179. Aus Tell. (III. Aufzug, 3. Scene.) Personen: Frießhardt, Wächter des Huts; W. Tell mit seinem Knaben W alther Tell; Geßler, Landvogt; Rudolph der Harras, sein Diener; Walther Fürst, Schwiegervater von W. Tell; Stauffacher, Landmann aus Schwyz; Arnold von Melchthal, Landmann aus Unterwalden; Nösselmann, Pfarrer aus Uri; Rudenz, Neffe des Freiherrn Werner v. Attinghausen; Bertha von Bruneck, eine reiche Erbin. Rudolph der Harras. Plaz, Plaz dem Landvogt! Geßler. Treibt sie auseinander! Was läuft das Volk zusammen? Wer ruft Hülfe? (Allgemeine Stille.) Wer war's? Ich will es wissen. (3u Frießhardt.) Du tritt vor! Wer bist du, und was hältst du diesen Mann? Frießhardt. Gestrenger Herr, ich bin dein Waffenknecht Tell. Verzeiht mir, lieber Herr! Aus Unbedacht, Geßler (nach einigem Stillschweigen). Und das muß wahr sein, Herr, 'nen Apfel schießt Ist das dein Knabe, Tell? Herr Mir an? welches Ungeheure sinnet ihr Ich soll vom Haupte meines Kindes -– Nein, nein doch, lieber Herr, das kommt euch nicht Zu Sinn · Verhüt's der gnäd’ge Gott — Das könnt ihr Im Ernst von einem Vater nicht begehren! Geßler. Ein eigen Wagstück für dich ausgesucht. Bertha. Scherzt nicht, o Herr mit diesen armen Leuten! Geßler. Wer sagt euch, daß ich scherze? (Greift nach einem Baumzweige, der über ihn herhängt.) (beiseite zu Melchthal, der kaum seine Ungeduld bezwingt.) Haltet an euch! ich fleh' euch d'rum, bleiht ruhig! Bertha (zum Landvogt). Laßt es genug sein, Herr! Unmenschlich ist's, Geßler. Oeffnet die Gasse Frisch, was zauderst du? Der kann nicht klagen über harten Spruch, Der seiner Kunst gewiß ist überall, Dem 's Herz nicht in die Hand tritt, noch in's Auge. Walther Fürst (wirft sich vor ihm nieder). Herr Landvogt, wir erkennen eure Hoheit; Walther Tell. Großvater, knie nicht vor dem falschen Mann! Er wird nicht fehlen auf das Herz des Kindes. Stauffacher. Herr Landvogt, rührt euch nicht des Kindes Unschuld? Rösselmann. O, denket, daß ein Gott im Himmel ist, Dem ihr müßt Rede steh'n für eure Thaten. Geßler (zeigt auf den Knaben). Man bind' ihn an die Linde dort! Walther Tell. Mich binden! Nein, ich will nicht gebunden sein. Ich will Still halten, wie ein Lamm, und auch nicht athmen. So werd' ich toben gegen meine Bande. Rudolph ber Harras. Die Augen nur laß dir verbinden, Knabe! Walther Tell. Warum die Augen! Denket ihr, ich fürchte — Frisch, Vater, zeig's, daß du ein Schüße.bist! (Er geht an die Linde, man legt ihm den Apfel auf.) Es ist umsonst. Wir haben keine Waffen; O, hätten wir's mit frischer That vollendet! Geßler (zum Tell). An's Werk! Man führt die Waffen nicht vergebens. Gefährlich ist's, ein Mordgewehr zu tragen, Freut's euch, den Pfeil zu führen und den Bogen, Tell (spannt die Armbrust und legt den Pfeil auf). Ich will dein Leben nicht, ich will den Schuß. (Tell steht in fürchterlichem Kampf, mit den Händen zuckend und die rollenden Augen bald auf den Landvogt, bald zum Himmel gerichtet.Plöglich greift er in seinen Köcher, nimmt einen zweiten Pfeil beraus und steckt ihn in seinen Goller. Der Landvogt bemerkt alle diese Bewegungen.) Walther Tell (unter der Linde). Vater, schieß zu! Ich fürcht' mich nicht. Tell. Es muß! (Er rafft sich zusammen und legt an.) Rudenz (der die ganze Zeit über in der heftigsten Spannung gestanden und mit Gewalt an sich gehalten, tritt hervor). Herr Landvogt, weiter werdet ihr's nicht treiben, |