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fragte der Beherrscher voller Verwunderung. Scheinet auch die Sonne auf jene Erde? — O ja! — Regnet es dort? — Aller= dings! Sonderbar! Giebt es auch zahme, krautfreffende Thiere dort?—Von mancherlei Art. — Nun, sprach der Beherrscher, so wird wohl das allgütige Wesen, um dieser unfchuldigen Thiere willen, in eurem Lande die Sonne scheinen und regnen laffen. Ihr verdientet es nicht.

Engel.

Unterredung eines Weltweisen mit einem Rabbi.

Ein Weltweiser sprach zu einem Rabbi : Euer Hott nennet sich in seiner Schrift einen Eiferer, der keinen andern Gott neben sich dulden kann, und giebt bei allen Gelegenheiten fei= nen Abscheu wider den Gößendienst zu erkennen. Wie kommt es aber, daß er mehr die Anbeter der Gößen, als die Gößen selbst zu haffen scheint ? -- Ein gewiffer Fürst, antwortete der Rabbi, soll einen ungehorsamen Sohn haben. Unter andern nichtswürdigen Streichen mancherlei Art hat er die Niedertråchtigkeit, seinen Hunden des Vaters Namen und Titel zu geben. Soll der Fürst auf den Prinzen, oder foll er auf die Hunde zürnen? Wenn aber Gott die Gößen ausrottete, er= wiederte jener, so würde weniger Gelegenheit zur Verführung seyn. — Ja, versezte der Rabbi, wenn die Thoren blos Dinge anbeteten, an welchen weiter nichts gelegen wårc. Allein sie beten auch Sonne, Mond, Gestirne, Flüsse, Feuer, Luft, u. d. g. an. Soll der Schöpfer, um dieser Thoren willen, seine Welt zu Grunde richten? Wenn jemand Getraide stichlt und es einfact; foll das Getraide nicht aufschießen, weil es gestohlen ift? Soll eine fündliche Beiwohnung darum nicht fruchtbar fein, weil sie fündlich ist? O nein! der weise Schöpfer läßt der von ihm selbft so wohlgeordneten Natur ihren Lauf. Der

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Unvernünftige, der sie mißbraucht, wird schon zur Rechenschaft gefordert werden.

Wider die Vergeltung nach dem Tode machte ihm der Weltweise folgenden Einwurf. Wenn Leib und Seele getrennt sind, wem wird die Schuld der begangenen Sünden zugerechnet? Tem Leibe wahrlich nicht; denn dieser liegt, wenn die Seele Abschied nimmt, wie ein Erdklos da, und würde, ohne die Seele, auch nie haben fündigen können. — Und die Seele? Ohne das Fleisch würde sie sich eben so wenig mit der Sünde befleckt haben. Sie schwebt in der reinsten åtherischen Luft, so bald sie durch den Leib nicht mehr an die Erde gefeffelt ift. Welches von beiden soll also der Gegenstand der göttlichen Gerechtigkeit seyn?

Die Weisheit Gottes, antwortete-der Rabbi, fennet zwar allein die Wege seiner Gerechtigkeit. Indeffen ist dem Sterblichen zuweilen vergönnt, auf die Spur davon zu kommen. Je= ner Hausherr hatte in seinem Obftgarten zween Sklaven, da= von der eine lahm und der andere blind war. Dort sehe ich köftliche Früchte, sprach der Lahme zum Blinden, an den Båu= men hangen. Nimm mich auf deine Schulter; wir wollen davon brechen. Dies thaten sie und beftahlen ihren Wohlthäter, der fie, als unbrauchbare Knechte, blos aus Mitleiden er= nåhrte. Er kam und stellte die Undankbaren zur Rede. Jeder schob die Schuld von sich, indem der Eine fein Unvermögen, die Früchte zu sehen, der Andere sein Unvermögen, zu ihnen hinanzukommen, vorschüßte. Was that aber der Hausherr? Er segte den Lahmen auf den Blinden, und strafte sie in der Lage ab, in welcher fie gefündiget hatten. — Se auch der Richter der Welt mit des Menschen Leib und Seele.

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Derselbe.

Der Lehrer und der Schüler.

Der Lehrer. Du willst die Buße verfchieben? — Wohl! So lange es dir gefällt. Nur beßre dich Einen Tag vor dei= nem Tode!

Der Schüler. Weiß ich den Tag, wenn ich sterben werde? Der Lehrer. Wenn du diesen nicht weißt, so ist kein an= derer Rath, als heute noch anzufangen.

Rabbi Akiba.

Derselbe.

