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Die Träume fliehn; die Sterne gehen unter;
Ich seh sie fliehn! ich seh sie untergehn!

Und meinen Gram soll selbst die Nacht noch munter,
Und ihn soll noch Aurora wachen sehn?

Doch, nein! Du wachst, o Aug! dem nichts verborgen,
Du wachst für mich, daß ich sanft ruhen kan:
Stört, Stürme, nicht den Schlummer meiner Sorgen!
Brich, holder Tag, eh sie erwachen, an!

Beispiel 3.

Gedanken an einem stillen Abend. (Th. I. S. 127.) Den 3. Juli 1753.

Ein unvollkommnes Stück.

Wie sanft schlägst du die goldnen Blicke nieder?

Wie schön bist du im stillen Untergehn?
Werd ich, o Sonne! dich, ach werd ich wieder
Dich, und mit dir mich auch vergnügter sehn?

Du bist, o Nacht! mit deinen Dunkelheiten,
Von meinem Herz das Bild; ein traurigs Bild!
Wo Triebe, gleich erzürnten Stürmen, streiten,
Ein Abgrund, nur mit Wünschen angefüllt.

Wie schnell sind sie, die Schritte meines Lebens!
Wie kurz ist sie, die Reise nach der Gruft!
Mein ganzes Thun, ach GOTT! o wie vergebens!
O wie umsonst, wann deine Stimme ruft!

Nichts, was der Stolz mit prächtgen Namen nennet,
Entrinnt der Flut der Zeiten, und dem Grab.
Wie Blüthen, die kein Sturm den Aesten gönnet,
So fallen einst vom Held die Lorbeern ab.

Die Ehrsucht war, o Himmel! nie dein Feuer;
Wo Siege sind, da ist auch Eitelkeit;
Die Wissenschaft ist blöder Thorheit Schleyer;
Ein Weiser rühmt sich der Unwissenheit.

Die Sonne kann ich in den stillen Bächen,
Und GOTT kann ich in meinem Herzen sehn.
Doch, ach! mein Aug hängt nur an Oberflächen,
Und weiter darf mein kurzer Blick nicht gehn.

Hier schweben wir, mit uns selbst unzufrieden
Den Schwalben gleich, die Sturm und Wetter jagt,
Ein Tag der Ruh ist wenigen beschieden,
Und meiner Ruh ein Augenblick versagt.

Beispiel 4.

In einer stillen Nacht. (Th. I. S. 166.)
Am 2. April 1763.

Ruht sanft, ruht fanft, ihr matte Sorgen!
Das Schiffal lenket euren Kahn,
Und an dem schönsten Frühlingsmorgen
Kommt er vielleicht im Hafen an.

Die Vorsicht hat sich vorbehalten
Der Stunde Loos, die Wahl der Zeit:
O, so laßt nur die Vorsicht walten,
Sie herrscht ja schon von Ewigkeit.

Für unsre Wünsche, unser Sehnen
Ift dort noch ein unendlichs Feld;
Hier Ströme Bluts; hier Ströme Thränen,
Sind Tropfen in der andern Welt.

Ich seh euch, Wolken, nun zufrieden,
Doch ungestraft des Sturmes Wut,
Wär uns ein solches Herz beschieden,
Das ungerochen saufter ruht!

Die Sonne, die den Tag uns nahme,
Ließ uns des Mondes Licht zurück:
So läßt das Glücke unserm Grame
In seiner Nacht der Hofnung Blik.

Seht die Natur, nicht nur erhalten;
Sie bringt auch stets was neues für.
Ihr Wolfen, bildet nur Gestalten,
Und schildert ihre Werkstatt mir!

Seht sie an neuen Welten zimmern;
Wie klug sie ihr Geschäft verkürzt,
Zum neuen Bau braucht sie die Trümmern
Der Welten, die sie niederstürzt.

Sehn wir nicht selbst des Meers Gebiete
Verrüft, und manchen Stern nicht mehr?
Und unserm murrenden Gemühte
Ift noch der Welt Gesez zu schwer?

Was ists? ist alles auch verlohren,
Der Leib, der Ball von Staub ist hin.
Er wurd, ich Seele nicht, gebohren;
Ich weiß, daß ich unsterblich bin.

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Hier ist der Ort, hier finden meine Klagen

Ihr leztes, ihr erkornes Ziel.

Hier endet sich mit meinen Trauertagen

Des Glückes blindes Spiel.

Hier hört das Labyrinth von meiner Laufbahn auf.

Hier endet sich mit meinen Kräften,

Von so viel quälenden Geschäften,

Von so viel Sorgen einst der Lauf.

Von so viel Wünschen, die dann mit den Sorgen schlafen,

Vereint im Arme der Zufriedenheit:

So samlen Schiffe sich im angewisnen Hafen,

Von Sturm und Nacht zerstreut.

Hier fassen meines Sarges enge Räume

Des Lebens ganze Lust und Müty,
Entwürfe, Hofnungen und Träume,
Schluß, Wahrheit, Wahn und Phantasie.

