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richten von den neusten Herkulanischen Entdeckungen heraus. Ei nen Antrag nach Berlin schlug er 1765 des geringen Gehalts wegen aus, arbeitete an einer neuen Ausgabe der Geschichte der Kunst, schrieb auch Anmerkungen zur ersten Ausgabe und machte nach Beilegung einiger Misshelligkeiten mit den neapolitanischen Gelehrten im Septbr. 1767 eine vierte Reise nach Neapel, wo er auch den Ausbruch des Ve suvs beobachtete. Im April 1768 trat er endlich eine lang vorbereitete Reise nach Deutschland an, wo er sowohl eine französische Überfeßung seiner Geschichte der Kunst besorgen als Beiträge zu Ausgrabungen in Elis sammeln wollte; aber schon in Tyrol versenkte ihn der Anblick der schref= fen Felsenwände und späterhin die spißigen gothischen Dächer in solche Schwermuth, daß er von München und Regensburg wieder umkehrte und fein Begleiter Cavaceppi nur mit Mühe von ihm gewann, noch nach Wien zu gehen. Hier nahm ihn der Fürst von Kaunitz achtungsvoll auf, doch zur Fortsetzung der Neise war er nicht zu bewegen, wurde felbst krank, blieb dann noch bis zum Juni in Wien und trat durch Ehrenbezeugungen und Geschenke ausgezeichnet seine Reise nach Triest an. Unterweges schloss sich ein Bösewicht, Francesco Archangeli, (früher Koch in Wien und mehrerer Verbrechen wegen erst zum Tode verurtheilt, dann des Landes verwiesen) an Winckelmann und schlich sich in sein Vertrauen ein. Als er in Triest vergiebt nach dem Venezianischen gehen zu müssen, Abschied nimmt und Winckelmann bittet, ihm noch einmal seine goldnen Medaillen zu zeigen, durchbohrt er ihn mit fünf tödtlichen Messerstichen, entflieht aber durch ein Kind des Gastwirths gestört, ohne die Medaillen mitzunehmen. Nach fieben Stunden starb Winckelmann, welcher noch seinem Mörder verziehen und sein Testament gemacht hatte, am 8. Juni 1768 im ein und funfzigsten Lebensjahre. Sein Mörder wurde auf der Flucht ergriffen und einen Monat später in Triest hingerichtet.

Windelmann gehört zu den größßten und bedeutendsten Menschen, ein Meister in Schilderung der Kunstwerke und Anschauung ihres ursprünglichen Wesens, auf gleiche Weise gelehrt und kunstsinnig. Seine Sprache und Darstellung ist kräftig, blühend, gedankenreich, durch aus edel. Für alles Große und Gute empfänglich, ist er daneben ein treuer liebender Freund und ein edler Mensch. Von ihm sagt Göthe in seinem Winckelmann (Göthes Werke Ausg. leßter Hand. Bd. 37. Stuttg. Tüb. 1838. 12. . 66.) Er hat als Mann gelebt und ist als ,,vollständiger Mann von hinnen gegangen. Nun genießt er im Andenken ,,der Nachwelt den Vortheil, als ein ewig Tüchtiger und Kräftiger zu er scheinen: denn in der Gestalt, wie der Mensch die Erde verläßt, wandelt ,,er unter den Schatten und so bleibt uns Achill als ewig strebender Jüng ,,ling gegenwärtig. Daß Winckelmann früh hinwegschied kommt auch uns zu Gute. Von seinem Grabe her stärkt uns der Anhauch seiner Kraft,

,,und erregt in uns den lebhaftesten Drang, das, was er begonnen, mit Eifer und Liebe fort und immer fortzusehen."

Von seinen Schriften erschienen in deutscher Sprache:

1. Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst. Lpz. und Dresd. 1755. gr. 4. Zw. Ausg. 1756. Bei der zweiten Aufl. sind auch sein anklagendes Sendschreiben: über die Gedanken von der Nachahmung u. f. f. und seine Vertheidigung: Erläuterung der Gedanken u. f. f.

