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freundlichen Reden, und segnen ihn. Zwar femmen trübe Tag im Früh ling, zwar kommen donnernde Wolken im jegenvollen Sommer; aber, Sohn! murre nicht! wenn Zeus unter deine Hand voll Tage auch trübe Stunden inischet. Bergiß nicht meine Lehren, Sohn! ich gehe vor dir her zum Grabe. Schonet ihr Sturmmvinde, schonet des herbstlichen Schmuf kes; laßt sanftere Winde, spielend, das sterbende Laub langsam den Bäumen rauben, so kann mich die bunte Gegend noch oft entzücken. Viel leicht, wenn du wiederkömmst, schöner Herbst! vielleicht seh' ich dich dann nicht mehr. Welchem Baum entsinkt dann das sterbende Laub auf mein ruhiges Grab?

So sang der Greis; und Tityrus drückte weinend des Vaters Hand an seine Wangen.

Beispiel 6.

Aus den Idyllen. (Tb. III. S. 63.)

Liĉas oder die Erfindung der Gärten.

Izt schließt uns der stürmende Winter ins Zimmer, und Wirbelwinde durchwühlen den filbernen Regen der Flocken. Izt soll mir die Einbil, dungskraft den Schatz von Bildern öffnen, die sie in dem blumichten Lenzen und in dem schwühlen Sommer und in dem bunten Herbst sich gesammelt; aus ihnen will ich jzt die schönsten wählen, und für dich, schöne Daphne! in Gedichte sie ordnen. So wählt ein Hirt seinem Mädchen zum Kranze nur die schönsten Blumen. O daß es dir gefalle! wenn meine Muse dir singt, wie in der Jugend der Tage ein Hirt der Gärten Kunst erfand.

Das ist der Ort, sprach Lyces, der schöne Hirt; hier unter diesein Ulmbaum ist's, wo gestern, als die Sonne wich, die schöne Chloe mir die crsten Küsse gab; hier stuhndft du und feufztest, als meine zitternden Arme dich umschlangen, als meine stockende Stimme meine Liebe dir sagte, und mein pochendes Herz und meine Thränen im Auge. O da, Chloe! da entsank dein Hirtenstab der zitternden Hand; da sankst du an meine be bende Brust. Lycas! so stammeltest du, o Lycas! ich liebe dich! Ihr stillen Büsche, ihr einsamen Quellen seyd Zeugen, euch hab' ich meine Liebe geflagt; und ihr, ihr Blumen, ihr tranfet meine Thränen wie Thau!

Chloe! wie bin ich entzückt! Welch unaussprechliches Glück ist die Liebe! Hier dieser Ort sey der Liebe geheiligt! Ich will um die Ulme her Rosenstauden pflanzen, und die schlanke Waldwinde soll sich an ihrem Stamm hoch hinaufschlingen, mit den weiffen purpurgestreiften Blu men geschmückt. Ich will hieher den ganzen Frühling sammeln; die schöne

Saatrosen will ich hier bey der Lilie pflanzen. Ich will auf die Wiesen und auf die Hügel gehen, und will ihnen die blumichten Pflanzen rauben: die Viole und die Nelke, und die blaue Glockenblume und die braune Scabiose, alles, alles will ich sammeln; dann soll es seyn wie ein Hain voll füffer Gerüche; und dann will ich um den Blumenhain her die nahe Quelle leiten, daß er zur kleinen Insel wird; und rings umher will ich einen Zaun von Dornbüschen und von wilden Rosen pflanzen, daß die Ziegen und die Schaafe die Blumen nicht verwüsten. O dann kommet, ihr, die ihr der Liebe lebt, seufzende Turteltauben! kommt dann im Wipfel der Ulme zu klagen; und ihr, ihr Sperlinge! verfolgt euch durchs Rosengebüsch, und singt von wiegenden Aesten; und ihr, ihr bunten Schmetter linge! haschet euch im Blumenhain, und paart euch auf wankenden Lilien.

Dann sagt der Hirt, der vorübergeht, wenn ihm die Zephire die Gerüche weit her entgegentragen: welcher Gottheit ist dieser Ort heilig? Ge hört er der Venus, oder hat ihn Diana so schön geschmückt, um müde von der Jagd hier zu schlummern?

4. Die Bardenpoesie. (§. 118. 4.)

a. Michael Denis. 1729-1800.

