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Die Familie Lichtwer, wurde von Riga in Liefland

nach Sachsen verpflanzt durch Augustin Lichtwer, ge: boren 1594, welcher beim Kurfürsten Johann Georg I, Steuer und Rentschreiber war, also ein bedeutendes Amt bekleidete in dem für Kursachsen wichtigen Zeitpunkte, wo dieser Staat durch den Prager Frieden 1536 feine, fast dreihundert Jahre innegehabten Gränzen er: hielt. Sein Sohn Magnus Lichtwer, (geboren 1636 zu Dresden) auf den Hochschulen zu Leipzig, Basel und Paris für einen größeren Lebens- und Geschäftskreis gebildet, dient vier Kurfürften als Gesandschafts-, dann als geheimer Lehens- Sekretair, und machte im Dienste seines Fürsten bedeutende Reisen. Unter mehreren Kindern, welche ihn überlebten sey hier nur genannt der jüngste Sohn Magnus Gottfried Lichtwer, (geb. 1680) der Vater unsers Dichters, welcher die Stelle eines Rathes bei der Stiftsregierung zu Wurzen bekleidete ; später wurde er daselbst auch Stiftsherr und Scholaster, womit er in den legten Lebensjahren das Amt eines Oberappellationsrathes zu Dresden verband, ohne seinen Wohnort zu verändern, da er mit jährlich zweimaliger Anwesenheit zu Dresden, während der ordentlichen Sigungen des Gerichtshofes, seinem Berufe vollkommen genügte. Er verlobte sich beim Besuche einer Schwester, die sich in Quedlinburg bei der Stiftspröbstin Aurora Gräfin von Königsmark aufhielt, mit der ältesten Tochter des

dortigen Hofraths Wichmannshausen, Dorothea Magdalene, zwar war die Braut kaum 14 Jahr alt; doch wurde die Hochzeit bald vollzogen.

Alle Mitglieder der Lichtwerschen Familie lebten in ansehnlichen Aemtern, ausgezeichneten Verbindungen und in einem Wohlstande, welcher bei bürgerlicher Wirthlichkeit sich mehrend auf die Nachkommen vererbte; alle wa ren in ihrem Fache tüchtige Männer, Freunde der Litera: tur, und befreundet der Kunst, besonders der Malerei, welche damals in Kursachsen mehr blühete, als in irgend einer anderen Gegend Deutschlands. Schöne Gemälde und Kupferstich-Sammlungen waren im Familienbesiße des Lichtwer'schen Hauses. Der Ober-Appellationsrath Lichtmer fand selbst Vergnügen an Malerbeschäftigungen; sein Urenkel, der Herausgeber der vorliegenden Ausgabe Lichtwer'scher Werke, besigt noch mehrere dieser Arbeiten, größten Theils Bildnisse des Kurhauses und der eigenen Familie, in kleinem Formate, mit Wasserfarben, gemalt.

Der Heerzug der Schweden unter Karl XII wider den Kurfürsten und König von Polen August II 1706 brachte über Sachsen vieles Unglück; auch die Lichtwersche Fami lie ward davon hart betroffen: zu mehreren Verlusten kam noch, daß die Schweden ihr Landgut zu Pesterwig, unweit Dresden, abbrannten. Unmittelbar nach dem Altrannstädter Friedensschlusse wurde M. G. Lichtwer auch hinsichtlich seiner Amtsstellung bedroht. Er stand in vertrautem Verhältnisse zu dem Minister Pfingsten, der, mit Imhoff, den Frieden unterhandelt, oder vielmehr seinen Namen zur Unterzeichnung desselben herzugeben von August II den traurigen Befehl erhalten hatte. Karl XII diktirte ihn; sein Starrsinn und Sachsens hülflose Lage ließen keine Milderung der harten Siegerforderungen zu. König August athmete kaum von dem Kriegsbedrängnisse freier auf und übersah nun die Verluste, unter denen

