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Ende. Er starb zu Bremen im Hause seines Freundes des holstein- oldenburgischen Hofraths Schumacher.

Sturz gehört zu den Prosaikern des ersten Ranges und seine Schreibart ist vornehmlich in der Lebensbeschreibung Bernstorfs klassisch zu nennen. In weniger gefeilten Sachen gebraucht er zu häufig undeutsche Wörter. Von Sturz's Werken erschienen:

Schriften von Helfrich Peter Sturz. Erste Samml. Lpz. 1779. 8. und nach seinem Tode. Zweite Sammlung. Lpz. 1782. 8. (deren Aufsätze an Werth nicht der ersten gleich sind). - Später erschienen: Schriften von Helfrich Peter Sturz. Erste, zweite Samml. Neue verb. Aufl. Lpz. 1786. 8. Der Inhalt ist folgender: Erste Sammlung 1. Erinnerungen aus dem Leben des Grafen Johann Hartwig Ernst v. Bernstorf. 2. Briefe im Jahre 1768 auf einer 3. Pitt.

Reise im Gefolge des Königs von Dänemark geschrieben.

4. Klopstock an Boje. 5. Fragment aus den Papieren eines Hypochondristen. Zw. Samml. enthält 22 Aufsätze und mehrere Gedichte. Wir zeichnen nur aus: 1. Denkwürdigkeiten von J. J. Rousseau. — 5. Fragment über die Schönheit. 8. Die Reise nach dem Deister. 17. Sadi, e. Erzählung. 22. Eine Wundergeschichte. — Den Bes schluss dieser Ausgabe macht e. Biographie Sturz's und einige Nachrichten über ihn.

Außerdem hat Sturz noch einige weniger bedeutende Sachen geliefert, z. B. die Menech men oder zwei Wochenschriften von gleicher Statur in 4 Aufz., und Julie, ein Trauerspiel in 5 Aufzügen. Beides Jugendarbeiten.

Beispiel 1.

Aus dem Leben Bernstorf's.

(Schriften von S. P. Sturz. Zw. Samml. Lpz. 1782. S. 98.)

Erstes Bruchstück.

Er war in der Kraft seiner Jahre, da er seine Staatsverwaltung antrat, und Friedrich der Fünfte hatte noch nicht lange geherrscht, ein Monarch, der durch seine Leidenschaft wohlzuthun, durch die unwandelbare Güte feines Herzens die Freude des menschlichen Geschlechts war, der sich ganz der Wolluft geliebt zu seyn überließ, der von Vergnügen überfloß, wenn er es um sich her verbreiten konte, dessen Ruhm auf dem Wege zur Unsterblichkeit immer höher steigen wird. Zwar warfen ihm die Schmeichler der Tirannen seine unbegrenzte Gelindigkeit vor. Wenn man ihnen glaubt, so erschlaffen die Zügel in der Hand eines allzugütigen Regenten. Als hätte das Volk seine Fürsten nur darum mit Uebergewalt bewafnet, damit es vor ihnen zittern müsse? Am Thron des Despoten mag immer

die Lebrede des Sklaven wiederhallen, stille widerlegt sie der Unterthanen Fluch, und die kühnere Nachkommenschaft laut. Es kann einem Menschenverächter gelingen mit tugendloser Klugheit einen Haufen Jloten in schreckenvoller Ordnung zu beherrschen, aber für ihn ist auch keine Wollusk der Liebe, kein Vertrauen, keine Freude der Menschlichkeit mehr.

