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reien, welche sie für jeden Gegenstand in Bereitschaft hatte, ihre Dichtungen verleiden. Lessings Prophezeiung: Fährt sie fort, wie sie angefan ,,gen (sich anf das schnelle Hinschreiben ihrer Gedichte etwas zu Gute zu ,,thun) so wird sie mit der Zeit mehr, aber nicht besser dichten, ja vielleicht zu solchen Reimern herabsinken, die fie, ihren natürlichen Talenten nach, ,,weit hinter sich zurücklaffen könnte," ist leider! zu sehr eingetroffen; doch ist auch Herders Urtheil zu nennen: Die Phantasie dieser Dichterinn, hat ,,einen so festbezeichneten Gang. Ohne Kunstregeln kennet sie den Flug „der Muse, der sich zu verirren scheint und doch nicht verirret; oft endet „sie am unerwartetsten Orte und hat aus ätherischen Bildern ein Ganzes ,,gewebt, das ein angenehmes Erstaunen wirket. Dieser kühne Schwung ,,der Gedanken, der süße Wahnsinn, das Wesen jeder Begeisterung, „am meisten der lyrischen Poesie, ist ihr charakteristisches Göttergeschenk.“

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Es giebt keine vollständig gesammelte Ausgabe der Gedichte der Karsch. Eine Menge derselben sind, die große Zahl von Gelegenheitsgedichten noch abgerechnet, einzeln gedruckt oder in Sammlungen, Anthologieen u. dgl. zerstreut. Bei ihren Lebzeiten erschienen:

1. Gesänge bei Gelegenheit der Feierlichkeiten Berlins von A. L. Karschin. Berl. 1763. 4.

2. Einige Oden über verschiedene hohe Gegenstände von A. L. Kar schin. Berlin 1764. 4.

3. Auserlesene Gedichte von Anna Luise Karschin. Berlin 1764 8. (Mit Sulzers Vorrede und Erzählung der Lebensum: stände der Dichterinn.)

4. Poetische Einfälle von A. L. Karschin. Erste Sammlung. Berlin 1764 8.

5. Moralische Neujahrwünsche von A. L. Karschin. Berlin 1764. 8.

6. Neue Gedichte von A. L. Karschin. Mietau und Lpz. 1772. (1774) 8.

7. Gedichte auf die Huldigung in Neupreußen und auf die Anwesenheit der Königinn von Schweden, von A. L. Karschin. Berlin 1772. 8.

8. Versificirtes Allerlei zum neuen Jahre von A. L. Karsch in. Berlin 1773. 8.

Nach ihrem Tode erschien:

9. Gedichte von Anna Louise Karschin, geb. Dürbach. Nach

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1. Briefe die neuste Literatur betreffend. Th. 17. Brief 272–276. . 123-179. 2. J. G. von Herders sämmtliche Werke. Zur schönen Literatur und Kunst. Zwanzigster Theil. Stuttg. und Tüb. 1830. 12. S. 337. fig. Recension der Gedichte von A. L. Karschin geb. Dürbach. Berl. Zw. Aufl. 1797. 8.

der Dichterinn Tode nebst ihrem Lebenslaufe herausgeg. von Ihrer Tochter C. E. von Kl.(enke) geb. Karschin. Berlin 1792. S. Neue Aufl. (des Titelblatts) 1797. 8. (Eine ziemlich unordents liche Nachlese von bisher ungedruckten oder nicht gesammelten Ge dichten, wie ohne Vollständigkeit, so auch ohne rechte Auswahl.)

Beispiei 1.

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des Prinzen Heinrich von Braunschweig'

zu Berlin den 12. des Herbstmonats 1761. (ib. S. 74.)

„Wo ist Er, daß ich Ihn mit Thränen salbe,
,,Mein Sohn? Wo ist Er? bringt Ihn mir!"
So klagt die Fürstin! Also ächzt das halbe

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Zerrißne Herz in Jhr!

Ach! in der Schlacht, voll von des Helden Ruhme
Dacht Er Gefahr und Jugend nicht;

Er sank!

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- So sinkt am Abend eine Blume, Die sonst ihr Angesicht

1. Albrecht Heinrich, Prinz von Braunschweig Wolfenbüttel, geb. den 26. Febr. 1742, Sohn des Herzogs Earl und der Prinzessinn Philipp. Charlotte von Preußen, der Schwester Friedrichs II., fiel bei dem Heere seines Dheims Ferdinand und seines Bruders, des Erbprinzen Karl Wilh. Ferdinand (der 1806 bei Auerstädt tödtlich verwundet wurde) bei einem unbedeutenden Scharmüßel an der Westphälisch - Hessischen Grenze am 9. Aug. 1761, erst 19 Jahr alt.

Vom Stengel nach der Sonnen Antlih wandte, Und nun gebogen niederhängt;

Er, dessen Brust zu grossen Thaten brandte,

Dem Bruder nachgedrängt,

Stritt wie ein Held, der unterm Waffenrocke

Schon dreißigmahl das Feld bezog;

Staub trug er auf der jugendlichen Locke,

Die um den Nacken flog.

Die Feinde flohn. Er, jung und schon ein Sieger, Empfand den Sieg und eilte froh

Sie auszuspähn. Den wundgewordnen Tieger

Verfolgt ein Löwe so!

