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Das neue Jahr.

Abermals ein neues Jahr! Immer noch die alte Not!

O, das Alte kommt von uns, und das Neue kommt von Gott.
Gottes Güt' ist immer neu, immer alt ist unsre Schuld.
Neue Reu' verleih' uns, Herr, und beweis' uns alte Huld!

Güter.

Daß man ohne Sorgen lebe, sorgt man stets um Gut und Geld,
Das doch den, der es ersorget, immerdar in Sorgen hält.

Augen, Ohren, Mund.

Aug' und Ohren sind die Fenster, und der Mund die Thür' ins Haus! Werden diese wohl verwahret, geht nichts Böses ein und aus.

Ein unruhig Gemüt.

Ein Mühlstein und ein Menschenherz wird stets herumgetrieben,
Wo beides nichts zu reiben hat, wird beides selbst zerrieben.

Göttliche Rache.

Gottes Mühlen mahlen langsam, mahlen aber trefflich klein;
Ob aus Langmut er sich fäumet, bringt mit Schärf' er alles ein.

Die deutsche Sprache.

Deutsche sind so alte Leute, lernen doch erst reden heute;

Wenn sie lernen doch erst wollten, wie recht deutsch sie handeln sollten.

Kann die deutsche Sprache schnauben, schnarchen, poltern, donnern, krachen, Kann sie doch auch spielen, scherzen, lieben, güteln, kürmeln, lachen.

Franzosenfolge.

Narrenkappen samt den Schellen, wenn ich ein Franzose wär',
Wollt' ich tragen; denn die Deutschen gingen stracks wie ich einher.

Die Flucht.

Podaurus lief jüngst aus der Schlacht, weil er sich schnell besann,
Daß, wird man einmal umgebracht, man nicht mehr fechten kann.

Der Mai.

Dieser Monat ist ein Kuß, den der Himmel giebt der Erde,
Daß sie jego seine Braut, künftig eine Mutter werde.

Weinfreundschaft.

Die Freundschaft, die der Wein gemacht,
Wirkt, wie der Wein, nur eine Nacht.

Gemäßigte Strafe.

Strafe soll sein, wie der Salat,
Der mehr Del als Essig hat.

Emfigkeit.

Man kann im Ruh'n doch etwas thun,
Man kann im Thun doch etwas ruh'n.

Alamode-Zeitalter.

Alamode-Kleider, Alamode-Sinnen!

Wie sich's wandelt außen, wandelt sich's auch innen.

Der Geizhals.

Den Geizhals und ein fettes Schwein
Schaut man im Tod erst nüßlich sein.

Französische Kleider.

Diener tragen ingemein ihrer Herren Liverei;

Soll's denn sein, daß Frankreich Herr, Deutschland aber Diener sei? Freies Deutschland, schäm' dich doch dieser schnöden Knechterei!

An den Leser.

Leser, wie gefall' ich dir?
Leser, wie gefällst du mir?

August Mahlmann.

(Geschichte deutschen National-Litteratur § 45 Anm.)

Der Kirchhof zu Ottensen.

Still tret' ich hier in diesen stillen Raum. Wer waren sie, die hier in Gottes Garten, Tief in der Grabnacht unbekanntem Traum, Den Morgenruf der zweiten Welt erwarten? Nur wenig Steine seh' ich auf den Hügeln, Nicht gold'ne Schrift im Sonnenglanz sich spiegeln; Ein armes Volk fand hier ersehnte Ruh'; Kein Marmor, kein Granit deckt seine Gräber zu; Nur Blumen sprossen auf, es wölbt sich grüner Rasen Um all' die Herzen her, die hier die Welt vergaßen.

O Grün, du lieblich Grün, erfreulich holde Farbe
Der Hoffnung, die uns nie verläßt;

Prophetisch schlingst du dich um jede reife Garbe
Am garbenreichen Erntefest! -

Doch hoch von Gras und Blumen überdeckt, Seh' ich an jedes Grab ein schwarzes Kreuz gesteckt; Der Schläfer Namen sind daran zu lesen,

Und welcher Tag ihr Freiheitstag gewesen;

Denn jeder müde Mensch, wenn er ins Grab sich legt, Läßt gern ein Kreuz zurück, das seinen Namen trägt.

Landleute waren's; hinter jenen Maien

Raucht noch ihr Herd, dort wogt ihr Ackerland;

Die Bäume, die ihr Grab mit Blütenschnee bestreuen, Zog treu und sorgsam ihre Hand;

Die Schattenlinde, die den Kirchhof kühlt,

Hat einst ihr Kindertanz umspielt.

O, ihr schlaft wohl nach arbeitvollem Leben,

Jhr unverdorbnen Söhne der Natur!

Ein heitrer Traum wird euren Schlaf umschweben,

Und die ihr angebaut, die volle reiche Flur,

Sie hat als Denkmal euer Grab umgeben.

Wohl dem, der, fern der Welt und ihrem Lasterpfuhle,

Sein Tagewerk vollbringt auf seines Vaters Gut,

Und wenn der Nachbar in der kleinen Schule
Als Nachbar auch im Grabe ruht!

