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Wie weit die Barbaren in ihrer Wuth gestiegen;

Und dennoch hab ich stets vor Furcht und Gram geschwiegen.

Vor diesem, wenn Lucil von Versen übel sprach,
So schlich ihm unvermerkt mein junger Satyr nach,
Und ris, durch Zorn beherzt, dem Spötter der Gedichte,
Mit ungestrafter Hand, die Larve vom Gesichte.
Das aber wagt ich nur, als ich ein Jüngling war:
Mein reifender Verstand bemerkte die Gefahr.
Mein scheuer Satyr sah das klägliche Geschicke,
Das Vers und Wahrheit traf; bestürzt wich er zurücke,
Warf seine Geißel hin, und fluchte seiner Kunst.
Die Muse winkte mir und hielt mir ihre Gunst
Und mein Versprechen vor; sie drohte mich zu hassen,
Verhieß und bat. Umsonst! Ich schwur, sie zu verlassen;
Ich schwur, und hielt es auch. Doch endlich siegt die Pflicht;
Ich breche meinen Schwur, und schweige länger nicht;
Die größten Fehler sucht, durch freches Splitterrichten,
Der schönsten Poesie der Tadler anzudichten.

Will ein erhabner Geist, ein zweyter Lohenstein,
Des Phöbus Hofpoet und erster Günstling seyn,
Und der geneunten Zahl, mit reingewaschner Lippe,
Im gläserhellen Quell des Pferdebrunns Enippe,
Der Andacht Weihrauch streun; bricht sein erhitzter Muth,
Beschwängert von der Kunst, durch Flammen, Blitz und Glut;
Ruft er der Schwefelbrunft der donnerharten Flammen,
Und ruft Megärens Zunft, und ruft den Styr zusammen;
Tanzt er auf Stelzen her, wenn er Gewitter wälzt
Und eine Feuersbrunst des Herzens Marmor schmelzt;
Läßt er rund um sich her des Unglücks Nordlicht glänzen;
Lacht er in Gleichnissen, seufzt Chrien, weint Sentenzen:
So kommt ein Zoilus, und ruft: „Der Dichter schwillt!
„Sein ganzer Vers ist Rauch, sein Kopf mit Dunst erfüllt,
Seht wie er die Vernunft in Demantketten führet,

Im Paroxysmus singt, und Oden phantasiret."

So gehe es auch dem bilder- und blumenreichen Seladon, der seine Lalage besinge, drum ruft er die Musen zur Rache auf gegen die, welche uns den Reim, den Wiß der Verse, entreißen wollen, in dem alle Kunst des Dichtens liege.

Die Wahrheit schüßt den Saß. Nehmt einen Todtenfluch, Ein buntes Quodlibet, das schönste Liederbuch,

Das zärtlichste Sonnet, das längste Hochzeitcarmen;

Und streicht die Reime weg. Was bleibt! Nicht ohn Erbarmen
Hört ihr, so lieblich es erst in die Ohren fiel,
Nur Scherze, sonder Kraft, ein frostigs Wörterspiel,
Ein abgenutztes Nichts, das immer wiederkehret;
Und ein Geschwäß, das man beim Pöbel besser höret.

Bewundert ehrfurchtsvoll des Reimes Zauberkraft,

Der Bücher voller Schall aus einem Nichts erschafft!

,,Der Reim? Wie? Dieser Zwang, der das Gedicht entseelet?"
So wirft ein Tadler ein. Der Henker, der uns quälet,
,,Der Ordnung und Verstand auf seine Folter streckt,
,,Die Wörter radebrecht, dem Dichter Angst erweckt,
,,Selbst den geduldigsten der Leser oft ermüdet,

,,Der Wahrheit und Natur in schwere Fesseln schmiedet.
„Das Feuer,,Frevler, schweig! Des Zwanges Mühsamkeit
Bringt gegen ihn dich auf, und was du sprichst, ist Neid.
Wie sollte wohl der Reim Verstand und Ordnung hindern,
Der Wahrheit Abbruch thun und Geist und Feuer mindern?
Geh! Zähle selber nach! Sich! viele reimen nicht,
Von denen alle Welt aus einem Munde spricht,
Daß sie den größten Schmuck aus alten Dichtern stehlen,
Daß ihnen Feuer, Geist, Versand und Ordnung fehlen;
Sie reimen gleichwohl nicht. Daß zwar so mancher sißt,
Und voll Verzweifelung bey seinem Hübner schwißt,
Ein Duhend Federn kaut, die Hände kläglich ringet,
Und doch, nach langer Quaal, kein glücklichs Wort erzwinget,
Das hinten reimen muß; das alles glaub ich dir,
Das alles geb ich zu: ich seh es wohl an mir.
Was ist es aber mehr? Ein inniges Ergehen,
Wenn man den Reim erhascht, weis alles zu ersehen.