2. Anmerkungen über die Baukunft der Alten, entworfen von Joh. Winckelmann, Mitgl. der Maleracademie von St. Luca zu Rom, der Hetrurischen Acad. zu Cortona und der Gesellsch. der Alterthümer zu London. Leipz. 1761. gr. 4.

3. Sendschreiben Herrn Winckelmanns von den herkulanischen Entdeckungen, an den Herrn Grafen von Brühl. Dresd. 1762. gr. 4.

4. Johann Winckelmanns, Präsidenten der Alterthümer in Rom und Scrittore der Vaticanischen Bibliothek u. f. f. Abhandlung von der Fähigkeit der Empfindung des Schönen in der Kunst und dem Unterrichte in derselben u. s. f. Dresd. 1763. gr. 4. und Dresd. 1771. gr. 4.

5. Joh. Winckelmanns, Präsidenten der Alterthümer zu Nom und Scrittore der Vaticanischen Bibliothek u. s. f. Geschichte der Kunst des Alterthums. Erst. u. zw. Theil. Dresd. 1764. gr. 4. m. R. Anmerkungen üb. d. Gesch. d. Kunst. Erst. Th. Dresd. 1767. gr. 4.E. zweite verm. Ausg.: Joh. W.'s Gesch. der Kunst des Alterthums. Nach d. Tode des Vrf. hrsg. v. d. Kais. Kön. Akademie d. bildenden Künste. Zw. Th. Wien 1776. gr. 4. (von F. J. Riedel) enthält viel Fehlerhaftes. Übersetzt wurde diese Geschichte ins Französische par Sellius et Robinet. Par. 1768 (e. Mißgeburt), par Huber. Tom. I-III. Leipz. 1781-1784 und in den prachtvollen Oeuvres complettes de Winckelmann. Par. 1790. VII. gr. 4. (von Janfen). Jns Ital. (vom Abbate Amoretti) Milano 1779. gr. 4. und herausg. von Carlo Fea. Tom. I-III. Rom. 1783. 84. 4.

6. Joh. Windelmanns: Nachrichten von den neusten Herkula nischen Entdeckungen an H. Füßli. Dresd. 1764. 4.

7. Versuch einer Allegorie besonders für die Kunst. Dresd. 1766. 4.

Französisch schrieb Winckelmann:

Description des Pierres gravées du feu Baron de Stofch, dedié à fon Emin. le Cardinal Alex. Albani. à. Florence 1760. 4. (Beschreibung von 3444 geschnittenen Steinen. Diese Sammlung ist in Berlin von Friedrich II. gekauft worden.)

Italienisch erschienen:

Monumenti antichi inediti spiegati et illustrati da Giov. Winckelmann. Vol. I. II. In Roma 1767, 1768. fol. (36 Thlr.) mit 208 Nummern Kupfer.

Nach Winckelmanns Tode erschienen auch seine Briefe:

1. W's Briefe an seine Freunde. Zw. Th. mit Anm. von D. W. Daßdorf. Dresden 1777-80. gr. 8.

2. W's Briefe an seine Freunde in der Schweiz. Zürich 1778. gr. 8. (Fucßli, Geßner, v. Mecheln, Usteri.)

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3. W's Briefe an einen seiner vertrautesten Freunde (MuzelStoich). Zw. Bde. Vrl. u. Stettin 1781. 8.

4. W's Briefe an e. Freund in Lieft. (v. Berg) Koburg 1781. S. 5. W's Briefe an Hrn. H. (Hofr. Heyne) Frff. 1776. 8.

6. W's Briefe an Berendis in Winckelm. u. f. Jahrh. hersg. von Goethe. Tüb. 1805. 8.

7. W's Briefe von 1747-1769. (herausg. von Förster) Berkn 1824, 25. 3 Bde. 8.

Die Hauptausgabe der Winckelmannfchen Schriften in deutscher Sprache ist:

Winckelmanns Werke. Dresd. 1808-1820. 8. in acht Bänden. Th. I. u. II. von E. L. Fernow. Th. III. — VII. von Heinr. Meyer u. Joh. Schulze. Th. VIII. mit dem Sachregister von C. G. Siebelis.