Johann Michael Kosmas Denis wurde am 27. September 1729 in Schärding, einer damals bairischen, jetzt österreichschen Stadt am Innfluss, geboren. Sein Vater Johann Rudolf Denis war ein Rechtsgelehrter, welcher eine große Liebe zu Büchern hatte und diese auf seinen Sohn vererbte. Dieser zeigte auch große Neigung zum Studium der Natur, wie er durch seine lebhafte Einbildungskraft und weiche Gemüthsart früh zur Dichtkunst geführt wurde. Nachdem er im 10. Jahre auf das Jesuiter - Gymnasium in Passau gekommen war, machte er hier in Sprachen und Wissenschaften bedeutende Fortschritte und bildete seine Anlagen zur Dichtung glücklich aus. Als er 1747 zu St. Anna in Wien in den Jesuiterorden getreten war, brauchte man ihn zum Unterrichte der Jugend und zum Predigtamte in verschiednen Provinzen der österreichschen Staa ten, wie in Gräz, Klagenfurt und Judenburg. Im Jahre 1759 wurde er als Lehrer am Collegium Theresianum in Wien angestellt, da er wegen seiner Kränklichkeit, obschon er 1756 zum Priester geweiht worden und in Presburg in eine geistliche Wirksamkeit getreten war, eine ruhigere Lage wünschte. Hier blieb er bis zur Aufhebung des Jesuiterordens 1773, dem er ohne Fanatismus mit entschiedener Vorliebe angehörte, weil er die wis senschaftlichen Leistungen desselben schäßte. Im Jahre 1773 erhielt er auch nach Khells Tode die Aufsicht über die dem Theresianum vermachte,

später nach Lemberg gebrachte Garelli'sche Bibliothek und wurde dadurch zu einem gründlichen Studium der Bibliographie geführt, wovon seine „Merkwürdigkeiten der Garelli'schen Bibliothek, Wien 1780. 4." und andre Werke dieser Art rühmliches Zeugniss geben. Im Theresianum lehrte er bis zur Aufhebung desselten im Jahre 1784 zuerst die schönen Wissenschaften und späterhin auch Literaturgeschichte und Bücherkunde. Im Jahre 1784 wurde Denis vom Kaiser Joseph zum zweiten, 1791 zum ersten Custos der Hofbibliothek mit dem Titel eines Wirklichen Hofraths ernannt. Er starb den 29. Sept. 1800 und wurde seinem Wunsche gemäß auf dem Kirchhofe zu Hütteldorf, zwei Stunden von Wien, begraben.

Denis war ein fireng religiöser und biedrer Mann, Gelehrter und Patriot, für Bildung seiner Zöglinge väterlich besorgt und ein treuer er: probter Freund. Um deutsche Sprache und Dichtkunst, Literatur und Bücherkunde hat er sich große Verdienste erworben und war der erste, welcher sein Vaterland mit den großen protestantischen Dichtern Deutschlands bekannt machte, wie er feinen Sectenhajs kannte, an Klopstock ein poetisches Sendschreiben sandte und Gellerts Tod bejang. Im Bunde mit Klopstock, Gerstenberg und Kretschmann erweckte er den Geist der alten Bardenpoesie und hieß selbst der Oberbarde an der Donau, wie Kretschmann ihn zuerst mit Umstellung seines Namens den Barden Si ned genannt hat. Als solcher besang er sein Vaterland, Maria Theresia und Joseph, nicht zu scheelsüchtig, um auch Friedrichs Hoheit anzuerkennen. Auch der geistlichen Dichtkunst war er nicht fremd. Große Verdienste hat er zugleich durch die Übersetzung der Gesänge Ossians, welche durch ihn erst den Deutschen näher bekannt wurden, erworben, wenn man auch die Übersetzung des ersischen Barden in Herametern nicht billigen kann. Als Literator und Bibliograph ist Denis aufs rühmlichste zu nennen.

Seine Werke sind in folgenden Ausgaben erschienen :

1. Offians und Sineds Lieder. Fünf Bände. Wien 1784. 4. (Erste Ausgabe der Lieder Ossians und Denis.) Band I bis III. enthalten Ossians, Band IV und V Denis Lieder. Die erste Ausg. der Gedichte Ossians ist Wien 1768 u. 69 in 4. u 8. die erste von: die Lieder Sineds des Barden. Wien 1772. 8. gr. Eine neue Ausgabe mit der: Nachlese zu Sineds Liedern, aufgefammelt und herausg. von Jofeph von Retzer. Wien 1784. 4. erschien in 5 Bänden in 4. Offians und Sineds Lieder. Wien verlegt durch Alberti. Sechs Bände. 1791. 1792. 4. Die 4 ersten Theile umfassen die Gedichte Ossians mit den Erflä rungen. Am Anfang steht eine Abhandlung über Ossians Zeitalter (das Denis Ende des 3. Jahrhunderts seßt). Der 5. u. 6. Theil umfasst die Gedichte Sineds des Barden.

