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Beispiel 3.

Aus der Abhandlung: Über die deutsche Sprache und Literatur. (Th. IX. S. 156.)

Alle diese glücklichen Veränderungen sind aber während der Regie. rung des Königs vergefallen, wie er schon seinen Vorgeschmack nach den bessern Mustern andrer Nationen gebildet hatte, und in unsrer Sprache vielleicht nur Memorialien und Decrete zu lesen bekam. Er hatte nachher Voltaire um sich, einen Mann, der durch die Großheit seiner Empfindungen und seiner Manier Alles um sich herum und seine eigenen Fehler verdunkelte; er liebte Algarotti, den feinsten und nettesten Denker seiner Zeit; er zog die wenigen großen Leute, welche Frankreich hatte, an sich; und unter den deutschen Gelehrten fand sich noch kein Dalberg, kein Fürstenberg, der auf die Ehre, welche er dem ausländischen Verdienste gab, Anspruch machen konnte. Hiezu kömmt, daß seine Gedanken über die deutsche Literatur und Sprache wahrscheinlich weit früher niedergeschrieben als gedruckt sind, und so ist es kein Wunder, wenn sie unsrer neuen Literatur keine Gerechtigkeit haben widerfahren lassen.

Und doch glaube ich nicht zu viel zu wagen, wenn ich behaupte, daß der König selbst da wo er sich als Deutscher zeigt, wo Kopf und Herz zu großen Zwecken mächtig und dauerhaft arbeiten, größer ist, als wo er mit den Ausländern um den Preis in ihren Künsten wetteifert. In seiner Instruction pour ses généraux ist er mir wenigstens mehr als Cäsar, durch den Geist und die Ordnung, womit er viele verwickelte Fälle auf wenige einfache Regeln zurückbringt; in seinen vertrauten Briefen, die er bei schweren Vorfällen geschrieben hat, finde ich deutsche Kraft und Dauer; in seiner Abhandlung über die Vaterlandsliebe den systematischen Geist der Deutschen, und in feinen Gedanken über unsre Litteratur ein edles deutsches Herz, das nicht spotten, sondern wirklich nüßen und bessern will. Da hingegen, wo es auf Verzierungen ankömmt, sehe ich in seinen Schriften oft die Manier des fremden Meisters; und es geht mir, als einem Deutschen, nahe, ihn, der in allem Uebrigen ihr Meister ist, und auch in deutscher Art und Kunst unser Aller Meister sein könnte, hinter Voltai ren zu erblicken.

2. Johann Matthias Schröckh. 1733-1809.

Johann Matthias Schröckh wurde den 26. Juli 1733 in Wien geboren. Sein Vater war Niederlagsverwandter d. h. Kaufmann mit dem Rechte, im Großen handeln zu dürfen, die Mutter Tochter eines als Geo

1. Sie wurde in Beziehung auf Friedrichs II. Schrift de la litérature allemande geschrieben. 1781. 2. Er hatte aufgeführt, was die deutsche Literatur in den leßten Zeiten gewonnen hatte.

Pischon Denkm. IV.

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graph Ungarns berühmten Predigers Matthias Bel zu Presburg. Bei diesem Großvater erzogen bildete sich Schröckh zunächst für Geschichte und Theologie, wozu die Unterdrückungen der Protestanten ihn noch mehr anfeuerten. Nach des Großvaters Tode blieb er anderthalb Jahr zu Klosterbergen und studirte dann in Göttingen, wo er unter Michaelis und Mosheim sich der Theologie widmete und bald große Neigung für das akademische Lehrfach gewann. Er ging drauf zu seinem Oheim, Professor Bel in Leipzig, dem er bei Herausgabe der Leipziger gelehrten Zeitungen und der Acta eruditorum behülflich war. Er hörte hier noch Christ und Ernesti, wurde Magister 1755, las Collegia und wurde nachher Custos der Universitätsbibliothek und 1762 außerordentlicher Professor der Philosophie. Aus Liebe zu seiner Braut vertauschte er 1767 Leipzig mit Wittenberg, wo er erst Professor der Poesie, dann 1775 der Geschichte wurde. Er lehnte mehrere Berufungen ab und als ihm die Bewerbung um die Geschichtsprofessur in Leipzig fehlschlug, beschloss er für immer in Wittenberg zu bleiben, wo er durch sein großes Werk über die Kirchengeschichte in hohem Ansehn in der gelehrten Welt, daneben von seinen Freunden geachtet und geliebt, bis zum hohen Alter mit seiner Gattinn zufrieden lebte. Vier Kinder verloren sie früh. Das traurige Jahr 1806 drückte den Greis sehr schwer, 1807 musste er seine Vorlesungen abbrechen und ein unglücklicher Fall an feinem 76. Geburtstage von der Bücherleiter, wobei er das Bein brach, führte nach wenigen Tagen seinen Tod herbei am 1. August 1809.

