Imágenes de páginas
PDF
EPUB

eine langwierige belagerung zu erreichen sei; aus einer übelwollenden beurteilung seiner vorschläge mache er sich nichts, denn "malle se apud malignos studiorum suorum aestimatores ob salutares monitus displicere, quam sociorum (= des heeres) salutem tanta rerum utilitate subvertere". Es ist nun Kinch ohne weiteres zuzugeben, dass die worte tanta rerum utilitate keinen sinn geben; ferner auch, dass eine verbesserung nach dem stile des Saxo in der zweiten satzhälfte möglichst scharfe gegensätze zu den worten der ersten erscheinen lassen muss; wenn er nun aber die verbesserung in den von ihm vorgeschlagenen worten sucht "temeraria civilitate", so weicht er damit von dem sichern boden ab. Denn wenn auch die geforderten gegensätze mit diesen worten erscheinen, da namentlich mahnung (monitus) und nachdem mundereden (civilitas) sich gut gegenüber stehen, einigermassen auch salutares und temeraria, so ist der vorschlag dennoch nicht zu billigen, weil erstens civilitas bei Saxo sonst nicht vorkommt und zweitens ein ausdruck (rerum utilitate) beseitigt wird, der so ganz in der schreibweise des Saxo liegt: durch die hinzufügung von rerum (oder auch praesens) giebt er nämlich das "concrete, reale, in den vorliegenden umständen begründete" im gegensatze zum abstracten begriffe, z. b. rerum beneficia, commoditas, dominium, duritia, experientia, fortuna, fulgor, lux, maturitas, prosperitas u. a., einmal sogar (im verse) hoc rerum scelus. Ferner -wenn auch ein abschreiber aus civilitate leicht das bekanntere utilitate machen konnte, so ist doch nicht abzusehen, wie aus temeraria die worte tanta rerum entstehen konnten. Die wirkliche verbesserung giebt auch hier die beachtung des sprachgebrauchs: Saxo liebt es denselben gedanken mit kleineren oder grösseren änderungen im ausdrucke öfter zu verwerten; so hat er auch den an unserer stelle vorliegenden noch zweimal, ebenfalls in gegensätzen, ausgesprochen, dabei aber nicht der einen art der rede (den monitus) eine andere art (die civili

tas) entgegengestellt, sondern, besonders deutlich in der zweiten, den contradictorischen gegensatz angewendet. Die stellen sind: a) 71518 (48533): ut nec huius mandatum neglegeret nec illius salutem silentio falleret und b) 91521 (648): quarum alteram tacendo, alteram loquendo offendere posset. Diese stellen lehren also, dass an unserer keine tiefer gehende textverderbnis durch die abschreiber vorliegt, sondern nur ein sehr leichter schreibfehler: alles ist in ordnung, wenn statt tanta gelesen wird tacita; dieses tacere ist der gegensatz zu monere. (Saxo gebraucht tacitus noch an einer anderen stelle als passivform: 38818 (26223) tacito nomine unter verschweigung des namens).

=

2) 88710 (60211): honoratiorem se ratus, si cum indignantis viri fastu humilitate certasset. Bei einer zusammenkunft zwischen könig Waldemar und herzog Heinrich von Sachsen will dieser jenem nur bis zur hälfte der brücke über die Eider entgegen gehen und der könig lässt seine ursprüngliche forderung, dass der herzog ihm über die ganze brücke entgegen kommen soll, fallen in der in oben stehenden worten enthaltenen erwägung. Kinch hat nun wiederum ganz recht, wenn er hervorhebt, dass indignantis nicht zu verstehen ist, dass vielmehr ein wort erwartet wird, das "im range oder an ehren tiefer stehend" bedeutet; er hat ferner recht, wenn er indignantis als abglättung eines indignatioris betrachtet, das den geforderten begriff geben soll; wenn er nun aber dieses wort im texte stehen lassen will, so setzt er, hier in der scheu, zu viel am überlieferten zu ändern, wiederum seinen leitsatz ausser augen, denn der sprachgebrauch Saxos schliesst ein solches barbarisches wortungetüm aus. Saxo weiss den verlangten begriff sehr wohl gut lateinisch auszudrücken, denn er sagt 69410 (468,0): stipendium (Lehen) nec fructu parcius nec spatio contractius nec honore defectius. Nun kann an unserer stelle nicht honore defectioris gestanden haben, denn dann bedurfte es nicht der glosse (denn

dieses allein ist es) indignatioris, sondern es muss ein ganz seltenes wort gewesen sein, das die ungeschlachte glosse, die dann das ächte wort verdrängt hat, hervorgerufen hat und dieses wenig gebrauchte wort kann nur sequioris gewesen sein, das dem Saxo wohl aus Ammianus Marcellinus (18, 6, 6) bekannt war. Kein treffenderes wort konnte Saxo verwenden, denn der herzog ist dem Könige gegenüber wirklich ein vir sequior oder, wie er 270, (18010) sagt, ein vir sequioris ordinis. Auch an dieser stelle war das seltene wort durch ein anderes (sequestris) verdrängt worden und ist erst durch Barth dem texte wiedergegeben worden.

