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ten der Unwissenheit und ihre Unholden hin; da ging über dem Innern der Schöpfung für ihn der Tag auf, der volle, heitere, selige Tag, und Entzücken war seine Morgenröthe. Aber noch bebte heimlich jeder Nerve in ihm von Mitleiden und Wehmuth; die kämpfenden Gefühle vermischten fich, und neue Thränengusse quollen auf seine Wangen herab. Du, O rief er jeßt aus, indem sein Knie in die zitternde Wolke stürzte und Arm und Auge sich froh emporhuben gen Himmel: o Du, den ich suchte von meiner Kindheit an, und der sich mir jetzt entwölkt, wie er ist, als ganz Huld, ganz Erbarmen und Liebe; Du, mein Vater und nicht mein Richter! und aller deiner Geschöpfe Vater! und aller deiner zahllosen Welten Vater! Gott! Gott! der Du mir Ärnten des Heils zeigst, auch wo meine Thorheit Verderben säte; der Du von mir hinwegnimmst jeden Kummer der Seele, und mich fühlen lässest in meinem Innersten, daß Dir anhangen einzig Seligkeit ist, und Deine Herrlichkeit sehn, ihre Vollendung; der Du Wollen des Guten ach! nur Wollen, nur Ringen darnach, mit diesen Entzückungen lohnst, und Irrthümer selbst durch ihre spätesten Fol gen in Quellen neuer Entzückungen wandelst: Herrlicher! Unbegreiflicher! Du, dessen Ehre die Himmel, Du, dessen Ehre ich Staub - Aber ich kann nicht weiter; meine Seele erliegt.

So war es! Seine Seele erlag; seine Zunge verftummte. Hülfreich hob, die Hände gegen ihn ausgestreckt, der Engel ihn auf, und mit Blicken voll holder unaussprechlicher Liebe zog er ihn näher an seinen Busen, und hieß ihn: Bruder.

Hier erwachte Las Casas. Als er den Blick erhob, sah er seinen irdischen Engel, der geschlichen kam, nach seinem Odem zu horchen. Er wollte reden, wollte ihm von der Seligkeit, die seine ganze Seele durchdrang, das Pflichttheil der Freundschaft geben; aber schon brach sein Auge: er sank zurück und streckte sein Gebein in den Tod hin. Zitternd und stumm hing über dem Entseelten der Bruder. Dann sank er nieder auf ihn, küßte seinen erstarrten verlornen Freund, und weinte. Sein gen Hims mel gerichteter Blick und seine gefalteten Hände sprachen ein Gebet zu Gott, daß sein Hingang wäre, wie dieses Gerechten Hingang. Denn der Tod des Edlen war sanft, ein leises stilles Hinschlummern des Säuglings im Schooß der Mutter; und Ruhe der Seele, wie sie aus Erkenntniß Gottes und seiner selbst hervorging, lächelte noch im Tode auf seinem Angesichte.

Beispiel 2.

Aus der Lobrede auf den König gehalten d. 24. Januar 1781.

Erstes Bruchstück. (Ih. IV. S. 26.)

Diesen Staat aber, von so richtiger, seiner Natur so gemäßer, durch so weise Mittel so wohl erreichter Absicht; wer hat ihn entworfen? Wer

