Imágenes de páginas
PDF
EPUB

des Mangels und der Sorgen 1733 Secretair beim sogenannten Court, `einer englischen Handelsgesellschaft, welches Amt ihm reichliches Auskommen, Muße und Unabhängigkeit gewährte. Er heirathete nun und lebte der Dichtkunst und Literatur, in freundschaftlichen und geselligen Kreisen, starb aber schon am 28. Oct. 1754 an der Wassersucht.

Hagedorn ist kein schöpferischer Dichter, sondern versteht mehr die Kunst Fremdes, ihm Gegebenes gefällig zu bearbeiten, wie er auch als Übersetzer für seine Zeit schon viel geleistet hat. Unter den drei Hauptgattungen der Dichtkunst, welche er bearbeitet und zu welcher er der folgenden Zeit den Weg gebahnt hat, der eigentlichen Lyrik, der Didaktik in moralischen Gedichten, Episteln und Sermonen und der Fabel ist er nur in der Lyrik mehr originell, während fast Alles in den beiden lehtern Dichtarten Bearbeitungen fremder Gedanken sind, wie er seine Quellen, vorzüglich Horaz, Anakreon und la Fontaine, auch sorgfältig nachweist. Heiter und frohsinnig sucht er überall zu würken und in diesem Sinn eine Dichtung der Grazien vorzubereiten und beim socratischen Becher Moral und Weisheit zu lehren, nicht ohne große Hinneigung zum französischen Geschmack, wie ihn Wieland nachher in größeren Gedichten geübt hat, und hierin sowohl, als in vielen andern, selbst in seinem Wohnorte im Norden Deutschlands, der Gegensaß vom ernsten und verschlossenen Haller, erscheint er uns als der erste geschmackvolle gesellige Dich ter der Deutschen. Sonst sehen wir, wie er es selbst fühlt, daß er den großen Dichtern nicht angehört, wogegen Gefälligkeit und Leichtigkeit der Versification ihn besonders auszeichnen. — Die erste Ausgabe seiner Werke erschien 1729, die erste vollständige und bedeutendste nach seinem Tode ist:

„Des Herrn Friedrichs von Hagedorn Poctische Werke. Drei Th. Hamb. bei Bohn. 1769. 8"

Dann hat Eschenburg seine Werke Hamburg 1800 mit seinem Leben in 4 Bdn herausg., und eine neuste wohlfeile Ausg. erschien daselbst 1825 in 5 Bänden.

Beispiel 1.

An die Dichtkunst. (Ausgabe 1769. Th. III. S. 3.)

Gespielinn meiner Nebenstunden Bey der ein Theil der Zeit verschwunden,

Die mir, nicht andern, zugehört:
O Dichtkunst, die das Leben lindert!
Wie manchen Gram hast du ver-
mindert,

Wie manche Fröhlichkeit vermehrt!

Die Kraft, der Helden Trefflich

keiten, Mit tapfern Worten auszubreiten, Verdankt Homer und Maro dir. Die Fähigkeit von hohen Dingen Den Ewigkeiten vorzusingen, Verliehst du ihnen, und nicht mir.

[blocks in formation]

Beispiel 2.

An die Freude.

Freude, Göttinn edler Herzen! Höre mich. Laß die Lieder, die hier schallen, Dich vergrößern, dir gefallen: Was hier tönet, tönt durch dich.

Muntre Schwester süsfer Liebe!

Himmelskind!

Kraft der Seelen! Halbes Leben!
Ach, was kann das Glück uns geben,
Wenn man dich nicht auch gewinnt?

(ib. S. 41.)
Stumme Hüter todter Schäße
Sind nur reich.

Dem, der keinen Schatz bewachet,
Sinnreich scherzt und singt und lachet,
Ist kein karger König gleich.

Gieb den Kennern, die dich ehren,
Neuen Muth,

Neuen Scherz den regen Züngen,
Neue Fertigkeit den Jungen,
Und den Alten neues Blut.

Du erheiterst, holde Freude!
Die Vernunft.

Flieh, auf ewig die Gesichter
Aller finstern Splitterrichter
Und die ganze Heuchlerzunft!

Beispiel 3.

Unverdiente Eifersucht. (ib. S. 69.)

