Imágenes de páginas
PDF
EPUB
[blocks in formation]

Johann Christian Günther.

(Geschichte der deutschen National-Litteratur § 39)

[blocks in formation]
[graphic][merged small]

Johann, der muntre Seifensieder *) 1738.

Johann, der muntre Seifensieder,
Erlernte viele schöne Lieder
Und sang mit unbesorgtem Sinn
Vom Morgen bis zum Abend hin.
Sein Tagwerk konnt' ihm Nahrung bringen,
Und wann er aß, so mußt' er singen;
Und wann er sang, so war's mit Lust,
Aus vollem Hals und freier Brust.
Beim Morgenbrot, beim Abendessen
Blieb Ton und Triller unvergessen;
Der schallte recht, und seine Kraft
Durchdrang die halbe Nachbarschaft.
Man horcht, man fragt: Wer singt schon
wieder?

Wer ist's? Der muntre Seifensieder.

*) Lüben und Nade 1, 377. Leimbach II, 155.

Im Lesen war er anfangs schwach,
Er las nichts, als den Almanach;
Doch lernt' er auch nach Jahren beten,
Die Ordnung nicht zu übertreten,
Und schlief, dem Nachbar gleich zu sein,
Oft singend, öfter lesend, ein.
Er schien fast glücklicher zu preisen,
Als die beruf'nen sieben Weisen,
Als manches Haupt gelehrter Welt,
Das sich schon für den achten hält.

Es wohnte diesem in der Nähe
Ein Sprößling eigennüß'ger Ehe,
Der, stolz und steif und bürgerlich,
Im Schmausen keinem Fürsten wich;

[ocr errors]

Aus deutschen Lesebüchern II, 287.

Ein Garkoch richtender Verwandten,
Der Schwäger, Vettern, Nichten, Tanten,
Der stets zu halben Nächten fraß
Und seiner Wechsel oft vergaß.

Kaum hatte mit den Morgenstunden
Sein erster Schlaf sich eingefunden,
So ließ ihm den Genuß der Ruh'
Der nahe Sänger nimmer zu.

Zum Henker; lärmst du dort schon wieder,
Vermaledeiter Seifensieder?
Ach, wäre doch, zu meinem Heil,
Der Schlaf hier wie die Austern feil!

Den Sänger, den er früh vernommen,
Läßt er an einem Morgen kommen
Und spricht: Mein lustiger Johann!
Wie geht es euch? Wie fangt ihr's an?
Es rühmt ein jeder eure Waare;
Sagt, wie viel bringt sie euch im Jahre?

Im Jahre, Herr? mir fällt nicht bei,
Wie groß im Jahr mein Vorteil sei.
So rechn' ich nicht; ein Tag bescheret,
Was der, so auf ihn kömmt, verzehret.
Das folgt im Jahr (ich weiß die Zahl)
Drei hundert fünf und sechzig mal.

Ganz recht! doch könnt ihr mir's nicht sagen, Was pflegt ein Tag wohl einzutragen?

Mein Herr, ihr forschet allzusehr!
Der eine wenig, mancher mehr,
So wie's dann fällt. Mich zwingt zur Klage
Nichts als die vielen Feiertage;
Und wer sie alle rot gefärbt,
Der hatte wohl, wie ihr, geerbt,
Dem war die Arbeit sehr zuwider,
Das war gewiß kein Seisensieder.

Dies schien den Reichen zu erfreu'n.
Hans, spricht er, du sollst glücklich sein.
Jezt bist du nur ein schlechter Prahler.
Da hast du bare funfzig Thaler,
Nur unterlasse den Gesang!
Das Geld hat einen bessern Klang.

Er dankt und schleicht mit scheuem Blicke, Mit mehr als dieb'scher Furcht zurücke. Er herzt den Beutel, den er hält, Und zählt und wägt und schwenkt das Geld, Das Geld, den Ursprung seiner Freude Und seiner Augen neue Weide.

Es wird mit stummer Lust beschaut Und einem Kasten anvertraut, Den Band und starke Schlösser hüten, Beim Einbruch Dieben Troß zu bieten, Den auch der karge Thor bei Nacht Aus banger Vorsicht selbst bewacht. Sobald sich nur der Haushund reget, Sobald der Kater sich beweget, Durchsucht er alles, bis er glaubt, Daß ihn kein frecher Dieb beraubt, Bis, oft gestoßen, oft geschmissen, Sich endlich beide packen müssen: Sein Mops, der keine Kunst vergaß Und wedelnd bei dem Kessel saß; Sein Hinz, der Liebling junger Kazen, So glatt von Fell, so weich von Tagen.

Er lernt zulet, je mehr er spart, Wie oft sich Sorg' und Reichtum paart, Und manches Zärtlings dunkle Freuden Ihn ewig von der Freiheit scheiden, Die nur in reine Seelen strahlt, Und deren Glück kein Gold bezahlt.

Dem Nachbar, den er stets gewecket, Bis der das Geld ihm zugestecket, Dem stellt er bald, aus Lust zur Ruh', Den vollen Beutel wieder zu Und spricht: Herr, lehrt mich bess're Sachen, Als, statt des Singens, Geld bewachen. Nehmt immer euren Beutel hin Und laßt mir meinen frohen Sinn. Fahrt fort, mich heimlich zu beneiden, Ich tausche nicht mit euren Freuden. Der Himmel hat mich recht geliebt, Der mir die Stimme wieder giebt. Was ich gewesen, werd' ich wieder: Johann, der muntre Seifensieder.

[graphic][merged small][merged small]

Soll ich von deinem Tode singen? O Marianne, welch' ein Lied! Wann Seufzer mit den Worten ringen, Und ein Begriff den andern flieht. Die Lust, die ich an dir gefunden, Vergrößert jezund meine Not; Ich öffne meines Herzens Wunden Und fühle nochmals deinen Tod.

Doch meine Liebe war zu heftig, Und du verdienst sie allzu wohl, Dein Bild bleibt in mir viel zu kräftig, Als daß ich von dir schweigen soll. Es wird im Ausdruck meiner Liebe Mir etwas meines Glückes neu; Als wann von dir mir etwas bliebe, Ein zärtlich Abbild uns'rer Treu'.

*) 2üben und Nade 1, 353.

Nicht Reden, die der Wiz gebieret, Nicht Dichterklagen fang' ich an; Nur Seufzer, die ein Herz verlieret, Wann es sein Leid nicht fassen kann. Ja, meine Seele will ich schildern, Von Lieb' und Traurigkeit verwirrt, Wie sie, ergözt von Trauerbildern, In Kummerlabyrinthen irrt.

Ich jeh' dich noch, wie du erblaßtest, Wie ich verzweifelt zu dir trat, Wie du die lezten Kräfte faßtest, Um noch ein Wort, das ich erbat.

Seele voll der reinsten Triebe! Wie ängstig warst du für mein Leid? Dein leztes Wort war Huld und Liebe, Dein leztes Thun Gelassenheit.

« AnteriorContinuar »