teile 1897. J. W. Schäfer, Goethes ausgewählte Gedichte Andere Erläuterungsschriften siehe unter den einzelnen Gedichten! Schulausgabe), mit Anmerkungen. Ich seh' ihn auf dem Siegeswagen Von Feuerrädern fortgetragen, Den, der für uns am Kreuze starb. Er zeigt den Sieg auch jenen Fernen, Weit von der Welt, weit von den Sternen, Den Sieg, den er für uns erwarb. Er kommt, die Hölle zu zerstören, Die schon sein Tod darnieder schlug; Sie soll von ihm ihr Urteil hören; Hört! jezt erfüllet sich der Fluch. Die Hölle sieht den Sieger kommen, Hier lieget der zertretne Drache, Auch hier sind jene großen Scharen, Des Menschen Sohn steigt im Triumphe Hinab zum schwarzen Höllensumpfe Und zeigt dort seine Herrlichkeit. Die Hölle kann den Glanz nicht tragen, Seit ihren ersten Schöpfungstagen Beherrschte sie die Dunkelheit. Sie lag entfernt von allem Lichte, Erfüllt von Qual im Chaos hier; Den Strahl von seinem Angesichte Verwandte Gott auf stets von ihr. Jezt siehet sie in ihren Grenzen Nun denkt sie an ihr altes Glücke, Gott ward ein Mensch, er kam auf Erden. Auch dieser soll mein Opfer werden, Sprach Satanas und freute sich. Er suchte Christum zu verderben, Der Welten Schöpfer sollte sterben; Doch weh dir, Satan, ewiglich! Du glaubtest ihn zu überwinden, Du freutest dich bei seiner Not; Doch siegreich kommt er, dich zu binden: Wo ist dein Stachel hin, o Tod? Sprich, Hölle! sprich, wo ist dein Siegen? Sieh' nur, wie deine Mächte liegen; Erkennst du bald des Höchsten Macht? Sieh', Satan, sieh' dein Reich zerstöret, Von tausendfacher Qual beschweret Liegst du in ewig finstrer Nacht. Da liegst du wie vom Blit getroffen, Kein Schein vom Glück erfreuet dich. Es ist umsonst! Du darfst nichts hoffen, Messias starb allein für mich! Es steigt ein Heulen durch die Lüfte, Selbst Engel zittern vor dem Grimme, Jest spricht er: Donner ist sein Sprechen, Jhr wurdet meine größten Feinde, hr sollt nicht euren Zweck erlangen; Wer an mich glaubt, der stirbet nie. Hier lieget ihr in ew'gen Ketten, Nichts kann euch aus dem Pfuhl erretten, Nicht Reue, nicht Verwegenheit. Da liegt, krümmt euch in Schwefelflammen! Ihr eiltet euch selbst zu verdammen, Willkommen und Es schlug mein Herz; geschwind zu Pferde! Wo Finsternis aus dem Gesträuche Der Mond von einem Wolkenhügel An die Hand in Hand und Lipp' auf Lippe: Liebes Mädchen, bleibe treu! Lebe wohl! und manche Klippe Fährt dein Liebster noch vorbei; Da liegt und klagt in Ewigkeit! Jhr solltet ewig mit mir leben, Der Gottmensch schließt der Höllen Pforten, Er schwingt sich aus den dunklen Orten In seine Herrlichkeit zurück. Er sizet an des Vaters Seiten, Er will noch immer für uns streiten. Er will's! Freunde, welches Glück! Der Engel feierliche Chöre, Die jauchzen vor dem großen Gott, Daß es die ganze Schöpfung höre: Groß ist der Herr, Gott Zebaoth! Dich sah ich und die milde Freude Floß von dem süßen Blick auf mich; Ganz war mein Herz an deiner Seite, Und jeder Atemzug für dich. Ein rosenfarbnes Frühlingswetter Umgab das liebliche Gesicht; Und Zärtlichkeit für mich, ihr Götter! Ich hofft' es, ich verdient' es nicht! Doch ach, schon mit der Morgensonne Verengt der Abschied mir das Herz. In deinen Küssen, welche Wonne! In deinen Augen, welcher Schmerz! Ich ging, du standst und sahst zur Erden Und sahst mir nach mit nassem Blick; Und doch, welch Glück geliebt zu werden! Und lieben, Götter, welch ein Glück! Erwählte. Aber wenn er einst den Hafen Nach dem Sturme wieder grüßt, Mögen ihn die Götter strafen, Wenn er ohne dich genießt. J |