die Gedanken dazu, die er vorfand, mit so scharfem Blicke gefaßt, so meisterhaft ausgebildet, erweitert, vollendet? Ehe noch die Erfahrung spricht, läßt uns schon die Vernunft errathen: daß so ein Syßem nur Werk eincs einzigen Geistes seyn konnte; und wer war er, diefer kühne, genievolle, allumfassende Geißt? Eben der, der für seinen großen Entwurf auch die Mittel, ihn wirklich zu machen, fand; desson Anschläge sein Reich von einem nur mittlern Ansehen zu einem Grade der Macht und des Einflusses erhoben, daß einst halb Europawer entscheidet, ob vor Furcht oder vor Eifersucht? sich die Hände bot, es zu zertrümmern und zu zerreiBen. Eben der, der ein Leben auf dem Throne hindurch, von sichrer Klug heit geleitet, nie einen Schritt zurückwich, immer sich vorwärts Bahn brach; der auch da, als ihn seine Feinde schon im Geiste vernichtet sahn, und ehne Furcht der Beschämung, laut vor der Welt, von seinem Falle und ihrem Triumphe sprachen; da, als seine Freunde und neidlosen Bewuns derer denn Bewunderer waren sie alle! für ihn zitterten und kaum mehr zu hoffen wagten; auch da noch, geliebt von der Vorschung, Wege zur Rettung, zur Wiederherstellung, zur Vergrößrung entdeckte: Er allein war's, der König! Wenn einst sein Geschichtschreiber die Absichten der Einrichtungen, die Entwürfe der Thaten, wenn er den Geist sucht, der überall vorwaltete, und in jeder auch der mißlichsten Lage Auswege und Hülfs: mittel fand; durch und durch wird er auf ihn, den Monarchen, treffen. Aus seiner Seele nahmen die Feldherrn, aus seiner Seele die Verweser des Staats, ihre Entwürfe; und all ihr Ehrgeiz, den sie kannten, war der: zu seiner Billigung auszuführen; was zu ihrer Bewundrung von ihm gedacht war; all ihr Stolz: daß ein Geist von seiner Größe und seiner Tiefe der Einsicht eben sie zu Werkzeugen und zu Mitgehülfen erkor.

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Doch was red' ich nur immer von Weisheit, Absicht, Anschlägen, Entwürfen? Als ob sich nicht in diesem wunderbaren Könige, mit dem Geist und den Einsichten des Feldherrn, des Staatsmanns, des Gesetzgebers, zugleich alle Gaben und Fertigkeiten zur Ausführung verbänden! oder als ob seine weitgreifende, unermüdbare Thätigkeit irgend einen Anlaß, diese Talente schimmern zu lassen, versäumt, irgend eine der Arbeiten, die ihm selbst zu verrichten möglich war, Andern übertragen hätte! War Er's nicht selbst, der mit aller Überredungsgabe, Feinheit, Geistesgeschmeis digkeit eines Staatsmanns, jeden Großen, den er wollte, zum Freunde gewann? der seine Staatsverbindungen errichtete? seine Verträge und Bündnisse schloß? War's nicht sein eigenes Licht, das die Nation aufklärte und Vorurtheile jeder Art in ihrer Blöße beschämte? War's nicht sein eigener Muth, der sein unüberwindliches Heer befeuerte? seine eigene Kriegskunst, die aller Orten den zweimal, dreimal stärkern Feind vor sich hertrieb? Und in jenem schwarzen schrecklichen Zeitpunct, da Alles mit einer Wuth auf ihn einbrach, daß römischer Muth hätte zagen und römische Stand

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haftigkeit wanken können: war's nicht seine eigne Entschlossenheit, Tapferkeit, Geistesgegenwart, unerschütterte Festigkeit, die das Reich vor dem Untergange oder was sag' ich, nur vor dem Untergange? vor der mindesten Einbuße einer Hütte, oder einer Erdscholle an den äußersten Gränzen, rettete? War's nicht seine eigene haushälterische Kunst, womit er so schnell jede Spur des Verderbens vertilgte? die Trümmer wieder zu Mauern, die Aschenhaufen zu Städten, erbauete? das Heer verstärkte? die Zeughäuser anfüllte? die Schatzkammer erweiterte und Millionen auf Millionen häufte?

Zweites Bruchstück. (Th. III. S. 33.)