Um Friedrichs Thron drängte sich ein zufriednes, frohlockendes Volf; es umringte ihn, wie in dem ersten Alter der Welt eine Familie ihren Vater umringte. Er umfaßte sie alle mit gleich inbrünstiger Liebe, und sie wurden von seiner Gewalt nur durch sein Wohlthun überzeugt. Er wurde nie zum Zorn, nie zur Strenge gereiht. Er war immer ohne Bitten zur Gnade geneigt. Oft hat er als König das Gute belohnt, was, in der einsamen Hütte verborgen, nicht den Monarchen, nur den Menschen rüh ren konnte, und was dem Menschen mißfiel, hat er nie als König gerächt. Diesem König diente Bernstorf mit einem nicht minder zärtlichen Herzen. Daher war auch seine Verwaltung der einheimischen und auswärtigen Geschäfte eine Reihe menschenfreundlicher Thaten. Sein System in der Politik war, was es am Thron guter Könige ist, Friede, gutes Vernehmen, wechselseitige Dienstfertigkeit, Wohlfahrt und Ruhm fürs Ba terland, Vortheile, auch für fremde Staaten. Damit erwarb er sich Vertrauen, und bewies, daß redlich handeln die vortheilhafteste Staatskunst sey, anstatt daß ein Gewebe von Ränken nur eine Zeit lang gelingt und endlich ohnfehlbar die Verachtung und den Abscheu aller Völker gegen den Betrüger vereinigt. Nie ward von ihm die Heiligkeit der Verträge beleidigt, nie die gesetzmässige Verfassung irgend eines Staates untergraben. Er erlaubte sich nie Unterdrückte zu verfolgen, um dem Mächtigen zu schmeicheln, sich zum Sieger zu gesellen, um die Beute des Ueberwundenen zu theilen; sondern er dachte und handelte am Ruder des Staats, wie ein tugendhafter Mann in der bürgerlichen Gesellschaft zu denken und zu handeln gewohnt ist. Er glaubte nicht, daß ein glänzender Endzweck einen ungerechten Schritt entschuldigen könne, nicht, daß unter Königen eine andre Rechtschaffenheit gelte, als unter den niedrigsten Erdbewohnern. Wenn man gegen ihn treulose Künste versuchte, so vereitelte er sie durch feine Klugheit. Denn, so sehr er die Staatskünfteley verachtete, so sah er doch ihre Finsternisse durch. Er vermuthete die Ursachen und verkündigte die Folgen mancher dunkeln Begebenheit, noch ehe sie sich ganz entwickelt hatte. Oft ermunterte ein kleiner Vorfall seine ganze Geschäftigkeit, und noch öfter blicb er ruhig, wenn nach dem Urtheil des großen und kleinen Pöbels ein Ungewitter aufzog.

Alle Kräfte, die Europa zerrütten, oder die es beruhigen konten, die Macht und Ohnmacht seiner Völker und Fürsten hatte Bernstorf durch eine lange Erfahrung zuverläßig zu schätzen und zu vergleichen gelernt.

Zweites Bruchhstück. (S. 127.)

Bey Besetzung geistlicher Aemter zog er immer den Mann von unsträflichem Wandel, der durch sein Beyspiel zur Nachahmung reizt, dem größern Gelehrten vor; und von den Gerichten forderte er Recht, wie sols ches der Menschenfreund austheilt, der niemals vergißt, daß sein Amt nicht die Geiffel, sondern der Trost unsers Lebens seyn sollte, und der, wenn er sraft, mit den Thränen des Verurtheilten die feinigen mischt. Jeder Spruch in bürgerlichen Fällen war ihm heilig. Er verschloß zwar keiner Bitte den Zugang zum Thron, und oft drang sich eine unbescheidne durch, vielleicht ward auch zuweilen seine Einsicht getäuscht; aber immer blieb es sein unveränderlicher Grundsaß, daß ein Minister kein Geseßerklärer seyn müsse. Was ein Kollegium redlicher Männer gemeinschaftlich durchgeforscht hat, wird selten ein einzelner Mann, auch mit vorzüglichen Gaben, aber durch grössere Geschäfte zerstreut, geduldiger, gründlicher prüfen, billiger und gerechter entscheiden; und sobald man Urtheile durch Machtsprüche ändert, so sind Freyheit und Eigenthum, die ersten Rechte des Bürgers, dem Einfluß der Gewalt oder der Gunst unterworfen.