Er ist durch Fleiß, treue sorgfältige Forschung und gesundes Urtheil einer unsrer bedeutendsten Geschichtsschreiber geworden und hat sehr viel zur Belebung des historischen, besonders des kirchenhistorischen Studiums unter uns beigetragen.

Zu seinen Werken gehören:

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1. Lebensbeschreibungen berühmter Gelehrten von J. M. Schröckh. Neue Ausg. 2 Th. Lpz. 1790. (Zuerst unter dem Titel: Abbildungen und Lebensbeschreibungen berühmter Gelehrten. 3 Bde. Lpz. 1764, 65, 69.) — Zu den behandelten Gelehrten gehören: Roswithe, Aeneas Sylvius, Savonarola, Theoph. Paracel= sus, Luther, Zwingli, Ed, Bugenhagen, Brenz, Flacius, Bucer, Georg v. Anhalt, Hyperius, Anna v. Schurmann u. a. 2. Allgemeine Biographie von J. M. Schröckh, Prof. u. f. f. Acht Theile. Berlin 1785-1791. gr. 8. (Th. I. hatte 3 Aufl. 1767, 71, 85. Th. II. 2 Aufl. 1769 u. 1772. Th. III. 1770 u. 1774 und Th. IV. 1772 u. 1786. Th. V.-VIII. erschienen 1778, 1787, 1789 u. 1791.) Sie enthalten das Leben: I. Hannibal's, Cato's von Utica, Otto's und Heinrich's des Großen. II. Vorrede von Algarotti, Leben des Titus, Friedrich's des Streitbaren, Christina v. Schwe

den (Anfang). III. Christina (Beschluss) und Friedrich Wilhelm v. Brandenb. IV. Konstantin d. Gr., Julian, Papst Adrian VI. V. Adrian VI. (Beschluss), Caspar v. Coligny, Christ. Thomasius. VI. Matthias Corvinus, Kaiser Joseph I., Ph. Jak. Spener. VII. Papst Sixtus V., Kaiser Friedrich II. (Anfang). VIII. Kaiser Friedrich II. (Schluss), Philipp d. Großmüth. v. Hessen.

3. Christliche Kirchengeschichte von J. M. Schröckh, öff. Lehrer d. Geschichte auf d. Univ. Wittenberg. Erster bis elfter Th. Zw. Auft. Lpz. 1772-1794. gr. 8. Zwölfter bis fünf und dreißigster Theil. Lpz. 1788-1803. gr. 8. (Erste Aufl. Th. I. Frff. u. Lpz. 1768. Th. II bis XI. Lpz. 1770-1786.) Das umfassendste, reichhaltigste und müh samste Werk der Kirchengesch. Th. 35. mit Registern, Zeittafeln und Zu fäßen. Daran schließt sich:

4. Chriftliche Kirchengeschichte seit der Reformation von J. M. Schröckh. Th. I-VIII. Lpz. 1804-1809. (In 2 Theilen bis 1812 fortgesetzt von Tschirner.)

5. Allgemeine Weltgeschichte für Kinder. Vier Theile. (Th. IV. in 3 Abth.) Lpz. 1779-1784. mit 100 Kupfern. (Noch zwei neuere Auft, auch eine kleine ohne Kupfer.)