Wie oft, wie glücklich zerrt des Reims geheime Macht
Den schönsten Einfall her, an den man nie gedacht!
Gesetzt, es schlösse sich der erste Vers mit Wonne:
So fällt ein kluger Kopf gleich auf die liebe Sonne.
Er denket weiter nach; er folgt der edlen Spur,
Beschreibt den ganzen Bau der wirkenden Natur,
Erwischt den großen Bär, besinnt sich auf Callisten,'
Verflucht die Eifersucht, beseufzet, daß die Christen,

1. Kallista, Tochter des Nyktrus (Cetrus, Lykaon) Jägerinn, hatte der Diana ewige Jungfraufchaft gelobt, aber doch der Liebe Jupiters nicht widerstchen

(Gleich brachte mich der Reim auf unser Christenthum,) Beseufzet, daß die Welt so wenig nach dem Ruhm Vergnügter Ehe strebt, und saget uns zur Lehre,

Daß sich ein Mädchen leicht in einen Bär verkehre.

Er zeigt noch wie kraftlos scandirte Verse ohne Reim klängen und wie anders, wenn der Reim ihnen aufhelfe und schließt:

Gesteht es, daß allein

Der Reim den Dichter macht! fangt an, euch zu befehren!
Versöhnt der Musen Zorn, und lernt den Reim verehren!

Es lebe, was sich reimt! Schon stimmt mir Deutschland bey,
Daß ein geschickter Reim der Dichtkunst Kleinod sey.

Ich kann zu meinem Ruhm die Schußschrift nun vollenden;
Denn, wem die Wahrheit hilft, der hat den Sieg in Händen.

Beispiel 2.

Aus dem:,,Versuch eines deutschen Wörterbuchs."
(Th, II. S. 232.)
Ewig.

Ist ein Wort, welches ein jeder nach seinem Gutbefinden, und so braucht, wie er es für seine Umstände am zuträglichsten hält. Eine ewige Treue zuschwören, wird gemeiniglich bey Verlobten vier Wochen vor der Hochzeit gehört; allein diese Ewigkeit dauert auch gemeiniglich nicht länger, als höchstens vier Wochen darnach, und im leßtverwichnen Herbste habe ich einen jungen Ehemann gekannt, dessen ewige Treue nicht länger als vierundzwanzig Stunden gewährt hat.

Ewig lieben, ist noch vergänglicher und eigentlich nur eine poetische Figur. Zuweilen findet man dergleichen noch unter unverheuratheten Personen, und es kömt hierbey auf das Frauenzimmer sehr viel an, wie lange eine dergleichen ewige Liebe dauern soll. Denn man will Exempel wissen, daß eine solche verliebte Ewigkeit auf einmal aus gewesen sey, so bald ein Frauenzimmer aufgehört habe, unempfindlich zu seyn, und angefangen, eine ewige Gegenliebe zu fühlen.

Wie es mit der Liebe ist, so ist es oftmals mit der Freundschaft auch. Ich erinnere mich, daß ich in einer Gesellschaft, wo sehr stark getrunken ward, an einem Abende drey ewige Freundschaften überlebt habe.

können und wurde nach Junos Willen von Diana erschossen und von Jupiter als „großer Bär“ unter die Sterne verseßt, nach anderen als „Bärinn,“ welche vom eignen Sohne „Arkas“ als kleinen Bären verfolgt wird.

Wenn es hoch köm̃t, so hält eine dergleichen ewige Freundschaft nicht länger wieder, als der Rausch, welcher Schuld daran ist: denn ceffante caufa, ceffat effectus.

Einen ewigen Frieden schließen, ist ein Gallicismus, bedeutet in der französischen Sprache so viel, als bey uns ein Waffenstillstand, und mit einem Worte, ein Friede, welcher nicht länger dauert, als man seinen Vortheil dabey sieht.

Sich verewigen, ist unter einigen Gelehrten eine gewisse Bewegung der rechten Hand, von der linken zur rechten Seite, welche ohne Zuthun der Seele und des Verstandes etwas auf weißes Papier schreibt und es dem Drucker übergiebt. Die Schlüssel zur Ewigkeit also hat der Seher, und sie bestehen aus gewissen bleyernen Buchstaben, welche mit schwarzer Farbe bestrichen, und auf ein weißes Papier gedruckt werden.

