Imágenes de páginas
PDF
EPUB

e. Treue.

106. Der treue Reiter.

Auf Wagrams Blutgefilden 1) lag
Bedeckt mit ehrenvollen Wunden,
Major von Wulfen unverbunden,
Erwachend erst am dritten Tag'
Aus schwerem, tiefem Todestraume,
Und lechzend, weil mit heißem Brand
Hell über ihm die Mittagssonne stand,

Sah er umher im furchtbar stillen Raume,

Und flehte nur um eine hohle Hand

Voll Wasser - „Herr der Schlachten!

„Konnt' ich nicht sterben? Muß ich hier verschmachten?"

Sieh', da erhob aus starren Leichenhügeln

Sich eine Faust mit Rosseszügeln;

Ein bärt'ges Haupt hob langsam sich empor,

Sein treu'ster Reiter war's; er keuchte: Herr Major!

„Ein Dümpfel 2) ist nicht fern; ich hab' ihn wahrgenommen,
„Und hoffe schon, noch hin und her zu kommen!"

Es lag der Sumpf vom Schlachtfeld ziemlich weit,
Doch auf den Händen kroch der treue Veit,

Deß Lebensfunken schier verglommen,

Und brachte dann, bedeckt mit Staub und Blute,

Den trüben Labetrunk im Hute.

„Hier, Herr Major, ist Alles, was ich fand !“

Schnell reißt's der Lechzende ihm aus der Hand;
Will er nicht sterben, muß er eilen;

Doch er vergißt auch nicht, was ihm der Herr gesandt,
Mit seinem treuen Knecht' zu theilen.

„Trink auch!" spricht er. Der Reiter athmet schwer,
Und röchelt, schweigt. Er dringt in ihn auf's Neue;
Doch Veit bedarf des Labetrunks nicht mehr;
Es sinkt sein Haupt, des Tapfern Auge bricht-
Der dort vergilt, hat ihm den Tod der Pflicht
Verschönert durch den Tod der Treue!

107. Die Erfrorenen.

Es war ein Häuflein Krieger,

Zur Zeit der deutschen Schmach,
Die auch dem fremden Sieger
Nach Rußland folgten nach.

Kind.

Sie zogen mit und stritten,
Nicht für Napoleon:

Es war in ihrer Mitten

Ihr theurer Fürstensohn.

1) Bei Wagram wurde den 5. und 6. Juli 1809 zwischen den Franzøsen und Oesterreichern eine Schlacht geliefert, in der die Leztern vollständig bestegt wurden.

2) Pfüße, Wasserloch.

Für einen Fürsten sterben Ist treuen Kriegers Brauch; Der Ruhm war zu erwerben Bei fremden Fahnen auch.

Es stürmten Gottes Wetter In eis'ger Winternacht, Davon wie welke Blätter Zerstäubte Frankreichs Macht.

Es fühlten den Vernichter Die Deutschen auch und floh'n Und drängten sich nur dichter Um ihren Fürstensohn.

Sie hatten, ihn zu schüzen, Nicht ihre Waffen mehr; Da drängten sie als Stüßen Sich selber um ihn her.

Aus ihren Leibern schlossen Sie einen Ning um ihn, Daß vor des Frost's Geschossen Er könnte sicher zieh'n.

Und wo vor ihren Treibern Sie ruh'ten aus bei Nacht, Ward warm aus ihren Leibern Ein Wall um ihn gemacht.

Sie boten alles Feuer
In ihren Adern auf;

Die Liebe hielt mit treuer
Gewalt ihr Blut im Lauf.

So zogen ohne Sorgen
Sie bis zum legten Ort;
Da, als es wurde Morgen,
Zogen sie nicht mehr fort.

Als nun der Fürst erwachte, Der fanft und warm geruht, Und seinen Dank darbrachte Für Gottes treue Hut.

Da sah er die Genossen,

So früh sonst munter doch,

Die lagen eng geschlossen
Um ihn im Kreise noch.

Und als er hinsah wieder,
Sah er mit stummem Schmerz:
Es waren alle Glieder.
Gestorben für das Herz.

