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IV.

Ueber den Catius, von dem sich Horaz in dieser Satire eine Reihe Vorschriften aus der Kochkunst und über die Anordnung der Tafel mit dem feierlichsten Ernste als diesem so eben mitgetheilte Mysterien vortragen lässt, sagen die Scholien bei Cruq. Sub persona Catii risurus est poeta Epicureos, ut in proxima (risit) Stoicos. Fuit autem M. Catius Epicureus, qui quatuor libros scripsit de rerum natura et de summo bono, quod cum Epicurei in voluptate ponerent, h. e., in gulae et corporis libidine, contra Stoicos, qui summum bonum dicebant esse voluptatem rerum honestarum, rogat Catium Horatius, ut sibi dicat coenae parandae et ordinandae magistrum eiusque praecepta. Eben so Schol. Acr. und Porph. Den Epicureer Catius aus Insubrien erwähnt als einen vor kurzem verstorbenen Schriftsteller Cicero Epist. ad Fam. 15, 16. Vgl. Quintilian. 10, 1 a. E. Es ist schwer zu begreifen, warum Horaz, wenn seine Absicht war, die epikurische Philosophie hier zu verspotten, gerade diesen längst verstorbenen und gewiss schon vergessenen Catius zu diesem Gespräch von den Todten erweckt hätte. Offenbar hat der Name Catius und die Stellung dieser auf die stoische Declamation folgenden Satire jene wunderliche Ansicht der alten Erklärer veranlasst. Die hier vorgetragenen Regeln über Speisen sind nicht auf Ueppigkeit und Schwelgerei berechnet, sondern darauf, Wohlgeschmack und Eleganz der Tafel mit der möglichsten Sorge für die Gesundheit zu verbinden; alle haben durchaus das Gepräge einer bestimmten Individualität; ein einzelner damals lebender Römer ist offenbar der Gegenstand der Persiflage, der Ungenannte, aus dessen Munde diese

Vorschriften vorgetragen werden, keinesweges der sie vortragende Catius, der vielleicht nur eine poetische Person ist. Mehr als blosse Vermuthung scheint uns daher die Meinung Wielands zu sein, dass dies ganze Stück blos zur Belustigung Mäcens und seiner vertrautern Tischgesellschaft geschrieben und dass es darin hauptsächlich darauf angelegt sei, einen aus dieser Gesellschaft, der sich auf seine Kenntnisse in der Philosophie der Küche viel einbildete und der Gesellschaft vielleicht zuweilen damit lästig fiel, auf eine feine und den getroffenen gleichwohl, wenn er Scherz verstand, nicht beleidigende Art zum Besten zu haben. Aber wer ist dieser Ungenannte, dessen culinarische Weisheit Catius hier vorträgt ? In der achten Satire dieses Buchs, wo ein Schmaus bei einem Nasidienus Rufus beschrieben wird, kömmt zwar mancherlei ähnliches vor, aber wie verschieden ist der dort Dargestellte von dem hier gezeichneten Charakter! Wieland äussert die kühne Vermuthung, der, über dessen geschmackvolle Zunge und schlaue Kunstgriffe, seine Feinheit im Geschmack und Eitelkeit mit den eingeschränkten Umständen seiner Einkünfte zu vereinbaren, Horaz sich lustig macht, sei am Ende kein anderer als Horaz selbst; er gebe hier von dieser Seite seine Person von freien Stücken den Lachern preis. Wo ist aber in dieser Satire die mindeste Spur von Sparsamkeit, von Rücksicht auf beschränkte Einkünfte? Vielmehr wird ja das Beste und Kostbarste empfohlen. (Vgl. v. 32-34. v. 58, 66, 68, 69, 77). Und wie verkannte hier Wieland den Dichter, der so oft seine Abneigung gegen den Luxus der Tafel, seine Frugalität zu erkennen giebt! S. Sat. 2, 2. Vgl. Od. 1, 20. 1, 31, 15 sqq. 3, 1. 3, 6. 3, 29. Sat. 1, 6, 115 sqq. 2, 6, 63 sqq. Epist. 1, 5 init. 1, 14, 35. 1, 15. [Doch thut er auch das Gegentheil Ep. 1, 7, 35. 15, 42.] Dürfen wir hier, wo die Sache für immer im Reich der Möglichkeiten liegt, eine Vermuthung dagegen wagen, so scheint uns der hier bespöttelte, dessen Namen so absichtlich geheim gehalten wird, kein anderer zu sein als Mäcenas selbst. Hatte dieser bei seiner bekannten Weichlichkeit und Kränklichkeit die Eigenheit, über die beste Wahl und Zubereitung der Speisen von Seiten des Wohlgeschmacks eben so wie der Gesundheit gern bei Tische zu philosophiren und sich hierin eine besondere Weisheit anzumassen, was konnte launiger sein als