Neulich sah man aus den Sträuchen
Den verschwiegenen Elpin
Heimlich von der Weide schleichen,
Heimlich in die Waldung fliehn.
Die Begierde, dort zu sehn,
Warum dieser Gang geschehn,
Trieb Myrtillen, nachzugehn.

Ach, Elpin ist zu beneiden!
Fiel dem schlauen Schäfer ein:
Ja, ihr folgt ihm, süsse Freuden!
In den luftgewohnten Hayn,
Wo in jener Schatten Nacht
Ihm vielleicht die Hirtinn lacht,
Die mein Herze sehnend macht.

Mit

1. Diese Obe ist, im Jahre 1729, durch eine wirkliche Begebenheit veranlasst

worden.

Mitten unter hohen Fichten
Traf Myrtill den Flüchtling an,
Der bereits in stillem Dichten
Voller Liebe saß und sann,
Bis ein fertiger Gesang
Muthig durch die Lüfte drang
Und den Hall zum Nachruf zwang.

Muster, sang er, wahrer Güte!
Herz, das Treu und Huld belebt!
Gönne mir, daß mein Gemüte
Einsam deinen Wehrt erhebt.
Sag ich Neidern und der Welt
Minder, als dein Lob erhält;
So vernehm es Wald und Feld.

Mit wie zärtlichem Umfangen
Hat dein Arm mich oft ergeht!
Und wie oft hat deine Wangen.
Mein vergnügter Mund geneßt!
Selten hab ich was begehrt,
Das, sobald ich mich erklärt,
Du mir nicht mit Lust gewährt.

O mit welchen treuen Küssen,
Drücktest du mich an dein Herz!
Auch in eignen Kümmernissen
Scherztest du beh meinem Scherz.
Nur dein Lächeln und dein Kuß,
Die ich stets verehren muß,
Stillten allen Überdruß.

Deine kluge Huld erblicken, Deiner Liebe Regung sehn, Das allein darf mich entzücken, Das allein bleibt wunderschön: Schön in deiner Seltenheit, Schön in meiner Dankbarkeit, Schön auf unsre Lebenszeit.

Wahrheit, Zeuginn meiner Triebe!
Leiste selber die Gewähr.
Sage: für so große Liebe
Fällt die Gegenpflicht. nicht schwer.
Sag ihr stündlich, daß ihr Bild,
Das mein ganzes Herze füllt,
Mehr bey mir, als alles, gilt.

Eil ich, wann es Tag will werden,
In die herdenvolle Flur;

so zeigen mir die Herden
Gleiche Wirkung der Natur!
Was auch ich von ihr erhielt,
Was die Zucht der Lämmer fühlt,
Wann sie mit den Schafen spielt.

Nein: ich will mich nicht entfernen,
Weil mein Abschied sie betrübt;
Nein: ich will von ihr erlernen,
Wie man unaussprechlich liebt.
Ja ich will dir, kühler Hahn!
Hiemit ihren Namen weihn,
Dieser Fichte Schmuck zu seyn.

Name, wachse mit den Rinden!
Wachse, Denkmal meiner Hand!
Werd auch in entlegnen Gründen
Jeder Hirtenschar bekannt!
Name, den kein Vorzug ziert,
Den von allen, die er rührt,
Keiner mehr, als ich, verspührt.

Endlich eilt Elpin zurücke,
Da den lauschenden Myrtill
Dessen neu besungnes Glücke
Oft zur Mißgunst reizen will.
Sehnsucht, Ungeduld und Wahn
Heisst ihn, sich der Gegend nahn,
Wo Elpin den Schnitt gethan.
Sein Verdacht aus tausend Sachen
Zielte schon auf langen Gram;

Doch er selber musste lachen,

Als er zu der Fichte kam:
Denn so bald er sie besah,
Stand der Name Silvia,
Seines Freundes Mutter, da.

Pischon Denkm. IV.

2

Der May.

Beispiel 4.

Der Nachtigall reizende Lieder
Ertönen und locken schon wieder
Die fröhlichsten Stunden ins Jahr.
Nun singet die steigende Lerche,
Nun klappern die reisenden Störche,
Nun schwaßet der gaukelnde Staar.

Wie munter sind Schäfer und
Herde!

Wie lieblich beblühmt sich die Erde!
Wie lebhaft ist iho die Welt!
Die Tauben verdoppeln die Küsse,
Der Entrich besuchet die Flüsse,
Der luftige Sperling sein Feld.