Nach der Ewigkeit Breben, (siehe Unsterblichkeit) besteht in einer gewissen Krankheit, welche nicht sowohl dem Patienten selbst, als vielmehr andern, beschwerlich ist. Gemeiniglich überfällt sie junge Leute und verliert sich bey zunehmendem Alter; doch geschieht es zuweilen, daß auch alte Männer damit behaftet sind, und alsdann ist sie nicht allein desto gefährlicher, sondern auch allen denen ganz unerträglich, welche einem solchen Patienten nicht ausweichen können. Starke und scharfe Mittel dagegen sind nicht zu rathen, weil alsdann der Parorysmus nur stärker und heftiger wird, und hierinnen haben dergleichen Kranke sehr viel Aehnliches mit wahnwißigen Personen, welchen man auch nicht widersprechen darf, ohne ihr verderbtes Gehirn noch mehr zu erhitzen. Das beste Mittel da wider soll dieses seyn, wenn man, so oft sich eine dergleichen preßhafte Person in der menschlichen Gesellschaft blicken läßt, dennoch, ungeachtet des großen Geräusches, das mit dergleichen Krankheit verknüpft ist, nicht thut, als ob man sie hörte, oder sähe, oder das Geringste von ihnen wüßte, auch ihren Namen bey keiner Gelegenheit nennt, mit einem Worte, weder Gutes noch Böses von ihnen spricht. Das Recept mag nicht unrecht seyn. Ueber die eigentlichen Ursachen dieser Krankheit sind die Arz neyverständigen unter einander noch sehr streitig. Einige halten sie wegen der wunderlichen Geberden, die der Kranke macht, und weil sie, wie andre epidemische Krankheiten, zu gewisser Zeit und oft wiederkömt, für eine Art der fallenden Sucht, zumal, da sie ange merkt haben, daß sie dadurch gehemmt werde, wenn man den Patienten. den rechten Daum ausbricht, wie es bey der fallenden Sucht gebräuchlich ist. Andre glauben, sie komme von einer verderbten Galle her. Galen hält sie für nichts anders, als für einen heftigen Magenkrampf, und der selige Herr geheime Rath Hofmann in Halle nennt sie das Autorfieber, im dritten Kapitel seiner Abhandlung von gelehrten Seuchen.

Beispiel 3.

Aus: Antons Panßa von Mancha Abhandlung von Sprüchwörtern, wie solche zu verstehen und zu gebrauchen sind. Dem Verfasser zum Besten, und dem Leser zur Erbauung ans Licht gestellt.

Jung gewohnt, alt gethan. (Th. IV. S. 128.)

Ich bin noch bis auf gegenwärtige Stunde ungewiß, ob ich dieses Sprüchwort für wahr halten oder glauben soll, daß es, wo nicht gar ungegründet, doch bey uns wenigstens ganz aus der Mode gekommen sey.

Alle Weltweisen, in der unendlichen langen Reihe, vom großen So: crates bis auf unsern kleinen - - - -' tummeln sich mit dieser alten Wahrheit, an der sie innerlich selbst zweifeln, weil ein Philosoph gar selten die moralischen Wahrheiten glaubt, die er andern lehrt.

Und wo soll ich den Beweis von der Wahrheit dieses Sprüchworts hernehmen, wenn mir die Philosophen heucheln, wenn mir die Aufführung der halben Welt bezeuget, daß man es für ungegründet hält, und wenn ich so viel Menschen vor mir sehe, die in ihrem Alter etwas ganz anders thun, als sie in ihrer Jugend gewohnt gewesen sind?

Glaubte die Welt, daß die ersten Angewohnheiten der Jugend einen unvermeidlichen Einfluß in den übrigen Theil des Lebens hätten; so wür den diejenigen, denen die Natur, oder die Obrigkeit, die Erziehung der Jugend auferlegt, sehr unverantwortlich handeln, daß sie die Pflichten mit der Gleichgültigkeit erfüllen, die man fast in allen Familien und in den meisten Schulen wahrnimmt. Weil aber die Welt diese Folgen nicht glaubt; so ist es sehr billig diesen Leichtsinn zu entschuldigen, der ohnedem nur eine Art des Wohlstandes und eine Hauptregel von derjenigen Kunst geworden ist, die heut zu Tage die Kunst zu leben heißt. Ich habe schon bey einer andern Gelegenheit das Vergnügen gehabt, die Einsicht der Menschen zu loben, welche sich die Pflichten der Erziehung so bequem zu machen wissen, und der guten Natur alles überlassen, ohne sich mit einer vorwitzigen Verwegenheit in ihre Wirkung zu mengen.

Wie mühsam ist man, junge Hunde zur Jagd, junge Pferde zur Pracht und zum Nußen und verschiedene Thiere in Zeiten an Bewegungen und Töne zu gewöhnen, die uns beluftigen können! Es würde ganz vergebens seyn, dergleichen Unterweisungen alsdann erst vorzunehmen, wenn diese Geschöpfe zu alt geworden sind; ja es würde gar lächerlich seyn, wenn man diese Sachen und Dienste von ihnen fordern wollte, ohne sie dazu anzugewöhnen Alles dieses räume ich ein, aber was will man daraus folgern? Etwan dieses, daß man mit der Jugend auch so müh

1. Eine jede philosophische Secte hat die Freyheit diese Lücke auszufüllen.

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