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Th. I. enthält: Winckelmanns Leben, dann 1. Schriften über die Nachahmung der alten Kunstwerke. 2. Kleine Auffäße üb. Gegenstände der alten Kunst z. B. Beschreibung des Torso. - 3. Anmerkungen üb. die Baukunft der Alten. 4. Erklärung der Kupfer. Th. II.: 1. Schriften üb. die herkulanischen Entdeckungen (an Brühl, Fueßli, Bianconi u. a.) 2. Abh. v. d. Fähigkeit d. Empfin dung des Schönen in der Kunst. 3. Versuch einer Allegorie, bes. für die Kunst. 4. Erfl. d. Kupfertafeln. Th. III.: 1. Winckelmanus Borrede zur Geschichte der Kunst. 2. W's Vorrede zu seinen Anmerkungen zur Gesch. d. Kunst und die Anmerkungen zu beiden Borreden. 3. Geschichte der Kunst. Erster Theil. Buch L Ur sprung. II. Ägypter. III. Hetrurier.4. Anmerk. 5. Erkl. d. Kupfer.Th. IV.: 1. Geschichte der Kunst. Zw. Theil. Buch IV. V. d. Kunst unter den Griechen: Gründe u. Ursachen des Aufnehmens u. Vorzugs d. griech. Kunst u. v. d. Wesentlichen derselben. Buch V. Kunst unter den Griechen. Bildung der Gottheiten, Ausdruck der Schönheit, Proportion c. 2. Anm. u. Kupfererfl. Th. V. Geschichte der Kunst. Dritter Theil. Buch VI. B. d. Bekleidung. VI. Vom mechanischen Theil der Griechischen Kunst. VIII. Wachstum u. Fall. Anm. u. Kupfererkt. Th. VI. Geschichte der Kunst. Viert. Theil. Buch

IX. Nach den äußern Umständen der Zeit unter d. Griechen, vor Alexander. X. seit Alexander. XI. unter den Römern ver Hadrian. XII. seit Hadrian. - Abth. II. enthält die Anmerkungen u. Kupfererklärung. Th. VII.: 1. Borläufige Abh, vor dem Werke Monumenti antichi inediti aus d. Ital. 2. Register üb. d. fämmtl. Denkmale der alten Kunst. Th. VIII.: 1. Berichtigungen zu Bd. IV. — VII. gister der Sachen, Künstler u. Schriftsteller.

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Noch ist über Winckelmann zu vergleichen: Göthe: Windels mann u. f. Jahrhundert und Resetti: W's lehte Lebenswoche. Dreed. 1818 mit Gurlitts Nachtrag. Hamb. 1820.

Beispiel 1.

Beschreibung des Torso im Belvedere zu Rom.
(Ausg. v. Fernow, Th. I. S. 269.)

-Ich führe dich ißo zu dem so viel gerühmten und niemals genug gepriesenen Trunk eines Herkules; zu einem Werke, welches das schönste in seiner Art, und unter die höchsten Hervorbringungen der Kunft zu zählen ist, von denen, welche bis auf unsre Zeit gekommen find. Wie werde ich dir den beschreiben, da er der schönsten und bedeutendsten Theile der Natur beraubet ist! So wie von einer prächtigen Eiche, welche umgehauen und von Zweigen und Aeßten entblößet worden, nur der Stamm allein übrig geblieben ist, so gemißhandelt und verstümmelt fihet das Bild des Helden; Kopf, Arme und Beine und das oberste der Brust fehlen.

Der erste Anblick wird dir vielleicht nichts als einen verunskalteten Stein entdecken: vermagst du aber in die Geheimnisse der Kunst einzudringen, so wirst du ein Wunder derselben erblicken, wenn du dieses Werk mit einem ruhigen Auge betrachtest. Alsdenu wird die Herkules wie mitten in allen seinen Unternehmungen erscheinen, und der Held und der Gott werden in diesem Stücke zugleich sichtbar werden.

