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wenn sein Daphnis nichts als Hirtenroman ist, so kann es auch neidische und niederträchtige Seelen darin geben. Denn jenes ist Kain, der seinen Bruder ermordet; und dieses Lamon, der das Glück zweier Liebenden durch seine Verläumdung so gern stören mögte.

Wir erkennen also, dafs weder die Glückseligkeit des äussern Zustandes, noch die vollkommne Güte des sittlichen Charakters ein sichres Unterscheidungszeichen dieses Landvolks von dem unsrigen sei. Noch deutlicher würde dieses erhellen, wenn sich ein Landmann in den allervortheilhaftesten Umständen, und von einer höchstedlen, selbst erhabenen Denkungsart schildern liefse, ohne dafs er darum ein Gegenstand für die Idylle wäre. Ein Beispiel von so einer Schilderung müsste erwünscht für uns seyn: denn wir

würden da nicht leicht mehr Gefahr laufen, zufällige Unterschiede für wesentlich anzusehen; die Gegenstände wären einander schon zu nahe gebracht, schon zu übereinstimmend, als dafs nicht jede noch übrige Verschiedenheit uns auf den rechten Weg führen sollte. Glücklicher Weise finden wir so einen ländlichen Charakter bei unserm Gellert.

Der Informator.

Ein Bauer, der viel Geld und nur zween
Söhne hatte,

Nahm einen Informator an.

Ich, sprach er, und mein Ehegatte,

Wir übergeben Ihm, als einem wackern Mann, Was uns am liebsten ist. Führ Er sie treulich

an!

Er sieht, es sind zwei muntre Knaben,

Und freilich wird er Mühe haben;

Allein ich will erkenntlich seyn.

Ich halte viel aufs Rechnen und aufs Schreiben,

Dies lafs' Er sie fein fleifsig treiben;

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Und präg'. Er ihnen ja das Christenthum wohl

ein!

Ich kanns Ihm nicht so recht beschreiben;
Allein Er wird mich wohl verstehn:

Ich mögte sie gern klug und ehrlich sehn;
Dies macht bei aller Welt gelitten,

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Und ist vor Gott im Himmel schön,

Erfüll' Er also meine Bitten!

Hier geb' ich Ihm zwei Stübchen ein,

Und was Er braucht, das soll zu Seinen Diensten seyn.

Der Lehrer fand ein Herz bei seinen Bauer

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knaben,

Als hundert Junker, es nicht haben;

Denn zeugt nicht manches schlechte Haus
Oft Kinder mit den gröfsten Gaben?

Und bildete die Kunst den rohen Marmor aus,
Was würden wir für grofse Männer haben!
Wohl Mancher, der im Krug so gern Mandate

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Trüg' itzt, verdient, als Staatsmann seinen Or

den;

Wohl Mancher, der, bei einem Bauernzwist,

Versehn mit Kühnheit und mit List,

Aus Ehrgeiz gern der Führer ist,

Wär' einst ein gröfsrer Held geworden,

Als du, vornehmer Held, nicht bist!

Der junge Mann, geschickt im Unterrichten, Erfüllte redlich seine Pflichten;

Und dies gefiel dem Bauer sehr.
Er hielt ihn ungemein in Ehren,
Kam oft den Kindern zuzuhören,
Als obs die Pflicht der Väter wär.

Nun war ein Jahr vorbei. Herr! sprach der gute Bauer:

Was soll für Seine Mühe seyn?

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,, Ich fordre dreissig Thaler. Nein,

Nein! fiel der Alte hitzig ein:

Sein Informatordienst ist sauer.

So kriegte ja der Grofsknecht, der mir pflügt,
Beinah so viel, als der Gelehrte kriegt,

Der das besorgt, was mir am Herzen liegt.
Die Kinder nützen Ihn ja durch ihr ganzes Leben.
Nein, lieber Herr, das geht nicht an;

So wenig giebt kein reicher Mann.

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Ich will Ihm mehr, ich will Ihm hundert Tha

ler geben,

Und mich dazu von Herzen gern verstehn,

Ihm jährlich diesen Lohn ansehnlich zu
höhn.

Gesetzt, ich müfst' ein Gut verpfänden;
Auch das! Ists denn ein Bubenstück? :

er

Viel besser, ich verpfänd's zu meiner Kinder Glück,

Als dafs sie's, reich und lasterhaft, verschwenden.

Was in dieser Erzählung einem Jeden, als nicht- idyllenmässig, auffallen muss, sind folgende Züge: Der Unterschied mehrerer von einander abhängiger Stände; die fürstlichen Mandate, die uns auf die Idee von Oberherrschaft und Unterthänigkeit führen; die städtische Erziehung der Kinder durch einen eigenen Lehrer; die Aufmerksamkeit auf die Kunst des Rechnens, die man bei dem natürlichsten und einfältigsten Handel durch Tausch so leicht entbehren konnte; die in mehrere Zimmer abgetheilte bequemere Wohnung u. s. w.

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