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Ich möchte hingeh'n wie der Blume Duft,
Der freudig sich dem schönen Kelch' entringet
Und auf dem Fittig blüthenschwang❜rer Luft
Als Weihrauch auf des Herren Altar schwinget.

Ich möchte hingeh'n wie der Thau im Thal',
Wenn durstig ihm des Morgens Feuer winken;
O wollte Gott, wie ihn der Sonnenstrahl,
Auch meine lebensmüde Seele trinken!

Ich möchte hingeh'n wie der bange Ton,
Der aus den Saiten einer Harfe dringet,
Und, kaum dem irdischen Metall entfloh'n,
Ein Wohllaut in des Schöpfers Bruft verklinget.
Du wirst nicht hingeh'n wie das Abendroth,
Du wirst nicht stille wie der Stern versinken,
Du stirbst nicht einer Blume leichten Tod,
Kein Morgenstrahl wird deine Seele tränken.

Wohl wirst du hingeh'n, hingeh'n ohne Spur,
Doch wird das Elend deine Kraft erst schwächen,
Sanft stirbt es einzig sich in der Natur,

Das arme Menschenherz muß stückweis brechen.
Herwegh.

165. Die Schreinergesellen.

„Fürwahr, ein traurig, ein schaurig Thun!

Eine Leiche soll zwischen den Brettern hier ruh'n!"

Du Weichherz! wie, deine Thräne rinnt?

Was schiert dich fremder Leute Kind!""

„So sei doch auch nur nicht gleich so arg, Bedenk', es ist ja mein erster Sarg!"

"Sei's erster, sei's letter! da, thu' mir Bescheid!
Und sing' eins, und schaff' dir kein Herzeleid!
Zerschneide die Bretter, und nimm den Stab,
Und hob'le die knirschenden Späne ab!

Und füge zusammen wohl Brett an Brett,
Und schwärze fein sauber das enge Bett!

Und leg' in den firnißduftenden Schrein

Die Späne, die abgefall'nen hinein!

Auf den Spänen muß ruh'n der verwesliche Staub, Das ist ein gemeiner Schreinerglaub'.

Und trage den Sarg in's Trauerhaus!

Leich' hinein! Deckel zu! und dann ist's aus!““

„Wohl zerschneid' ich die Bretter, wohl nehm' ich den Stab, Wohl mess ich hinauf, und wohl mess ich herab.

Wohl hobl' ich die Bretter blank und glatt,
Doch mein Aug' ist trüb, und mein Arm ist matt.

Wohl füg' ich die Bretter hin und her,
Doch mein Herz ist voll, und mein Herz ist schwer.

O, ein traurig Thun und ein schaurig Thun!
Eine Leiche soll zwischen den Brettern hier ruh'n !"

Freiligrath.

166. Die beiden Todtenköpfe.

Beim Graben einer Grube sah
Ein Todtenkopf den andern liegen
und rief: „Wer bist du, der so nah'
Sich darf zu meiner Gruft verfügen ?"

Ich war," sprach er, ein Ruderknecht,
Aß schwarzes Brod, trank aus den Flüssen,
Schlief auf der Erden, lebte schlecht,
An Schuh'n und Kleidern abgerissen,
Bis der gewünschte Tod mich fand,
Den ich oft inniglich begehret;
Der hat mich aus dem Joch gespannt
Und mir die Freiheit nun gewähret."
„Gemeiner Kerl, hinweg von mir!"
Schrie ihm der and're Kopf entgegen.
Nichtswürdiger, was willst du hier?
Dein Zuspruch ist mir ungelegen.
Entweich' und laß mich stracks in Ruh';
Ich bin ein and'rer Mann, als du.
Ich bin mit Königen verwandt
Und nicht aus Pöbelblut entsprossen;
Ich trage Stern und Ordensband,
Und fahr' in prächtigen Carossen;

Im Keller hab' ich Fässer Wein
Aus Ungarn, Welschland und vom Rhein',
Auf meiner Tafel sechszehn Essen."

„Ich bin! ich hab'! Ach! armer Mann, Ich war, ich hatte, mußt du sagen!" Hub hier des Sclaven Schädel an;

Du hast ja nichts mit hergetragen. Ich seh' nicht Stern, nicht Ordensband Für deinen königlichen Stand; Ich seh' nicht deine Fässer Wein Aus Ungarn, Welschland und som bein's Ich seh' nicht deine Tonnen Gel Noch deine prächtigen Carossen; Was du besessen und genossen, Bleibt Alles auf der Oberwelt. Dort oben war ein Unterscheid; Hier sind wir gleicher Herrlichkeit, Hier gleicht bein Schädel jedem Schädel Schön sieht wie häßlich, arm wie reich, Dumm sieht wie flug aus, schlecht wie edel: Der Tod macht Hack' und Zepter gleich.

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Zu ihm, zu ihm! Empor, empor!
Rausch' es aus deinem Laub hervor!
So, Pappel, auf des Grabes Höhen
Sollst, meiner Trauer Bild, du stehen."

