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Verrichtung niedriger Geschäfte fich nicht von Dirnen ihres Gleichen unterschied, tanzte mit einem Adel in jeder Bewegung, welcher uns staunen machte.

Alle zween Monate wird ein neues Volkslied in Neapel bekannt. Dieses verbreitet sich sogleich mit seiner Melodie auf die Küsten und Inseln umher; felten wird es aufgeschrieben, es pflanzet sich fort durch lebendigen Gesang. Es weichet dem folgenden, wie Blumen und Früchte der wechselnden Monate. Doch erhalten sich einige, welche durch besondre Naivetåt, durch abentheuerliche Geschichte des Liebhabers, oder durch herzbre= chende Klagen über das grausame Mädchen, mehr als andre gefallen.

Wir faßen ein Mal auf einem Hügel, welcher bewachsen war mit jungen, schlanken Kastanienbäumen. Um uns her übten sich verschiedene kleine Buben von fünf bis sieben Jahren an diese Baume hinan zu klettern. Wenn sie so hoch gekommen waren, daß das Båumchen zu schwanken anfing, so griffen sie mit großer Behendigkeit nach einem andern Bäumchen, und schwangen sich hinauf. 3uweilen beugten sie mit Gewalt ein Bäumchen so weit herunter, daß einer die obersten Zweige er= greifen konnte. Dieser ließ sich dann durch die natürliche Bewe= gung des losgelaffenen empor strebenden Baumes mit ihm in die Höhe schnellen. Sie neckten sich bei diesen Übungen auf manche Art, und keiner nahm des andern Muthwillen übel » auf. Ermüdet segten sie sich dann, als håtten sie uns schon lange gekannt, zu uns ins Gras, schålten Kastanien, aßen und boten auch uns so freundlich davon an, daß wir nicht unterlaffen konn= ten, rohe Kaftanien mit ihnen zu effen.

In ganz Italien, vorzüglich in den Königreichen, werden viele Festtage gefeiert, und diese sind Tage der Freude; wie= wohl es ein Irrthum ist, wenn man glaubt, daß an Feiertagen gar nicht gearbeitet werde. Nur die Sonntage sind Tage voll

kommner Ruhe. In Ischia vorzüglich ist die Freude der Feiertage groß. Es ist ein schöner Anblick, wenn man die vielen, auf dem ehemals Feuer speienden hohen Epomeo und am Gestade stehenden, Kirchen und Kapellen Abends erleuchtet sieht. Manches Mal werden auch Häuser erleuchtet; dann befehen sie mit Lampen das flache Dach. Oder einem Heiligen zur Ehre werden mit großem Jauchzen der Buben und Jünglinge alte Tonnen verbrannt.

Die guten Alten sigen dann vor der Hausthüre, nehmen Theil an der Freude des jungen Volks, sehen vielleicht mit einem vorüberfahrenden Schatten von Wehmuth die gute alte Tonne, welche den Wein mancher Jahre verwahrt hat, auflodern, hoffen aber, der Heilige werde ihnen desto reichern Segen für's fünftige Jahr erflehen.

Am Abend vor jedem Feste wird aus kleinën Mêrsern vor den Kirchen geschoffen. Oft auch werden Raketen geworfen. An Feuer sicht der Italiener sich nicht fatt, hört sich nicht fatt an des Pulvers Knall. Sogar Schlangen schießt er, um Knallen zu hören, mit der Flinte todt.

Die ersten acht Tage, welche wir in der glücklichen Insel Ischia lebten, waren die frohesten unserer Reise. Das Gefühl der Freude gab mir diese Sendschreiben an unfern Ebert ein. Ich nenne sie Hesperiden, nach diesen blühenden nicht fabelhaften hefperischen Gefilden.

Mit Absicht läßt Gott die Weinlese vor dem Winter herge= hen. So läßt er uns auch zuweilen eine außerordentliche Freu denlese halten, wenn ein Schmerz uns bevor steht. Mein klei= nes, in Neapel gebornes Töchterchen ward krank, und starb nach sechs Tagen schmerzhafter Leiden, welche doch gewiß weit schmerzhafter für die Mutter waren, als für das Kind.

Dieses ist heimgegangen, aus einem irdischen Paradiese in das schönere himmlische Paradies! Wohl ihr, daß sie erfunden ward,

Werth schnell wegzublühen, der Blumen Edens
Beßre Gespielin!

Des Völkchens Charakter zeigte sich liebenswürdig während der Krankheit der Kleinen. Sie wollten meine Frau durch Hoffnung der Genesung des Kindes aufrichten, und nahmen lebhaften Antheil an seinem Zustande. Fremde, welche wir nicht mit Namen kannten, fragten uns nach dem Befinden un= frer Kranken. Aus dem gekrümmten hohlen Pfade vor unserni Fenster schollen oft Fragen hinauf: che fa la bambina ? (Wie geht es dem Mägdlein?)

In der Insel herrschet eine schöne Sitte. Wenn eine erwachsene Person gestorben ist, so versammelt sich am Abend die ganze Freundschaft, und betet für die Seele des Todten. Ist aber ein Kind gestorben, so wünschet man den Leidtragenden Glück zu feiner gewiffen Seligkeit, und diese geben der ganzen Freundschaft ein Gastmahl.

