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So sehn' ich mich, o grüne Finsterniß
Im dichten Hain, ihr Hecken und ihr Auen,
Nach eurem Reiz; so klag' ich, ungewiß
Euch einmal nur, geschweige stets, zu schauen.
O, ruft mich bald! O Doris, meine Ruh,
Drück einst mir dort die Augen weinend zu!

Beispiel 2.

Aus: der Frühling.

a. Einleitung. (Körtens Ausg. 1840. I. 108.)

Empfangt mich, heilige Schatten, ihr Wohnungen füßer Entzückung, Ihr hohen Gewölbe voll Laub und dunkler schlafender Lüste.2 Die ihr oft einsamen Dichtern der Zukunft Vorhang zerrissen, Oft ihnen des heitern Olymps azurne Thore geöffnet,

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Und Helden und Götter gezeigt! Empfangt mich, füllet die Seele
Mit holder Wehmuth und Ruh'! O daß mein Lebensbach endlich
Von Klippen, da er entsprang, in euren Gründen verflösse!
Führt mich durch Gänge voll Nacht zum glänzenden Throne der Tugend,
Der um sich die Schatten erhellt! Lehrt mich den Wiederhall reizen
Zum Ruhm der verjüngten Natur.

Und ihr, ihr lachenden Wiesen,

Ihr holden Thäler voll Rosen, ihr Labyrinthe der Bäche,
Ich will die Wolluft in mich mit eurem Balsamhauch ziehen,
Und wenn Aurora euch weckt, mit ihrem Purpur sie trinken!
Gestreckt in Schatten, will ich in goldne Saiten die Freude,
Die in euch wohnet, besingen! - Reizt und begeistert die Sinnen,
Daß meine Töne die Gegend, wie Zephyr's Lispeln erfüllen,
Der jezt durchs Veilchenthal fleucht, und wie die rieselnden Bäche.

Dieselbe. (Ausgabe Berlin 1782. II. S. 1.)

Empfangt mich, heilige Schatten! ihr hohen belaubten Gewölbe Der ernsten Betrachtung geweiht, empfangt mich, und haucht mir ein Lied ein

Zum Ruhm der verjüngten Natur! Und ihr, o lachende Wielen,

Voll labyrinthifcher Bäche! bethaute blumichte Thäler!

Mit eurem Wohlgeruch will ich Zufriedenheit athmen. Euch

will ich

1 R. A.: D Doris, drücke du, „Lüfte“ heißen.

Mir dort dereinst. 2. Könnte auch

Befteigen, ihr duftigen Hügel! und will in goldene Saiten

Die Freude fingen, die rund um mich her aus der glücklichen Flur lacht.

Aurora foll meinen Gefang, es foll ihn Hefperns hören.

Der Dichter betrachtet nun die Vorspiele des Frühlings, setzt sich an einem mit Tannen beschatteten Felsen und schildert die ländlichen Aussichten, giebt den Fürsten Lehren zur Beglückung der Menschen, steigt dann ins Thal herab zur Wohnung und häuslichen Wirthschaft des Landsmanns, und schildert die ländlichen Scenen, besucht den Garten:

b. Der Garten. (Ausg. v. 1762. S. 15.)'

Wie schimmert der blühende Garten, wie düften die Lauben! wie gaukelt

In Wolken von Blüthen der fröbliche Zephyr! Er führt fie gen Himmel

Und regnet mit ihnen herab. Hier hat der verwegene Schiffer Die wilden Gewächfe der Mohren nicht hingepflanzt; feltene Di

Steln,

Durchblicken die Fenster hier nicht. Das nützende Schöne ver

gnüget

Den Landmann, und etwan ein Kranz. Diefs lange Gewölbe von Nufsftrauch

Zeigt oben voll laufender Wolken den Himmel, und hinten Gefilde Voll Seen, und büfchichter Thäler, umringt mit gefchwollenen Bergen.

Mein Auge durchirret den Auftritt noch einmal, und mufs ihn ver

laffen:

Der nähere ziehet mich an sich. O Tulipane! wer hat dir
Mit allen Farben der Sonne den offenen Bufen gefüllet?
Ich grüfste dich Fürstinn der Blumen, wofern nicht die göttliche
Rofe

Die taufendblättrige schöne Geftalt, die Farbe der Liebe,
Den hohen bedornelen Thron, und den ewigen Wohlgeruch hätte.
Hier lacht fie bereits durch die Knofpe mich an die gepriefene

Rofe.

