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wo die Natur gleichsam in ihrer höchften, thatigsten Begeiste= rung erscheint! Doch erinnerte uns der finstere Nachthimmel an die Rückkehr. Die wehenden Fackeln schimmerten furchtsam durch die schwarze Finsterniß der Nacht; am hohen Sommă zog der Mond vorüber, und versilberte das rothe Gewölk, diese feurigen Athemzüge des empörten Vulkans.

Sechs Wochen hatte bereits der Vesuv sein großes Schauspiel ununterbrochen fortgesezt; endlich verstummte sein Donner, und seine Flammen erloschen. Nach einer Stille von siebzehn Tagen kündeten mehr und minder fühlbare Erdstöße einen neuen Ausbruch an. Einer war selbst in unsrer Wohnung merkbar; es raffelten um die Mitternachtstunde Thüren und Fenster; doch that dieser Stoß, außer einigen niedergestürzten Mühlen um Neapel, keinen bedeutenden Schaden. Den 15. October, Abends gegen 9 Uhr, vernahmen die Einwohner von Portici ein erschütterndes Krachen und Brüllen im Innern des Berges, und bald nachher fuhren Flammen aus dem Krater, welche zuweilen außerordentlich hohe Feuersäulen bildeten, von deren Spige Funken, wie ein Sternregen, umher sprühten. Endlich schienen die Ufer des Kraters zu glühen, und von Zeit zu Zeit vernahmen wir, obgleich die Entfernung eine deutsche Meile betrågt, das dumpfe Donnergeroll, welches die Einwohner von Portici und Neapel heftig erschreckte. Das obere Glutgewühl dauerte eine halbe Stunde fort; endlich kochte der Flammenrand über und ergoß sich Anfangs auf der öftlichen Seite, bald aber durchbrach er auch das westliche Ufer, und nun rieselten große und kleine Feuerbäche von der schwarzen Aschenhöhe her= ab. Die Nacht war stürmisch, und heulte durch die Höhlen des Meergestades; das Meer braufte und tohte gegen das Ufer; der Wind fuhr in das Glutgewölk des Kraters, und Verwandlungen der Wolfengebilde folgten schnell auf einander. Bald war der ganze Berg in einen schwarzrotheu Schleier verhüllt,

bald stand er wieder triumphirend in feiner ganzen Glorie da. Ein ewiger Wechsel! Die meisten Ströme zogen in den Ufern fort, welche die vorige Lava ihnen bereitet hatte; einer aber nahm seine Richtung ganz westlich nach Portici zu, so daß die Einwohner daselbst sich schon zur Flucht anschickten; allein er hatte noch nicht den Fuß der Aschenhöhe erreicht als er still stand, die Nacht hindurch leise fortglühte und dann erlosch.

Den Tag nach dem Ausbruche fuhren wir nach Torre del Greco, dem schon oft von den Feuerströmen des Vesuv heimgesuchten Städtchen, welches sicht am Fuße des Berges liegt. Welch eine fürchterlich erhabene Scene fanden wir hier! Alle die großen Gestaltungen, mit denen der erste Ausbruch geschreckt und bezaubert hatte, wichen zurück. Ich müßte Flammenwerte haben, wenn ich schildern wollte, was sich begab. Nicht einen schwachen Schattenriß vermag ich davon zu geben. In der Stadt Torre del Greco und nåher am Fuße des Berges ein Gewühl von Zuschauern, welche die große Erscheinung auftaun= ten. Auf einer etwas hohen Terraffe des Berges, hinter Weingårten und Landhäusern, hatte sich ein Lavastrom gelagert, und bildete einen feurigen See, von welchem ein röthlicher Dampf aufstieg, der die Gegend umher mit Schwefelgeruch erfüllte. Der Berg schien der schwarze Kern einer einzigen ungeheuern Flamme zu seyn; dunkelroth angeglühte Dampfmas= sen hatten sich auf dem Gipfel gelagert in verwirrtem Gemisch, als ob ein ganzer, von gråßlichen Bligen zerrißner Wolken= himmel auf ihn herabgestürzt wåre; und tief in dem finstern Dampfe war Alles Bewegung; es wirbelte und wühlte wie Kampfgetümmel und wild durch einander tobende Wuth. Das Reich der Hölle schien durchbrochen, und der Berg eine ungeheure aufsteigende Brücke zu seyn, von Giganten erbaut, den Himmel zu stürmen. Tiefe, dunkle Mitternacht umher, wie ein schwarzes Meer, worin der Berg gleich einer Feuerinset

emporstand. Immer undurchsichtiger und finstrer ward das Dampfgewölk, welches Himmel und Erde vermischte, und her= ab aus der Nacht hingen Feuerbäche und Feuerströme. Der vollständigste dieser Ströme endete in dem Feuersee auf der untern Terrasse. Die im rothen Wiederscheine auf- und abge= henden Zuschauer glichen seltsamen, in Flammenduft gekleideten Schattengestalten. Das Ganze war mehr als erhaben-ro= mantisch; es war eine Zauberwelt voll Wundern, die das Gemüth überwältigten und fortriffen in das Gebiet der Phantasie und der Träume.

Tiedge.

Tivoli.