Da fuhr ein kaltes Schaudern
Durch's warme Fürstenherz:
Er durfte doch nicht zaudern,
Er schied, und rief mit Schmerz:

Schlaft wohl, und euch begrabe
Mit sanften Flocken Gott,
Damit kein gier'ger Rabe
Mit euch hier treibe Spott!

Und wenn die Flocken schmelzen,
Send' er der Wogen Heer,
Daß sie gelind euch wälzen
Hinab in's heil'ge Meer.

Dort ruhet sanft gebettet,
Wie ich bei euch geruht,
Da sterbend ihr gerettet
Mir habt des Lebens Glut.

Doch unvergeßlich bleibe
Dies Bild mir eingeprägt,
So lang' in seinem Leibe

Durch euch mein Herz nun schlägt;

Die ihr gelehrt mich habet,
Mit welcher treuen Glut
Ist innerlich begabet
Der deutschen Glieder Muth.

Wenn sie in fremdem Lande
So starke Funken sprüh'n,
Wie erst, wenn sie im Brande
Der eig'nen Freiheit glüh'n!

Dann sollen diese Funken Noch wuchern, die ich sog, Wann ich einst freudetrunken

Dies Schwert für Deutschland zog

Fr. Rüdert.

f. Ehrlichkeit.

108. Der arme Schiffer.

Ein armer Schiffer stack in Schulden

Und klagte dem Philet sein Leid.

„Herr!" sprach er, „leiht mir hundert Gulden;

„Allein zu eurer Sicherheit

„Hab' ich kein and’res Pfand, als meine Nedlichkeit.

„Indessen leiht mir aus Erbarmen

„Die hundert Gulden auf ein Jahr!“

Philet, ein Netter in Gefahr,

Ein Vater vieler hundert Armen,

Zählt ihm das Geld mit Freuden dar.

„Hier," spricht er, „nimm es hin und brauch' es ohne Sorgen.

„Ich freue mich, daß ich dir dienen kann;

„Du bist ein ordentlicher Mann.

„Dem muß man ohne Handschrift borgen!"

Ein Jahr und noch ein Jahr verstreicht; -
Kein Schiffer läßt sich wiederseh'n!
Wie? Sollt' er wohl Phileten hintergeh'n
Und ein Betrüger sein? Vielleicht!

[ocr errors]

Doch nein! Hier kommt der Schiffer gleich!
„Herr,“ fängt er an, „erfreuet Euch!
„Ich bin aus allen meinen Schulden,
„Und seht, hier sind zweihundert Gulden,

„Die ich durch Euer Geld gewann.

„Ihr seid ein gar zu wack'rer Mann!"

„D!" spricht Philet, ich kann mich nicht befinnen, „Daß ich dir jemals Geld gelieh'n.

"

Hier ist mein Rechnungsbuch, ich will's zu Rathe zieh'n;

Allein ich weiß es schon, du stehest nicht darinnen.“

Der Schiffer sieht ihn an und schweigt betroffen still,

Und kränkt sich, daß Philet das Geld nicht nehmen will.
Er läuft und kommt mit voller Hand zurücke.

„Hier," spricht er, „ist der Rest von meinem ganzen Glücke,

„Noch hundert Gulden; nehmt sie hin,

„Und laßt mir nur das Lob, daß ich erkenntlich bin.

Ich bin vergnügt, ich habe keine Schulden, „Und dieses Glück verdank' ich euch allein. Herr, wollt Ihr ja recht gütig sein,

„So leiht mir wieder fünfzig Gulden.“

„Hier," spricht Philet, „hier ist dein Geld! „Behalte deinen ganzen Segen;

„Ein Mann, der Treu' und Glauben hält,
„Verdient ihn seiner Treue wegen.

"

Sei Du mein Freund! Das Geld ist dein!

„Es sind nicht mehr als hundert Gulden mein,

„Und diese sollen deinen Kindern sein.“

Mensch! mache dich verdient um And’rer Wohlergeh'n!
Denn was ist göttlicher, als wenn du liebreich bist,
Und mit Vergnügen eilst, dem Nächsten beizusteh'n,
Der, wenn er Großmuth sieht, großmüthig-dankbar ist?

g. Dankbarkeit.