Ein Jüngling knieet an einem Leichenstein -
Und pflanzt daneben eine Weide ein:

„Streb' erdenwärts, du Thränenbaum,
Auch sie sank in der Erde Raum;
Wie meine Zähren auf dies Grab,
So schüttle deinen Thau herab;
Wie meine Arme abwärts ringen
Und gern den kalten Sarg umfingen,
Ihr Zweige, so umschlingt dies Grab.
Zu ihr, zu ihr! Hinab, hinab!
So, Weide, auf des Grabes Höhen
Sollst, meiner Trauer Bild, du stehen.“

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Bruchstücke aus Reden.

A. Grün.

168. Aus der Rede des englischen Parlamentsgliedes Wilke, vom 6. Februar 1775.

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Unsere Minister sind es, welche die Bande lösen wollen, welche Nordamerika an Großbrittanien knüpfen, während die Kolonisten nichts weiter verlangen, als Frieden, Freiheit und Sicherheit; nicht die Verminderung der königlichen Vorrechte, nicht ein neues Recht, sondern im Gegentheil bereit sind, diese Vorrechte zu schüßen, die königliche Gewalt aufrecht zu erhalten und ihre Bande mit dem Mutterlande fester zu knüpfen. Unsere Minister sind es, welche uns glauben machen wollen, die Provinz Massachusets habe die Fahne des Aufruhrs aufgepflanzt. Andere Mitglieder dieser Kammer, ebenso willfährig als beredt, verlangen, daß man alle Provinzen desselben Verbrechens anklage und in dieselbe Aechtung mit aufnehme. Ist aber ihr wirklicher Zustand wahrhaftig das, was man eine Rebellion nennt? Ist es nicht vielmehr ein gerechter und gesetzlicher Widerstand gegen die willkührlichen Beschlüsse, die die Verfassung verlegen, die Freiheit und das Eigenthum gefährden? Wisset, daß man einen mit Erfolg gekrönten Widerstand Revolution mennt, nicht Rebellion; das Wort Rebellion ist auf den Rücken des Aufrührers geschrieben, der flieht; das Wort Revolution dagegen glänzt auf der Brust des fiegreichen Kriegers. Wer will uns versichern, daß die Amerikaner, wenn sie einmal den Degen gezogen haben, die Scheide, nach unserm Beispiele, nicht weit von sich werfen? Und wer weiß, ob sie nicht eines Tags die Revolution von 1775 feiern werden, wie wir die von 1688 feiern?

169. Aus der Rede des virginischen Abgeordneten Lee,

vom 8. Juni 1776.

Was haben wir nicht gethan, um den Frieden zurückzuführen, um die alte Einigkeit wieder herzustellen? Oder haben unsere Bitten, hat unser Flehen nicht wiebergehallt? Sie haben das Weltall ermüdet. England allein hat uns das Mitgefühl verweigert, das wir bei allen andern Völkern der Welt fanden. Welche Rücksichten hat es auf unsere Geduld und unsere Bitten genommen? Welche Früchte haben wir geerntet von unserm Widerstande und von dem Blute, das wir vergoffen? Hören wir nicht länger auf eitle Worte der Schonung und verkündigen wir unsere Unabhängigkeit! Und daß sich Niemand einbilde, es bleibe uns ein anderer Ausweg, als der, den ich vorschlage! Es wird ein Tag kommen, zweifelt nicht daran, wo wider unsern Willen diese unbedingte Trennung zu Stande kommen wird: so will es die Natur der Dinge selbst, der fortschreitende Anwachs unserer Bevölkerung, die Fruchtbarkeit unseres Bodens, der ausgedehnte Umfang unseres Gebiets, der Fleiß seiner Bewohner und das unermeßliche Meer, das beide Staaten trennt. Wenn das, was ich sage, unwiderleglich ist, warum noch länger zögern? Dies würde nicht blos eine einfache Unklugheit sein; ich wage es zu sagen, daß es eine beklagenswerthe Thorheit von unserer Seite wäre, die Gelegenheit nicht zu benüßen, wo die brittische Ungerechtigkeit Unwillen in Aller Herzen gestreut, eines Jeden Muth geweckt, Aller Willen in Einen vereinigt und in alle Hände die Waffen gegeben hat. Und wie lange sollen wir noch 1500 Meilen eines stürmischen Meeres übersehen, um anmaßende Menschen um Rath oder Verhaltungsbefehle anzugehen, um unsere häuslichen Angelegenheiten zu ordnen? Kommt es nicht einer großen, reichen und mächtigen Nation, wie wir einé find, zu, in eigenen und nicht in fremden Händen die Regierung ihrer Angelegebeiten zu sehen? Kann ein Ministerium, zusammengesezt aus fremden Männern, irgend mit einiger Einsicht über unsere Angelegenheiten entscheiden, da sie dieselben gar nicht kennen, da ihnen daran gelegen ist, wenig von dem zu wissen, was für uns nüßlich oder schädlich ist ?” .

