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Hier wohnt er nun; befchämt, dafs feine

treue

Sein unglück ift; doch immer ohne reue.
Er klagt nur fich, nur fein verhängniss an,
Dafs Silvia ihn nimmer lieb gewann.
Er klaget nur dafs er fo ftolz gewefen,

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Zur fchönen fich die fchönfte zu erlefen.
Er hatte hier, im öden aufenthalt,
Ein greifes weib von widriger gestalt,
Von trägem dienst,

Die kücke glich der

voll huften, gicht und jammer:

leeren fpeisekammer. Im alten ftall fund traurig und allein Ein gutes pferd, doch nicht von knochen fein, Und unterm dach fafs einfam, auf der ftange, Sein edler Falk. Dem war im hühnerfange Kein andrer gleich. Mit dem ritt er ins land, Und opferte dem gram, den er empfand, Manch rebhuhn auf, als ob es büffen follte, Dafs Silvia ihn nicht erhören wollte. So lebte hier der gute Friederich,

Durch eigne fchuld, verlaffen, kümmerlich, Und ftets verliebt. Der unmuth, der ihn plagte, Stieg mit zu pferd, und trieb ihn, wann er jagte. Sein zärtlich herz war feine gröfste quaal.

Indeffen ftarb der Silvia gemahl,

Und hinterliefs nur einen fohn zum erben, Ein fchwaches kind, und, follte der verfterben,

So

So hat er fie im teftament bedacht,
Und diefem fohn zur erbinn fie gemacht.
Sie wollte nun, geruhiger zu leben,

Sich auf das land, und in ein fchlofs begeben, (Von Friedrichs hof lag es fünfhundert fchritt) Und nahm dahin den kleinen junker mit.

Dort wird er krank.
Da arzt und tod ihr

Traf nicht fo. fehr ihr

Was fie erleiden müssen,
ihren herrn entriffen,
eheliches herz,

Als diefes weh, und ihres föhnchens fchmerz.
Den ganzen tag fitzt fie vor feinem bette,
Und forfcht, und fragt, was er doch gerne hätte,
Ob diefs? ob das? was ihrem kleinen fehlt?
Was er zur luft, was er zur fpeife wählt?
Sie will fich gern nach feinem finn bequemen.
Er wegert fich, was fie ihm giebt, zu nehmen.
Er weist es ab, fchreyt, lärmt, ift nimmer ftill.
Nur jener falk ift, was er haben will.

Sonft will er nichts. Seitdem man ihm erzehlet;
Dafs diefer falk noch nie den raub verfehlet,
Dafs er fo scharf von aug und klauen 6 fey,
Sonft luftig, zahm, nicht falfch, nicht men-
fchen fcheu:

Seit folcher zeit war es einmal gefchehen, Dafs er ihn felbft, und feinen herrn gefehen,

6 Sonft heifst derFufs des Falken und des Habichts bey den Falkenieren Hand,

Der

im

und fie nennen feineKlauen Finger. S. Döbeln, zweyten Theile, S. 187.

Der diefes kind an feinen bufen drückt,
Und einen kufs, durch ihn, der mutter fchickt.
Den falken nun, den will er, und fonft keinen.
Sonft ruht er nicht: fonft kann er nichts,

Die mutter feufzt.

weinen.

als

Sie wufste freylich wohl,
Wie fehr man oft den kindern fugen foll.
Doch kann fie fich, ja darf fie fich entschlieffen,
Den Friederich um etwas zu begrüffen,
Das ihn vielleicht oft vor dem hunger fchützt,
Das einzige, das er zur jagd befitzt,

Das einzige, was ihm das glück gelassen?
Hat er nicht recht, nunmehro mich zu haffen?
Erwies ich ihm, als er fich mir geweiht,
Nur mich verehrt, die mindfte dankbarkeit?
Wie kann ich nun ihm unter augen gehen?
Wie, unbefchämt, um feinen falken flehen?
Ich, deren ftolz ihn in fein elend ftürzt,
Ihn, deffen noth gewifs fein leben kürzt!
Doch kann mein fohn nicht fterben, und nicht
leben.

Ich foll, ich muss ihm diefen falken geben.
Wie quält er fich! Er fchlummert keine nacht,
Als bis man ihm zum falken hoffnung macht.
Es fey gewagt! mein freund läfst fich erbitten:
Ich kenne ja fein herz, und feine fitten.

Am

Am nächsten tag, als nur der morgen scheint, Eilt fie zum hof, und fucht den treuen freund, Und findet ihn in feinem kleinen garten. Er war bemüht, die fpröfslinge zu warten. Sie geht zu ihm, unangemeldt, hinein. Bald fieht er fie. Wie kann es möglich feyn, Spricht er entzückt, dafs ich dich hier verehre? Ich glaub es kaum, da ich dich feh, und höre. So bin ich dir doch heute nicht verhafst! . . . . O nein, mein herr! zu dir komm ich als gaft. Als gaft? zu mir? Erblicke mit erbarmen Den liebenden, den flüchtling, und den armen, Und höhn ihn nicht. Was hat dich hergebracht? Denn dein befuch war mir nicht zugedacht.. Mein freund, du irrft. Das will ich dir beweifen.

Ich bleibe hier, und kam mit dir zu fpeifen.
Was hätt ich wohl! an allem leid ich noth.
Was tifch ich auf? ... Wie? Haft du denn
kein brodt?

Verfetzte fie. Gleich geht er aufzusuchen,
Ob noch vielleicht ein guter honigkuchen,
Ob frisches fpeck ein unverächtlich ey,
Ob etwas fonft zum mahl vorhanden fey.
Da flieget ihm fein fchöner falk entgegen,'
Sein treuer falk. Ohn alles überlegen
Erwürgt er ihn, rupft ihm die federn aus,
Und hackt ihn klein,u. eilt, und läuft durchs haus.

Selbft

Selbft ift der mann: er felbft will alles holen.
Doch wird der tifch der alten anbefohlen.
Ihr herz verwünscht den plötzlichen befuch;
Doch langt fie bald das tifch- und tellertuch,
Mit wahl, hervor, fetzt in das zimmer meyen,
Pfluckt Quendel ab, die tafel zu bestreuen,
Holt Rosmarin; dem wird der Majoran,
Die ringelblum, und mehr hinzugethan.
Man fitzt, man ifst; und, um ihn zu verbinden,
Scheint Silvia hier alles fchön zu finden.
Noch kein gericht hat ihr fo gut gefchmeckt.
Warum fie kam, wird ihm nach tisch entdeckt.

Vergönaft du mir, mich dir zu offenbaren? Wo fang ich an? Wie weifs, ich fortzufahren? Ich fordre dir, mit unrecht, alles ab, Was noch bisher dir troft und freude gab. Doch könnteft du die mutterliebe kennen, Du würdest mich beklagenswürdig nennen. Erbarme dich. Ach freund, betrachte nur Die regungen der pflicht und der natur. Mein fohn ift krank; ihn nagt ein innrer kum

mer,

Der feltfam ift, und raubt ihm kraft und fchlummer:

Denn diefer fohn, mein einzig kind, erstirbt, Falls nicht mein flehn den falken ihm er

wirbt:

So

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