Da, wo die Dichter aufgehöret haben, hat der Künfler angefangen: Jene schwiegen, sobald der Held unter die Götter aufgenommen, und mit der Göttin der ewigen Jugend ist vermählet worden; dieser aber zeiget uns denselben in einer vergötterten Gestalt, und mit einem gleichsam unsierblichen Leibe, welcher dennoch Stärke und Leichtigkeit zu den großeu Unternehmungen, die er vollbracht, behalten hat.

Ich sehe in den mächtigen Umrissen dieses Leibes die unüberwundene Kraft des Besiegers der gewaltigen Riesen, die sich wider die Götter em pöreten, und in den phlegräischen Feldern von ihm erleget wurden; und zu gleicher Zeit stellen mir die sanften Züge dieser Umrisse, die das Gebäude des Leibes leicht und gelenksam machen, die geschwinden Wendungen desselben in dem Kampfe mit dem Achelous vor, der mit allen vielförmigen Berwandlungen seinen Händen nicht entgehen konnte.

In jedem Theile dieses Körpers offenbaret sich, wie in einem Ges mälde, der ganze Held in einer besonderen That, und man siehet, so wie die richtigen Absichten in dem vernünftigen Baue eines Pallastes, hier den Gebrauch, zu welcher That ein jedes Theil gedienet hat.

Ich kann das Wenige, was von der Schulter noch zu sehen ist, nicht betrachten, ohne mich zu erinnern, daß auf ihrer ausgebreiteten Stärke, wie auf zwen Gebirgen, die ganze Last der himmlischen Kreise geruhet hat. Mit was für einer Großheit wächset die Brust an, und wie prächtig ist die an hebende Rundung ihres Gewölbes! Eine solche Brust muß diejenige gewesen seyn, auf welcher der Riese Antäus und der dreyleibige Geryon erdrücket worden. Keine Bruft eines drey und viermal gekrönten olympi schen Siegers, keine Bruft eines spartanischen Kriegers von Helden geboren, muß sich so prächtig und erhöhet gezeigt haben.

Fraget diejenigen, die das Schönste in der Natur der Sterblichen kennen, ob sie eine Seite gesehen haben, die mit der linken Seite zu ver gleichen ist. Die Wirkung und Gegenwirkung ihrer Muskeln ist mit einem weislichen Maaße von allwechselnder Regung und schneller Kraft wunderwürdig abgewegen, und der Leib mußte durch dieselbe zu allem, was er vollbringen wollen, tüchtig gemacht werden. So wie in einer anhebenden Bewegung des Meeres die zuvor stille Fläche in einer neblis chen Unruhe mit spielenden Wellen anwächset, wo eine von der andern verschlungen, und aus derselben wiederum hervorgewälzet wird: eben so sanft aufgeschwellet und schwebend gezogen fließet hier eine Muskel in die andere, und eine dritte, die sich zwischen ihnen erhebet, und ihre Bewegung zu verstärken scheinet, verlieret sich in jene, und unser Blick wird gleichsam mit verschlungen.

Hier möchte ich stille stehen, um unseren Betrachtungen Raum zu geben, der Vorstellung ein immerwährendes Bild von dieser Seite einzu drücken; allein die hohen Schönheiten sind hier in einer unzertrennlichen Mittheilung. Was für ein Begriff erwächset zugleich hieher aus den Hüften, deren Feißigkeit andeuten kann, daß der Held niemals gewanket und nie sich beugen müssen!

In diesem Augenblicke durchfährt mein Geist die entlegenften Gegenden der Welt, durch welche Herkules gezogen ist, und ich werde bis an die Gränzen seiner Mühseligkeiten, und bis an die Denkmale und Säulen, wo sein Fuß ruhete, geführet durch den Anblick der Schenkel von uner schöpflicher Kraft, und von einer den Gottheiten eigenen Länge, die den Held durch hundert Länder und Völker bis zur Unsterblichkeit getragen haben. Ich fing an diese entfernten Züge zu überdenken, da mein Geist zurückgerufen wird durch einen Blick auf seinen Rücken. Ich wurde ent zücket, da ich diesen Körper von hinten ansahe, so wie ein Mensch, der, nach Bewunderung des prächtigen Portals an einem Tempel, auf die Höhe

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