Nach fünf Stunden Plåne wird Rom gegen Nordost von einem Strich Gebirge eingefaßt, die fernerhin immer weiter fortsteigen, sich stolz gen Himmel wölben, und Söhne vom Va= ter Appenin find. Südwårts, in minderer Entfernung, um= grenzen es ein halb Dußend hoher ausgebrannter Vulkane. So liegt sie da, die Königin der Welt, auf ihren sieben Hügeln an den Ufern des Tyberstroms, vier Stunden vom Meer ab.

An der östlichen Seite der Gebirge tritt mitten auf der er= ften Anhöhe Tivoli hervor. Alles Waffer, was sich weit und breit in den Gipfeln des Appenins dahinter sammelt, wird zum Fluß Teverone, strömt wild durch ein enges Thal daher, und stürzt sich jezt gleich an der Stadt, in die Tiefe von ein Paar hundert Palmen; die andern Båche, die vor dem Haupt= sturze noch, durch dieselbe zum Gebrauch einiger Mühlen ab= geleitet werden, machen hernach verschiedene andre kleinere Fålle. In den Zeiten, vielleicht vor vielen Jahrtausenden, war der Sturz in der Ebene beim ersten Anfang der Höhe, wie man deutlich aus den Felsen von Tartan sicht, welchen der

Fluß reichlich mit sich führt, und die davon zurückgeblieben sind. Nach und nach aber hat dieser sich ein schmales Thal durchgeschlagen, das jezt eine halbe Stunde lang in cinem Schlangenkreis sich ins Gebirg um Tivoli herumwindet. Der reine Himmel, die Kålte des Bergwaffers, das bei seinen Fållen mit einem Staubregen immer die Luft erfrischt, die gesunden Quelladern in der Nähe, die mancherlei ergößenden Außfichten in die Gebirge und weiten Ebenen von Rom, bis ans Meer hin, locten die ehemaligen Beherrscher der Welt so stark an, daß noch jezt alles in der Runde voll von den Ruinen ihrer Landhåuser ist.

Niemand hat das Tibur mehr befungen als Horaz, und seine Gedichte zeigen, wie sehr er das Erquickende und den Reiz davon gefühlt hat. Auch sind die Gegenden darum her noch der lebendigste Commentar davon; und man lieft ihn hier, wie man die Sprache von einem Freunde versteht, mit dem man fein Vergnügen theilt. Die Stelle zu seinem kleinen Gut daselbst scheint so recht ausgesucht zu einem Observatorium aller Scenen, die da in der Natur vergehen. Ein Felsen mit fruchtbarem Erdreich von hinten und an den Seiten tritt in das lange Thal hinein; gegenüber auf einen Büchsenschuß war gerade der alte Sturz des Anio (jezt Teverone), die Stadt mit dem prächtigen Tempel des Herkules, und ringsum das kleine åußere Amphitheater von Gebirgen; linker Hand, in deren Schoos der Hain des Tiburnus, und rechter Hand breitete sich, zwi= schen den frohen Hügeln voll schöner Landhauser, das Thal aus, immer weiter zur Plåne mit seinen Obst- und Olivenbaumen, von den Fluthen und ihrem kühlen Duft ringsum getrånkt und erquickt, und fern lag das stolze Rom und glänzten die lichten Tiefen der See.

Ganz neu überraschen hier manche Oden von Horaz, und stellen einem die alte Welt lebhafter vor die Augen. Hier steht

noch ein ziemlicher Theil von der moles propinqua nubibus arduis des Mâcen; und einige Architekten, ohne diese Stelle vor sich zu haben und darauf zu deuten, behaupteten schon aus den herrlichen Resten, daß dies Gebäude an Höhe die Peterskirche müßte übertroffen haben.

Die Villa des Mâcen lag gleich vors, auf dem ersten Ab= hange des Hügels von Tibur, und genoß uneingeschränkt der mehrsten Aussichten; die Vulkane von Albano mit ihren mannigfaltigen Höhen und Vertiefungen gaben hier besonders eine vorzügliche Augenweide, die Tibur selbst und verschiedene an= dre Villen nicht hatten.

Durch die großen Untergewölbe des Palastes ging die via Valeria; und die zwei ungeheuren Wände von dreifachen Arcaden doppelt über einander, die noch davon stehen, machen einen Anblick von ehemaliger Pracht und Würde, Majestät und Ruhe, so fremd und sonderlich, daß sich selten ein Franzos darcin findet.

Im Hofe liegt das Gebäude, bis an die Hälfte der obern Bogen, jezt mit der Erde von einem Weinberge verschüttet, deffen Reben den ganzen Raum einüchmen, und auf die Ruiuen felbft oben hingezogen sind, und das braune schwärzlichte Alterthum mit einem jungen freudigen Dach ausschmücken. Die Gewölbe sind überall mit tausend Gesträuchen und Kräutern und Moos bewachsen; und unten schießt und brauft das Wasser durch einen Kanal, wie ein Pfeil, auf eine Mühle, und stürzt über die grüne Felsenwand hinab in die Tiefe.

Den anziehendsten Reiz geben Tivoli die Wasserfälle. Der Hauptsturz des Teverone ist, sobald er hinten aus den Bergen herab vor die Stadt kommt, bei dem Tempel der Sybille, welcher durch die Landschaften von Claudius von Lothringen, von Poussin, Vernet und Dietrich so berühmt geworden ist. Dieser kleine, runde, korinthische Tempel, ein gar schöner

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