Drittes Bruchstück. (S. 146.)

Jedoch auch seiner wartete der Sterblichen Loos, die, wenn sie auch feine Strafgerichte fürchten, doch selten der Prüfung entgehn, die ihr Vertrauen auf Gott bestätigen und den Ruhm ihres Lebens durch den schwerften Triumph, durch ihre Geduld im Leiden, krönen soll. Langsam zog sich ein Ungewitter auf. Unbedeutend in seinem Anfang schien es auch dem scharfsichtigen Auge nicht furchtbar; aber es verbreitete sich schnell und deckte Dännemark mit einer schrekenvollen Nacht. O, ruhte sie ewig auf der Geschichte dieser Zeit!

Bernstorf hatte schon lange die Absicht seiner Feinde entdeckt, ihn durch wiederholte Angriffe zu reizen und zu irgend einem Schritt zu verleiten, der sie von dem Mann, den sie haßten, befreyete. Endlich konnte er sich nicht mehr verbergen, daß es ihnen gelungen, ihm das Vertrauen seines Monarchen zu entziehn. Aber sollte er ruhig sein Schicksal erwarten, oder dem Sturm, der ihm drohte, entfliehn? Das war die große bedenkliche Frage, die entschieden werden mußte, und die in seiner bittern Verfassung nicht so leicht zu beantworten war.

Ein Staatsmann, der zu mißfallen aufängt, wandelt immer an Abgründen hin, und thut keinen gleichgültigen Schritt mehr. Ist er gelassen, so ist es ein Stolz, der gedemütigt zu werden verdient; verbirgt er seine Unruhe und seine Empfindlichkeit nicht, so ist es Bewußtseyn der Schuld; entschließt er sich, sein Amt niederzulegen, so wartet vielleicht eine Kränkung auf ihn, wozu nur der Anlaß gefehlt hat; und harrt er zu lange, reizt er die Ungeduld seiner Verfolger, so ist es ungewiß, zu welchem hef

tigen Ausbruch ihr Unwillen endlich verleitet werden mag. Wenn alle Zugänge des Throns von Rathgebern umringt sind, die ihre gemeinschaft: liche Sicherheit vereinigt, so ist kein Fürst der Erde mächtig genug, den Eingebungen der Wahrheit, die zurückgescheucht wird, oder den Empfin dungen seines unaufhörlich bestürmten Herzens zu folgen.

Alles das erwog Bernstorf mit heiterer Ueberlegung und entschloß sich dennoch nicht zu fliehn, den Posten nicht seig zu verlassen, auf welchem er als ein auserwähltes Werkzeug der Vorsehung stand, keinen Augenblick, der in seiner Macht war, zu verlieren, wo er dem Staat, oder auch nur einem Gliede desselben durch seine Arbeit nüßlich seyn konnte.

Der Schlag kam seiner Erwartung zuvor. Ich war der einzige Zeuge dieses prüfenden Augenblicks. Sein Betragen dabey muß auf ewig seinen Karakter entscheiden; denn in einer solchen Stunde ist der größte Mann in den Händen der Natur.

Er hatte sich eben zur Arbeit niedergefeßt, als er das Schreiben des Königs empfing, welches ihn den Staatsgeschäften entzog. Er las es mit ernsthafter Stille und stund mit einem Blick des Schmerzens auf. Ich bin meines Amtes entseßt, sprach er mit einem gefeßten bescheidenen Ton, und fügte mit gen Himmel erhobenen Augen hinzu: Allmächtiger! segne dies Land und den König!

So stand Bernstorf an den Ruinen seines Ruhms; so gelassen sah er in einer Minute das Gebäude seines ganzen Lebens umstürzen; Hofnungen große Entwürfe zu vollenden, Aussichten in ein ehrenvolles ruhiges Alter, alle Freuden des vergangenen Lebens waren dahin wie ein Traum, und die Folgezeit breitete sich finster vor ihm aus: dennoch stand er uner: schüttert. Entweder war Bernstorf ein großer, oder ein unempfindlicher Mann. Wer hat ihn je unempfindlich gekannt?

