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Volkers Schwanenlied.

Sonst schlug die Lieb' aus mir so helle
Wie eine Nachtigall am Quelle.
Nun hat sie meine Kunst geirrt,
Daß jeder Laut zum Seufzer wird.

Liebe, wundersüßes Wesen,
Wovon die Kranken oft genesen,
Ja Tote schier vom Grab ersteh'n,
Mich drängest du, ins Grab zu geh'n!

Im Busen hegt' ich dich so lange,
Wie Jener die erstarrte Schlange.
Dem Busen, der ihr Leben bot,
Gab sie zum Lohne Schmerz und Tod.

Nun, süße Mörderin des Lebens,
O Molly, laß nur nicht vergebens
Mein Fleh'n, mein leßtes Flehen sein:
Vergiß nicht, ach, vergiß nicht mein!

Auf meiner Gruft, wo ich verwese, Will ich, daß sanftes Mitleid lese: Wie Volker liebt' und litt kein Mann; Der Hoffnungslose starb daran."

Friß Stolberg, Harfner, der vor allen Mir stets von Herzen wohlgefallen, Mann, der voll Gotteskraft und Geist So herzlich Tugend liebt als preist!

Dir, Freund, vermach' ich Kranz und Leier. Doch nur geweiht zu Molly's Feier. Der Name Molly sei verwebt In jedes Lied, das ihr entschwebt!

Es gilt der herrlichsten von allen, Die unter Gottes Sonne wallen. Die Volker, der verlorne Mann, Vom Schicksal nicht erseufzen kann.

Nun sei, o Gott, dem Armen gnädig! Laß aller Schuld ihn los und ledig! Laß nie in andern Flammen ihn, Als Flammen seiner Liebe glühn!

Verlust.

Wonnelohn getreuer Huldigungen, Dem ich mehr als hundert Monden lang, Tag und Nacht, wie gegen Sturm und Drang Der Pilot dem Hafen, nachgerungen!

Becher, allgenug für Götterzungen, Goldnes Kleinod, bis zum Ueberschwang Stündlich neu erfüllt mit Labetrank, Owie bald hat dich das Grab verschlungen!

Nektarkelch, du. warest süß genug, Einen Strom des Lebens zu versüßen, Sollt' er auch durch Weltenalter fließen.

Wehe mir! Seitdem du schwandest, trug Bitterkeit mir jeder Tag im Munde; Honig trägt nur meine Todesstunde!

Liebe ohne Heimat.

Meine Liebe, lange wie die Taube Von dem Falken hin und her gescheucht, Wähnte froh, sie hab' ihr Nest erreicht In den Zweigen einer Götterlaube.

Armes Täubchen! Hart getäuschter Glaube! Herbes Schicksal, dem kein andres gleicht! Ihre Heimat, kaum dem Blick gezeigt, Wurde schnell dem Wetterstrahl zum Raube.

Aus deutschen Lesebüchern III, 163.

Ach, nun irrt sie wieder hin und her! Zwischen Erd' und Himmel schwebt die Arme, Sonder Ziel für ihres Flugs Beschwer. Denn ein Herz, das ihrer sich erbarme, Wo sie noch einmal, wie einst, erwarme. Schlägt für sie auf Erden nirgends mehr. An das Herz. *)

Lange schon in manchem Sturm und Drange Wandeln meine Füße durch die Welt. Bald, den Lebensmüden beigesellt, Ruh' ich aus von meinem Pilgergange.

Leise sinkend faltet sich die Wange, Jede meiner Blüten welkt und fällt. Herz, ich muß dich fragen: Was erhält Dich in Kraft und Fülle noch so lange?

Trotz der Zeit Despoten Allgewalt Fährst du fort, wie in des Lenzes Tagen, Liebend wie die Nachtigall zu schlagen.

Aber ach! Aurora hört es kalt, Was ihr Tithons Lippen Holdes sagen. Herz, ich wollte, du auch würdest alt!

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Adalbert von Chamisso.

(Geschichte der deutschen National-Litteratur § 63.)
Das Schloß Boncourt. *) 1827.

Ich träum' als Kind mich zurücke
Und schüttle mein greises Haupt;
Wie sucht ihr mich heim, ihr Bilder,
Die lang' ich vergessen geglaubt?

Hoch ragt aus schatt'gen Gehegen Ein schimmerndes Schloß hervor, Ich kenne die Türme die Zinnen, Die steinerne Brücke, das Thor.

Dort hinter diesen Fenstern
Verträumt' ich den ersten Traum.

Ich tret' in die Burgkapelle
Und suche des Ahnherrn Grab,
Dort ist's, dort hängt vom Pfeiler
Das alte Gewaffen herab.