3) 88124 (598,): Universi Saxonum satrapae gerendi cum Danis belli cupiditate insignem viribus exercitum amplificabant. Hier ist natürlich amplificabant neben insignem viribus nicht zu dulden, es wird vielmehr ein wort erwartet, das die verwendung des heeres angiebt. Kinch glaubt nun, man könne sich mit dem von Stephanius eingesetzten applicabant begnügen, weil andere schriftsteller der späteren latinität dieses wort so gebrauchen. Auf andere schriftsteller darf man sich aber nicht berufen, wenn es sich um den sprachgebrauch des Saxo handelt und diesem die in frage stehende verwendung eines wortes nicht entspricht. Das ist hier der fall, denn bei Saxo steht applicare immer in der bedeutung: "hinreichen, in nähere berührung bringen mit, anschliessen. an"; deshalb steht dabei entweder ein dativ (je einmal dafür ad und in), z. b. se iis, eum iis, eam sibi, animum commentis, cervices igni, torquem bracchio, cultrum ori u. a., oder ist leicht zu ergänzen, wie ore applicato, nämlich an die wunde, veste applicata, an den Körper; ausserdem hat Saxo das wort noch in seemännischen ausdrücken: classem applicare, nave propius applicata und illic applicantes dort landend. Nirgend aber hat er mit oder ohne dativ gesagt applicare exercitum oder agmen; das wort ist also trotz der autorität des Stephanius an dieser stelle abzulehnen.

Was

aber dafür setzen? Es bedarf einer längeren auseinandersetzung, um darauf antwort zu geben.

Aus verschiedenen anzeichen kann mit sicherheit geschlossen werden, dass bei der drucklegung der editio princeps der text dem (französisch sprechenden) setzer wenigstens stellenweise dictiert worden ist; darauf führt das wiederholte seu für ceu, linum für lignum, Grandvicus (grand!) für Gandvicus, danorum für damnorum, diutile für diutule, die verwechselung der endsilben i, is, es und us, der wegfall des anlautenden H in eigennamen (Ialto neben Hialto) und die verschiedene schreibung der eigennamen überhaupt, die durchaus nicht dem codex eigen gewesen zu sein braucht; auch die auslassung einzelner silben erklärt sich so am leichtesten. Wenn man nun weiter bedenkt, dass die damaligen setzer meist halbe gelehrte waren, somit dem texte nicht teilnamlos gegenüber standen, so wird man es begreiflich finden, dass ein solcher den dictierenden als den gelehrteren um aufklärung über worte ersuchte, deren specielle bedeutung an einer bestimmten stelle er nicht sofort ergriff. So ist es gekommen, dass manchmal der setzer nicht das zunächst gehörte wort, sondern die später gehörte erklärung in den text brachte; da nun aber diese erklärung nicht immer die wortbedeutung gab, die nach dem zusammenhange erforderlich war, sondern eine andere, die das wort in einem anderen zusammenhange haben konnte, so sind worte in den text gekommen, die an sich unerklärbar sind. Einige beispiele mögen das deutlicher machen:

a) 33510 (22819): König Sivard sperrt seine tochter ein und lässt ihre wohnung durch zwei schlangen bewachen. Dazu macht Saxo die bemerkung: Neque enim facile thalamus investigari poterat, quem tanti discriminis pessulum obserabat. Hier ist investigari nicht zu erklären: wenn unauffindbarkeit erstrebt wurde, so nützten die schlangen nichts, sondern Sivard hätte für einen Vitolf sorgen müssen, dessen

zauber die augen der suchenden mit blindheit schlug. Auch die folgenden worte: si quis eius aditum frustra temptasset können doch nicht auf einen gehen, der den weg nicht gefunden, sondern der vor den schlangen hatte weichen müssen; was sollte auch sonst die hervorhebung des pessulum? Auch bei dem folgenden kampfe ist von einem voraufgehenden ausspüren keine rede. An der stelle von investigare stand also im codex ein wort, dessen bedeutung in der passiven form der setzer nicht sofort erfasste und das ihm der dictierende durch investigare erklärte; es musste also nach der einen seite annähernd in dieser bedeutung verwendet werden können, musste aber nach der andern seite die bedeutung des eindringens haben; dieses wort ist penetrare. Bei Saxo erscheint penetrare nur in seiner ursprünglichen verwendung mit antrum, fauces, freta, nemora als object, der erklärer aber deutete es nach übertragener verwendung, wie namentlich auch das französische pénétrer gebraucht wird und da ist investigare ein passendes synonymum. Es ist demnach für investigare zu lesen penetrari; passivisch ist dieses verbum von Saxo noch 89217 (61232) gebraucht.

b) 588, (39119). König Knut (der heilige) hat seine beamten (milites, quæstores) angewiesen, bei einer eintreibung von strafgeldern milde zu verfahren, diese aber drücken das volk. Die gegner Knuts benutzen das, um das volk durch übertreibung des geschehenen gegen die beamten und somit auch gegen den König aufzuhetzen. Dazu sagt Saxo: Quippe militum (= quæstorum) opus, non regis imperium (= befehl) iudicabant, nec iubentis (= des Königs), sed iussi (muss heissen iussorum = der beauftragten, sc. militum oder quæstorum) studium intuebantur. In diesen worten ist iudicabant nicht richtig, denn Saxo sagt weder iudicare aliquid noch iudicare de ea re (= beurteilen), sondern verbindet iudicare nur mit dem acc. c. infin., bzw. doppeltem accusativ. Das wort, das dem setzer durch iudicare erklärt wurde, musste

ARKIV FOR NORDISK FILOLOGI XXVII, NY FOLJD XXIII.

6

« AnteriorContinuar »