Beispiel 2.

Georg III. und seine Gemahlinn.

(Aus den Briefen im Jahre 1768. Samml. I. S. 43. London, 25. Spt. 1768.)

Ich habe vor wenig Tagen ihren Palast mit einem lebhaften Vergnügen besehen. Unten wohnt der König, im zweiten Stock die Königin; die obern Zimmer sind einer Büchersamlung gewidmet, welche merkwürdiger durch ihre Wahl, als durch ihre Menge, ist hier fehlt der Raum für den Haufen Müßiggänger, welcher sonst in den Schlößern der Könige wimmelt; außer der königlichen Familie ist nur für unentbehrliche Bediente Plaz. Sie glauben in dem reinlichen Hause eines weisen begüterten Privatmanns zu sein; was vielleicht allein den Besißer verräth, find die herlichsten Werke der Kunst, welche man aus allen Schlößern hier versammelt und zum täglichen Genuß aufgestellt hat.

In den Königspalästen hat mich immer der Misklang zwischen Pracht und Mangel, die wenige Achtung für Einheit im Ganzen beleidigt; vergoldete Gemächer und schlechtes Geräth, überladene Kabinetter und öde Säle, neuer und veralteter Zierrath, Verschwendung ohne Bequemlichkeit: alles trägt das Gepräg mannichfaltiger Launen, je nachdem Marschälle, Günftlinge, Hofintendanten ihr kurzes Dasein verewigen wolten; hier aber athmet durch alles der Geist des Monarchen, vernünftige Wahl und gefällige Ordnung, ein sanfter geläuterter Geschmack.

Ein rechtschaffener Mann, und noch vielmehr ein tugendhafter rechtschaffener König, ist Gottes erhabenstes, edelstes Werk. Ich werde nie an Georg den Dritten, als mit der reinsten Verehrung denken; demungeachtet ist es möglich, daß seine menschenfreundliche Regierung für England nicht die glücklichste sein kan. Großbritannien nähert sich der Epoche, in der sich Rom befand, als Asien geplündert war. Seine Triumphe im leztern Kriege, die Eroberungen in Indien, haben Reichthum und verdorbene Sitten, Ueppigkeit und Hochmut verbreitet.

Heldenkraft eines Volks wird durch Widerstand genährt und ermattet jenseit des Zicles. Dieser Staat ist auf dem Punkt der Reife, welcher an das Berwelfen grenzt. Eigener Trez und fremder Neid, Ohn macht und Verachtung aller Gefahren, nehmen in bedenklichen Verhält nissen zu.

Diese periodische Flut und Ebbe, welche alle Staaten fortreißt, hält keines Königs Weisheit auf, weil die Vorschung keiner Tugend einen Freis brief gegen ihre Rathschlüße verleiht. Aber auch unter widrigen Schickfalen firalt diese Tugend auf die Folgezeit, und die Geschichte sondert das Verdienst des Monarchen von seinem Glück.

III. Didaktische Pros a.
Ascetifer (§. 126.)

Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf. 1700-1760. Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf und Pottendorf stammte aus einem alten reichsgräflichen Geschlecht in Östreich. Der älteste Zweig die ser Familie ließ sich in Sachsen nieder und Otto Christian aus dieser Linie, der Vater unsers Nikolaus, trat zur evangelischen Kirche über und starb als chursächsischer geheimer Rath, Generalfeldzeugmeister und Gouverneur von Dresden 1718. Nikolaus Ludwig wurde am 26. Mai 1700 zu Dresden geboren und bei seiner frommen Großmutter, einer Frau von Gersdorf zu Großhennersdorff in der Oberlausitz erzogen. In diesem

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