Noch lesen umflort die Augen

Es schauen vom Wappenschildeleeute Die Züge der Inschrift nicht,

Die Löwen so traulich mich an,
Ich grüße die alten Bekannten
Und eile den Burghof hinan.

Dort liegt die Sphinx am Brunnen,
Dort grünt der Feigenbaum, 4

*) Gude, Erläuterungen IV, 248. deutschen Lesebüchern III, 180.

Wie hell durch die bunten Scheiben
Das Licht darüber auch bricht.

So stehst du, o Schloß meiner Väter,
Mit treu und fest in dem Sinn.
Du bist von der Erde verschwunden,
Der Pflug geht über dich hin.

Lüben und Nade III, 235.

Leimbach I, 118 ff.

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Seit ich ihn gesehen,
Glaub' ich blind zu sein;

Wo ich hin nur blicke,
Seh' ich ihn allein;

Wie im wachen Traume
Schwebt sein Bild mir vor,
Taucht aus tiefstem Dunkel
Heller nun empor.

Sonst ist licht- und farblos
Alles um mich her,

Nach der Schwestern Spiele
Nicht begehr' ich mehr,
Möchte lieber weinen
Still im Kämmerlein;

Seit ich ihn gesehen,
Glaub' ich blind zu sein.
Er, der Herrlichste von allen,

Wie so milde, wie so gut! Holde Lippen, flares Auge,

Heller Sinn und fester Mut.

So wie dort in blauer Tiefe,

Hell und herrlich, jener Stern, Also er an meinem Himmel,

Hell und herrlich, hoch und fern. Wandle, wandle deine Bahnen;

Nur betrachten deinen Schein, Nur in Demut ihn betrachten, Selig nur und traurig sein! Höre nicht mein stilles Beten,

Deinem Glücke nur geweiht; Darfst mich niedre Magd nicht kennen, Hoher Stern der Herrlichkeit. Nur die Würdigste von allen

Soll beglücken deine Wahl, Und ich will die Hohe segnen. Segnen viele tausend Mal.

1830.

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Olaß im Traume mich sterben,

Gewieget an seiner Brust.
Den seligsten Tod mich schlürfen
In Thränen unendlicher Lust.
Du Ring an meinem Finger,
Mein goldenes Ringelein,
Ich drücke dich fromm an die Lippen,
Dich fromm an das Herze mein.
Ich hatt' ihn ausgeträumet

Der Kindheit friedlichen Traum,
Ich fand allein mich, verloren
Im öden unendlichen Raum.
Du Ring an meinem Finger,

Du hast mich erst belehrt,
Hast meinem Blick erschlossen

Des Lebens unendlichen Wert. Ich werd' ihm dienen, ihm leben,

Ihm angehören ganz, Hin selber mich geben und finden Verklärt mich in seinem Glanz. Du Ring an meinem Finger, Mein goldenes Ringelein, Ich drücke dich fromm an die Lippen, Dich fromm an das Herze mein.

+ Frisch gesungen.

Hab' oft im Kreise der Lieben Zn duftigem Grase geruht Und mir ein Liedlein gesungen, Und alles war hübsch und gut.

1829. mayo

Hab' einsam auch mich gehärmet In bangem, düsteren Mut Und habe wieder gesungen, Und alles war wieder gut.

exmined

Und manches, was ich erfahren,

el Verkocht' ich in stiller Wut, Und kam ich wieder zu singen, War alles auch wieder gut.

Sollst nicht uns lange klagen, lan

Was alles dir wehe thut;

Nur frisch, nur frisch gesungen,

Und alles wird wieder gut.

Die Sonne bringt es an den Tag.*) 1827.

Gemächlich in der Werkstatt saß
Zum Frühtrunk Meister Nicolas,
Die junge Hausfrau schenkt' ihm ein,
Es war im heitern Sonnenschein.

Die Sonne bringt es an den Tag.

Die Sonne blinkt von der Schale Rand, Malt zitternde Kringeln an die Wand, Und wie den Schein er ins Auge faßt, So spricht er für sich, indem er erblaßt: Du bringst es doch nicht an den Tag!

Wer nicht? was nicht? die Frau fragt gleich,

Was stierst du so an? was wirst du so bleich?
Und er darauf: sei still, nur still;
Jch's doch nicht sagen kann, noch will.
Die Sonne bringt's nicht an den Tag.

Die Frau nur dringender forscht und fragt,

Mit Schmeicheln ihn und Hadern plagt,
Mit süßem und mit bitterm Wort,
Sie fragt und plagt ihn fort und fort;
Was bringt die Sonne nicht an den Tag?

Nein, nimmermehr!

Du sagst es mir noch. Ich sag' es nicht. Du sagst es mir doch. Da ward zuletzt er müd' und schwach Und gab der Ungestümen nach.

Die Sonne bringt es an den Tag.