Auch andre geschichtliche Werke wie Hilmar Curas Einleitung zur Universalhistorie, die Geschichte Italiens in der allg. Weltgeschichte von W. Guthrie u. a. hat Schröckh herausgegeben.

Beispiel.

Der Tod Johann's de Bakker, des ersten evangelischen
Märtyrers in Holland.

(Kirchengesch. seit der Ref. Th. II. S. 360.)

Es ist glaublich, daß die Neuheit und das Auffallende der von Luthern vorgetragenen Lehren; der plößlich aufgeregte mächtige Trieb, sich von einem lange erduldeten Gewissenszwange loßzureißen; die Freyheit, welche sich so vielen wider ihre Neigung verschlossenen Klosterbewohnern darbot, und ähnliche Gründe mehr, auch in den Niederlanden, wie in an dern Gegenden, nicht wenige zu Anhängern der deutschen Reformation gemacht haben. Daß es aber auch viele nach überdachten Grundsätzen geworden sind, leidet keinen Zweifel. Die beyden zu Brüssel verbrannten Augustiner beharrten schlechterdings dabey, daß sie über die Religion nichts gläuben könnten, als was die Schrift ausdrücklich lehre. Noch merkwürdiger sind die Verhöre und die Religionsbekenntnisse des Johann de Bakker, (nach seinem übersetzten Nahmen Pistorius genannt,) des ersten, der in Holland wegen des Evangelischen Glaubens das Leben verlor; dessen Schicksale `sein Mitgefangner Gnaphäus in einer eigenen

Schrift beschrieben hat. Er hatte von dem berühmten Johannes Rhodius, Vorsteher der Hieronymitanischen Schule zu Utrecht, der auf mehrern Reisen nach Deutschland seine Neigung zur Reformation immer mehr befriedigte, nicht allein Unterricht in den Wissenschaften, sondern auch gleiche Religionsgesïnnungen empfangen. Beyde wurden als Lutheraner verhaßt; sein Vater, ein Küster, für ihn sehr besorgt, rief ihn nach Woerden zurück; allein er gewann auch hier mehrere Anhänger. Er wurde darauf nach Löwen geschickt, wo seines Vaters Freund Erasmus seine Fortschritte in der Gelehrsamkeit glücklich beförderte. Bloß auf seines Vaters Willen ließ er sich zum Priester weihen; benüßte jedoch diesen Stand, um seine Einsichten im Christenthum unter mehrern auszubreiten. Das Domkapitel zu Utrecht forderte ihn deßwegen zur Verantwortung vor sich, und brachte es, da er nicht erschien, wenigstens dahin, daß er zu Woerden gefangen gesetzt wurde. Als er wieder frey geworden war, reiste er nach Wittenberg, wo er einige Monathe hindurch seine Religionskenntnisse zu vermehren suchte. Kaum war er in sein Vaterland zu rückgekehrt, und hatte seine vorigen Beschäftigungen von neuem angefangen, als ihn der Utrechter Clerus aus dem Lande verwies, mit dem Befehl, sich nach Rom zu begeben, und daselbst wegen seiner Keßeren Büßungen zu übernehmen. Er gehorchte aber so wenig, daß er vielmehr in Holland herumzog, und seine gleichgesinnten Mitbürger heimlich in ihren Glauben stärkte; worunter auch Honius und Gnaphäus, die zu Delft gefangen saßen, gehörten. Damals, im Jahr 1523, verheyratheten sich viele Priester in verschiedenen Ländern. Bakker glaubte sich dieses Rechts auch be dienen zu müssen; er hörte zugleich auf, Messe zu lesen, und verdiente sich seinen Unterhalt durch Backen, Graben und andre Handarbeiten; nicht ohne in seinen christlichen Belehrungen fortzufahren. Der Papst ließ jeßt einen neuen Ablaß in Holland verkündigen; diesem widersetzte er sich in seinem Beichtstuhle nachdrücklich; nahm, um das Verwerfliche desselben zu zeigen, kein Beichtgeld; zog sich aber dadurch, weil die meisten Einwohner seiner Vaterstadt ihm zuströmten, den bittern Haß der Stadtpfarrer zu. Seitdem wurde er noch schärfer verfolgt, und endlich auf Befehl der Stadthalterinn im Jahr 1525 in den Haag gefangen fortgeführt. Hier mußte er sich vor einem kaiserlichen Commissarius, vor Theologen und Inquisi toren aus Löwen stellen, und durch Beantwortung einer Menge von Fra gen, sich in eine Art von Disputation einlassen. Nachdem er ihnen ver sichert hatte, daß er außer der Schrift keinen andern Glaubenslehrer annehme, antwortete er auf den Einwurf aus den Worten Christi: „Wer euch höret, der höret mich:" man würde sie allerdings hören, wenn sie