diese Darstellung, und was schalkhafter als diese Verschweigung des Namens? Nicht blos der Ton in diesen Vorschriften drückt dann Individualität aus, sondern auch der Inhalt jeder einzelnen hat nun wahrscheinlich Beziehung auf ein Lieblingsgericht oder eine öfter ausgesprochene Bemerkung Mäcens, so dass dieser hier überall wieder hörte, was er seine Gäste zu lehren pflegte, wer weiss, mit welcher Schalkheit hie und da gewendet und verändert! Und vielleicht ist auch Catius hier keine erdichtete Person, sondern einer der Tischgenossen Mäcens von einem ähnlichen, hier nach der Weise unsers Dichters veränderten Namen, der besonders auf solche Belehrungen des Gönners zu achten pflegte, so dass zwei Personen zugleich der Gegenstand dieser für einen engen Kreis von Freunden bestimmten Satire sind. Auffallend ist übrigens in dieser Satire die Mischung des Seltsamen und Unwahren in den vorgetragenen Regeln mit dem Gewöhnlichen und Anerkannten.

Unde et quo Catius? Non est mihi tempus aventi
Ponere signa novis praeceptis, qualia vincant
Pythagoran Anytique reum doctumque Platona.

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V. 1. Unde et quo Catius? S. zu 1, 9, 62. Non est mihi tempus. Vollst. non est mihi tempus respondendi, tecum hic confabulandi, nicht respondere, tecum confabulari. Denn hier ist non est tempus s. v. a. non est spatium, non vacat; dagegen in der gewöhnlicheren Bedeutung der Formel tempus est für tempus opportunum est, wqa lorì, es ist Zeit, der Infinitiv folgt, Tempus est dicere, finem facere; in hac calamitate non est tempus magnifice epulari. Wie hier mit dem Dativ, aber in der andern Bedeutung, bei Terent. Eun. 3, 2, 31 Verum ubi molestum non erit, ubi tu voles, ubi tempus tibi erit, sat habet, tum si recipitur. Seltener ist überhaupt der Gebrauch von tempus f. spatium, wie hier. Cic. pro Quinct. 1 temporis . . vix satis habui, ut rem tantam.. possem cognoscere, und nachher, diligentia quanta sit, nisi tempus et spatium datum sit, intelligi non potest. v. 2. Ponere signa nov. Schol. Acr. signa i. e. definitiones. Richtiger Schol. Porph. scribere et consignare nova praecepta. Er eilt nach Hause, das Gehörte niederzuschreiben. qualia vincant, eiusmodi quae vincant. Den Coniunctiv für vincunt hat Bentl. aus Codd. hergestellt. v. 3. Anytique reum, den Sokrates. Der Hauptankläger des Sokrates war

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Peccatum fateor, cum te sic tempore laevo
Interpellarim, sed des veniam bonus, oro.
Quodsi interciderit tibi nunc aliquid, repetes mox,
Sive est naturae hoc, sive artis, mirus utroque.
Quin id erat curae, quo pacto cuncta tenerem,
Utpote res tenues, tenui sermone peractas.

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Ede hominis nomen, simul et Romanus, an hospes.
Ipsa memor praecepta canam, celabitur auctor.
Longa quibus facies ovis erit, illa memento

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Ut succi melioris et ut magis alba rotundis

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Melitus (Plat. Euthyphr. init. Xenoph. Mem. S. 4, 8, 4. Diog. Laërt. 2, 38); zu ihm gesellten sich als ouvńyogo Anytus und Lykon. Plat. Apol. Socr. p. 23 E. Max. Tyr. Diss. 9. doctumque Platona. Doctus hier wie oft von Philosophen f. sapiens. So doctissimi homines, die grössten Philosophen, Cic. de nat. deor. 1, 1, und c. 2 indocti und docti von Nichtphilosophen und Philosophen. Vgl. de Off. 3, 1, 9. Hor. Sat. 2, 7, 13. v. 6. interciderit. Schol. Cruq. exciderit interpellatione mea et in oblivionem venerit. repetes mox. Schol. Cruq. facile recordaberis et revocabis in memoriam. v. 7. Sive est naturae. Auct. ad Herenn. 3, 16 Sunt duae memoriae, una naturalis, altera artificiosa. Naturalis est ea quae nostris animis insita est et simul cum cogitatione nata; artificiosa est ea quam confirmat inductio quaedam et ratio praeceptionis. Dann folgt c. 17 die Beschreibung der hier in den Worten sive artis gemeinten im Alterthum herrschenden Kunst, der Mnemonik, deren Erfindung man dem Lyriker Simonides zuschrieb. Vgl. Cic. de Orat. 2, 86. Quintilian. 11, 2, 11 sqq. Intpp. zu Phaedr. Fab. 4, 24. [- hoc d. h. facultas repetendi memoria. ] v. 9. res tenues, subtiles, hɛnràs, feine, vom Gespinnst entlehnt, wie Epist. 2, 1, 225 tenui deducta poemata filo. v. 10. simul et Romanus, an hosp. So Bentl. nach fast allen Mss. und den alten Edd. für simul an Rom. Beispiele jedoch von diesem doppelten an in einer disjunctiven Frage von zwei Gliedern giebt aus Cic. u. a. Gesner im Thes. v. an. v. 12. Longa quibus facies ovis. Schol. Cruq. Bene ab ovis incipit, i. e. ab initio coenae, ut alibi (1, 3, 7) ab ovo usque ad mala citaret Io Bacche. v. 13. Ut succi melioris, ɛvxvμótɛoα. S. Cels. 2, 19. Darin liegt doch auch der angenehmere Geschmack, den Plinius H. N. 10, 74 hier angedeutet fand: quae oblonga sint ova, gratioris saporis putat Horatius Flaccus. Eine evidente Emendation Bentleys statt des durchaus unschicklichen alba. Weder die Farbe der Schale, noch die des Dotters kann hier in Betrachtung