Ich sehe mich schon an des Flusses Munde,

Der meines Lebens Kahn ins Meer des Todes führt :

Sie rauscht daher, die fürchterliche Stande,

Wo sich mein Herz zum leztenmale rührt;

Wo es kein Blut mehr durch den Körper sprißet,
Das kalt in ihm sich häuft, und jene Angst gebiert,
Wo auf der Stirn der kalte Schrecken fizet,
Der Athem, den ich such, auch einmal sich verliert;
Wo meine Haut ein Eis aus allen Röhren schwißet;
Wo aus dem trüben Aug, das sich noch ängstlich dreht,
Des Lebens kleiner Reft zulezt noch sparsam blihet,
Und dann sein Glas zerbricht, und dann fein Licht vergeht;
Und dann sein Licht vergeht!

Wo ist mein Geist, der sonst aus diesem Auge stralte?
Der Himmel, der sich sonst in ihm so prächtig malte?
Ach! alles ist beraubt des Lichts,

Für mich nunmehr ein Schatten und ein Nichts.

Der Wangen Feld verblüht, nun bald der Würmer Weide;
Ihr Purpur gleichet schon dem blassen Todenkleide,

Und Erd und Moder ist mein Leib nun unterthan,

Und den Lebendigen ist er nun schon zuwider;
Ein ewger Frost dekt seine Glieder,

Die keine Sonne mehr erwärmen kan.

So sterb ich? Ja, ihr Freunde seht mich sterben,

Nur eine Scham nur kan die bleichen Wangen färben;
Dem Schmerz fan ich vielleicht nicht widerstehn;
Ihr werdet mich vielleicht ihn noch empfinden sehn,
Und unruhvoll tret ich vielleicht von dieser Bühne,
Es sey; doch seht, es flieht mein Geist,

Noch zornig auf den Schmerz, voll Zorns auf die Maschine,
Bon der er sich großmütig reißt:

Ja, seht, wie ich ganz ohne Furcht erblasse

Und himmlischer Gedanken voll,

Gleich einem Licht, das jezt verleschen soll,
Die lezten Funken noch zusammen fasse,
Und von der Seele, die nun ewig scheiden soll,
Den lezten Stral noch glänzend spielen lasse.

Beispiel 6.

Aus den: Lucrezischen Gedanken.

Ende des vierten Stücks. Forts. von der Seele. (Th. II. S. 224.)

So, wie wann schon das Todesurtheil redet,

Und laut und ernst die harte Stimme spricht,
Der Priester schon mit seinem Sünder bätet,
Der Richter schon den schwarzen Stab zerbricht:

Der Mörder nun, der Bühne zugeführet,

Noch scherzt, und lacht, noch wild und trohig thut,
Und sieht das Schwerdt, das wie ein Bliz, ihn rühret,
Und könt ers sehn, er säh sein springend Blut:

So stunde dort auf seinem falschen Boden
Die prächtge Stadt, wie auf des Glückes Bord,
Ach, Lissabon, auf einer Welt von Toden
Tief unter sich, und sann auf Königsmord;
So stehst du, Welt, auf deinem falschen Boden,
Und merkest nicht den Unfall, der dir droht:
So stehest du auf einem Wall von Toden,
Elender Mensch! und denkst nicht an den Tod.

O, wenn man doch nur einzeln also dächte;
Allein so denkt, so träumt die ganze Welt!
Der Sterblichen unzählbares Geschlechte,
Und selbst der Freund, der unser Grab bestellt.
Wir sehn den Pfeil, wie scharf er auf uns zielet,
Und unser Rausch heißt ihn vorüber gehn.
Wann hat die Welt die Rollen ausgespielet?
Wann werden wir gelöst den Knoten sehn?

Ein neuer Geiz wird in die Seegeln blasen;
Wir werden noch des Nordpols Thiere sehn:
Der Krieg wird fern um neue Beuten rasen,
Das Eismeer sich voll non Fregatten sehn.
Noch einmal wird Europens geilen Blicken
Ein naftes Volk zum Schauspiel aufgestellt:
Noch einmal wirds dem Aberglauben glücken;
Ach, ist sein Ziel denn nicht das Ziel der Welt?

Doch dann wird auch der Dinge Lauf sich kürzen, Dem Weise schon zu lange zugesehn,

Und alles wird in eins zusammen stürzen,

Und schneller, als ein Wolkenschloß vergehn.

Es donnert tief von unten

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Welch Getümmel!

Welch ein Gebrüll schallt aus des Abgrunds Schlund!
Mit welchem Knall springt der crystallne Himmel.
Welch Feuerstrom schießt aus der Sonne Mund!

Wie siedet nicht das Meer und seine Wellen,
Wie bäumen sie, gleich wilden Rossen, sich!
Die Monster, nun verjagt von ihren Stellen,
Wie toben sie, wie laut, wie fürchterlich!

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