Wo der König als Feldherr erscheint, da verführt das ungewöhnliche Feuer seiner Operationen zu einem andern' Irrthum. Diese anscheinende Hiße, womit er so schnell jeden kommenden Frühling aufbrach; diese ungeduldige Eile, womit er oft schon ein Heer geschlagen hatte und vor den Hauptstädten der Provinzen lag, wenn sie ihn kaum über den Gränzen glaubten; diese reißende Gewalt, womit er in einem einzigen Feldzuge die feindliche Macht, wie der Sturmwind die Wolken, vor sich aufrollte, von ihren Bergen, aus ihren Verschanzungen stürmte, in die Hauptstadt zusammenpreßte, belagerte; über Felsen und Ströme unter tausend Gefahren einen andern Feind suchte, ihn sah, und in alle Winde zerstreute; durch neue Provinzen einer noch stolzern siegreichen Macht entgegenging, sie angriff, vernichtete, Alles was das Schwert nicht fraß, in den Schnee der Gebirge jagte, und nicht eher, als nach Eroberung einer Hauptstadt und eines ganzen feindlichen Heeres, ruhte: diese erstaunenswürdige Hiße, Eile Gewalt: was läßt sie anders, als den entschiedensten Charakter eines Kriegers, mit aller ihm eigenen Rauhigkeit, Wildheit, Härte, vermuthen? Wahrlich, kein Alexander Griechenlands oder Nordens, wie sehr seine Leidenschaft Krieg und Geräusch der Waffen seine Wollust war, ist je mit so ungestümem Feuer von Schlacht zu Schlacht, ven Siege zu Siege geeilt, als dieser so gefürchtete, schreckliche, — friedliebende Weise, der, weil er Alles ist was er will, auch das in der Vollkommenheit war, was er nur aus Nothwendigkeit wollte; das, was mit den natürlichen Neigungen feines Herzens vielleicht am meisten streitet: ein Feldherr. Denn betrachte man ihn, wo er völlig sich selbst gelassen handelt, in seiner Familienliebe und Freundschaft, in seinen Vergnügungen, in den Arbeiten seiner műșigen Augenblicke: wo ist da Spur oder Verdacht eines wilden, kriegrischen

1. Es war vorher gesagt, daß man bei dem Anschaun der Thätigkeit des Königs in den Irrthum verfalle, ihm Leidenschaft zuzuschreiben; sehe man auf seine Sparsamkeit, rathe man auf Begierde nach Schäßen; dann aber trete uns seine Freigebigkeit entgegen.

Geistes? Blickt nicht vielmehr überall ein sanfter, zärtlicher, oft bis zum Weichen zärtlicher Charakter hervor? Jene Entfernung von allen geräuschvollen lärmenden Ergöhungen, wie die der Jagd sind; jene Sprache, die er nicht bloß als Sprache der Höfe aus Gewohnheit, die er aus Wohlgefallen, aus Liebe, spricht, und ihr so gerne, für Feinheit und Geschlif fenheit, ein wenig Schwäche vergiebt; jener entschiedene Geschmack für dies jenige unter allen Künsten, die am meisten zum Herzen redet; jenes Inftrument, auf welchem er Meister und im Ausdruck des Zärtlichen groß ward, das weichste und sanfteste unter allen; jener Tonkünstler, dem er, wegen der Anmuth des Sahes und der Lieblichkeit des Gesanges, vor allen den Preis gab: wie sehr verkündigt das Alles natürliche Milde, Empfindsamkeit, Sanftmuth! Sollen wir ihn mehr bedauern, oder mehr ihm Glück wünschen, daß ihn die Vorsehung auf einen Thron rief, dessen wichtigste Pflichten ihm so wahrscheinlich eine stete Verleugnung kosteten? Bedauern werden wir ihn mit der ersten Empfindung; aber Glück werden wir ihm nach der Überlegung wünschen: daß eine so völlige Selbstbeherrschung, eine so wunderthätige Kraft des Entschlusses, die höchste Ehre der Menschheit, und sie fühlen und üben, die edelste aller Wollüste ist.

