Imágenes de páginas
PDF
EPUB

od. die platonische Liebe, viele Briefe, die Gedichte der Karschinn u. a. m. herausgegeben.

Beispiel 1.-
Choral.

Aus der Theorie der schönen Künste. Zw. Aufl. Lpz. 1792. Th. I. S. 468.

Ein sehr einfacher Gesang, der blos aus Haupttönen ohne Verzie rung besteht, und von langsamer etwas feierlicher Bewegung. Er ist ges seht um in Kirchen vor der ganzen Gemeinde abgesungen zu werden. Man nennt ihn auch den Gregorianischen Gesang, weil Pabst Gregorius der Große ihn eingeführt haben soll. Die Franzosen nennen ihn plain chant und die Italiäner Canto firmo. Er ist der einfachesie Gesang, der möglich ist und schicket sich zu stillen und etwas ruhigen Betrachtungen und Empfindungen, die insgemein den Charakter der Kirchenlieder ausmachen. Er ist einer großen Rührung fähig, und scheinet zu ruhigen Empfindungen weit vorzüglicher zu seyn, als der figurirte melis matische Gesang: wie denn überhaupt überaus wenig dazu gehört, sehr tiefe Empfindungen einer ruhigen Art zu erweken. Wenn er aber seine ganze Kraft behalten soll, so muß durch den Gesang der Fall der Verse, und folglich das richtige Zeitmaas der Sylben nicht verloren gehen; nur das cadenzirte, zu abgemessene rythmische Wesen, welches unsre heutigen figurirten Tonstücke gemeiniglich gar zu sehr der Tanzmusik nähert, muß aus dem Choral gänzlich wegbleiben.

In den ältern Zeiten war er einstimmig, und die alten Melodien sind eigentlich das, was der Cantus firmus genannt wird. Gegenwärtig wird der Choral allemal vierstimmig gesetzt, und jede der vier Stimmen ist eine Hauptstimme. Dieses macht seine Verfertigung, obgleich gar wenig Erfindung dazu gehört, dem, der nicht ein vollkommener Harmoniste ist, sehr schwer; weil bey dem langsamen und nachdrücklichen Gange desselben, auch die kleinste Unrichtigkeit in der Harmonie sehr fühlbar wird. Man muß dabey mit den Dissonanzen sparsam seyn, die sich ohnedem zu dem sanften Affect des Kirchengesanges nicht so gut, als zu unruhigen Leidenschaften schiken. Es ist möglich, daß ein bloß zweystimmiger Choral, da die Harmonie der Mittelstimmen etwa, wo es nöthig ist durch die Orgel ausgefüllt würde, noch bessere Würkung thäte. Denn da die Stimmen doch, um harmonische Fehler zu vermeiden, sich gegen einander bewegen müssen: so scheinet es nicht natürlich, daß bey einerley Empfindung einer mit der Stimme steigt, da der andre fällt, und der dritte auf derselben Höhe stehen bleibt.

Der beste Choralgesang scheinet der zu seyn, der am einfachesten, durch kleinere diatonische Intervalle fortschreitet, und die wenigsten Disso

nanzen hat, dabey aber die Geltung der Sylben auf das genaueste boobachtet wird.

In den Choralen richtet man sich noch nach den alten Tonarten, den sechs authentischen und so viel plagalischen. Man kann nicht leugnen, daß nicht dadurch, wenn nur übrigens gut temperirte Orgeln vor-· handen sind, eine noch mehrere Mannigfaltigkeit der Charaktere des Ge: sanges erhalten werde, als wenn man einer gleichschwebenden Temperatur alles auf die ist in der andern Musik üblichen zwey Tonarten bringen wollte.

Es wäre ein großes Vorurtheil, sich einzubilden, daß ein starker Meifter der Kunst sich dadurch erniedrige, wenn er sich mit Verfertigung der Chorale abgiebt; denn sie sind nicht nur wegen ihrer großen Würkung zu tiefer Rührung des Herzens, sondern auch wegen der vollkommenen Kenntniß aller harmonischen Schönheiten, und strenger Beobachtung der Regeln der Harmonie, der Mühe eines großen Meisters würdig. Mancher, der ein gutes Solo oder auch wel ein Concert machen kann, würde nicht im Stande seyn, einen erträglichen Choral zu verfertigen.