109. Der Pfeifenkopf.

Gellert.

„Gott grüß' euch, Alter!-Schmeckt das Da schoß ein Hund von Janitscharen 4)

[merged small][merged small][ocr errors][merged small][ocr errors][merged small]

Den Hauptmann in die Brust.

Ich hob ihn flugs auf meinen Schim

[blocks in formation]

Er hätt' es auch gethan, —
Und trug ihn sanft aus dem Getümmel
Zu einem Edelmann.

Ich pflegte sein. Vor seinem Ende
Neicht' er mir all' sein Geld
Und diesen Kopf: drückt mir die Hände
Und blieb' im Tod' noch Held.

„Das Geld mußt du dem Wirthe schenken,
Der dreimal Plünd’rung litt;"
So dacht' ich, und zum Angedenken
Nahm ich die Pfeife mit.

Ich trug auf allen meinen Zügen
Sie, wie ein Heiligthum,
Wir mochten weichen oder siegen,
Im Stiefel mit herum.

Vor Prag verlor ich auf der Streife
Mein Bein durch einen Schuß;
Da griff ich erst nach meiner Pfeife,
Und dann nach meinem Fuß.

1) Bassa oder Pascha, der Statthalter einer türkischen Provinz und zugleich Befehlshaber der darin befindlichen Soldaten.

2) Belgrad, Stadt und Festung in Serbien, am Zusammenflusse der Sau und Donan.

3) Prinz Eugen, einer der größten Helden und Staatsmänner, die Defterreich besaß. Er war 1663 geboren und starb 1736. Belgrad eroberte er 1717, nachdem er ein Heer von 150,000 Türken in die Flucht geschlagen hatte.

4) Janitscharen. So hieß der beste und geachtetste Theil des türkischen Fußvolts, felt 1826 aufgehoben.

[blocks in formation]

Damit auch mein Herz ihn verehren

„Und ihn beweinen kann.“

[blocks in formation]

Man hieß ihn nur den tapfern Wal- „Und eßt von Walter's Brød!“

ter,

Dort lag fein Gut am Rhein -
„Das war mein Vater, lieber Alter!
„Und jenes Gut ist mein.

Reben

Nun, topp! Ihr seid sein wack'rer Erbe!
Ich ziehe morgen ein,

Und euer Dank soll, wenn ich sterbe,
Die Türkenpfeife sein.

110. Der Informator.

Ein Bauer, der viel Geld und nur zwei Söhne hatte,
Nahm einen Informator an.

„Ich," sprach er, „und mein Egegatte,

Wir übergeben Ihm, als einem wackern Mann',
Was uns am liebsten ist. Leit' Er sie treulich an.
Er sieht's, es sind zwei munt're Knaben,
und freilich wird Er Mühe haben;

Jedoch ich will erkenntlich sein.

Ich halte viel auf's Rechnen und auf's Schreiben;
Das laff Er sie recht fleißig treiben,

Und präg' Er ihnen ja das Christenthum wohl ein!
Ich kann's Jbm nicht so recht beschreiben;

Allein Er wird mich wohl versteh'n.

Ich möchte sie gern klug und ehrlich seh'n;

Das macht bei aller Welt gelitten,

Und ist vor Gott im Himmel schön.

Erfüll' Er also meine Bitten!

Hier geb' ich Ihm zwei Stübchen ein,

Und was Er braucht, das soll zu Seinen Diensten sein."

Der Lehrer fand ein Herz bei seinen Bauernknaben,

Wie hundert Junker es nicht haben.

Ein braver Mann, geschickt im Unterrichten,

Erfüllt' er redlich seine Pflichten,

Und das gefiel dem Bauer sehr.
Er hielt ihn ungemein in Ehren,
Kam oft, den Kindern zuzuhören,
Weil es die Pflicht der Väter wär'.

Pfeffel.

Nun war ein Jahr vorbei. „Herr,” sprach der gute Bauer,

„Was soll für Seine Mühe sein?"

Ich fordre dreißig Thaler."-Nein,

Nein!" fiel der Alte hißig ein,

« AnteriorContinuar »