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7. Weicht, weicht, eitele Gedanken!
stört nicht ferner meine Ruh',
ich will in den Lebensschranken
eilen meinem Jesu zu.

Jesu will ich geben Ehr',

in ihn will ich mich versenken,

und mich forthin um nichts mehr,
als um seine Liebe kränken.

h. Gerhard Tersteegen. 1697-1769.

Gerhard Tersteegen war am 27. Novbr. 1697 zu Mörs im Fürstenthum Mörs in Westphalen geboren. In einer lateinischen Schule lernte er die alten Sprachen, selbst hebräisch, und trat 15 Jahr alt bei einem Kaufmann in die Lehre, wo er vier Jahr lang blieb. Er lebte nachher in Mühlheim an der Ruhr und ernährte sich von Bandmachen. Dort starb er am 3. April 1769. Er war ein frommer und geistreicher Mystiker und gehört zu den zartesten und innigsten Liederdichtern, ohne weder in das Spielende und Tändelnde der Zinzendorfschen Schule noch in unklare und dunkle Mystik zu verfallen In dem Gesangbuche der Brü dergemeine von 1731 findet man schon einige von den 111 Liedern, welche Tersteegen gedichtet hat, darauf erschienen sie gesammelt unter dem Titel: Geistliches Blumengärtlein inniger Seelen," welches viele Auflagen erlebte; die sechste, Solingen 1757. 12., die zwölfte, Frkf. und Leipz. 1818, die 13te, Elberfelde 1826. 12.

"

Beispiel 1.

Anbetung. (Nach Nambach und Liederschaß.)
Mel. Wunderbarer König.

Gott ist gegenwärtig! Lasset uns anbeten

und in Ehrfurcht vor ihn treten.

Gott ist in der Mitten! Alles in uns schweige,

und sich innigst vor ihm beuge,

wer ihn kennt, wer ihn nennt,

schlagt die Augen nieder; komt, ergebt euch wieder!

2. Gott ist gegenwärtig, dem die Cherubinen Tag und Nacht gebücket dienen.

Heilig, heilig, fingen alle Engelchören,

wenn sie dieses Wesen ehren.

Herr, vernimm unsre Stimm',

Da auch wir Geringen unsre Opfer bringen.

Pischon Denkm. IV.

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3. Wir entsagen willig allen Eitelkeiten, Aller Erdenlust und Freuden;

Da liegt unser Wille, Seele, Leib und Leben,

dir zum Eigenthum ergeben.

Du allein sollst es sein,

unser Gott und Herre; dir gebührt die Ehre.

4. Majestätisch Wejen! mögt' ich recht dich preisen,

und im Geist dir Dienst erweisen!

mögt' ich wie die Engel, immer vor dir stehen,

und dich gegenwärtig sehen!

Laß mich dir für und für

trachten zu gefallen, liebster Gott, in allen.

5. Luft, die Alles füllet, drinn wir immer schweben, aller Dinge Grund und Leben!

Meer ohn' Grund und Ende, Wunder aller Wunder! ich senk' mich in dich hinunter;

ich in dir, du in mir,

laß mich ganz verschwinden, dich nur sehn und finden.

6. Du durchdringest Alles; laß dein schönskes Lichte, Herr, berühren mein Gesichte.

Wie die zarten Blumen willig sich entfalten und der Sonne stille halten,

laß mich so still und froh

deine Strahlen fassen, und dich wirken lassen.

7. Mache mich einfältig innig, abgeschieden, sanfte und im stillen Frieden!

mach' mich reines Herzens, daß ich deine Klarheit schauen mag im Geist und Wahrheit;

laß mein Herz überwärts,

wie ein Adler schweben, und in dir nur leben.

8. Herr, kom in mir wohnen, laß mein'n Geist auf Erden

dir ein Heiligthum noch werden!

Komm du nahes Wesen! dich in mir verkläre,

daß ich dich stets lieb und ehre;

wo ich geh', sig' und steh',

laß mich dich erblicken, und vor dir mich bücken.