Auch die Ausführung des Cherals, sowol in den Stimmen, als auf der Orgel, ist nichts schlechtes. Wer nicht jedem Ton seinen Nachdruck und seine bestimmte Modification zu geben, und die äußerste Reinigkeit zu treffen weiß, kann den rührendsten Gesang verderben. Je entblößter ein Gesang von melodischen Auszierungen und Schönheiten ist, desto kräftiger, nachdrüflicher und in seiner Art bestimmter, muß auch jeder Ton angegeben werden, wenn der Gesang Kraft haben soll. Der Begleiter hat große Ueberlegung und Kenntniß nöthig, daß er einfach sey und in seinen Schranken bleibe. Es kommt hierbey gewiß nicht darauf an, daß man nur beyde Hände recht voll Töne faffe; dieses verderbt vielmehr die Schönheit des Gefanges. Vornehmlich muß man sich für melismatischen Auszierungen und Läufen hüten, womit ungeschickte Organisten dem Choralgesang aufzuhelfen glauben, da sie ihn doch dadurch gänzlich verderben.

Ich habe irgendwo gelesen, daß einige der Melodien geistlicher Hvmnen, die noch ist in der römischen Kirche gesungen werden, alte griechische Melodien seyn sollen, auf die man, weil sie einmal aus dem Heidenthum her noch unter dem Volk herumgegangen, geistliche Terte gemacht habe. Da ich dieser Tradition in einem gewissen Closter in Mayland erwähnte,

1. Authentische Tonarten sind, wo die Tonleiter von dem Grundton zur Quinte und Octave, plagalische, wo sie von der Quinte des Grundtons zur Delave und Duodecime desselben aufsteigt. Jene sind die dorische, phrygische, lydische, myrolydische, äolische und jonische; diese die hypedorische, hypophrygische, hyrolydische, hypomyrolytische, hypäolische und hyvojonische, z. B. die authentische jonische : cdefgahe, tie plagalische hypojenische G A He def g.

waren einige, die sie bestätigten und mir sogar Hoffnung machten, mir ein paar dergleichen Melodien aus alten Antiphonarien zu verschaffen. Ich habe aber zur Zeit nichts davon bekommen.

Beispiel 2.

Das Urserenthal.

Aus den Vorübungen zur Erweckung der Aufmerksamkeit. (Th. III. S. 23.)

Nun' kommt man in ein angenehmes fast ebenes Thal, dessen freyes und gut geartetes Volk in vier Dörfern wohnt, die in dem Thal zerstreut liegen. Das ganze Thal ist von allen Seiten solchergestalt mit hohen und fteilen Bergen umgeben, daß alle Zugänge in dasselbe mit gar leichter Mühe jeder menschlichen Macht könnten verschlossen werden. Auf den Bergen, die das Thal einschließen, liegen die Quellen von vier beträchtli, chen Flüssen: auf dem Gotthard die Quellen des Ticino und der Reuß; auf dem Furka die Quelle der Rhone, und nicht weit davon auch der Aar; und hinten auf der Oberalp die Quelle des Vorderrheins. Man geräth in Verwunderung, in einem Thale, wo man weder Acker noch Bäume sicht, schöne Dörfer, und im guten Wohlstande lebende, gemächlich wohnende, und gut gekleidete Einwohner zu finden. In der That haben hier die Menschen von allen Nothwendigkeiten des Lebens nichts als Milch und Fleisch von ihrem Vich. Alles übrige, bis auf das Brennholz selbst, muß sehr mühsam auf Pferden hergeholt werden; und doch ist alles wirklich zum Ueberfluß da, und man kann in den Gasthöfen so gut speisen als in großen Städten andrer Länder. Die Nahrungsquellen dieses Volks sind die auf den Bergen zerstreueten Weiden, und im Thal selbst die Wiesen, von welchen das Winterfutter für das Vich genommen wird. Der Käse, welcher nach dem Namen des Thals, der Urseler Käse genannt wird, ist von vorzüglicher Güte, und wird häufig nach Italien, auch nach Spanien verschickt. Diese Waare, und das zum Verkauf aufgezogene Vich, bringen den Einwohnern das nöthige Geld, um sich die übrigen Bedürfnisse anzuschaffen.

