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Eheloses Leben, verständige Einrichtung und ein gutes Einkommen seßten ihn in den Stand, junge Talente, wie Michaelis, Tiedge u. a. zu unter: stüßen, ausgezeichnete Männer um sich zu sammeln und zu bewirthen und sich bei Vielen den Ehrennamen des Vaters Gleim zu erwerben.

Gleim selbst hat keine vollständige Sammlung seiner Poesieen veranstaltet und häufig sind seine Gedichte nachgedruckt und verunstaltet wor den. So erschienen öfter unvollständige und uncorrekte Ausgaben, wie: Herrn F. W. G. sämmtliche Werke. Zwei Theile, Straßb. 1765. 8. Sechs Theile. Neue und verb. Ausg. o. O. und Verl. 1773. 8. Sechs Theile Reutlingen 1779. 8. und Carlsruhe 1780. Auch in der Neuen verb. Aufl. in 4 Bdn. Lpz. 1802. 1803. 8. (Eigentl. schon 1–3 in Altona 1798-1800. erschienen) ist, obschon mehr gesammelt, doch manches Unächte. Nun aber erschienen:

J. W. L. Gleim's sämmtliche Werke. Erste Originalausgabe aus des Dichters Handschriften durch Wilhelm Körte. Sieben Bände. Halberstadt 1811 bis 1813. 8.,

deren Inhalt folgender ist:

Band I. J. W. L. Gleim's Lieder. Erster Band. 1. Versuch in scherzhaften Liedern. 1744-1753.2. Lieder. - 3. Volkslieder. 1772-1800. (Die letzteren die besseren.)

Band II. J. W. L. Gleims Lieder. Zweiter Band. Worin auch Nachahmungen und Lieder nach den Minnesingern.

Band III. Inhalt: 1. Die Schäferwelt. - 2. Die Bürgerwelt. (Fragmente.) 3. Auf den Tod des Generals von Stille. 4. Der blöde Schäfer. 5. Der Apfeldieb. 6. Romanzen und romanzische Lieder. 7. Fabeln und Erzählungen. (Gehören zu Gleims bessern Dichtungen.) Band IV. J. W. L. Gleim's Kriegslieder. Inhalt: 1. Preusische Kriegslieder in den Feldzügen 1756 und 1757. (Das Beste, was Gleim gedichtet hat.) 2. Preußische Kriegslieder vom März 1778 bis April 1779.3. Friedrichs Feier 1786. 4. Marschlieder 1790. 5. Soldatenlieder. - 6. Die legten Lieder des Grenadiers. Band V. Jnhalt: 1. Sinngedichte

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2. Episeln.

3.

Die goldenen Sprüche des Pythagoras nebst Anhang. Band VI. Inhalt: 1. Halladat oder das rothe Buch. (Aussprüche eines orientalischen Weisen.) 2. Amor und Psyche. (25 Lieder.) 3. Vermischte Gedichte.

Band VII. Das Hüttchen. (160 Lieder, zum Theil aus der leßten Zeit.) Als Zugabe hierzu erschienen noch:

Vater Gleims Zeitgedichte von 1789-1803. Erste Original,

ausgabe u. f. f. von W. Körte. Lpz. 1841. (In 4 Abschnitten.)

Beispiel 1.

An den Tod.'

Aus: Versuch in scherzhaften Liedern. (Körte's Ausg. I. S. 32.)

Tod, kannst du dich auch verlieben?
Warum holst du denn mein Mäd:

chen?

Kannst du nicht die Mutter holen? Sieh, die Mutter sieht dir ähnlich! Frische, rosenrothe Wangen,

Die mein Kuß so schön gefärbet,
Blühen nicht für blasse Knochen!
Tod! was willst du mitdem Mäd-
chen?

Mit den Zähnen ohne Lippen
Kannst du es ja doch nicht küssen!

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Für mich bestrahlt die Sonne
Die Wälder und die Auen;
Für mich sind diese Schatten
So fühl, und diese Rasen
So weich, und diese Quellen
So rein, und jene Thäler
So lieblich anzuschauen;
Für mich bist du, o Rose,
Die Königinn der Blumen! -
Für mich bist du, Gewölbe
Des Himmels, ausgespannet;
Für mich glänzt dort im Teichhe
Des Mondes schwimmend Silber;
Für mich singt die Sirene

Des Waldes ihre Lieder:

1754.

Nicht für den reichen Milon,
Der hat nur Herz und Auge
Für glänzend Gold und Silber!
Nicht für den dummen Laches,
Den fetten Weltverächter,
Der, immer in Gedanken
An sich und seinen Magen,
Nicht siehet und nicht höret!
Nicht für den stolzen Pyrrhus,
Der, taub den Lebensfreuden,
Hin nach dem höchsten Gipfel
Des Glücks auf frummen Wegen,
Mit schwerer Arbeit klimmet,
Und plötzlich desto tiefer
Zu mir herunter stürzet!

1. Dies Gedicht machte Gleims Bekanntschaft mit Kleist.

Beispiel 4.

Die Kaze und die Maus.

(Aus den Fabeln. Th. III. S. 215.)

Einst spielte eine Kahe

Mit einer kleinen Maus.

„Lauf, Mäuschen!" sagte sie, und warf die scharfe Tage

Liebkofend nach, ließ auf und nieder

Sie laufen, fing sie wieder,

Und sah vergnügt und freundlich aus.

,,Ach, liebe Kate!" sprach die Maus, Ich kenne diese Schmeicheleien

Und diese Scherze; ach! sie dränen,

,,Mir armen Mäuschen, bittern Tod!"

,,Was?" sprach die Kahe, das ist Spott!"

Und biß sie todt!