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Mein Auge wacht

jeßt in der stillen Nacht.
Nun ist mein Herz bedacht
dich, Gott, zu loben.
Ach, schenke mir
Kraft zu lobsingen dir
mit deinen Heil'gen hier
und denen droben.

2. Die stille Zeit
sey, Jest, dir geweiht.
Laß Nichts die Einsamkeit
vor dir entweihen;
schleuß selber du

mein Herz vor Allem zu, damit es sich in Ruh' mög' in dir freuen

3. Wie preis' ich dich, mein Jesu, daß du mich aus Gnaden kräftiglich zu dir gezogen; ach, hätte doch

mit mehrer Treue noch in sich dein sanftes Joch mein Herz gebogen.

4. Es schmerzt mich tief daß, seit dein Geist mich_rief, ich dir noch erst entlief durch Reiz der Sünden. Mein treuer Hirt wie oft war ich verwirrt, und konnte, wie verirrt, die Ruh' nicht finden.

5. Doch deine Hand war nicht von mir gewandt, sie zog mich durch das Band der Liebe wieder,

dein Gnadenlicht

verließ den Sünder nicht,

dein holdes Angesicht sah auf mich nieder.

6. Du riefst ich kam gebeugt und voller Scham. Dein Vaterherze nahm. mich auf voll Liebe, da schmolz mein Herz in reuevollem Schmerz, du zogst es himmelwärts in Liebestriebe.

7. D. Gott voll Huld! du trägst mich mit Geduld, vergabst so oft die Schuld, als ich dich flehte; und dann sprachst du mir wieder freundlich zu, und schenktest süße Ruh' mir im Gebete.

8. Herr, ich bin dein und will es ewig seyn! ach zeuch mich ganz hinein, daß ich nicht wanke; wenn kommt die Zeit, daß ich dir ganz geweiht, zum heil'gen Schmuck bereit, als Sieger danfe.

9. Doch deine Gnad', die angefangen hat,

wird auch nach deinem Rath

das Werk vollenden;

ich trau' es dir,

ach stärk' den Glauben mir, ich laff' mich für und für nur deinen Händen.

10. Mein einz'ges Gut, in dem mein Sehnen ruht, du machst mich wohlgemuth in deiner Liebe; o hauche dann

den Funken stärker an, daß ich dich lieben kann mit mächt'gem Triebe.

11. Beim Sturm der Welt
jey Anker, der mich hält,
und birg' mich in dein Zelt,
wenn Alles zaget

in Noth und Pein,
nimm mich, o Lizbe! ein,
so harr' ich findlich dein,
bis daß es taget.

12. Preis, Lob und Ehr'
sey dir je mehr und mehr,
Jehovah, hoch und hehr
in Jesu Namen

im Staube hie

-

oft unterm Streit und Müh'

und einst in Harmonie

der Engel. Amen.

6. Fabeldichter. (§. 119. 6.)

a. Magnus Gottfried Lichtwer. 17,19-1783.

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Magnus Gottfried Lichtwer stammte von einer liefländischen Familie ab, welche schon im Anfange des 16ten Jahrhunderts nach Sachsen verpflanzt worden war. Er war am 30. Januar 1719 zu Würzen. geboren, verlor schon 1721 seinen hochgeachteten Vater, den Oberappellationsrath M. G. Lichtwer, und wurde nun von seiner vortrefflis chen Mutter Dorothee Magdalene Wichmannshausen aus Queds linburg erzogen, welche ihm aber im 15ten Lebensjahre neben der einzigen Schwester durch den Tod entrissen wurde, daß er ganz eltern und ge= schwisterlos dastand. Aus der Schule seines Geburtsorts bezog er 1737 die Universität Leipzig, widmete sich hier mit großem Fleiße der Rechts\\wissenschaft und ging 1741 nach Dresden, wo ihm aber der Plan in ein Amt zu treten mißglückte. Er kehrte drauf nach Wittenberg zurück, erhielt 1744 die juristische und philosophische Doctorwürde und verweilte nachher längere Zeit in Quedlinburg und Halberstadt wegen seiner Erbschaftsangelegenheiten. Um diese Zeit litt er auch viel am`Augenûbel. Drauf eröffnete er juristische und philosophische Vorlesungen in Wittenberg, und gab ohne sich zu nennen 1747 seine Fabeln, wobei er durch unberufene Änderungen eines Correctors vielfach gereizt wurde, heraus. Im Jahre 1749 erkaufte sich Lichtwer ein Canonicat in Halberstadt, heirathete am 29. Mai die Tochter seiner Hauswirthinn Albinus. in Wittenberg, trat dann als Referendar in die Regierung zu Halberstadt und wurde

