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halten, das ein englischer Dichter, deffen Ader vermuthlich auch die pådagogische Birke geöffnet hatte, ausftieß, als er ein Glas Birken-Champagner trank:

Birke, blutdürftiger, tyrannischer Baum! endlich råch' ich mich an dir. Oft hast du mein Blut getrunken. Sieh — nun trink ich das Deinige. »

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Was die Geißel bei den Bonzen, Flagellanten und Securi= ften zu Båndigung der Leidenschaften beigetragen hat, ist be= kannt. Nur mit gewiffen Leidenschaften soll es ihnen nicht ganz gelungen seyn; diese nahmen nåmlich die Schläge, so wie sie jeder rechtschaffene Kerl nimmt; fie fiengen nun erst recht an zu toben.

Viele Gesetzgeber, unter andern Lycurgus selbst, ließen die Jugend beiderley Geschlechts sich mit Fäuften schlagen und floßen, um dadurch nicht bloß den Körper, sondern auch den Geist geschmeidiger zu machen. Sich boren und denken stand immer in einem Volk beisammen.

Bei den Truppen war der Stock immer das fråftigste Mittel, Ordnung und Maschinerie zu bewirken. Die griechischen und deutschen Alexander bezwangen erst mit dem Stock den Soldaten, und die Soldaten unter dem Schatten desselben die Welt. Die Römer prügelten mit dem Weinstock. Einen Reben= stock erhalten, hieß Hauptmann werden. Während der gemeine Mann das Holz genoß, trank der Oberoffizier den Saft von deffen Traube, und durch beide erhielt Rom die Herrschaft der Welt. Heut zu Tage geht es nicht besser. Was wäre selbst der Marschallstab von Frankreich, wenn er nicht ein Prügel wäre?

In Japan prügelte man die Gößen, die beim Oberpriester die Wache hatten, wenn ihm etwas geschah; und man fand, das es half.

Drisch deine Frau und dein Korn brav durch, sagte Sancho, und alles wird gut gehen.

Die alten Ågyptier malten den Osiris mit einem Stock und einer Peitsche in der Hand, aus gleicher Ursache; und bei den Griechen machte der Stock Künste und Wissenschaften blühen. In der allegorischen Sprache heißt das noch : der Schädel Ju= piters konnte von der Minerva nicht entbunden werden, bis ihm Vulkan einen derben Hieb darauf gab.

Montesquieu erzählt in seinem Werke über die Geseze, daß man bei den alten Persern nicht die Leute, sondern bloß die Kleider mit Stockschlågen bestraft habe, und daß manche sich diesen Schimpf so zu Gemüthe gezogen, daß sie sich das Leben genommen håtten. In Europa herrschte seit jeher ein ganz verschiedener Gebrauch; man prügelt ebenfalls die Kleider, aber man paßt die Zeit ab, da ihr Besiger darin fteckt. Beim Militår herrscht nun ein jenem persischen gerade entgegen gefekter Gebrauch; man zieht nämlich dem Miffethåter die Uniform aus, und peitscht ihn, indeffen die Kleider ruhig liegen, allein. Und doch richteten die Perfer mehr mit ihrer Methode aus, als wir mit der Unsrigen. Den meisten Menschen sind Stra= fen, die aus Schimpf und Schmerz zusammen gesezt sind, nicht so empfindlich, als die aus Schimpf allein bestehen. Die Ursache ist nicht schwer einzusehen. Der Schmerz gibt der Strafe das Ansehen von Rache, und die Rache dem Miffethå= ter ein Ansehen von Wichtigkeit. Auch erweckt Schmerz Mitleiden des Zuschauers, und dieses ist allezeit für den Miffethå= ter aufmunternd. Beim Schimpf ist nichts von dem; er ist der Justiz, was die Verachtung eines Gegners, dem man sich überlegen fühlt, im gemeinen Leben ist.

Bei den Römern waren Stockschläge und Ruthenstreiche so erniedrigend, daß, als Cicero bei Gelegenheit des Gabinius fagte cædebatur virgis Civis Romanus : « Ein Burger von Rom ward mit Ruthen gestrichen,» so weinte das römische Volk.

Die Ohrfeigen flanden nicht ganz so hoch im Preis. Die Geseze der XII Tafeln hatten bloß eine Geldstrafe darauf gesezt, die eben nicht groß war. Daher ein gewiffer Lucius Ve= ratius, ein reicher römischer Bürger, wie Gellius erzählt, zu= weilen auf der Straße spazieren gieng, und allen Menschen die ihm begegneten, Ohrfeigen gab; aber auch augenblicklich die Strafe dafür zahlte. Also auch in Rom gab es Genies.

Chilpericus wurde, wie man sagt, ermordet, weil er seiner Gemahlinn einen Stockschlag gegeben; und Amalaricus verlor sein Königreich und sein Leben aus gleichen Ursachen. Die Ge= mahlinn des leßtern war eine Schwefter Childeberts, Königs von Frankreich.

Vor noch nicht gar langer Zeit gab ein Offizier in Genua einem Padträger einen Stockschlag; dieses brachte Alles in Aufruhr, und das Volk schmiß alle deutsche Soldaten zur Stadt hinaus.

