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Ich will euch eure Sache führen,

Ein Wort, ein Mann! ihr sollt sie nicht verlieren.
Glimpf reutet fort! Herr! ruft ihm Kunz noch nach,
Ich halte, was ich euch versprach.

Wie hißig wird der Streit getrieben!
Manch Ries Papier wird voll geschrieben.
Das halbe Dorf muß in das Amt:
Man eilt, die Zeugen abzuhören,
Und fünf und zwanzig müssen schwören,
Und diese schwören insgesammt,
Daß, wie die alte Nachricht lehrte,
Der Rein ihm gar nicht zugehörte.

Ey, Kunz, das Ding geht ziemlich schlecht:
Ich weis zwar wenig von dem Rechte;
Doch im Vertraun geredt, ich dächte,

Du hättest nicht das größte Recht.

Manch widrig Urtheil kömmt; doch laßt es widrig klingen! Glimpf muntert den Clienten auf:

„Laßt dem Processe seinen Lauf,

„Ich schwör euch, endlich durchzudringen;

,,Doch

Herr ich hör es schon; ich will das Geld gleich bringen. Kunz borgt manch Capital. Fünf Jahre währt der Streit; Allein, warum so lange Zeit?

Dieß, Leser, kann ich dir nicht sagen,

Du mußt die Rechtsgelehrten fragen.

Ein lehtes Urtheil kömmt. O seht doch, Kunz gewinnt!

Er hat zwar viel dabey gelitten;

Allein was thuts, daß Haus und Hof verstritten,

Und Haus und Hof schon angeschlagen sind?

Genug, daß er den Rein gewinnt.

O! ruft er, lernt von mir den Streit aufs höchfte treiben, Ihr seht ja, Recht muß doch Recht bleiben.

Beispiel 2.

Das Schicksal. (ib. S. 121.)

O Mensch! was strebst du doch den Rathschluß zu ergründen, Nach welchem Gott die Welt regiert?

Mit endlicher Vernunft willst du die Absicht finden,
Die der Unendliche bey seiner Schickung führt?
Du siehst ben Dingen, die geschehen,

Nie das Vergangne recht, und auch die Folge nicht;
Und hoffest doch den Grund zu sehen,

Warum das, was geschah, geschicht?

Die Vorsicht ist gerecht in allen ihren Schlüssen.
Dies siehst du freylich nicht bey allen Fällen ein; .
Doch wolltest du den Grund von jeder Schickung wissen:
So müßtest du, was Gott ist, seyn.

Begnüge dich, die Absicht zu verehren,
Die du zu sehn, zu blöd am Geiste bist;

Und laß dich hier ein jüdisch Beyspiel lehren,

Daß das, was Gott verhängt, aus weisen Gründen fließt, Und, wenn dirs grausam scheint, gerechtes Schicksal ist.

Als Moses einst vor Gott auf einem Berge trat,
Und ihn von jenem ewgen Rath,

Der unser Schicksal lenkt, um größre Kenntniß bat:
So ward ihm ein Befehl, er sollte von den Höhen,
Worauf er stund, hinab ins Ebne sehen.

Hier floß ein klarer Quell. Ein reisender Soldat
Stieg bey dem Quell von seinem Pferde,
Und trank. Kaum war der Neuter fort:
So lief ein Knabe von der Heerde
Nach einem Trunk an diesen Ort.
Er fand den Geldsack bey dem Quelle,

Der jenem hier entfiel; er nahm ihn, und entwich:
Worauf nach eben dieser Stelle

Ein Greis gebückt an seinem Stabe fchlich.
Er trank, und setzte sich, um auszuruhen, nieder;
Sein schweres Haupt sank zitternd in das Gras,
Bis es im Schlaf des Alters Last vergaß.
Indessen kam der Reuter wieder,
Bedrohte diesen Greis mit wildem Ungestüm,
Und forderte sein Geld von ihm.

Der Alte schwört, er habe nichts gefunden,
Der Alte fleht und weint, der Reuter flucht und droht,
Und sticht zuletzt, mit vielen Wunden,

Den armen Alten wütend todt.

Als Moses dieses sah, fiel er betrübt zur Erden; Doch eine Stimme rief: Hier kannst du inne werden, Wie in der Welt sich alles billig fügt;

Denn wiß: es hat der Greis, der ist im Blute liegt, Des Knabens Vater einst erschlagen,

Der den verlornen Raub zuvor davon getragen.

Beispiel 3.

Der Maler. (ib. S. 135.)