1752 wirklicher Regierungsrath. Jeht wurde man auch durch Gott: sched auf seine Fabeln aufmerksam gemacht, welcher sich des Dichters sehr freundschaftlich annahm und sein Lehrgedicht, was Gottsched selbst „Recht ded Vernunft“ nannte und was dem Könige Friedrich dem Großen geweiht war, 1758 herausgab. Im Jahre 1757 (Jahreszahl 1758) erschien der verbesserte Abdruck der Fabeln in 4 Büchern, denen noch acht lyrische Gedichte beigefügt waren und worin er sich als Verfasser genannt hatte. Sie wurden von Mendelssohn im Ganzen vortheilhaft recensirt; als aber Ramler, Lichtwers auserlesene, verbesserte Fabeln und Erzählungen. Greifswalde 1761. in 2 Büchern" drucken ließ, nahm dies Lichtwer sehr übel und ließ darauf 1762 die dritte Auflage seiner Fa beln in 4 Büchern von dem Verf. selbst herausgegeben" erscheinen, welche er mit einer geharnischten, leidenschaftlichen Vorrede begleitete. Nur noch einmal gab er 1775 seine Fabeln heraus und nahm damit Abschied von der Schriftstellerei, nur war 1763 noch eine Übersetzung des Dialogs Octavius von M. Minucius Felix von ihm erschienen. Lichtwer lebte hinfort nur seinem Amte und Hause und ließ sich auch wenig in gesellschaftliche Verbindungen, am wenigsten mit Dichtern ein, daß er selbst dem Leben und Treiben Gleim's fern blieb. Er starb am 7. Juli 1783.

Unfreitig gehört Lichtwer zu den trefflichsten Fabeldichtern der Deuts schen, wie Lessing sagt: „daß viele von seinen Fabeln dem strengsten Kunsts ,,richter Trotz bieten, daß sie, in der Erfindung, Anordnung, im Vortrage, ,,bis in ihren Nebenzierrathen unverbesserlich, einen Dichter verrathen, dem ,,das Ideal sammt den sichersten Regeln, dasselbe zu erreichen, tief in der ,,Seele eingegraben liegt." Zu den oben angeführten Ausgaben der Lichtwerschen Schriften kommt noch die neuste mit Lichtwers Bild gezierte: Magnus Gottfried Lichtwer's Schriften. Herausg. von seis nem Enkel Ernst Ludwig Magnus von Pott. Mit e. Vorrede und Biographie Lichtwer's von F. Cramer. Halberst. 1828. 12.

Beispiel 1.

Die beraubte Fabel. (Ausg. v. 1828. S. 5.)

Es zog die Göttin aller Dichter
Die Fabel in ein fremdes Land,
Wo eine Rotte Bösewichter
Sie einsam auf der Straße fand.

Ihr Beutel, den sie liefern müssen, Befand sich leer; sie soll die Schuld Mit dem Verlust der Kleider büßen, Die Göttin litt es mit Geduld.

1. Friedrich dankte zwar freundlich) für das nach Wolffschen Principien verfafste Gedicht, nahm aber doch keine weitere Notiz davon.

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