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XXV.

VATER UND SOHN*.

DE's reichen Pachters Kind, der hoff

nungsvolle Sohn,

Studirt und promovirt im dritten Jahre schon,

Und kömmt von Erfurt, o welch Glücke !
Mit einem grossen D zurücke.

Der beste Schöps mufs an den Spiels,
Und wer im Städtchen Vetter hiess,
Der lief, als er das Ding vernommen,
Und schrie: Herr Doktor, seyd willkommen!

Der Ruhetag folgt auf den Schmaus; Da packte der Herr Doktor aus,

Und zog ein Buch hervor, vor dessen

Gröfs' und Schwere

Der Vater fast gelaufen wäre.

* Vid. Joh. Flitneri Jocos. Nequit. Censura, Od. 3. p. 17.

Ey, rief er, Kind! ich bitte dich, Was hält diefs dieke Buch in sich?

Diels Buch, versetzt' der Sohn, und seines Körpers Bürde

Ist Schuld an meiner Doktorwürde..
O das Buch ist ein Buch! denn, lieber
Vater! wilst,

Dafs es das Corpus Juris ist.

Die grofsgedruckte Schrift, im Mittelpunkt der Seiten,

Das heifst der Text, und hat gar wenig zu bedeuten;

Allein der kleine Druck, am Rande hier und da,

Das sind die Glossen, Herr Papa,
Die von Juristenfintchen handeln :
Der Kern des ganzen Rechts, das Ränk'
und Griffe lehrt,-

Wodurch sich Recht in Schuld verkehrt,
Dadurch wir schwarz in weifs, und weifs

in schwarz verwandeln.

Der Vater merkte sich das Ding, Bis Nachmittags der Sohn zu seinen Freunden ging.

Er hatte kaum die Thür in Händen,

Da gürtete daheim der Vater seine Lenden,

Fiel, ohne Scham und Scheu vor dem

Justinian,

Mit einer Scher', o Trotz! das Corpus Juris an,

Und schnitt mit einer Wuth, auf die ich selber fluche,

Die Glossen aus dem ganzen Buche.

Da hatte keine Gnade Statt,

Die Schere schnitt von Blatt zu Blatt.

Itzt kömmt der Sohn zurück. Er tritt in seine Stube,

Und glaubt, er sehe sich in einer Mörder

grube ;

Da lag der halbe Rumpf von dem Akur

sius

Und dort des Baldus rechter Fuls;

Das Aug' entdeckte hin und wieder
Zerstümmelte Legisten-Glieder.

Ach Vater! hub er endlich an,
Und sagt', was hab' ich euch gethan?
Wär' ich nicht Kind, bey meiner Ehre!

Gemach! versetzt der Alte, höre, Du handelst wunderlich, wenn dich das Ding verdriefst :

Durch diese deine feine Glossen,

Juristenfintchen, Ränk' und Possen

Hab' ich ein schön Stück Feld vor kurzem eingebüfst.

Hätt' ich die Schere nicht voritzt zur Hand

genommen,

Wir wären noch zuletzt um Haus und

Hof gekommen.

XXVI.

DER BOCK UND DER BÄR.

EIN

junger Bock, schnell als ein Reh, Verliefs aus Lüsternheit die Herde, Und stieg mit witziger Geberde An den Gebirgen in die Höh'.

Hier fand sich eine tiefe Höhle;
In diese wagte sich der Thor,
Und plötzlich fuhr ein Bär hervor:
O wie erschrak des Geisbocks Seele!

Was thust du hier? so sprach der Bär. Ich lief, versetzt der Bock, voll Schrecken, Mich vor dem Löwen zu verstecken, Und seht! da kömmt er selber her.

Der Bär erschrak, und lief zurücke:
So schüchtern ist ein Bösewicht!
Der Geisbock lief mit gleichem Glücke
Ins Thal. Nothlügen schadet nicht.

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