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eben dem Grade behaupten, in welchem sie freilich den nachs herigen bessern Arbeiten unsrer meisten neuern Lustspieldichter nachzusehen sind. ,,Wirklich, sagt Lessing *), hat, unsre Bühne viel an Krügern verloren. Er hatte Talent zum Niedrigkomischen, wie seine Randidaten beweisen. Wo er aber rührend und edel seyn will, ist er frostig und affektirt.“ Man bemerkt fast überall sein Bestreben nach Erreichung der molierischen Manier; selten aber ist er glücklich darin. In seirem Dialog herrscht noch allzu viel müssiges Geschwäß; auch haben seine Charaktere nur selten interessante und auf fallende Züge der Natur. ,,Wenn man aber bedenkt, was „Wenn Brüger unter der schweren Last der Arbeit, und unter der noch traurigern Beschwerde einer langwierigen Abzehrung, bei der sauern Arbeit des beständigen Auswendiglernens, bef der steten Veränderung des Aufenthalts, der ein deutsches Theater unterworfen ist, wenn es sich erhalten soll, bei müht seligen Nebersehungen, um etwas über seinen dürftigen Unterhalt zu gewinnen, gethan hat; so wird nan leicht schließen können, was er unter gegenseitigen Umstänen, und in der Folge der Zeit, bei reifern Jahren und gevrifterer Erfahs rung, würde können geleistet haben."**) Aus die edlen Vorzüge, wodurch sich Krüger's moralischer Charakter auss zeichnete, dürfen hier nicht übergangen werden. „Er war, nach dem Zeugnisse des Herausgebers seiner Schrifte, voll Ehrfurcht gegen die heiligsten Pflichten der Religion, aufrichtig und dienstfertig gegen seinen Nebenmenschen, sters bescheiden mit seinen Gaben, immer mit seinem mäßigen Glücke vet. gnügt, ein Feind der Thorheit, nicht der Thoren. Sein Stand machte zuweilen ihre Gesellschaft nothwendig. Er war ganz Zärtlichkeit gegen seine Freunde, unermüdet in seinem Ber rufe, geduldig in seinem Leiden, und freudig und zufrieden Y 2

* Hamb. Dramaturgie, St. LXXXIII,

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**) Bibliothek d. sch. W. B. X. S. 241 ff.

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bei seinem Tode." In den Kandidaten bewirbt sich ein rechtschaffner, aber allzu wahrheitliebender Sekretår eines Grafen bei ihm um eine erledigte Rathsherrnstelle. Seine Mitwerber sind ein unwissender Licentiat, der seine Absichten durch Bestechung und durch das Versprechen einer Zusam menkunft des Grafen mit seiner hübschen Frau zu erreichen sucht; und Valer, ein Fähndrich, der, in bürgerlicher Vers kleidung, die Rachbegierde seines durch die Gräfin breidigs ten Obersten befriedigen, und sich, ihres Alters urgeachtet, in sie verliebt stellen muß. Dieß giebt folgende Scene:

Die Gråfin. Valer.

Die Grafin. Es ist gut, daß ich Sie noch in meinem Hause antreffe. Ich habe ebra erfahren, daß mein Ges mahl einem gewissen Licentisten die Rathsherrenstelle noch heute zu geben versprochen hat. Darum müssen sie sich ja nicht entfernen, damit ich Sie, als meinen Kandidaten, -dem seinigen zu rester Zeit entgegen seßen kann. Der Licens tiat muß ein abeschmackter und unwissender Kerl seyn. Der Tölpel unteræht sich zu glauben, daß es in meines Gemahls Gewalt seg, ihm die Bedienung zu geben, und daß er meis ner Gewogenheit dabei entbehren könne. Mein gutes Herrs chen! und wenn Ihr Doktor dazu wåret, so sollt Ihr diesess mal neht Rathsherr werden. Ihr wåret der erste Kandis bat, der ein Amt erhielt, ohne meine Stimme zu haben. Se find flüger, Herr Valer, Sie verstehen es, eine Sache am rechten Ende anzugreifen.

Valer. Unterdessen muß ich doch zum Ruhme Ihrer Excellenz, und vielleicht auch zu dem meinigen, bekennen, daß ich diese Klugheit nicht von mir selbst habe. Die vors trefflichen Eigenschaften Ihres Geistes, gnådige Frau, Ihre Hoheit, Ihr scharfsinniger Verstand, Ihrss

Die Gräfin. (verdrießlich) Q.pfui! bleiben;Sie mit ders

gleichen läppischen Schmeicheleien zu Hause.

*

Valer. Mehr als alles aber die Gewalt Ihrer geistreichen Augen, Ihre von Jugend und Schönheit noch blus Hende Gesichtszüge, so viel Annehmlichkeiten, welche den Liebesgott selbst auf Ihrer glänzenden Stirn, auf Ihrem feurigen Munde, auf Ihren tüssenswerthen Hånden, in Ihrer ganzen Leibesgestalt, abzeichnen 11 1

Die Gråfin. (verliebt) Ach! Sie haben einen guten Geschmack!