Am Ende des Urseler Thales gegen Norden hin scheint der Ausgang aus demselben unmöglich, weil überall senkrecht in die Höhe steigende Felsenberge herumstehen. Nur die Reuß hat sich einen engen Durchgang zwischen hohen Felsen durchgebrochen. Weil sie aber kein Ufer hat, und zwischen diesen Felsen als durch einen Kanal läuft, so kann man da nicht heraus kommen. Daher hat hier ein Weg, mitten durch einen an die Reuß stoßenden Felsen, durchgehauen werden müssen. Er ist nur achtzig Schritte lang, gerade so weit, daß zwey Pferde vor einander vorbey kön

1. Nachdem man 14 St. vom St. Gotthard nach Norden herabgestiegen ist.

nen, und so hoch, daß der Reiter mit dem Kopf nicht an das Felsengewölb anstößt. In der Mitte ist eine kleine Seitenöffnnng gegen den Fluß, um dem Gange etwas Licht zu geben.

Ein größerer Kontrast ist vielleicht in der Natur nicht zu sehen, als den hier die beiden Scenen machen, die man diesseits und jenseits dieses nur achtzig Schritte langen Durchganges sieht. Ehe men durchgeht, be, findet man sich in einem ebenen, mit schönen Fluren angefüllten, stillen, sehr angenehmen Thal, einem Wohnsitz, der die Empfindung der sanftesten Ruhe erwecket. Ist man jenseits durch diesen Gang heraus, so hat man auf einmal eine Scene vor Augen, die nicht brausender, noch fürchterlicher erdacht werden könnte. Das tobende Geräusch eines ziemlich wasserreichen, sich in unzähligen Absätzen tief abstürzenden Flusses; eine sehr enge und fürchterliche tiefe Felsenkluft; hundert gespaltene, und dem Ansehen nach den Einsturz drohende Felsen; ein in den perpendikular in die Höhe gehenden Felsen eingehauener, hoch über dem Abgrund, wodurch der Fluß sich so wüthend herunterstürzt, gleichsam in der Luft schwebender Weg; und endlich eine schmale hoch über eben diesen Abgrund gehende Brücke.

Dieses ist die sogenannte Teufelsbrücke, über die man weg muß, um auf den gedachten, an dem Felsen eingehauenen Weg herüber zu kommen. Man wird mitten auf dieser Brücke von dem tobenden Geräusch des Wassers betäubt, von der Höhe schwindelnd, und von dem in Staub zerschmetterten, und sich in der Luft herumtreibenden Wasser ganz naß. Das Greuliche dieser Scene ist über alle Beschreibung, und man begreift kaum, wie Menschen es haben unternehmen können, sich einen Weg hier durch zu bahnen.

2. Moses Mendelssohn. 1729-1786.

Moses Mendelssohn wurde im September 1729 (den 12. Elul) zu Tessau von jüdischen Eltern geboren. Sein Vater war Schulmeister und Sopher, d. h. Schreiber, Zehngebotschreiber, welcher bei aller Armuth den Sohn doch gut erzog und im Hebräischen und jüdischer Gelehrsamkeit unterrichtete, wie der Rabbiner Fränkel sein Lehrer im Talmud wurde. Neben dem alten Testamente, wovon er sein Gemüth früh ergriffen fühlte, studirte er die Werke des Maimonides,' zunächst sein More Nebochim (Führer der Irrenden) und wurde hierdurch früh zur Metaphysik und Philosophie hingelenkt. Sein eifriges Studiren legte den Grund zu seinem Verwachsensein und seiner Kränklichkeit. Im 14. Le

1. Maimonides, eigentl. Mosche Ben Maimon, von 1139—1205, der gelehrteste Rabbiner seiner Zeit, war in Cordova geboren, lebte dann in Alexandrien, war Saladins Leibarzt, commentirte den Talmud, erklärte die Schrift mo ralisch, wurde mannigfach bewundert, verehrt und verfolgt u. starb zu Cairo.