Beispiel 5.

Die Gärtnerinn und die Biene. (Daselbst S. 227.)

Eine kleine Biene flog

Emsig hin und her, und sog
Süßigkeit aus allen Blumen.

Bienchen," spricht die Gärtnerinn,

Die sie bei der Arbeit trifft,

,,Manche Blume hat doch Gift,
„Und du saugst aus allen Blu-
men?"

Ja," sagt sie zur Gärtnerinn,
Ja, das Gift laß ich darinn!"

Beispiel 6.

Der Löwe und die drei Tiger. (Daf. S. 247.)
1756.

Ein Löwe schlummerte, die Sorge für sein Reich
Und seiner Völker Ruh, ließ ihn nicht ruhig schlafen,
Er lag, wie auf den Sprung, gefasst auf jeden Streich,
Die Feinde seines Reichs zu schrecken und zu strafen.

"

Drei Tiger sahen ihn. Der eine sprach: Seht da,
,,Das ist der Augenblick, den Feind zu überfallen,
,,Der uns zu mächtig ist: sein Reich gehört uns Allen;
,,Wir theilen's unter uns!" die andern sagten: Ja!

Sie machten einen festen Bund,

Beschworen ihn! Der Schwur, so still des ersten Mund
Ihn lispeln mochte, kam in des Monarchen Ohr,

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Der lauschend lag, kaum glaubte, was geschah.
Der zweite Tiger schwur; was that der Löwe da?

Er flog, als wie ein Strahl des Blitzes schnell hervor,
Saß auf des dritten Tigers Nacken

Schon eher schwur, erwürget' ihn.

Bekam den ersten nur mit einer Klau zu packen;

Der zweite nahm die Flucht, und nannte noch im Fliehn

Den Löwen flug, trieb ein Gespötte

Mit dem Verwundeten, der trabend nebenher

Oft wiederhohlete: „Wir hätten ihn, wenn Er
,,Den Angriff abgewartet hätte!"

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Nahm in die Hand sein lehtes Brot,,,Die Thaler liegen; ich will gehn;
Und schnitt davon ein Stücklein ab,,,Der Bäcker soll sie liegen sehn,
Das er dem kleinen Kinde gab, ,,Denn der vermuthlich hat das
Das bei ihm stand, und:,,Gott!
Geld,
ach Gott!"

Seufzt' er dabei.

Beweglich both Das kleine Kind das Stücklein Brot Dem Vater wieder -,,Nehmt es doch,

„Ich bitt' euch, Vater! ich will noch ,,Wol warten; aber weint nur nicht!"

Der Vater wendet sein Gesicht, Und sagt: „Ich schneide noch ein Stück,

Behalt' es Kind!"

Mit nassem Blick Sieht er auf seinen Sohn herab, Auf seinen Trost, und schneidet ab; Doch wie erschrickt er!

Plötzlich fällt Ein Haufen blankes Silbergeld

Aus seinem Brot.

„Ach! was ist das?"

,,Das aus dem lieben Brote fällt, ,,Hineingebacken; der muß es ,,Auch wieder haben; bleib indeß, Ich will geschwind zum Bäcker gehn!"

Er geht. Des Kindes Augen sehn Erstarrt die blanken Thaler an, Allein es rühret nicht daran.

Der Bäcker kommt, sieht sie, und spricht: „Nein! das sind meine Thaler nicht, ,,Freund, glaubt es mir! Doch wifst ihr was? „Ein reicher Mann macht' euch den Spaß, „Denn hört: das Brot, das ihr gehohlt, ,,War nicht von mir, ihr aber sollt „Nicht fragen, und von wem es ist

1. S. die Staats- und Kriegsgeschichte vom Jahre 1756.

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Die Eiche und der Kürbiß.

La Fontaine. Fab. 172. T. II. (Das. S. 425.)

Sohn, mit Weisheit und Verstand,
Ordnete des Schöpfers Hand
Alle Dinge. Sieh umher!
Keines steht von ohngefähr
Wo es steht! Das Firmament,
Wo die große Sonne brennt,
Und der kleinste Sonnenstaub,
Deines Athems leichter Raub,
Trat, auf unsers Gottes Wort,
Jegliches an seinen Ort.
Jedes Ding in seiner Welt
Ist vollkommen; dennoch hält
Mancher Thor es nicht dafür,
Und kunstrichtet Gott in ihr!

Solch ein Thor war jener Mann,
Den ich dir nicht nennen kann,
Der, als er an schwachen Ranken
Einen Kürbis hangen sah,
Groß und schwer, wie deiner da,
Den du selbst gezogen hast,
Den verwegenen Gedanken
Hegte: Nein, solch eine Last
Hätt' ich an so schwaches Reis
Wahrlich doch nicht aufgehangen!

Mancher Kürbis, gelb und weiß,
Reih' bei Reih', in gleichem Raum,
Hätte sollen herrlich prangen
Hoch am starken Eichenbaum!

Also denkend geht er fort,
Und gelanget an den Ort
Einer Eiche; lagert sich
Längelang in ihren Schatten,
Und schläft ein.

Die Winde hatten
Manchen Monath nicht geweht;
Aber als er schläft entsteht
In der Eiche hohem Wipfel
Ein Gebrause; starke Weste
Schütteln ihre vollen Aeste;
Plöglich stürzt von dem Bewegen
Prasselnd ein geschwinder Regen
Reifer Eicheln von dem Gipfel.
Viele liegen auf dem Grase,
Aber Eine fällt gerade
Dem Kunstrichter auf die Nase!

Plöhlich springt er auf, und sieht,
Daß sie blutet. Dieser Schade
Geht noch an! denkt er und flieht,

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