Nicht so glänzend, wie der Held im Feldlager und an der Spiße des Heers, aber in der That noch bewunderswürdiger ist der stille ruhige Arbeiter im Frieden. Zu Schlachten und Stürmen rief ihn mit zu lauter Stimme das Wohl des Vaterlandes und die Ehre des Throns, und einmal beschlossen konnten Thaten von solcher Wichtigkeit einen so großen Geist nicht anders als anziehn; aber jede Klage und jede Bitte hören, auf jede unbedeutende Frage antworten, jede oft zudringliche Aufmerksamkeit auch des mindesten Unterthanen erwiedern, und nie von dem einmal ge machten Gesetze sich lossprechen, nie diese so oft verächtlich scheinenden, über ihre Geringfügigkeit mühsamen und ihre Einerleiheit peinlichen Arbeiten bis zum kommenden Tage aussetzen: welche Mannheit, welche Stärke des Entschlusses kündigt das an! Welche Anhänglichkeit an die Pflicht, auch da, wo sie mit den großen Zwecken des Monarchen nur durch so einzelne, feine, in dem Gewirre aller so leicht sich verlierende Fäden verknüpft ist! Und kennte noch dieser Monarch nicht Arbeiten von ganz andrer Natur! Aber so geliebt, geschmeichelt, begünstiget von den Musen, sich ihnen ents winden, ihren so mächtigen, durch Unschuld selbst so verführerischen, immer schönern und immer gefährlichern Reizen widerstehen, um freiwillig auch die kleinsten reizlosesten Pflichten zu erfüllen, und in dieser Denkungsart ein Leben hindurch beharren: wahrlich! das beweißt einen Adel und einë Größe, die, wenn sie nicht eben so sehr die Einbildungskraft füllt, wenig stens in den Augen der Vernunft erhabuer, als selbst die kühnste Entschlossenheit in Gefahr, ist.

6. Johann August Eberhard.

Johann August Eberhard war am 31. August 1739 zu Hal berstadt geboren, studirte in den Jahren 1756 bis 1759 in Halle Theologie, wurde dann Hauslehrer beim Freiherrn von der Horst, dann Conrector und zweiter Prediger an der Hospitalkirche in seiner Vaterstadt. Er legte indefs bald seine Ämter nieder und ging nach Berlin, wo er den Wissenschaften lebte und mit Nikolai und Mendelssohn in freundschaftliche Verbindung trat. Um sich Aussichten für die Zukunft zu eröffnen trat er zum geistlichen Stande zurück und wurde Prediger am Arbeitshause in Berlin, eine Stelle, welche ihm noch Zeit zu wissenschaftlichen Arbeiten vergönnte. Hier schrieb er, der den eclektischen Philosophen sich zuneigte und der Wolfschen Schule noch nahe stand, die mit großem Beifall aufgenommene: Neue Apologie des Sokrates oder Untersuchung der Lehre von der Seligkeit der Heiden. Berlin 1772. 2 Bd. 8. Doch wurde er dadurch auch vielen, vornehmlich den Theologen anstößia, und nur auf Friedrichs II. ausdrücklichen Befehl konnte er die Stelle als Prediger in Charlottenburg im Jahre 1774 erlangen. Er schriek hier feine: allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens, Berlia 1776, welche ihm die Aufnahme in die Akademie der Wissenschaften in Berlin verschaffte, und wurde 1778 zum Professor der Philosophie nach Halle berufen. Hier hat er die übrige Zeit seines Lebens zugebracht und sich sowohl als Docent als vornehmlich durch seine synonymischen und ästhetischen Werke als Schriftsteller verdient gemacht. Vergebens suchte er die speculative Philosophie Kant's und Fichte's zu bekämpfen. Er wurde 1805 zum Geheimerath und 1808 zum Doctor der Theologie ernannt und starb am 6. Januar 1809.

Eberhard ist ein klarer und scharfsinniger Denker und zugleich ein angenehmer und unterhaltender Schriftsteller, welcher auch rein wissenschaftliche Gegenstände einfach, verständlich und anziehend zu behandeln weiß und als Stilistiker ausgezeichnet ist.

Zu seinen Schriften gehören:

1. Neue Apologie des Sokrates, oder Untersuchung der Lehre von der Seligkeit der Heiden, von J. A. Eberhard, Prediger in Charlottenb. Neue Aufl. Berl. Stettin. Erst. Bd. 1776. Zw. Bd. 1778. 8. (Erste Ausg. 1772. Dritte 1788.) Die Veranlassung zu dieser Schrift war die Beurtheilung des Belisar von Marmontel" durch den Prediger Hofstede in Rotterdam. Eberhard vertheidigt Marmontel und vindicirt den Heiden die Seligkeit. Es ist nur zu unbestimmt gelassen, was Seligkeit sei.

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2. Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens, e. Abhandl., welche den von der Kön. Akademie der Wissensch. in Berlin

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