[ocr errors]

bensjahre musste er nach Berlin wandern, wo er anfangs unter großen Entbehrungen lebte, dani zuerst durch seinen frühern Lehrer, den damaligen Oberrabbiner Fränkel unterstüßt wurde. Drei Männer würkten besonders auf ihn ein, der ganz arme jüdische Schulmeister Jsrael Moses, wel: cher mit ihm nach Maimonides Grundsätzen disputirte und ihn zur Mathematik wies, der jüdische Doctor der Arznei Kisch aus Prag, von dem er Lateinisch lernte und der Dr. med. Aaron Salomon Gumpers, welcher ihn veranlasste, mit der neusten Literatur befannt zu werden und ihm Umgang mit einigen Gymnasiasten des Joachimsthals, namentlich Ludwig von Beausobre, verschaffte, mit denen er über philoso phische Gegenstände disputirte So lebte er der Wissenschaft in Armuth und ohne Aussichten auf Unterhalt, bis ihn ein reicher Seidenfabricant seines Volkes zum Erzieher seiner Kinder und allmählich zum Aufseher, Factor und Theilnehmer seiner Fabrik machte. Mehr als durch jede an dere Verbindung bildete sich aber sein philosophischer Geist durch den Umgang mit Lessing aus, den er 1754 kennen lernte, der ihn tiefer in die Wissenschaften einführte und aus ihm Gedanken und Schriften herauszulocken wusste, wie er eins seiner philosophischen Gespräche ohne Moses Vorwissen zuerst drucken ließ. Seine Briefe über die Empfin dungen, welche 1755 erschienen, waren das erste Zeichen seiner Gewandheit in der deutschen, ihm eigentlich fremden Sprache, zu deren Klassikern er nun zu rechnen ist. Auch mit Abbt u. Nicolai verband er sich, wechselte mit ihnen Briefe (die f. g. Abbtische Correspondenz) und half Nicolai sehr thätig seit 1757 an der Bibliothek der schönen Wissenschaften, den Briefen die neußte Literatur betreffend und nachher an der allg. deutschen Bibliothek. In solcher Thätigkeit, neben welcher er sein bürgerliches Geschäfft nicht vernachlässigte, wurde er zu einem ihn sehr ergreifenden Briefwechsel mit Lavater veranlasst, welcher ihn zum Christenthum überführen wollte. Er fiel darauf in eine schwere Krankheit, welche ihn lange allen, besonders allen gelehrten Arbeiten entzog, bis er später sein: Jerusalem, oder über religiöse Macht u. Judenthum herausgab. Aus dem philosophischen Unterricht, welchen er des Morgens seinem Sohn Joseph und andern jungen Leuten gab, entstanden seine Morgenstunden, von denen nur der erste Theil (vornehmlich die Lehre von Gott) erschienen ist. Nach Lessings Tode erschütterte ihn Friedr. Heinr. Jacobi's an ihn gerichtete Schrift: über die Lehre des Spinoza, worin Lessing des Spinozismus beschuldigt und als Gottesleugner und Heuchler angeklagt war. Um seinen Freund zu rechtfertigen, opferte er, schon kränklich, seine letzten Kräfte beim Ausarbeiten der Schrift: „Moses Mendelssohn an die Freunde Lessings" auf und starb am 4. Jan. 1786. Auch sein häusliches Leben mit seiner Gattinn, Tochter des Abraham Gugenheim aus Hamburg, mit der er seit 1762 verheirathet

« AnteriorContinuar »