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Du bist ewig! Kein endlicher Geist hat das Zürnen der Gottheit,
Keiner je, den Unendlichen tödtend mit ewigem Tode,

Ganz gedacht, und keiner empfunden. Gott nur vermochte
Gott zu versöhnen. Erhebe dich, Richter der Welt! Hier bin ich!
Tödte mich, nimm mein ewiges Opfer zu deiner Versöhnung.
Noch bin ich frey, noch kann ich dich bitten; so thut sich der
Himmel

Mit Myriaden von Seraphim auf, und führet mich jauchzend,
Vater, zurück in Triumph zu deinem erhabenen Throne!
Aber ich will leiden, was keine Seraphim fassen,
Was kein denkender Cherub in tiefen Betrachtungen einsieht;
Ich will leiden, den furchtbarsten Tod ich Ewiger leiden!
Weiter sagt er, und sprach: Ich hebe gen Himmel mein Haupt
auf,

Meine Hand in die Wolken, und schwöre dir bey mir selber,
Der ich Gott bin, wie du: Ich will die Menschen erlösen.

Jesus sprachs, und erhub sich. In seinem Antlitz war Hoheit, Seelenruh, und Ernst, und Erbarmung, als er vor Gott stand. Aber unhörbar den Engeln, nur sich und dem Sohne vernommen,

Sprach der ewige Vater, und wandte sein schauendes Antlitz
Nach dem Versöhner hin: Ich breite mein Haupt durch die
Himmel,

Meinen Arm aus durch die Unendlichkeit, sage: Ich bin
Ewig und schwöre dir, Sohn: Ich will die Sünde vergeben.
Also sprach er, und schwieg. Indem die Ewigen sprachen,
Ging durch die ganze Natur ein ehrfurchtvolles Erbeben.
Seelen, die jetzo wurden, noch nicht zu denken begannen,
Zitterten, und empfanden zuerst. Ein gewaltiger Schauer
Fasste den Seraph, ihm schlug sein Herz, und um ihn lag war-

tend,

Wie vor dem nahen Gewitter die Erde, sein schweigender Weltkreis.

ΙΟ

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Sanftes Entzücken kam allein in der künftigen Christen
Seelen, und süssbetäubend Gefühl des ewigen Lebens.
Aber sinnlos, und zur Verzweiflung nur noch empfindlich,
Sinnlos, wider Gott was zu denken, entstürzten im Abgrund

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Ihren Thronen die Geister der Hölle. Da jeder dahinsank,
Stürzt auf jeden ein Fels, brach unter jedem die Tiefe
Ungestüm ein, und donnernd erklang die unterste Hölle.
Jesus stand noch vor Gott; und jetzt begannen die Leiden
Seiner Erlösung, ein Vorgefühl, so in furchtbarer Nähe

Gränzt an das wirkliche: Wie, ihn zu richten, Gott von des Throns Höhn

Kommen, mit Schuld ihn belasten der Spruch der verworfensten
Menschen,

Er, mit Blute beströmt, den Tod der Kreuzigung sterben
Würd' auf Golgatha. Gabriel lag in der Fern' auf dem Antlitz
Tiefanbetend, von neuen Gedanken mächtig erhoben.
Seit den Jahrhunderten, die er durchlebt, so lang' als die Seele
Sich die Ewigkeit denkt, wenn sie dem Leib' in Gedanken
Schnelles Fluges entfleugt, seit diesen Jahrhunderten hatt' er
So erhabne Gedanken noch nie empfunden. Die Gottheit,
Ihre Versöhnten, die ewige Liebe des göttlichen Mittlers,
Alles eröffnet sich ihm. Gott bildete diese Gedanken