der der abenteurlichen polnischen Königskrone seinem Stolze am meisten schmerzte, als er seinen Unmuth an den Friedensgesandten ausließ, unter dem trüglichen Vorgeben, sie hätten die ertheilten Instruktionen überschritten. Beide wurden verhaftet; Pfingsten hatte noch den Abend zuvor in der heitersten Stimmung mit Lichtwer, der schon Beforgniß hegte, in einem Garten verlebt. Mehrere Freun= de der in Ungnade gefallenen Minister, die zum Tode verurtheilt im schmachvollen Kerker auf dem Königssteine ihr Leben endeten, wurden von der despotischen Verfolgung betroffen. Die allgemeine Achtung, in welcher der Ober A. Rath ichtwer stand, bewahrte ihn, der seine Freundestheilnahme an Pfingstens unglücke nicht ver: Leugnete, vor unverschuldeten Verfolgungen. In seinen häuslichen Verhältnissen trafen ihn dagegen manche Leiden. Glücklich, an eine geistvolle, Liebestreue Gattin verheurathet, schenkte ihm diese den Segen zahlreicher Nachkommen; doch von sieben Kindern schieden fünf im frühesten Lebensalter, als 1721 ein verzehrendes Fieber den trefflichen Mann abrief. Er hinterließ seiner trauernden Wit: we zwei Kinder, eine siebenjährige Tochter, und Einen Sohn, am 30. Januar 1719 geboren, den unsterblichen Fabelsänger, wie der Vater, Magnus Gottfried ge= nannt; daneben war des Hauswesens Wohlhabenheit nicht zerstört, aber verwickelt, von manchen Anfechtungen, Rechtsstreiten und augenblicklichen Ertragsverminderungen bedrohet. Oft geht in solcher Lage vaterlosen Waisen Alles verlohren; doch über den jungen Lichtwer waltete ein günstigeres Loos, indem seine geistige und irdische Ausstattung fürs Leben einer trefflichen Mutter und einem würdigen Vormunde, dem Gatten ihrer jüngern Schwe: fter, dem Stiftskanzler Zahn zu Wurzen, anvertraut wurde. Des väterlichen Nachlasses Zustand ward bald verbessert durch vortheilhaften Verkauf des Gutes zu Pe= sterwig. Die Erziehung des Knaben war das Werk der

liebevollen, sehr gebildeten, durch ächt religiöse Frömmig keit verherrlichten Mutter, deren Vorbild auf das empfängliche Kindesgemüth so vortheilhaft wirkte, indeß sie durch sorgfältige Wahl der Lehrer auf Ausbildung feines Geistes bedacht war. Den ersten Unterricht ertheilte sie ihrem Sohne selbst, dann besuchte er die Schule seines Geburtsortes, und zeichnete sich durch Sittlichkeit, Fleiß und aufgeweckten Geist aus. In der Fertigkeit, Verse zu machen, war er unter seinen Mitschülern der Erste. Der deshalb gewöhnliche Unterricht brachte es mit sich, daß den Knaben Reime gegeben wurden, um daraus ein sogenanntes Gedicht zu machen. Lichtwer erhielt einst die Reime Babel und Schnabel vorgeschrieben und war augenblicklich mit der Lösung der Aufgabe also fertig:

,,Nebukadnezar sprach: dies ist die stolze Babel!

Da tam der liebe Gott und schlug ihn auf den Schnabel.

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Als Lichtwer dem Jünglingsalter entgegenreifte, verlohr er 1737 seine zärtliche Mutter, welche den Schmerz über den Verlust der einzigen Tochter (sie starb im 19. Lebensjahre), nicht überwinden konnte. Mit der innigsten Verehrung, Dankbarkeit und Liebe feierte der Sohn ihr Andenken ununterbrochen bis zur Wiedervereinigung. Ueltern und geschwisterlos stand er nun da; sich fast allein überlassen, da sein angeheuratheter Oheim und Vormund, im Geschäftsleben verwickelt, ohnehin mit einer zweiten, ihm nicht verwandten Gattin verbunden, ihn noch in demselben Jahre von Wurzen nach Leipzig zur Universität entließ, um sich der Rechtswissenschaft zu widmen. Mit dem Fleiße, womit er den Schulunterricht benußte, hör: te er hier die Vorlesungen Müller's, Rivinus, Hommel's, Jöcher's, Bauer's, Mascov's und Hebenstreit's. Auch Gottsched war schon auf der Hochschule an der Pleisse in großem Rufe; aber Lichtwer, ungeachtet seiner Liebe für deutsche Literatur und Dichtkunst, hörte nicht bei ihm

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