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alma.

Ponere; namque marem cohibent callosa vitellum,
Caule suburbano, qui siccis crevit in agris,
Dulcior: irriguo nihil est elutius horto.

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kommen. Von almus in der etymol. Bedeutung nährend, reich an Nahrungsstoff, weiss Bentl. selbst kein anderes Beispiel; aber in Verbindungen wie alma ubera, alma nutrix, almus ager waltet doch diese Bedeutung vor, und auch hier kann alma ausser dem Nährenden die erquickende und belebende Kraft dieser Nahrung ausdrücken. Die Lesart alta (alita, nutrita) ist kaum der Erwähnung werth. [alba nach alten Mss. „die länglichen Eier haben neben dem bessern Geschmack auch ein schöneres Aussehen; ihr albumen ist weisser." Denn hart gesottene Eier kamen zerschnitten auf den Tisch, wie Martial. 10, 48, 10 Secta coronabunt rutatos ova lacertos und 5, 79, 5 Divisis cybium latebit oris. ] v. 14. Ponere, apponere. S. zu 2, 2, 23. namque marem coh., wie überall das Fleisch männlicher Thiere nährender ist als weiblicher. Dass die länglichen Eier männlich sind, glaubt man noch jetzt. So nach Schneiders sicherer Verbesserung Aristot. H. An. 6, 2, 2 Ἔστι τὰ μὲν μακρὰ καὶ ὀξέα τῶν ὠῶν ἄῤῥενα, τὰ δὲ στρογ γύλα καὶ περιφέρειαν ἔχοντα κατὰ τὸ ὀξὺ θήλεα. Vgl. Colum. 8, 5, 11. [Die Mss. geben erst sa und dann äggɛva. Es herrschten hierüber wohl schon im Alterthum entgegengesetzte Ansichten.] callosa. Schol. Acr. Rotunditas ovorum strictior callosa dicitur. Auf die steinartige Schale kann sich callosa schon vermöge des Gebrauchs von callus nicht beziehen, und wie unschicklich käme hier die Bestimmung der Schale hinzu! Callosus hier von der dichtern Masse des Innern, wie Plin. 14, 25 resina callosior (minus liquida, solidior). Apic. de Art. Coq. 3, 4 Callosiores (fleischiger) reddes cucurbitas ad gustum. Richtig also Schol. Cruq. callosa, dura, fortia. [Callosum bezeichnet einfach die Eierschale, callosam ovi partem, die allein dem callus gleicht.] v. 15. Caule, brassica. S. zu 1, 3, 117. Plin. H. N. 19, 41, 1 olus caulesque, quibus nunc principatus hortorum, apud Graecos in honore fuisse non reperio. Brassica toto anno seritur, quoniam et toto secatur; cymas a prima sectione praestat proximo vere. Hic (die auch hier unter caulis gemeinte cyma) est quidam ipsorum caulium delicatior teneriorque cauliculus etc.; jetzt von den Italienern broccoli od. brozzoli genannt. S. Schneid. zu Colum. 10. p. 522. Schol. Acr. cole i. e. caule, ut clode pro claude, sorices pro saurices, coda pro cauda; und cole gaben hier vier Mss. von Cruq., unter diesen der älteste und beste Cod. Blandin. Doch wird sonst bei Horaz caulis geschrieben. suburbano. Schol. Acr. Quia suburbana loca rivis abundant. v. 16. elutius. Schol. Cruq. insipidius, dissolutius, liquidius, minus sapidum et magis fatui saporis. Elutus hier schön gewählt

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