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In des Unsterblichen Geiste. Der Ewige dachte sich jetzo,
Als den Erbarmer erschaffner Wesen. Der Seraph erhub sich,
Stand, und erstaunt', und betet', und unaussprechliche Freuden
Zitterten durch sein Herz, und Licht und blendendes Glänzen
Ging von ihm aus. Die Erde zerfloss in himmlische Schimmer
Unter ihm hin, so dacht' er. Ihn sah der göttliche Mittler,
Dass er den Gipfel des ganzen Gebirgs mit Klarheit erfüllte.
Gabriel, rief er, hülle dich ein, du dienst mir auf Erden!
Mache dich auf, diess Gebet vor meinen Vater zu bringen,
Dass die edelsten unter den Menschen, die seligen Väter,
Dass der versammelte Himmel der Zeiten Fülle vernehme,
Die er mit innigem, heissem Verlangen verlangte. Dort leuchte,
Als der Gesendete Jesus, des Mittlers, im Glanze der Engel!
Schweigend, mit göttlichheitrer Geberd', erhub sich der Seraph. 30.
Jesus schaut' ihm vom Oelberg nach. Der Göttliche sah schon,
Was der Seraph that, an dem Throne der Herrlichkeit Gottes,
Eh der eilende noch des Himmels Sonnen erreichte.

Jetzo erhuben sich neue, geheimnissvolle Gespräche

Zwischen ihm und dem Ewigen, schicksalenthüllendes Inhalts,

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Heilig, und furchtbar, und hehr, voll nie gehoffter Entscheidung, Selbst Unsterblichen dunkel, Gespräche von Dingen, die künftig Gottes Erlösung, vor allen Erschaffnen, verherrlichen werden.

Unterdess eilte der Seraph zum äussersten Schimmer des Himmels

Wie ein Morgen empor. Hier füllen nur Sonnen den Umkreis ;
Und, gleich einer Hülle gewebt aus Strahlen des Urlichts,
Zieht sich ihr Glanz um den Himmel herum. Kein dämmernder

Erdkreis

Naht sich des Himmels verderbendem Blick. Entfliehend und

ferne

Geht die bewölkte Natur vorüber. Da eilen die Erden
Klein, unmerkbar dahin, wie unter des Wanderers Fusse
Niedriger Staub, von Gewürme bewohnt, aufwallet, und hinsinkt.
Um den Himmel herum sind tausend eröffnete Wege,
Lange, nicht auszusehende Weg', umgeben von Sonnen.

ΙΟ

Durch den glänzenden Weg, der gegen die Erde sich wendet,
Floss, seit ihrer Erschaffung, am Fuss des Thrones entspringend
Einst nach Eden ein Strom der Himmelsheitre herunter.
Über ihm, oder an seinem Gestad' erhoben von Farben,
Gleichend den Farben des Regenbogens, oder der Frühe,
Kamen damals Engel, und Gott, zu vertraulichem Umgang,
Zu den Menschen. Doch schnell ward der Strom herüber gerufen, 20
Als durch Sünde der Mensch zu Gottes Feinde sich umschuf.
Denn die Unsterblichen wollten nicht mehr, in sichtbarer Schön-
heit,

Gegenden sehn, die vor ihnen des Todes Verwüstung entstellte.
Damals wandten sie schauernd sich weg. Die stillen Gebirge,
Wo noch die Spur des Ewigen war; die rauschenden Haine,
Welche vordem das Säuseln der Gegenwart Gottes beseelte;
Selige, friedsame Thäler, sonst von der Jugend des Himmels
Gern besucht; die schattigen Lauben, wo ehmals die Menschen,
Überwallend von Freuden und süssen Empfindungen, weinten,
Dass Gott ewig sie schuf; die Erde trug des Fluches
Lasten jetzt, war ihrer vordem unsterblichen Kinder
Grosses Grab. Doch dereinst, wenn die Morgensterne verjünget
Aus der Asche des Weltgerichts triumphirend hervorgehn;

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Wenn nun Gott die Kreise der Welten mit seinem Himmel

Durch allgegenwärtiges Anschaun alle vereinet,

Dann wird auch der ätherische Strom von dem himmlischen

Urquell

Wieder mit hellerer Schöne zum neuen Eden sich senken.

