Von diesen ward gemacht ein Auszug, den beim Zug Doch noch bequemer wollt' er haben seine Sachen, Ein art'ges Büchlein ward nun aus der Maultierbürde, Doch immer noch zu sehr belästigte das ihn, Da zogen sie ihm aus dem ausgezognen Buch Den faßt' er ins Gemüt und konnt' ihn leicht behalten, Cb ihm dies Heil gelang? Wenn er's nicht ganz vollbracht, So war's nur, weil er selbst den Auszug nicht gemacht. Das aber ist gewiß, daß aus dem Bücherwust Sechs Wörter nehmen mich in Anspruch jeden Tag: Ich soll, ist das Gesez, von Gott ins Herz geschrieben, Ich muß, das ist die Schrank', in welcher mich die Welt Von einer, die Natur von andrer Seite hält. Ich kann, das ist das Maß der mir verlieh'nen Kraft, Ich will, die höchste Kron' ist dieses, die mich schmückt, Ich darf, das ist zugleich die Inschrift bei dem Siegel, Ich mag, das endlich ist, was zwischen allen schwimmt, Ich soll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag, Nur wenn du stets mich lehrst, weiß ich, was jeden Tag Du klagest, daß die Welt so unvollkommen ist, Wenn du vollkommen wärst, wär' auch die Welt vollkommen, Sie will Vollkommenheit nur mit dir selbst empfah'n Dank' ihr, daß sie mit dir will halten gleichen Schritt, Das Schöne stammet her vom Schönen, es ist zart Wie Blumen vor dem Frost und rauher Stürme Drohen Der große Astronom sprach: Alle Himmelsflur Hab' ich durchforscht und nicht entdeckt von Gott die Spur. Hat er nicht recht gesagt? Bei Mond- und Sonnenflecken, Des Sehrohr's Scharfblick sieht den Unsichtbaren nicht, Wer Gott will finden dort, der muß ihn mit sich bringen; Den alten Malerspruch erkoren hab' auch ich Zum Wahlspruch für mein Buch: Kein Tag ohn' einen Strich. So laß' ich ohne Strich nun keinen Tag verstreichen, Welch' eine Sprach' ist schön? Welch' eine Sprach' ist reich? Nicht dies' und jene Sprach' entzückt, erfreuet mich; Daß eine Sprach' es giebt, die, was du fühlst und denkest, Daß eine Sprach' es giebt, kraft deren du verkündest Drum ist die schönste Sprach' und beste, die du nennst, Viel sind der Tugenden, doch jede ist die ganze, Wo eine Blume blüht, da muß der Frühling sein, So gleich einander alle und jede so verschieden, Sie wohnen in der Brust, wie Blumen auf der Flur, Dem unbeschrieb'nen Blatt des Geistes in dem Kinde Zwar wird nie voll das Blatt, stets neu zu überschreiben, Ja keine Kunst vermag sie völlig wegzuwischen: Was man auch drüber schreibt, sie schimmert durch dazwischen. Und manchen Forscher freut's, den Neues wenig freut, Du selber mögest einst, wenn spät're Schriften schwinden, Johann Gaudenz Freiherr von Salis. (Geschichte der deutschen National-Litteratur § 47.) Lied eines Landmanns Traute Heimat meiner Lieben, Stiller Weiler, grün umfangen. An die Stauden, wo ich Meisen *) Aus deutschen Lesebüchern II, 659. in der Fremde. *) Was mich dort als Kind erfreute, Selbst des Nachts in meinen Träumen Lösch' aus ihres Brunnens Röhren Wann erblick' ich selbst die Linde Mitleid! Heil dir, du Geweihte! Weichen Herzens, milder Hand, Wallst du an des Dulders Seite Durch der Prüfung rauhes Land. Tau'st, wie Balsam, milde Zähren, Hebest das zerknickte Rohr. Wie zu Hyllius' Altären Blickt die Not zu dir empor. Deine Hilfe stillt ihr Flehen; Dein Erbarmen eilt zur That. Wünsche brennst du auszuspähen, Spendest, wenn der Mangel bat; Spendest Brüdern, welche darben, Deines Tagewerks Gewinn; Bindest loser deine Garben Vor der Aehrenleserin. In verarmter Witwen Krüge Schüttest du der Stärkung Wein, Prägst des Lächelns heit're Züge Abgehärmten Wangen ein: Mitleid. Hebst erleg'ner Wandrer Bürde Auf dem tief beschneiten Damm Und verpflegst in sich'rer Hürde Deines Nachbars irres Lamm. Sorglich streust du vor die Scheuer Vögeln Korn im Winter aus; Nötigst zu des Herdes Feuer Pilger in dein wirtlich Haus; Herbergst an des Strohdachs Balken Prognens federlose Brut; Schirmest Täubchen vor des! Falken, Küchlein vor des Geiers Wut. Du entführst die junge Waise Jhrer Mütter Rasengrust; Jeden Seufzer, noch so leise, Raubt dein Ohr der Abendluft; Sanft, wie tauige Hyaden, Blichst du auf das Findelkind, Reichst ihm Ariadnens Faden Durch des Lebens Labyrinth. Aus deutschen Lesebüchern II, 494. |