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Aus allen diesen Bestandtheilen ist die idealische Natur der Kunst zusammen gefeßt. Gestalt, Charakter, Handlung, Wohnung, Geråth, Sprache, Bewegung; alles ist in ihr ein Ideal der Schönheit.

Aber diese idealische Natur ist eine andere in der åltern grie= chischen Kunst, und eine andere in der modernen. In der erstern ift ihre Schönheit finnlicher; in der leßtern unsinnlicher und fittlich-höher.

Es wird vielleicht nicht uninteressant seyn, die Veränderun= gen in der Kultur, der Denkungsart, dem Weinungssysteme, den Gefühlen und den Ansichten der Dinge, welche die Revo= lution herbeigeführt hat, wodurch die alte Kunst in die moderne übergegangen ist, etwas nåher zu betrachten.

Der Untergang des römischen Reiches, die Verwüstungen barbarischer Horden, die Zerstörung der Hauptstadt der Welt, des legten Zufluchtsortes der flerbenden Kunst, hatte die schdnen Überreste des Alterthums unter ihren Ruinen begraben. Rom war nur noch der Leichnam der pracht- und kunstvollsten Stadt der Erde. Das Genie war erloschen, und theils in die rohe Barbarei der Sieger, theils in die verfeinerte Barbarei des verächtlichsten Lurus der Besiegten verschlungen ; Jahrhunderte hindurch schien alles Schöne der Kunft von dem Angesichte der Erde verschwunden.

Endlich ging, nach langer Nacht, die Morgenröthe des gu= ten Geschmacks und eines reinern Gefühls für das wahre Schöne in Italien wieder auf. Man zog die Trümmer der alten Kunstwerke unter ihrem Schutte hervor, und der große Cosmus von Medicis, und sein noch größerer Enkel, Lorenzo, ftellten sie in ihren Gårten und Akademien auf. Die Werke der griechischen und römischen Redner und Dichter wurden wieder aufgesucht, um das lange verloschene Genie von neuem zu ent= zünden.

Aber die Ideale der alien Kunst fanden in ihren andächtigen Bewunderern eine Veränderung in der Religion, den Sitten, den Meinungen, die sie in eine ganz neue idealische Natur führte. Die griechische Religion war finnlich, ihre Tugend roh, und ihr Schönheitsideal bloß für das körperliche Auge und einen wenig geübten und verfeinerten moralischen Sinn berechnet.

Die Religion der modernen Künstler war eine überfinnliche von höherer Geistigkeit und Sittlichkeit, die der moralische Sinn verfeinert und zu moralischer Schwärmerei erhöhet; das Schönheitsideal mußte also andere Formen annehmen.

Die moderne Kunft hatte die überfinnlichen Ideen der pla= tonischen Philosophie von einer unsichtbaren, überirdischen Schönheit aufgenommen, das einzige höchste Wesen ganz dem Gesichtskreise der Sinne entrückt, und die höhern Naturen, die dem Menschen am nächsten standen, waren aus himmlischer und irdischer Schönheit gemischt. Diese Veränderung des religiösen und moralischen Sinnes äußerte ihre Wirksamkeit nicht bloß auf die Form, sondern auch auf den Stoff ihres Schönheitsideals.

Nach dem Plato war die grobe Materie des menschlichen Körpers quf der Erde die Quelle und der Siß alles Bösen. Ein solcher Körper mußte ein schlechter Abglanz der ewigen, unvergånglichen Schönheit des Ideenreiches seyn. Um diese Schönheit dem innern Sinne vernehmlicher zu machen, durfte fie also nicht mehr von dem groben Schleier des irdischen Körpers verhüllt werden; ein geistiger Körper war allein das Gewand, worin die erhöhete Seele sich feiner bewegen, und durch deffen åtherisches Gewebe ihre übersinnliche Schönheit reiner hindurch schimmern konnte.

So war das Schönheitsideal der höheren Naturen in Raphaels überirdischen Gestalten, wenn er sie, wie die heilige

Jungfrau in ihrer Himmelfahrt, in einer Entzückung gesehen zu haben scheint.

Solche Werke können uns für die Ideale der modernen Kunst leicht partheiisch machen. Um also nicht ungerecht gegen die Ideale der alten Kunft zu seyn, müssen wir bemerken, daß die Vollkommenheit aller Schöpfungen der Kunft aus zwei Be= standtheilen zusammen gefeßt sey: aus der höchsten Schönheit, und der flarsten, reinften und sichtbarsten Darstellung. Durch die Erhöhung des sittlichen Ideals erhielt die moderne Kunst einen Vorzug vor der åltern; die åltere wird aber imnier den Vorzug der reinsten und sinnlichen Darstellung vor der modernen behaupten.

3. A. Eberhard.

Religion, Sittlichkeit, Tugend und Glückseligkeit.

So sehr die wechselsweisen Verhältnisse des Menschen gegen den Menschen, die Würde seiner Natur erheben; so zeiget doch erst ihre wahre Erhabenheit sich in ihrem gänzlichen Lichte, wenn der erleuchtete Sterbliche der großen Verhältnisse gewahr wird, in welchen er mit dem unendlichen Schöpfer aller Dinge, mit dem unbegreiflichen Vater aller Wesen steht.