2. Michael Denis literarischer Nachlafs, herausgegeben von Vischon Denkm. IV. 34

Jofeph Friedrich Freiherrn von Retzer. Zwei Abtheilungen. Wien 1801. gr. 4. In Abth. I. Mich. Denilii Commentariorum de vita fua libri V.; doch nur 2 Bücher bis 1759 vollendet. (Überscht: Joh. Michael Denis Jugendgeschichte von ihm selbst beschrieben. A. d. Lat. Winterthur 1802. 8.) – In Abth. 2. findet sich unter andern: Die Aeonenhalle, gesun gen in den letzten Stunden des achtzehnten Jahrhunderts. (Denis lehtes Gedicht.)

Beispiel 1.

Sineds Klagen. (Ausg. 1791. 4. Bd. V. S. 110.)

Erste Klage.'

Schauerndes Lüftchen! woher?

Trüb ift der Tag. In dem entblätterlen Hayne
Weder Kehle, noch Fittig. Kein Schwan berudert den Teich.
Voll der Winterbilder fitz' ich einfam
Auf mein Saitenfpiel gelehnet,

Da kömmft du, Lüftchen! fchwirreft mir
So kläglich, fo kläglich die Saiten hindurch.
Ift es nicht Hauch des Grabes?

Ift es nicht Sterbeton?

Hat uns ein Held, ein Barde verlaffen?
Schauerndes Lüftchen! woher?

Von dem Gestade der düsteren Pleifse

Komm' ich, o Barde! zu dir. Dort hab' ich geflattert

Um Gellerts Grab.

In Blumen konnt' ich nicht feufzen;
Noch öde fteht, bis ihn der Lenz

Mit Blumen deckt, des Grabes Hügel.
Ich hab' in blätterlofen Sträuchern
Umher gefeufzt.

Lüftchen, genug! Kein ftürmender Nord
Soll dich verfchlingen, zärtlicher Trauerboth!
Und ihr hinab, Saiten! hinab

Zur dumpfen, grabetiefen Todesklage!

Er ift hin, euer Lehrer, Kinder Teuts!
Er ift hin, euer Führer, Bardenchöre!
Er ift hin, dein Verkünder, Tugend!

1. Über Gellerts Tod.

Deine Freude, Jüngling! Mädchen! deine Luft.

In der Pleifse Rauschen

Quollen feine Lieder.

Ach, die Pleifse raufchet;

Aber nimmer, nimmer

Quillt von ihm ein Lied darein!

Seufzet, Ufer!

Blumen an den Ufern!

Erlenfchatten an den Ufern!

Nimmer, nimmer quillt von ihm ein Lied darein!

Vom Taunenberge wälzet fich manch trüber Giefsbach'
Und nun entspringt am Fußse des Berges
Ein lautrer, himmelheller Quell.

Schnell hüpfen die Kinder des Waldes
Vom trüben Giefsbach', und trinken den Quell:
So zogft du die dürftenden Völker an dich.
Die Bienenköniginn fammelt ihr zahllos Heer,
Und führt es auf Wiefen voll Frühlings,
Und jede vom Heere

Kömmt honigträchtig zurück:

So fetzteft du den Söhnen Teuts

Die Süfse deines Herzens in Bardenlehren vor!
Und diefes Herz durchgrub des Todes Stachel!
Trauert, ihr Völker! trauert ihr Söhne Teuts!
Der Quell ist verfiegt! der Frühling erftorben!

Ein Jüngling war ich, und jeglicher Trieb
Zur vaterländifchen Bardenkuust

Lag noch in meiner Bruft in zweifelndem Schlummer.
Ich hörte dein Lied und jeglicher Trieb
Entrifs fich dem zweifelnden Schlummer.2
Und horchet mir itzo mein Vaterland

Und thuen mir ältere Barden

Ihr freundliches Herz auf,

Und fchändel meine Scheitel

Den heiligen Eichenzweig nicht,

Dir bin ich es fchuldig. O nimm, was ich vermag.
Ein Lied, und Thränen!

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1. Die Fabeldichter vor Gellert. 2. Das erste, was dem Barden aus der hallerschen Epoche zu Gesichte kam, waren Gellerts Fabeln.

34 *

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