Wer seinen Gott liebet, wird die Schuldigkeit einsehen, ihm für das Böfe, das er uns widerfahren läßt, eben so inbrünftig zu danken, als für das Gute. —Unter der tyrannischen Regierung der Griechen ward einst den Israeliten bey Lebensfirafe verboten, in ihrem Gefeße zu lesen. Rabbi Akiba hielt gleichwohl öffentliche Versammlung, und unterwies im Geseze. Ihn fand Pappus, Sohn Juda, und sprach: Akiba! Fürch test du nicht die Drohungen dieser Grausamen? — Ich will dir eine Fabel erzählen, sprach Rabbi A kiba, die mit unfern Umständen viel Ähnliches hat. Der Fuchs ging einst am Ufer des Fluffes auf und nieder, und sah die Fische bald hier bald dort sich zufammerdrången.—Was lauft ihr da so ångstlich umher? fragte der Fuchs. — Die Menschenkinder werfen dort ihre Nege aus, antworteten die Fische, und wir fuchen ihnen zu entkommen. —Wißt ihr was? erwiederte der Fuchs. Kommt zu mir auf's Trockne! Wir wollen an einen sichern Ort ziehen, wo euch kein Fischer nachstellen soll. — Bist du der Fuchs, war ihre Antwort, den man sonst für das klügfte unter den Thieren hålt? Du mußt das cinfåltigste feyn, wenn du uns diesen Rath

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im Ernste ertheileft. Siche! Hier ist für uns das Element des Lebens. Weil wir hier unsicher sind, råthst du uns, in das Element des Todes zu fliehen? Die Anwendung, Sohn Juda! ist leicht. Die Lehre Gottes ist für uns Element des Lebens ; denn so stehet von ihr geschrieben: Sie ist dir Leben und-Långe der Tage. Werden wir gleich in diesem Elemente verfolgt, so müffen wir es darum nicht verlaffen und ins Element des Todes flüchten.

Nicht lange, so ward Rabbi Akiba verrathen, in Verhaft genommen und in einen Kerker gesperrt. Aber Pappus, der Sohn Juda, ward auch verlåumdet, eingezogen und in dasselbe Gefängniß gesezt. Was hat dich hiehergebracht, Pap= pus? fragte Rabbi Akiba. — O wohl dir, Rabbi Akiba! antwortete Pappus, der du leideft, weil du dich der Lehre Gottes angenommen haft; aber wehe dem Pappus, der lei= den muß, weil er sie vernachläßiget hat!

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Rabbi Akiba ward zum Tode geführt. Unter den entfeßlichften Martern, womit sie ihn hinrichteten, kam die Stunde, das: Höre Israel! zu lesen. « Höre Israel! der Herr, unser Gott, ist ein einziger Gott. Und du sollst den Herrn, deinen Goff, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von gauzem Vermögen. In der Vorbereitungsandacht unterwarf sich Rabbi Akiba der göttlichen Regierung mit Freude und kenntlicher Ergebenheit. Seine Schüler verwunderten sich über diese Faffung seines Gemüths unter folchen Qualen. O meine Lieben! sprach ihr Lehrer; zeitlebens habe ich nach der Gelegenheit gebanget, dieses göttliche Gebot halten zu tónnen, den Herrn, meinen Gott von ganzem Herzen und von ganzer Seele zu lieben. Jegt, da sie mir geworden, muß ich sie nicht vernachläßigen. Er weilte so lange bey den Worten: ein einiger Gott! bis sein Geift ihn verließ. Und eine Stimme ließ

sich vom Himmel vernehmen: Wohl dir, Akiba, deffen Geist sich unter solchen Worten emporschwang! Gehe ein zu der ewi= gen Seligkeit, die hier dein Lohn ist!

Derselbe.

Kindesdank und Undank.

Man findet gar oft, wenn man ein wenig aufmerksam ist, daß Menschen im Alter von ihren Kindern wieder eben so behandelt werden, wie sie einft ihre alten und kraftlosen Eltern behandelt haben. Es geht auch begreiflich zu. Die Kinder lernen's von den Eltern; fie sehen's und hören's nicht anders und folgen dem Beispiel. So wird es auf die natürlichsten und sicher= ften Wege wahr, was gesagt wird und geschrieben ist, daß der Eltern Segen und Fluch auf den Kindern ruhe und sie nicht verfehle.

Man hat darüber unter andern zwei Erzählungen, von de= nen die erste Nachahmung und die zweite große Beherzigung

verdient.

Ein Fürst traf auf einem Spazierritt einen fleißigen und frohen Landmann an dem Ackergeschäfte an, und ließ sich mit ihm in ein Gespräch ein. Nach einigen Fragen erfuhr er, daß der Acker nicht sein Eigenthum fey, sondern daß er als Tagelöhner täglich um 15 kr. arbeite. Der Fürst, der für sein schwe= res Regierungsgeschäft freilich mehr Geld brauchte und zu verzehren hatte, konnte es in der Geschwindigkeit nicht ausrechnen, wie es möglich sey, tåglich mit 15 kr. auszureichen, und noch

frohen Muthes dabei zu seyn, und verwunderte sich darü= ber. Aber der brave Mann im 3wilchrock erwiederte ihm : « es wåre mir übel gefehlt, wenn ich so viel brauchte. Mir muß ein Drittheil davon genügen; mit einem Drittheile zahle ich

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