So bald der Mensch fähig wird, die Verhältnisse von Ursache und von Wirkungen einzuschen; so bald muß er sich für das Werk eines höhern Wesens erkennen: So bald er in den Stand kömmt, die Zufälligkeit und die Schwachheit der Wesen zu begreifen, die ihn umgeben: so bald muß seine Vernunft zu einem nothwendigen, zu einem allmächtigen Wesen hinaufsteigen, welches ihnen das Daseyn gegeben hat. So bald er fähig wird, die Vortrefflichkeit des Ebenmaaßes, der Harmonie und der Ordnung zu empfinden: so bald müffen ihre

Merkmale, welche aus allen Theilen der Schöpfung hervor= ftrahlen, ihn nothwendig zu einer ewigen Quelle von Ordnung, von Harmonie, von Ebenmaaße hinleiten; und ihn mit großen Begriffen von dem Urheber und von dem Beherrscher des Gan= zen erfüllen. So bald mit den Begriffen von Güte, von Weis= heit, von Vollkommenheit befreundet, fein Geist, auf alle Auz= flüffe davon aufmerksam wird, welche aus dieser unendlichen Quelle seiner Seele zuftrömen : so muß er überzeugt werden, daß dieser Urheber, diefer Erhalter, dieser Beherrscher aller Dinge, nichts als Güte, nichts als Weisheit, nichts als Vollkommenheit ist so bald muß seine, durch diese großen Begriffe erhöhete Vernunft ihn lehren, daß alles, was da ist, nur des wegen da ist, damit diese ihm wesentlichen Eigenschaften sich zu der Glückseligkeit, und zu der Vollkommenheit des Ganzen außern; daß er, er selbst, der schwache Sterbliche, dazu ge= schaffen ist, ein Werkzeug dieser wohlthätigen göttlichen Absich= ten abzugeben, und daß er seine Glückseligkeit nicht anders be= fördern könne, als wenn er sich nach allen feinen Kräften be= strebet, diese große Bestimmung zu erfüllen; und nach dem Beispiel feines großen Schöpfers, nach allem zu streben, was wahrhaftig gut, was wahrhaftig schön, was wahrhaftig voll= kommen, was wahrhaftig fähig ist, die Vollkommenheit des Ganzen zu befördern.

Diese großen Gefühle erhöhen alle Fähigkeiten des Geiftes und alle Regungen des Herzens. Sie eröffnen der Seele ein unumschränktes Feld für ihre Thätigkeit, eine unabsehbare Folge großer Hoffnungen. Sie bringen sie erft der Würdigkeit ihres Wesens, und der Erhabenheit ihrer Bestimmung entgegen. Erst die Kenntniß der wichtigen Verhältnisse, in welchen der Erschaffene mit dem Unerschaffenen steht, feget den erstern in den vollkommenen Besiß seiner großen Vorzüge, und versichert ihm die herrlichen Belohnungen, durch welche die wesentliche

Vortrefflichkeit der Tugend und der Rechtschaffenheit ihm noch kostbarer, noch verehrungswürdiger wird.

So wird erst durch seine Verhältnisse gegen die Gottheit; erst durch seine Einflüsse in die Glückseligkeit des Menschen, und in die Vollkommenheit des Ganzen die Natur des Men= schen veredelt, und zu ihrer wahren Würde erhoben.

Wenn der Mensch nicht den Schöpfer erkennen, verehren, wenn nicht nach deffen allgütigen Absichten, er den Menschen lieben, dem Menschen Gutes thun könnte: so würde er nicht glücklicher seyn, als jedes audre Thier.

Das Maaß unsrer auf uns selbst eingeschränkten Empfin= dungen ist bald erfüllet. Wir haben bald uns selbst so viel Gu= tes gethan, daß wir Gefahr laufen, durch einen überhåuften Genuß uns zu überladen, und unglücklich zu machen. Das Gute hingegen, das wir andern thun können, ist in keine Grånzen eingeschloffen. Es erhebet unfre Seele über sich selbst, und es gewähret ihrer Thätigkeit einen Lauf ohne Schranken. Verei= nigt mit den großen Hoffnungen, welche die Gutheißung des höchsten Wesens dem Sterblichen in das Unendliche versichert, führet erst dieses edle Gefühl unsere Neigungen, unsere Begier= den, und unsern Willen zu der wahren Erhabenheit ihrer Be= ftimmung, und gibt ihnen die vollkommenste Richtung und den glücklichsten Schwung, derer sie fähig sind.

Durch die Kenntniß und durch die Empfindung dieser Vor= züge, und dieser Hoffnungen, erhält das wahre sittliche Gefühl seine Thätigkeit und seine Stårke. Durch fie entwickeln und befestigen sich die Menschenliebe, die Neigung zur Wohlthätig= keit, die Liebe des Rechts, und der Haß des Unrechts und der Unbilligkeit; und auf diese gründet sich das wahre Geseß der Natur und der Vernunft, so viel Gutes zu thun als uns mög= lich ist, in das Ganze unsers Lebens, und in alles, was uns umgibt, so viel Vergnügen, so viel Ordnung, und so viel Voll

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