Mit freundlicher und edler Weisheit sagte uns ein alter Winzer: Betrübet euch nicht über des Kindes Tod! Es ist im Pa= radiese! Es betet zu Gott für euch! Ihr habt eine Seele in den Himmel gesandt! Auf eurer Reife wird das Mägdlein über euch schweben, und Gefahren von euch abwenden!

Glückliches Inselvölkchen! Das Meer treunet dich von der Feste. Bleib auch in deinen Sitten, in deiner Frömmigkeit, ein Infelvölkchen! so wird deine Freude nicht von dir weichen! und Geschlecht auf Geschlecht, zu seinen Våtern versammelt, wird höheren Freuden entgegen reifen!

F. L. Gr. zu Stolberg.

Der Ausbruch des Vesuv im Jahre 1805.

Angethan mit allen seinen Schrecken, mit seiner ganzen Herr= lichkeit, feierte der Vesuv das furchtbar erhabene Fest seiner Flammenergießung. Lange vorher wehte auf seinem Gipfel eine weiße Rauchsäule; im Innern des gewaltigen Vulkans donnerte die Vorbereitung zu der großen Entwickelung; das tiefe Bucken der verborgenen Kraft hatte Neapel und die umliegenden Inseln geschreckt, mehrere Stådte niedergeschüttert, und einen großen Theil der Einwohner unter den Trümmern be= graben. Man sah die weiße Rauchsäule von der unter ihr ko= chenden Glut geröthet; oft ward ihr innerster Kern zur Lodern= den Flamme, welche glühende Steine empor und umher schleuderte. Im Schlunde krachte und raste ein gråßlicher Tumult. Am 12. August endlich eröffnete sich das hinreißendfte Schauspiel, was die Natur hervorzubringen vermag. Gegen 9 Uhr Abends stieg die Rauchsäule höher; sie ward röther und röther, und endlich ganz zur leuchtenden Flamme, die wechselnd stieg und sank, und von Zeit zu Zeit Blize nach allen Seiten warf. Nicht selten erreichte sie eine außerordentliche Höhe; dann ftand der majestätische Feuer-Obelisk einige Minuten fast unbeweg= lich, wie ein flammender Seraph, der weit über das paradie= fische Kampanien hinschaut; leichte rothe Wölkchen schwebten umber, und spiegelten sich im dunkeln Meere. Das Meer war ruhig, als ob es furchtsam den zürnenden Nachbar behorchte. Plöglich sank die hochleuchtende Erscheinung in den Feuerschlund hinab, und ließ eine Krone vou malerischen Wolken zurůd. Jegt erhob sich abermals eine mächtige Glutsäule; eine kleinere blizte neben ihr auf, wie das Gefolge einer Göttererscheinung; sie sank zurück und verwandelte ihre Stelle in einen Flammensee. Die Wogen sprudelten, schlugen über, und rötheten mit

ihren Flammen den Horizont, der einen sanftern Wiederschein auf die Stadt, auf das Meer und an die dunkeln Felsen warf. Immer lebendiger, immer ungeduldiger ward das Flammengetümmel, und jezt durchbrach es, wie eine vollendete Empórung, die umfaffende Kerkerwand, und stürzte von der Aschenspige des Kraters herab. Nicht Worte vermögen zu schildern, welch ein Aufruhr von Gefühlen den überraschten Zuschauer ergriff. Es war ein Zustand, wo das Entzücken zum Entfeßen, und wieder das Entseßen zum Entzücken wird. Über dem Krater hatte sich von aufsteigendem Rauch eine Wolkenversammlung gebildet; es schienen die purpurnen Horen zu seyn, die im tiefen Dunkel der Nacht hier die Morgenröthe erwarteten. Ununterbrochenes Leben und Getümmel, immer wechselnde Pracht, ein stetes Werden und Schwinden glänzte und bligte durch einander. Jeßt stiegen zwei rothglühende Rauchsäulen auf, die in einem Blutmeere ftarrten. Was aber dieser großen Scene die höchste Verherrlichung gab, war der aufgehende Vollmond. Hinter den fich thürmenden und wälzenden Rauchwolken stieg er herauf; mit glühendem Gesichte trat er auf die verherrlichte Bühne der Nacht. Aber vom Gipfel des Berges stürzte der Glutstrom, und bald hatte er den Fuß des Aschenkegels erreicht. Jezt brach er in die Weingårten ein, die schon der Ernte ent= gegen gereift waren. Weiße Flammen loderten auf, wo der Verderber die herrliche grüne Vegetation ergriff. Oft schien er eine Allee zu faffen, deren helle Flammen sich weithin erstreckte, und über dem rothen Strom als eine weiße Lichtmasse schwebte. Hier theilte sich der Lavaftrom in fünf Arme; drei zogen öft= lich, zwei aber westlich, und diese nur konnten von uns gesehen werden. Reißend stürzte der Erguß weiter und verderbender fort; er umfloß Häuser, deren Einwohner sich kaum noch zu retten vermochten; er füllte die untern Geschoffe aus, und zerftörte unzählige Landhäuser, Hütten und Weingårten. Der

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