1. Die Körtefche Ausgabe liest hier Vieles anders und es ist freilich nicht za sagen, ob bier Ramler gebessert hat. Solche Sachen aber, wie z. B. „Die Fürstinn der Blumen, die Lilie, erhebt die Krone zur Seiten Hoch über streifige Tulpen“ und nachher zur Tulpe: „ich grüßte dich Fürstinn der Blumen, wenn nicht u. s. f.“ find zu auffallend, als daß nicht Kleist selbst das Erste sollte weggelassen haben.

Hier drängt die Mayenbluhme die Silberglöckchen durch Blätter;
Hier reicht mir die blane Jacynthe den Kelch voll kühler Gerüche;
Hier strömt der hohen Viole' balfamifcher Ausflufs, hier ftreut fie
Die goldenen Strahlen umher. Die Nachtviole läfst immer
Die ftolzeren Bluhmen den Duft verhauchen: fie fchliefset bedächtig
Ihn ein, und hoffet am Abend den ganzen Tag zu beschämen.
Ein Bilduifs grofser Gemüther, die nicht, wie die furchtfamen
Helden,

Ein Kreis von Bewunderern fpornt; die, tugendhaft wegen der
Tugend,

Im ftillen Schatten verborgen, Gerüche der Gütigkeit ausftreun.
Seht hin, wie brüftet der Pfau fich dort am funkelnden Beete!
Die braunen Aurikelgeschlechter, beftreut mit glänzendem Staube,
Stehn gleich den dichten Gestirnen: aus Eifersucht geht er darneben,
Und öffnet den grünlichen Kreis voll Regenbogen und wendet
Den farbewechselnden Hals. Die Schmetterlinge, voll Wolluft,
Und unentfchloffen im Wählen, umflattern die Bluhmen, und eilen
Auf bunten Flügeln zurück, und fuchen wieder die Blüthe
Der Kirschenreifer, die jüngst der Herr des Gartens durchfägten
Schlehflämmen eingepfropft hatte, die jetzt fich über die Kinder
Von ihnen gefäuget, verwundern. - - Das Bild der Anmuth, die
Hausfrau,

In jener Laube voll Reben, pflanzt Stauden und Bluhmen auf
Leinwand.

Die Freude lächelt aus ihr. Ein Kind, der Grazien Liebling, Verhindert fie schmeichelnd, am Halfe mit zarten Armen ihr han

gend;

Ein anderes tändelt im Klee, fiunt nach, und stammelt Gedanken.
O dreymal feliges Volk, das keine Sorge befchweret.
Kein Neid verfuchet, kein Stolz! dein Leben flieffet verborgen,
Wie klare Bäche durch Bluhmen dahin. Lafs andre dem Pöbel,
Der Dächer und Bäume befteigt, in Siegeswagen zur Schau feyn,
Gezogen von Elephanten; lafs andre fich lebend in Marmor
Bewundern, oder in Erz, von knieenden Sklaven umgeben:
Nur der ist ein Liebling des Himmels, der, fern vom Getümmel
der Thoren,
Am Bache fchlummert, erwachet und fingt. Ihm malet die Sonne
Den Oft mit Purpur, ihm haucht die Wiese, die Nachtigall fingt

ihm;

Ihm folget die Reue nicht nach, nicht durch die wallenden Saaten,

1. Es ist der Goldlack gemeint, auch Gelbnägelein genannt.

Nicht unter die Heerden im Thal, nicht an fein Traubengeländer! Mit Arbeit würzt er die Kost, sein Blut ift leicht wie der Aether, Sein Schlaf verflieht mit der Dämmrung, ein Morgenlüftchen verweht ihn.' . .

Nun sehnt der Dichter sich selbst nach solchen Genüssen und wünscht fie mit Doris zu theilen, sieht aber seufzend, daß dies nur ein Traum ist. Dann eilt er unter dichte Lauben und hört der Schallmen des Geißs hirten zu, schildert Rosse und Stiere und den Gesang der Vögel, vor allen der Nachtigall und das Leben der Turteltaube und geht zum Preise des Schöpfers über. Eine Wiese ladet ihn ein. Dort lagert er sich und ladet Spalding und Hirzel zu sich, schildert Blumen, Sumpfvögel und Bienen, und während er über Mangel an Regen klagt und ihn erfleht, ergießt sich dieser in Stromen, daß kaum des Erlenbaums Zelt ihn schüßt. So werden die Gefilde erquickt, ein Regenbogen umgürtet den Himmel, die Wiese blitt von demantähnlichen Tropfen, die getränkten Halme erheben froh ihre Häupter.

c. Schluss. (Körtes Ausg. I. S. 139.)

grünet, ihr holden Gefilde! Jhr Wiesen und Schlösser vom Laube!" Grünt, seyd die Freude des Volks! Dient meiner Unschuld auf immer Zum Schirm, wenn Bosheit und Stolz aus Schlössern und Städten mich treiben.

