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Geschichte

der

römischen Literatur.

Für Gymnasien, höhere Bildungsanstalten und zum
Selbstunterrichte

von

Professor Dr. Eduard Munk.

Zweite Auflage.

Bearbeitet

von

Dr. Oskar Seyffert,

Oberlehrer am Sophien-Gymnasium zu Berlin.

Erster Band.

Geschichte der Literatur der Römer bis zum Ausgange der Republik.

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1875

Vorwort

zur ersten Auflage.

Die günstige Aufnahme, die meine Geschichte der griechischen Literatur (Berlin, Ferd. Dümmlers Buchhandlung, 1. Theil, 1849; 2. Theil, 1850) gefunden, hat mich bewogen, in ähnlicher Weise auch die Geschichte der römischen Literatur zu bearbeiten. Ueber den Zweck, den ich vor Augen hatte, verweise ich auf die Vorrede zum ersten Bande meiner Geschichte der griechischen Literatur. Ich wollte nicht sowohl ein Lehrbuch, als ein Lesebuch liefern, das die Schüler der oberen Classen der Gymnasien mit den Haupterscheinungen der klassischen Literatur bekannt mache. Es kommt daher vorzüglich darauf an, ihnen ein recht lebendiges Bild der literärischen Leistungen der Alten aus ihren Schriften. zu geben, woraus sie sich dann selbst ohne Hülfe des Lehrers eine Anschauung des Entwicklungsganges der Literatur aneignen und ein Interesse für sie gewinnen können. Zugleich soll ihnen das Buch bei der Lectüre in und außer der Schule als Leitfaden dienen, der sie über die Stelle, die der zu lesende Autor in dem großen Gebiete der Literatur einnimmt, über seine Bedeutung für die Zeitgenossen und die Nachwelt, über die Veranlassung, den Zweck, die Komposition seiner Werke, über die Urtheile, die Kunstkenner alter und neuer Zeit über ihn gefällt haben, aufkläre und ihnen über die nicht gelesenen Schriftsteller, wie über die, deren Werke verloren sind, Etwas mehr gebe, als die bloßen Namen und die Titel ihrer Schriften. Das Buch soll sie unmittelbar anregen und mittelbar erst belehren. Es soll 456886

in ihnen die Lust und Liebe zu den Classikern wecken und wach erhalten nicht blos für die Schulzeit, sondern auch für das künftige Berufsleben, in welchem nur zu häufig, zum nicht geringen Nachtheil echter Bildung, die Classiker als eine Schulplage, der man glücklich entwachsen ist, gänzlich bei Seite geworfen werden. Den Zöglingen der Realschulen giebt unser Buch eine übersichtliche historische Kenntniß der classischen Literatur, deren ein Gebildeter bei dem Zusammenhange, in welchem die moderne Literatur mit der classischen steht, kaum entbehren kann. Es gereicht mir zur besonderen Freude, daß meine Geschichte der griechischen Literatur auch in solchen Anstalten eine freundliche Aufnahme gefunden hat und daß sie selbst von gebildeten Laien mit Interesse gelesen worden ist. Ich habe mich bemüht, auch der Geschichte. der römischen Literatur einen gleich großen Leserkreis zu erwerben.

Der verschiedene Gang der Entwicklung hat es nöthig gemacht, daß die Anordnung und Vertheilung des Stoffes in der Geschichte der römischen Literatur eine andere werde, als in der griechischen. Das Ganze soll aus drei mäßigen Bänden bestehen, von denen der erste die archaistische, der zweite die classische und der dritte die nachclassische Literatur behandelt. Es wird in jedem Zeitabschnitte die Geschichte der Poesie und der Prosa gegeben. Der Stoff ist nicht in ein künstliches Fachwerk gezwängt und zersplittert worden. Die hervorragenden Persönlichkeiten werden in eigenen Rubriken nach allen. ihren verschiedenen literärischen Leistungen geschildert, und auf diese folgen die einzelnen Literaturfächer, zu deren Entwicklung sie den Anstoß gegeben haben, und zwar habe ich, ohne mich allzustreng an die allgemeine Periodeneintheilung zu binden, die Geschichte eines jeden Faches bis dahin fortgesetzt, wo eine neue Richtung eintritt. So ist bei Ennius die Geschichte des römischen Epos übersichtlich bis auf die Zeit des Augustus fortgeführt, und der Geschichte des Dramas im ersten Theile ist eine Uebersicht der späteren Entwicklung bis auf die Kaiserzeit beigegeben. Wir gewinnen dadurch für die folgenden Theile mehr Raum. und haben nicht nöthig, besondere Rubriken nur mit Namen und trockenen Notizen auszufüllen. Ueberall ist das besonders

hervorgehoben worden, was an den römischen Schriftstellern bei ihrer Abhängigkeit von den Griechen als echt Römisches oder Italisches sich kund giebt. Bei der Mittheilung der Fragmente verlorener Schriften in diesem ersten Theile sind vorzugsweise diejenigen berücksichtigt worden, die Cicero anführt, und die Stellen des Horaz, die sich auf die Beurtheilung der älteren Dichter beziehen, werden wörtlich mitgetheilt, was, wie wir glauben, den Schülern bei der Lectüre beider Classiker wohl zu Statten kommen dürfte. Unter die überseßten Stellen ist der lateinische Text gesezt, damit der Leser im Stande sei, eine Vergleichung der Uebertragung mit dem Original anzustellen und der Schüler eine Kenntniß der archaistischen Sprache gewinne. In den Uebersezungen ist der Grundsaß der Alten befolgt wor= den, das fremde Original dem eigenen Geiste so nahe als möglich zu bringen; man möge daher Anachronismen ebenso unbefangen hinnehmen, als die Alten sie sich bei Plautus und anderen alten Dichtern gefallen ließen, wenn sie ihnen dadurch das Verständniß des Fremden näher rückten. Kam es überhaupt hier darauf an, das Fernliegende dem Leser, für den das Buch bestimmt ist, so nahe als möglich zu bringen, so mußte ganz besonders das, was im Stande ist, ein allgemeineres Interesse zu erregen, in das hellste Licht gesetzt werden, während das den günstigen Eindruck Störende wohl in Schatten gestellt werden konnte. Daher glaubt der Verfasser wohl berechtigt zu sein, den Maßstab, den man sonst an gewöhnliche Compendien oder an rein wissenschaftliche Werke zu legen_pflegt, hier als einen nicht passenden abzuweisen.

Groß-Glogau, den 28. September 1858.

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