Ein kluger Maler in Athen,

Der minder, weil man ihn bezahlte,

Als, weil er Ehre suchte, malte,

Ließ einen Kenner einst den Mars im Bilde sehn
Und bat sich seine Meynung aus.

Der Kenner sagt ihm frei heraus,

Daß ihm das Bild nicht ganz gefallen wollte,

Und daß es, um recht schön zu seyn,
Weit minder Kunst verrathen sollte.
Der Maler wandte vieles ein;

Der Kenner stritt mit ihm aus Gründen,
Und konnt ihn doch nicht überwinden.

Gleich trat ein junger Geck herein,
Und nahm das Bild in Augenschein.
O! rief er, bey dem ersten Blicke,
Ihr Götter, welch ein Meisterstücke!
Ach welcher Fuß! O, wie geschickt
Sind nicht die Nägel ausgedrückt!
Mars lebt durchaus in diesem Bilde.
Wie viele Kunst, wie viele Pracht
Ift in dem Helm, und in dem Schilde
Und in der Rüstung angebracht!

Der Maler ward beschämt gerühret,
Und sah den Kenner kläglich an.
Nun, sprach er, bin ich überführet!
Ihr habt mir nicht zu viel gethan.
Der junge Geck war faum hinaus:
So strich er seinen Kriegsgott aus.

Wenn deine Schrift dem Kenner nicht gefällt:
So ist es schon ein böses Zeichen;

Doch wenn sie gar des Narren Lob erhält:
So ist es Zeit, sie auszustreichen.

Beispiel 4.

Gottes Macht und Vorsehung. (ib. S. 440.)

Gott ist mein Lied!

Er ist der Gott der Stärke;

Hehr ist sein Nam, und groß sind seine Werke,

Und alle Himmel sein Gebiet.

Er will und sprichts;

So sind und leben Welten.

Und er gebeut; so fallen durch sein Schelten
Die Himmel wieder in ihr Nichts.

Licht ist sein Kleid,

Und seine Wahl das Beste;

Er herrscht als Gott, und seines Thrones Feste
Ist Wahrheit und Gerechtigkeit.

Unendlich reich,

Ein Meer von Seligkeiten,

Ohn Anfang Gott und Gott in ewgen Zeiten!

Herr aller Welt, wer ist dir gleich?

Was ist und war,

Im Himmel, Erd und Meere,

Das fennet Gott, und seiner Werke Heere

Sind ewig vor ihm offenbar.

Er ist um mich,

Schafft, daß ich sicher ruhe;

Er schafft, was ich vor oder nachmals thue,

Und er erforschet mich und dich.

Er ist dir nah,

Du sitzest oder gehest;

Ob du ans Meer, ob du gen Himmel flöhest:

So ist er allenthalben da.

Er fennt mein Flehn

Und allen Rath der Seele.

Er weiß, wie oft ich Gutes thu und fehle,

Und eilt, mir gnädig beyzustehn.

Er wog mir dar,

Was er mir geben wollte,

Schrieb auf sein Buch, wie lang ich leben sollte,
Da ich noch unbereitet war.

Nichts, nichts ist mein,

Das Gott nicht angehöre.

Herr, immerdar soll deines Namens Ehre,

Dein Lob in meinem Munde seyn!

Wer kann die Pracht

Von deinen Wundern fassen?

Ein jeder Staub, den du hast werden lassen,
Verkündigt seines Schöpfers Macht.

Der kleinste Halm

Ist deiner Weisheit Spiegel.

Du, Luft und Meer, ihr Auen, Thal und Hügel,
Ihr seyd sein Loblied und sein Psalm!

Du tränkst das Land,

Führst uns auf grüne Weiden;

Und Nacht und Tag, und Korn und Wein und Freuden
Empfangen wir aus deiner Hand.

Kein Sperling fällt,

Herr, ohne deinen Willen;

Sollt ich mein Herz nicht mit dem Troste stillen,

Daß deine Hand mein Leben hält?

Ift Gott mein Schutz,

Will Gott mein Retter werden:

So frag ich nichts nach Himmel und nach Erden,
Und biete selbst der Hölle Truh.

Beispiel 5.

In Krankheit. (ib. S. 473.)

Ich hab in guten Stunden
Des Lebens Glück empfunden,
Und Freuden ohne Zahl:
So will ich denn gelassen
Mich auch in Leiden fassen;
Welch Leben hat nicht seine Quaal?

Ja, Herr, ich bin ein Sünder,
Und stets strafst du gelinder,
Als es der Mensch verdient.
Will ich, beschwert mit Schulden,
Kein zeitlich Weh erdulden,
Das doch zu meinem Besten dient?

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