Auf der Wanderschaft, 's sind zwanzig
Jahr',

Da traf es mich einst gar sonderbar,
Ich hatt' nicht Geld, nicht Ranzen, noch
Schuh',

War hungrig und durstig und zornig dazu. –
Die Sonne bringt es nicht an den Tag.

Da kam mir just ein Jud' in die Quer', Ringsher war's still und menschenleer:

Du hilfst mir, Hund, aus meiner Not; Den Beutel her, sonst schlag' ich dich tot! Die Sonne bringt's nicht an den Tag.

Und er: vergieße nicht mein Blut, Acht Pfennige sind mein ganzes Gut! Ich glaubt' ihm nicht und fiel ihn an; Es war ein alter, schwacher Mann.

Die Sonne bringt's nicht an den Tag.

So rücklings lag er blutend da; Sein brechendes Aug' in die Sonne sah; Noch hob er zuckend die Hand empor, Noch schrie er röchelnd mir ins Ohr:

Die Sonne bringt es an den Tag!

Ich macht' ihn schnell noch vollends stumm Und kehrt' ihm die Taschen um und um; Acht Pfenn'ge, das war das ganze Geld. Ich scharrt' ihn ein auf selbigem Feld.

Die Sonne bringt's nicht an den Tag.

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Die Raben ziehen krächzend zumal Nach dem Hochgericht, zu halten ihr Mahl. Wen flechten sie aufs Rad zur Stund'? Was hat er gethan? wie ward es kund? Die Sonne bracht' es an den Tag.

*) Gude, Erläuterungen IV, 251. - Lüben und Nade III, 229. bach 1, 75 ff. Aus deutschen Lesebüchern II, 380.

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Abdallah.*) 1827.

Abdallah liegt behaglich am Quell der Wüste und ruht;
Es weiden um ihn die Kamele, die achtzig, sein ganzes Gut.
Er hatte, mit Raufmannswaaren, Balsora glücklich erreicht,
Bagdad zurück zu gewinnen, wird ledig die Reise ihm leicht.

Da kommt zur selben Quelle, zu Fuß am Wanderstab,
Ein Derwisch ihm entgegen, den Weg von Bagdad herab.
Sie grüßen einander, sie sehen beisammen sich zum Mahl
Und loben den Trunk der Quelle und loben Allah zumal.

Sie haben um ihre Reise teilnehmend einander gefragt,
Was jeder verlanget zu wissen, willfährig einander gesagt,
Sie haben einander erzählet von dem und jenem Ort;
Da spricht zuletzt der Derwisch ein gar bedächtig Wort:

„Ich weiß in dieser Gegend und kenne wohl den Play
„Und könnte dahin dich führen, den unermeßlichsten Schat;
„Man könnte daraus belasten mit Gold und Edelgestein

"Wohl achtzig, wohl tausend Kamele, es würde zu merken nicht sein."

Abdallah lauscht betroffen, ihn blendet des Goldes Glanz,

Es rieselt ihm kalt durch die Adern, und Gier erfüllt ihn ganz.
„Mein Bruder, hör', mein Bruder, o führe dahin mich gleich!

„Dir kann der Schaß nichts nüßen, mich machst du glücklich und reich!

,,Laß dort mit Gold uns beladen die achtzig Kamele mein,
Nur achtzig Kameleslasten, es wird zu merken nicht sein.
„Und dir, mein Bruder, verheiß' ich, zu deines Dienstes Sold,
„Das beste von allen, das stärkste, mit seiner Last von Gold.“

Darauf der Derwisch: „Mein Bruder, ich hab' es anders gemeint:
„Dir vierzig Kamele, mir vierzig, das ist, was billig mir scheint.
„Den Wert der vierzig Kamele empfängst du millionenfach!

Und hätt' ich geschwiegen, mein Bruder, o denke, mein Bruder, doch nach!“

„Wohlan, wohlan, mein Bruder, laß gleich uns ziehen dahin,
„Wir teilen gleich die Kamele, wir teilen gleich den Gewinn!"
Er sprach's, doch thaten ihm heimlich die vierzig Lasten leid,
Dem Geiz in seinem Herzen gesellte sich der Neid.

Und so erhoben die beiden vom Lager sich ohne Verzug,
Abdallah treibt die Kamele, der Derwisch leitet den Zug.
Sie kamen zu den Hügeln; dort öffnet, eng und schmal,
Sich eine Schlucht zum Eingang in ein geräumig Thal.

Schroff, überhangend umschließet die Felswand rings den Raum;

Noch drang in diese Wildnis des Menschen Fuß wohl kaum.

Sie halten; bei den Tieren Abdallah sich verweilt,

Der sie, der Last gewärtig, in zwei Gefolge verteilt.

*) Göinger I, 583 ff.

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