Karl der Große hat in seiner Gefeßsammlung einen gewis= sen Hieb- und Prügel-Tarif mit beigefeßten Strafen einge= rückt. Ein Gefeß darunter klingt eigentlich so : Wer einem Priester ein Stück vom Hirnschådel abschlägt, von der Größe, daß, wenn man damit cinen Schild von Erz anschlägt, man den Schall drey Schritte weit hören kann; so bezahlt er dafür 5 Stüber.

Die manumittirende Ohrfeige war, so wie bei uns noch die lossprechende bei den Handwerken, ein Ehrenschlag; und that so wenig weh, als die Schläge, die die Ritter bekommen.

Die råchende Ohrfeige ist jederzeit bei uns in hohem Werthe gewesen, der sich jedoch nach dem Werthe der Ohren richtet, die fie trifft. Man kann sie austheilen von Null an bis zur Todesstrafe.

So viel ich weiß, unterscheiden die englischen Gefeße dabei, ob die Ohrfeige mit der positiven oder negativen Seite der

Hand gegeben worden ist. Die mit dem Rücken der Hand find nicht so schimpflich und nicht so theuer, vielleicht, weil die mit der flachen Hand gemeiniglich mit größerem Vorsaß gegeben

werden.

Lichtenberg.

Troftgründe für die Unglücklichen, die keine
Original-Genies sind.

Deutschland hat so lange nach Originalköpfen gefeufzt, und jezt, da sie allein im Musenalmanach zu Dußenden sizen; flagt man überall über die Originalköpfe. Keine Meffe gienge mehr wie unter Franz I., der eine hinkte, der andere affettierte ein steifes Knie, der dritte schlüge ein Rad, der vierte Purzelbåume, der fünfte gienge auf Stelzen, der sechste machte den Hasentanz, der siebente hüpfte auf einem Bein, der achte rollte, der neunte ritte sein spanisches Rohr, der zehnte gienge auf den Knien, der elfte kröche, und der zwölfte rutschte. Ich håtte es den Originalköpfen vorher sagen wollen, und ich rathe es allen denen, die es werden wollen, so zu bleiben wie sie sind; denn ich habe immer gemerkt, daß man so mit unserm einfâlti= gen Publikum am weitesten kommt. Ich wollte ein Mal sehen, wer mir etwas sagen will, wenn ich bin, was ich bin? Aber wenn ihr originell schreibt, z. B. in fynkopischen Sentenzen, flucht und schimpft wie Shakespeare, leyert wie Sterne, fengt und brennt wie Swift, oder posaunet wie Pindar; meint ihr, daß ihr damit Dank verdienen würdet? Ich will nicht sagen, was die Leute thun würden, wenn ihr wirklich schriebt, wie Shakespeare, Sterne, Swift und Pindar; denn da fånde sich wohl noch hier und da ein ehrlicher Mann, der ein Einschen håtte; aber mit fluchen, schimpfen, leyern, sengen und brennen nnd posaunen richtet ihr nichts aus.

Ich weiß nicht ob ich lebhafter empfinde, als andere Menschen, oder ob ich weniger Unrecht leiden kann, oder ob ich mei= ner kurzen Natur wegen, da das Blut noch ganz heiß ist, wenn es von dem Herzen nach dem Kopfe kommt, geschwinder Schlüffe ziche; aber mich dünkt, es ist um alle deutsche Auto= ren-Freiheit schlechterdings und unwiederbringlich geschehen, wenn wir noch zwey Meffen dem zugellofen, widerfinnigen Ge= schrey des deutschen Publikums Gehör geben. Früherhin fehlte es den Faullenzern an Romanen; wir lesen die Englischen, so daß wir alle Straßen in London wiffen, und den Galgen zu Tyburn so gut als den Unsrigen kennen; wir åugeln im Park, und treiben Gott weiß was in Conventgarten, und so geben. wir ihnen einen Roman. Nun hat das Kind einen Roman. « Wir wollen deutsche Originalcharaktere hinein, » schreyen sie. Originalcharaktere? Geht hin- ich håtte bald etwas gesagtgeht hin, sagt es erst den Leuten, die die Kinder zeugen, und denen, die sie beherschen, wenn sie groß find, und nicht uns. « Nun gnt, so gebt uns Gedichte. » Wir geben einen 3oll breite und sechszöllige, wie fie sie haben wollen, zu Zentnern. Die Buchstaben wollen ihnen nicht gefallen; gut, wir nehmen lateinische, und einige Spottvögel nehmen fogar blaue und rothe Farbe. Was that das Publicum? War es zufrieden? O in Ewigkeit nicht! Es wurde nur gröber und ausschweifender in feinen Forderungen, und dachte mit einer Einzigen unserer Republik auf ein Mal die Bank zu sprengen. Es verlangte nåm= lich — Original-Genies und Original-Werke. Aber das war gerade der Punkt, auf dem wir es erwarteten, und es ist betrübter Beweis, wie unerfahren der deutsche Leser in der Kenntniß seines eigenen Landes ift, immer die Augen jen= seit des Rheins, oder jenseit des Kanals gerichtet, sieht er nicht worauf er tritt. Ich habe von jeher geglaubt, daß unter allen Nationen in Deutschland die meisten Original-Genies marschfer=

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