Wie gleichet doch Zephyr der Floren!
Sie haben sich weislich erkohren,
Sie wählen den Wechsel zur Pflicht.
Er flattert um Sprossen und Garben;
Sie liebet unzählige Farben;
Und Eifersucht trennet sie nicht.

(ib. 146.)

Nun heben sich Binsen und Keime, Nun kleiden die Blätter die Bäume, Nun schwindet des Winters Gestalt; Nun rauschen lebendige Quellen Und tränken mit spielenden Wellen Die Triften, den Anger, den Wald.

Wie buhlerisch, wie so gelinde Erwärmen die westlichen Winde Das Ufer, den Hügel, die Gruft! Die jugendlich scherzende Liebe Empfindet die Reizung der Triebe, Empfindet die schmeichelnde Luft.

Nun stellt sich die Dorfschaft in

Reihen,

Nun rufen euch eure Schallmeyen,
Ihr stampfenden Tänzer! hervor.
Ihr springet auf grünender Wiese,
Der Bauerknecht hebet die Liese,
In hurtiger Wendung, empor.

Nicht fröhlicher, weidlicher, kühner
Schwang vormals der braune Sabiner
Mit mannlicher Freiheit den Hut.
O reizet die Städte zum Neide,
Ihr Dörfer voll hüpfender Freude!
Was gleichet dem Landvolk an Muth?

Beispiel 5.

Der Morgen. (ib. S. 164.)

Uns lockt die Morgenröthe

In Busch und Wald,
Wo schon der Hirten Flöte

Ins Land erschallt.
Die Lerche steigt und schwirret,

Von Lust erregt;
Die Taube lacht und girret,
Die Wachtel schlägt.

Die Hügel und, die Weide

Stehn aufgehellt,
Und Fruchtbarkeit und Freude
Beblühmt das Feld.

Der Schmelz der grünen Flächen

Glänzt voller Pracht,
Und von den klaren Bächen

Entweicht die Nacht.

Der Hügel weisse Bürde,
Der Schafe Zucht,
Drängt sich aus Stall und Hürde

Mit froher Flucht.
Scht, wie der Mann der Herde
Den Morgen fühlt,
Und auf der frischen Erde
Den Buhler spielt!

Der Jäger macht schon rege
Und heht das Reh
Durch blutbetriefte Wege,
Durch Busch und Klee,
Sein Hifthorn giebt das Zeichen;
Man eilt herbey:

Gleich schallt aus allen Sträuchen
Das Jagdgeschrey.

Doch Phyllis Herz erbebet
Ben dieser Lust;
Nur Zärtlichkeit belebet
Die sanfte Brust.
Laß uns die Thäler sachen,
Geliebtes Kind,

Wo wir von Berg und Buchen.
Umschlossen sind!
Erkenne dich im Bilde
Von jener Flur!
Sen stets, wie dieß Gefilde,
Schön durch Natur;
Erwünschter als der Morgen,
Hold wie sein Strahl;
So frey von Stolz und Sorgen
Wie dieses Thal.

Beispiel 6.

Der erste May. (ib. S. 122.)

Der erste Tag im Monat MayTM
Ist mir der glücklichste von allen.
Dich sah ich und gestand dir frey,
Den ersten Tag im Monat May,
Daß dir mein Herz ergeben sey.
Wenn mein Geständniß dir gefallen;
So ist der erste Tag im May
Für mich der glücklichste von allen.

Beispiel 7.

Scolien nach Athenäus. (ib. S. 250.)

O würd ich eine schöne Leyer

Bon weißem Elfenbein,

Und könnt' ich dann durch schöner
Kinder Hand

Zum Bacchustanz getragen seyn!
O würd' ich Gold, das noch kein
Feuer

Versehrt und durchgebrannt,
Und nähm ein tugendhaftes Weib
Mich dann an ihren schönen Leib!

Lebe, trinke, liebe, lärme,
Kränze dich mit mir!
Schwärme mitmir, wenn ich schwärme,
Ich bin wieder klug mit dir.

Auf! Cotonis, schenk mir ein,
Schenk mir ein und höre,
Laß dir diese Lehre

Heut von mir gesaget seyn:
Man muß das Getränk der Reben
Allen braven Leuten geben.

1. Nach einem französischen Triolet: Le premier jour du mois de Mai von Ranchin.

« AnteriorContinuar »