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Valer. Alle diese Reizungen, von welchen man die bewundernswürdigste nicht auszulesen weiß, haben mich in der Schule gehabt. Ich schäße mich mit Recht für den glücks seligsten Kandidaten, der noch jemals um ein Amt angehals ten hat. Was für eine Wollust ist es nicht, die Gewalt so vieler Schönheiten zu empfinden! Es kann kein Mensch, der gesunde Augen hat, Ihre Excellenz betrachten, ohne in Ihren Blicken sogleich die Nothwendigkeit gewahr zu werden, sich um Ihre Gewogenheit zu bewerben, wenn er in seinen Absichten glücklich seyn will. Ich zum wenigsten habe diese Wahrheit so stark eingesehen, daß ich es gar für unnöthig gehalten habe, mich weitläuftig bei Ihrem Gemahle beliebt. zu machen. Ich empfinde es, daß Ihre Excellenz machtig genug sind, mich allein glücklich zu machen, und mir ein Amt zu geben, in dessen Bekleidung ich zeitlebens ein Zeugs niß von Ihrer Gewalt und Weisheit ablegen werde.

Die Gråfin. Sie betriegen sich vielleicht, Herr Valer. Meine Reizungen müssen in der That nicht so mächtig seyn, da der Licentiat so verwegen seyn kann, über dieselben hins zusehen.

Valer. Das ist sein Unglück, aber nicht der Fehler Ihrer Reizungen. Er muß teine Augen, kein Gefühl, keis nen Geschmack haben.

Die Gráfin. Der Klok!

Valer. Er mag wohl gar in dem Irrthume stehen, daß Ihre Excellenz alt sind.

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Die Grafin. Der Tölpel!

Valer. Oder, er mag sich auch scheuen, Ihren Herrn Gemahl eifersüchtig zu machen.

Die Gråfin. Der Narr!

Valer. Oder er mag auch Ihrer Excellenz so wenig Wissenschaft zu leben zutrauen, und glauben, Sie wären in Ihren Herrn Gemahl so verliebt, daß Sie den Weihrauch verschmähen würden, welchen Ihnen auch andre Mannss personen zu opfern schuldig sind.

Die Gräfin. Der einfältige Tropf! Kein Klang ist In meinen Ohren verhafster, als der Ton der Schmeicheleien, bie mir mein Gemahl vorsagt. Allein zu meinem Glücke geråth er eben nicht oft auf diese Ausschweifung; diese Thorheit kommt ihm nur an, wenn er ein wenig getrunken hat.

Valer. Darin sind Ihre Excellenz noch glücklich. Ich kenne Frauen bürgerlichen Standes, welche racht von den Liebkosungen ihrer Männer belagert sind, und doch lieber in der Nachbarschaft eines Tag und Nacht lärmenden Grobs schmides wohnen würden, wenn sie dadurch das Kreuz los werden könnten, daß sie die Seufzer ihrer verliebten Måns ner anhören müssen.

Die Gräfin. Ich kann aber bei dem allen die Ursache nicht ergründen, warum uns Frauen die Seufzer der Ans beter lieblicher flingen, als die Seufzer unsrer Månner; es sind doch Einmal wie allemal Seufzer. Ich kann nicht umhin, Ihnen zu gestehen, daß ich es für eine Schwachhelt halte, aber diese Schwachheit hat in meinen Augen so etwas angenehmes und bezauberndes, daß ich lieber todt feyn, als diese Schwachheit nicht an mir haben wollte.

Valer. Ihre Excellenz haben vollkommen Recht; denn ein Leben ohne Schwachheiten ist ein verdrießliches Einerlei, welches einem Schlafe nicht unähnlich ist. Die Ursache aber von diesem Geschmacke der Frauen liegt in der Natur und in der Vernunft selbst. Die Seufzer eines Mannes find durch

burch ben Argwohn vergiftet, daß sie nur die talte Pflicht hervorbringt; die Seufzer eines Anbeters aber entstehen alles mal aus der feurigen Neigung. Diese sind die Wirkung der Vortrefflichkeiten eines Frauenzimmers; jene aber nur eine Nothwendigkeit, welche allemal etwas verdrießliches mit sich führt. Wenn ich hier aber von einer feurigen Neigung rede, so kann ich solches aus meinem Beispiele beweisen; denn ungeachtet mich die Ehrfurcht, welche ich als ein Bürs gerlicher Ihrem Stande und Ihrer Geburt schuldig bin, im Zaume halten sollte, so reissen mich doch Ihre Annehmlich teiten aus den Schranken, und machen meine ganze Seele gegen Sie so zärtlich, als ob mich die Geburt berechtigtes.

Die Grifin. (verliebt) Ach! die Zärtlichkeit ist weit stårker, als Geburt und Stand; ich empfinde es nur allzu fehr. Noch mehr, ich muß Ihnen bekennen, daß ich von dem Umgange mit Edelleuten gar keine Freundin bin; ihre Liebesgeståndnisse find mehr zuversichtlich gegen ihre eignen Berdienste, als demüthig und empfindlich gegen die unsrigen. Vor allen aber find die Officiere in meinen Augen die abscheus lichsten; fie seufzen nicht nach unsern Gunstbezeugungen, fie wollen sie durch Drohen und Pochen erzwingen; sie meinen, es sei mit der Eroberung eines Herzens eben so beschaffen, als mit der Eroberung eines Citadells. Der Sturm sei der kürzeste und rühmlichste Weg. Die guten Herren wissen aber nicht, daß eine Dame nicht so unter den Fuß zu brins gen ist, als ein Regiment.

Valer. Ihre Excellenz irren sich in ihren Empfinduns gen gar nicht, Ein Officier verschwendet so vicle Lobesers hebungen an seine Heldenthaten, an seine Wunden, an seine Gefahr, an seine Tapferkeit, daß er keine Worte übrig behålt, den Vortrefflichkeiten eines Frauenzimmers Lobreden zu halten. Es kann daher nicht fehlen, er muß mißfallen. Mit uns Gelehrten ist es ganz anders beschaffen. Ich wes nigstens wollte wohl ein ganzes Jahr lang von Ihrer Excels

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