Nur wenig kennt er zwar von diesem weiten Runde, Doch ist sein armes Los wohl reich an Gottes Huld. Sein Leben, zwar voll Schweiß, doch frei von schwerer Schuld, Und jedes Abendrot bringt ihm vollkommne Ruh,

Und eine leichte Todesstunde

Schließt ihm dereinst die Augen freundlich zu.

könnt' ich meiner Fesseln Last vernichten,
Mich zu dem Frieden deiner Hütten flüchten,
Beschränktes Los, mich deines Glücks erfreu'n!
In heitrer Unschuld wüßte dann mein Leben
Kein größer Glück, kein seliger Bestreben,
Als unter Menschen Mensch zu sein!

Hier schläft, wie dieser Stein mir sagt,

Ein Seemann, der die Welt mit raschem Kiel durchjagt.

Wie ruhig nun der kühne Segler liegt,

Den einst in wechselvollen Tagen

Der Sturm mit seiner Kraft gewiegt,

Und den der Ozean von Pol zu Pol getragen!

Er sah die Welt von eisbedeckten Zonen,
Bis wo ein ew'ger Lenz auf Blumenmatten spielt,
Die Völker, die in Felsenklüften wohnen,

Und die hier Lorbeerhain, dort Palmenschatten kühlt.
Und was hat er entdeckt, er, der die große Runde
Um dieses große Rund gemacht?

Und von der Wallfahrt, welche sich're Kunde

Hat einst der Pilger heimgebracht?

„Die Welt ist groß, doch überall voll Mühen;
Das Leben kurz, doch überall voll Last;
Es herrscht Gewalt, wo Völkerstämme blühen,
Und Thorheit wohnt, wo man sich liebt und haßt.

In dumpfer Kindheit lebt der Wilde,
Begierden sind des Rohen Qual;

Die Menge läuft nach einem Schattenbilde,
Mit Freiheit prahlt der Thoren Gilde,
Und Sklaven sind sie allzumal.

„Still trauern selbst die edelsten Gemüter,
Der Himmel nur kennt ihren heil'gen Schmerz;
Denn größer, als die Welt und ihre Güter,
Ist ein gefühlvoll Menschenherz." -

Das also war die Beute schwerer Stunden,
Die Weisheit, die die Pilgerschaft ihm gab?
Und was hat er an ihrem Ziel gefunden?
Den kleinen Stein und dieses arme Grab.

So flog vorzeit die Taube Noahs aus Und flog und flog die ungeheure Strecke Und brachte nur die Kunde mit nach Haus, Daß noch die Sintflut diese Welt bedecke. Zum Tod' ermattet von dem irren Lauf Nahm sie die Arche wieder freundlich auf.

Dort unterm Schatten, den die Linde breitet,
Spricht mich ein einfach Denkmal an.

Ein Hügel steigt empor, von Rasen überkleidet,
Und Epheuranken winden sich hinan.

Wer legte hier auf diese lehte Schwelle

Ermüdet seinen Wanderstab?

Wen nennt die Schrift? — O, ewig heil'ge Stelle:

Dies Grab ist meines Klopstocks Grab!

Du großes Herz, das hier in Staub zerfällt,
Wie hast du göttlich sonst geschlagen!
Wie Tausende zu deiner Himmelswelt
Durch Wort und Lied emporgetragen!

Nur nach dem Höchsten hast du stets gestrebt,
Dich nur des Würdigsten beslissen

Und als ein reiner Mensch gelebt,

Bis dich dein Engel dieser Welt entrissen.

Nie prunktest du mit leerem Ruhme,

Nie mit der Eitelkeiten Wahn;

In deines Busens Heiligtume

Hat sich dein Gott dir kund gethan.

Da sang dein herrlich Lied die große Weltversöhnung,
Im Schmerz von Golgatha vollbracht;

Es sang, voll Vaterlands, die deutsche Heldenkrönung,
Den Siegsgefang von Hermanns Schlacht;

Es sang der Freundschaft Glück, der Liebe Götterwonnen,
Der Andacht heil'gen Psalm, den Auferstehungstag.

So flog dein Adler auf zum Lichtquell ew'ger Sonnen,
Und Freiheit war sein Flügelschlag. -

Wir geh'n mit kurzer Lust und vielen bittern Schmerzen
Der ernsten Stunde zu, die uns dereinst verklärt.

Nur der hat wohl gelebt, wer in dem eignen Herzen
Schon hier den Himmel fand, den jene Welt gewährt.

Leb' wohl, du heil'ges Grab! Lebt wohl, ihr stillen Hügel!

Die Blume winkt mir zu, es flüstert durch das Laub.

Ihr Schläfer, schlummert sanft! Die Zeit schwingt ihre Flügel,
Und mein beklommnes Herz ist bald, wie eure, Staub!

Gebet der Kinder zu ihrem ewigen Vater.

Du hast deine Säulen dir aufgebaut
Und deine Tempel gegründet!
Wohin mein gläubiges Auge schaut,
Dich, Herr und Vater, es findet!

Deine ewig herrliche Gottesmacht
Verkündet der Morgenröte Pracht,
Erzählen die tausend Gestirne der Nacht.
Und alles Leben liegt vor dir,
Und alles Leben ruft zu dir:

Vater Unser, der du bist im
Himmel!

Und liebevoll dein Auge schaut,
Was deiner Allmacht Wink begonnen,
Und milder Segen niedertaut,
Und fröhlich wandeln alle Sonnen!
Herr! Herr! das Herz, das dich erkennt,
Erwacht vom Kummer und vom
Grame,
Es jauchzt die Lippe, die Vater dich

nennt Geheiliget werde dein Name!

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