Mit einer Kugel, auf der Flucht verschoffen,
Traf hinterlistig ihn der Tod.

Du, Stelle, wo sein Heldenblut geflossen,
Bleib ewig purpurroth!

Klagt ihn, ihr Hügel! und ihr grünen Auen,

Ihr Wälder, klaget ihn bey Ham!

Er fiel; So fällt, vom Künstler umgehauen,
Der jungen Ceder Stamm;

Nach ihrem Umfall ein geschnißter Göße,
Wird Weihrauch vor ihr aufgestreut.

So stirbt ein Held, daß Ihn der Nachruhm setze
Hin zur Unsterblichkeit.

Mit diesem grossen Muth, der im Gefechte

Ganz seinem Geiste beygewohnt,

Sah Er den Tod, der keinerley Geschlechte
Und keine Tugend schont!

Den Helden Lorbeer um sein Haupt gewunden,
Starb er den Tod fürs Vaterland!

Welch Dichter Moschus Leyer hat gefunden,

Der nehme sie zur Hand,

Und singe dieses Helden Tod, und klage
Laut in des Landes Töchter Thon:

„Hier fiel im Frühling Gott gelebter Tage,
,,Ein kriegrischer Adon!"

1. Moschus war Jdyllendichter, man sollte Tyrtäus vermuthen.

Beispiel 3.

An ihren verstorbenen Oheim,
den Unterweiser ihrer Kindheit.
1761. (ib. S. 92.)

Kommt heraufgestiegen aus dem

Sande

Ihr Gebeine, die ihr in dem Lande Meiner Jugend, eure Ruhe habt! Theurer Greiß, belebe deine Glie: der

Gleich den Männern, die in schwar zen Röcken

Auf der hohen Canzel uns entdecken Welcher Weg zum Leben richtig ist, Wenn du von dem Fall und Gnadenbunde

Und ihr Lippen redet einmahl wie: Sagtest, o dann wurden deinem

der

Die ihr mir der Lehren Honig gabt! Oder du, auf des Olympus Höhe Weisser Schatten, siehe! wo ich gehe; Hinter Rindern auf der Weide

nicht.

Blick auf diese feinern Menschen nieder,

Alle reden deiner Nichte Lieder; Hör auf ihr Gespräch, dein Lobge: dicht!

Ewig grünen muß die breite Linde, Wo ich, gleich des besten Vaters

Kinde

Munde Alle Worte zärtlich aufgefüßt! Du Bewohner einer HimmelsSphäre! Siehe, meiner Freuden stille Zähre Fliesset über meine Wangen oft. Kanst du reden theurer Schatten? sage

Ob dein Herz für meine Lebenstage Glück und Ehre dazumahl gehofft, Wenn mein Auge, liegend auf dem Blatte,

Täglich weisre Schriften vor sich hatte,

Zärtlich dir an deinem Halse hieng,
Wenn dich, müde von des Tages Wenn ich auf der Wiese Blümchen

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Wie den Schnitter von der Arbeit Sie in meinen kleinen Händen

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Beispiel 4.

An Palemon

nach ihrer Zurückkunft aus Halberstadt.
(Im Weinmonat 1761.) ib. S. 211.

Der du mit lachendem Auge,
Ansahst den stürzenden Flug
Zum Wagen, welcher mich eilig
Des Elbstrohms Ufer enttrug.
Freund, wüst ich die lyrischen
Thöne

Von Ut und Weißen gespielt,
Dann würd im süssen Gesange
Dir hörbar, was ich gefühlt,

Dort, bey dem Sänger, der feurig
Gesungen Schlachten und Sieg;
Bey dem, mit welchem ich hüpfend
Den Berg der Musen bestieg.

In dreyßig lächelnden Tagen
War mein Geschäfte die Luft.
Sanft brausend strömten Gesänge
Empor aus fühlender Brust.

Ach! wie ist alles vergänglich!
unerbittlich Geschick!
Mit wiederkommenden Rädern,
Riß michs eilfertig zurück!

So reißt von jedem Vergnügen
Mich der starkarmichte Feind,
An einem fünftigen Tage,
Und Klagen redet der Freund!
Mein Leben, schneller als Rä.
der,
Eilt an das wartende Grab;
Da senken diese Gebeine
Acht Männer traurig hinab,

Und werfen hurtig ein jeder
Auf mich dren Hände voll Staub.
Da lieg ich unter dem Hügel,
Der Würmer ruhiger Raub,

Bis zehen tausend mahl tausend
Hochfahrende Wagen daher
Gekommen mit dem Erwecker,
Und Gluth verschlucket das Meer,

Und Himmel trohende Berge
Staub werden, und die Natur
Aufhört den Wagen zu lenken,
Der schnell mit Tagen entfuhr!

Beispiel 5.

An Gott.

Bei dem Ausruf des Friedens.

Den 5. März 1763. (Ausg. 1792. S. 129.)

Was hör ich? rauschen goldne Flügel?

Posaunet in zertheilter Luft

Ein Seraph, welcher über alle Grabeshügel
Daher fährt, und die Todten ruft?

Was reiffet mich empor? ich fühle

Den nahen Himmel; bin ich schon

Hoch über der Gebürge Gipfel, über Stühle
Der Zepterführer weggeflohn?

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