1. Jo. Pistorii Woerdenatis Martyrium, e Msc. editum a Jac. Revio. Lugd. Bat. 1649. 8.

beweisen könnten, daß sie von Christo gesandt wären. Von dem canonischen Ansehen der Bücher der heil. Schrift wollte er sich keineswegs durch das Zeugniß der Kirche; sondern durch ihre Uebereinstimmung mit einander, und durch das innere Zeugniß des heil. Geistes, überzeugen lassen. Er erklärte alle Christen vor Priester, welche aus Geist und Wasser wiederg bohren werden, und Gott mit Christo ein chriftliches Opfer darbringen; wenn gleich nicht alle öffentlich lehren dürften. Nachdrücklich bestritt er das vermeinte Recht des Clerus, Keher zu mißhandeln und zum Tode zu verurtheilen; den ehelosen Stand des Clerus, das Ansehen der-Kirche über die Schrift, und die Unfehlbarkeit der Päpste. Seine Richter, denen er alles dieses mit ungemeiner Freymüthigkeit, und nicht ohne Verweise vorhielt, konnten ihm keinen Widerruf auspressen. Sie ließen ihn zuleht noch beichten; da er sich aber überhaupt nur als Sünder vor Gott bekannte, und Vergebung durch den Erlöser hoffte, nicht einzelne Sünden erzählen, noch Kehereien eingestehen wollte: so wurde ihm die Absolution versagt. In einen schlimmern Kerker geworfen, widerstand er Leuten von · jedem Stande, die es wünschten, daß er widerrufen möchte. Sein Vater hingegen freuete sich seiner Standhaftigkeit; er sagte, daß er bereit sey, ihn Gott, wie einst Abraham that, zum Opfer darzubringen. Endlich wurde er am 15. September des Jahrs 1525 an einen Pfahl gebunden, erwürgt und verbrannt. Er hatte erst das sieben und zwanzigste Jahr seines Alters angetreten, und band selbst den Strick um seinen Hals, indem er freudig ausrief: Tod! wo ist dein Stachel? Grab! wo ist dein Sieg? Es war offenbar das ruhige Bewußtseyn, für die beste Sache zu sterben, welches ihn in den Tod begleitete.

3. August Ludwig von Schlözer. 1735-1809.

1735 zu Jagstadt an Er studirte seit 1751 sich zugleich mit dem

August Ludwig Schlözer war am 5. Julius der Jart, wo sein Vater Prediger war, geboren. in Wittenberg und Göttingen Theologie und legte größten Eifer auf die morgenländischen Sprachen, weil er den lebhaften Wunsch hatte, das Morgenland zu bereifen, welchen er aber bis an das Ende seines Lebens vergeblich genährt hat. Er ging drauf als Hauslehrer nach Schweden, wo er in Stockholm und Upsala lebte und einen „Vers such einer Handelsgeschichte" 1758 in schwedischer Sprache schrieb. Nach Göttingen zurückgekehrt widmete er sich besonders seiner Reise wegen der Arzneikunde und ging dann als Hauslehrer und Gehülfe des Historiographen Müller nach Petersburg. Die Abentheuer seiner Reise und seines Aufenthalts in Petersburg von 1761 bis 1765 hat er in einem Bruchstück seiner eignen Lebensbeschreibung anziehend erzählt. Mit Eifer

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