Nie wird dann sein Gestade von hohen Versammlungen leer seyn,
Die zu der Erde, Gespielen der neuen Unsterblichen, wallen.
Diess ist der heilige Weg, mit welchem Gabriel fortging,
Und von fern dem Himmel der göttlichen Herrlichkeit nahte.
Mitten in der Versammlung der Sonnen strahlet der Himmel,
Rund, unermesslich, des Weltgebäus Urbild, die Fülle
Jeder sichtbaren Schönheit, die sich, gleich flüchtigen Bächen,
Ringsum durch den unendlichen Raum nachahmend ergiesset.
Wenn er wandelt, ertönen von ihm, auf den Flügeln der Winde,
An die Gestade der Sonnen des wandelnden Harmonieen
Rauschend hinüber. Die Lieder der göttlichen Harfenspieler
Schallen mit Macht, wie beseelend, darein. So vereiniget,
schweben

ΙΟ

Töne vor dem, der das Ohr gemacht hat, und Preise vorüber.
Wie sein freudiger Blick an seiner Werke Gestalten
Sich ergetzt, so vergnügten sein Ohr die Gesänge des Himmels.
Die du himmlische Lieder mich lehrst, Gespielin der Engel, 20
Seherin Gottes, du Hörerin hoher unsterblicher Stimmen,
Melde mir, Sionitin, das Lied, das die Engel itzt sangen.

Sey uns gegrüsst, du heiliges Land der Erscheinungen Gottes! Hier erblicken wir Gott, wie er ist, wie er war, wie er seyn wird, Siehe, den Seligen ohne Verhüllung, nicht in der Dämmrung Fern nachahmender Welten. Dich schauen wir in der Versammlung

Deiner Erlösten, die du auch würdigst des seligen Anblicks.
Ach unendlich vollkommen bist du! Zwar nennt dich der Himmel,
Und der Unaussprechliche wird Jehovah geheissen!
Unser Gesang lebendig durch Kräfte der Urbegeistrung

Suchet dein Bild, doch umsonst; auf deine Verklärung gerichtet,
Können Gedanken sich kaum von deiner Gottheit besprechen.
Ewiger, du bist allein in deiner Grösse vollkommen!

Jeder Gedanke, mit dem du dich selbst, o Erster, durchschauest,

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Ist erhabner, ist heiliger, als die stille Betrachtung,

Auf erschaffene Dinge von dir hernieder gelassen.

Dennoch entschlossest du dich, auch ausser dir Wesen zu sehen, Und auf sie den beseelenden Hauch hernieder zu lassen.

Erst erschufst du den Himmel, dann uns, die Bewohner des Himmels.

Fern wart ihr da von eurer Geburt, du jüngerer Erdkreis,
Und du Sonn', und du Mond, der seligen Erde Gefährten.
Erstgeborner der Schöpfung, wie war dir bey deinem Hervorgehn,
Da, nach undenkbarer Ewigkeit, Gott zu dir sich herabliess,
Dann zu der Stäte dich der Herrlichkeit kohr, und des An- 10
schauns?

Dein unermesslicher Kreis heraufgerufen zum Daseyn

Bildete sich zu seiner Gestalt; die schaffende Stimme

Wandelte noch mit dem ersten Getöse krystallener Meere ;

Ihre Gestade, die sich, wie Welten, zusammengebirgten,
Hörten sie; noch kein Unsterblicher nicht! Da standest du,
Schöpfer,

Auf dem neuen erhabenen Thron dich selber betrachtend,
Einsam, und ernst. O jauchzt der denkenden Gottheit entgegen !
Damals, ja damals erschuf er euch, Seraphim, Geistergeschöpfe,
Voll von Gedanken, voll mächtiger Kraft, die Gedanken des
Schöpfers,

Die er in euch von sich selber erschafft, anbetend zu fassen. 20 Halleluja, ein feyrendes Halleluja, o Erster,

Sey dir von uns unaufhörlich gesungen! Zur Einsamkeit sprachst du:
Sey nicht mehr! und den Wesen: Entwickelt euch! Halleluja!
Unter dem Liede, das nach dem Dreymalheilig der Himmel
Allzeit singet, hatte des Mittlers heiliger Bothe

Eine der nächsten Sonnen am Himmel leuchtend betreten.
Überall schweigen die Seraphim jetzt, und feyren den Anblick,
Welcher, des Preisgesangs Belohner, von Gott auf sie strahlte.
Und sie erblickten den helleren Seraph am Sonnenmeer. Gott
Schaut' auf ihn, der Himmel mit Gott. Er betete knieend.
Zweymal die Zeit, in der ein Cherub den Namen Jehovah,
Tief in Gebet, und das Dreymalheilig der Ewigkeit ausspricht,
Würdiget ihn des Anschauns Gott. Dann eilet der Thronen

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