Mir wehe Zephyr aus euch, durch Blumen und Hecken, noch öfter
Ruh und Erquickung in's Herz! Laßt mich in euren Revieren
Den Herrn und Vater der Welt, der Segen über euch breitet
Im Strahlenkreise der Sonnen, im Thau und träufelnden Wolken,
Noch ferner auf Flügeln der Winde, in eurer Schönheit verehren,
Und melden voll heiliger Regung sein Lob antwortenden Sternen!
Und wenn, nach seinem Geheiß, mein Ziel des Lebens herannaht,
Dann sey mir endlich in Euch die lehte Ruhe verstattet!

1. Ramler macht hier die Anmerkung: Bis hieher gehen die letzten Verbefferungen, die diefes Gedicht erhalten hat. Der Dichter wäre damit fortgefahren, wenn ihn der Tod der Helden nicht übereilet hätte.‚— Da nun auch die Abweichungen der Körteschen Handschrift im Folgenden viel weniger bedeutend sind, so ist kein Grund da, warum man nicht die Veränderungen in der Ramlerschen Ausgabe für Kleists eigne Arbeit ansehen sollte, weil sonst Ramler auch das Folgende bedeutender geändert haben würde. 2. R. A. Grünt nun. 3. R. A. Jhr Wiesen und schattichte Wälder. 4. N. A. hinführo. Lafft mich den Vater des Weltbaus (Der Segen über euch breitet im Strahlenkreise der Sonne) Im Thau nnd Regen noch ferner.

Grauens.

--

5. R.

6. R. A. heiligen

Beispiel 4.

An die Preußische Armee. (Körtesche Ausg. 1810. II. S. 18.)

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Unüberwundenes Heer! mit dem Tod und Verderben

In Legionen Feinde dringt;

Um das der frohe Sieg die gold'nen Flügel schwingt,
O Heer, bereit zum Siegen oder Sterben!

Sieh! Feinde, deren Laßt die Hügel fast versinken,
Den Erdkreis beben macht,

Ziehn gegen dich, und drohn mit Qual und ew'ger Nacht;
Das Wasser fehlt, wo ihre Rosse trinken!

Der dürre, schiele Neid treibt niederträcht'ge Schaaren
Aus West und Süd heraus,

Und Nordens Höhlen speyn, so wie des Osts, Barbaren
Und Ungeheuer, dich zu verschlingen, aus!

So tobt ein Flammen - Meer, das aus Vefuvens Munde
Sich donnernd in das Feld ergießt,

Mit dem Furcht und der Tod in Städt' und Dörfer fließt;
Das Wasser flieht das Land und kocht auf heißem Grunde!*

Verdopple deinen Muth, o Heer! der Feindes Fluten
Hemmt Friedrich und dein starker Arm;

Und die Gerechtigkeit verjagt den tollen Schwarm:
Sie blitzt durch dich auf ihn, und seine Rücken bluten.

Die Luft wird deinen Ruhm zur späten Nachwelt wehen;
Die klugen Enkel ehren dich,"

Ziehn dich den Römern vor, dem Cäsar Friederich,

Und Böhmens Felsen sind dir ewige Trophäen!

Nur schone, wie bisher, im Lauf von großen Thaten,

Den Landmann, der dein Feind nicht ist!

Hilf seiner Noth, wenn du von Noth entfernet bist;

Das Rauben überlaß den Feigen und Croaten!

Ich seh, ich sehe schon (freut euch, o Preußens Freunde!)

Die Tage seines Ruhms sich nah'n.

In Ungewittern ziehn die Wilden stolz heran,

Doch Friedrich winket dir; wo sind sie nun, die Feinde?

1. R. A. Unüberwundnes. 4. Diese ganze Strophe: „So tobt gaben. 5. R. A. Der Feinde wilde.

2. R. A. scheele.

3. R. A. Ungeheur. Grunde" fehlt in den Ramlerschen Aus6. R. A. Die Nachwelt wird auf dich,

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als auf ein Muster sehen, Die künfigen Helden ehren dich.

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