170. Abschiedsworte des General Washington
an die gesammte Armee,

vom 18. October 1783.

Möge die Erinnerung der großen Thaten und des errungenen Ruhmes Jedem, der zu dieser Armee gehörte, ein Antrieb sein, stets ein würdiges Leben zu führen, und Jeder den Glauben bewahren, daß Mäßigkeit, Klugheit und Fleiß im bürgerlichen Leben nicht minder achtungswürdig sind, als die glänzendsten Eigenschaften der Tapferkeit, der Ausdauer und Kühnheit im Kriege waren. Jeder möge davon überzeugt. sein, daß die künftige Wohlfahrt der Officiere sowohl als der Soldaten von dem verständigen und fittlichen Benehmen abhängen wird, dessen sie sich befleißigen werden, wenn sie wieder zur großen Verbindung des Volkes gehören. Und obwohl Euer General so oft seine Meinung öffentlich und ausdrücklich ausgesprochen hat, wenn die Berfassung nicht auf einer verbündeten Regierung beruhe und der Verein enger geschlossen werde, so müssen die Ehre, die Würde und das Recht des Volkes für

immer untergehen: so kann er doch nicht unterlassen, bei dieser Gelegenheit eine so wichtige Lehre noch einmal zu wiederholen, und es ist seine lezte Mahnung an einen jeden Offizier und Soldaten, der die Bedeutung dieser ernsten Wahrheit richtig erkennt, er möge seine besten Kräfte mit denen seiner verdienstvollen Mitbürger vereinigen, um diese edlen Vorsäge auszuführen, weil davon hauptsächlich unsere Fortdauer als selbstständiges Volk abhängt."

171. Aus der Schilderung Washingtons" von einem Engländer Jered Sparks,

vom 15. März 1795.

Washington's Gestalt war schön, stattlich und wohl proportionirt. Er war sechs Fuß hoch, seine Brust war gewölbt und breit, die Beine lang und dünn, aber kräftig und wohlgebildet. Sein Gesicht war regelmäßig und die Augen hellblau. In seiner ganzen Erscheinung und ruhigen Haltung war etwas Ernstes, Angenehmes und Wohlwollendes. Wenn er allein oder mit Andern nicht im Gespräch war, schien er ruhig und gedankenvoll; wurde aber seine Aufmerksamkeit erregt, so belebte sich sein Blick und aus seinem Antlig leuchtete Verstand und Geist. Seine Sprache war nicht fließend, aber Alles, was er sagte, war dem Gegenstande angemessen und man hörte ihm gern zu, weil man wußte, daß Alles, was er sprach aus seinem Herzen kam. Er ließ sich selten zu einem Spaße oder einer wißigen Bemerkung verleiten, aber Niemanden konnte es mehr Vergnügen machen als ihm, dergleichen von Andern zu hören; und obwohl er auch in der Abgeschiedenheit vergnügt war, fand er doch die größte Freude an der Geselligkeit, und genoß gern alle verständigen und unschuldigen Ergöglichkeiten, Weder streng noch zu vertraulich, war er freundlich, höflich und fröhlich; es ist aber oft und von Vielen bemerkt worden, daß in seiner Erscheinung und seinem Wesen eine Würde lag, die sich nicht beschreiben ließ und die auf Jeden, der ihn zuerst sah, einen tiefen Eindruck machte und ihm sogleich Verehrung und Hochachtung einflößte.

Seine sittlichen Eigenschaften standen zu den geistigen im vollkommensten Gleichgewicht. Die Pflicht diente allen seinen Handlungen zur Nichtschnur, und die ausgezeichneten Gaben seines Geistes benußte er eben so oft dazu, die Reinheit seines Gewissens zu bewahren, als um die besten Mittel zur Ausführung seiner Absichten zu ersinnen. Es läßt sich kein Beispiel anführen, daß ihn je ein unreiner Beweggrund geleitet oder er unwürdige Mittel angewandt hätte, um seine Absicht zu erreichen. Wahrheit, Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit waren tief eingewurzelt in seiner Seele und nichts konnte so leicht seinen Unwillen erregen oder fein Vertrauen so gänzlich zerstören, als wenn er den Mangel dieser Tugenden in Denen entdeckte, denen er sein Zutrauen geschenkt hatte. Schwachheiten, Thorheiten und Irrthümer konnte er vergeben; aber Hinterlist und Unredlichkeit vergaß er nie und verzieh er uur selten. Er war einfach und offenherzig, wahrhaft gegen seine Freunde und treu gegen Alle; nie übte er Verstellung, ließ sich nie zu Kunstgriffen herab und versprach nie etwas, das er nicht glaubte erfüllen zu können. Seine Leidenschaften waren heftig und brachen zuweilen gewaltsam aus; aber er hatte die Gewalt über sich, sie im Augenblicke zu zügeln. Selbstbeherrschung war wohl der hervorstechendste Zug seines Charakters.

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