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VI.

Das Muster der Ehen.

Ein rares Beyspiel will ich singen,
Wobeh die Welt erstaunen wird.
Daß alle Ehen Zwietracht bringen,
Glaubt jeder, aber jeder irrt.

Ich sah das Muster aller Ehen,
Still, wie die stillste Sommernacht.
D! daß sie keiner möge sehen,
Der mich zum frechen Lügner macht!

Und gleichwohl war die Frau kein Engel,
Und der Gemahl kein Heiliger;

Es hatte jedes seine Mängel.

Denn niemand ist von allen leer.

Doch sollte mich ein Spötter fragen,

Wie diese Wunder möglich sind?

Der lasse sich zur Antwort sagen:

Der Mann war taub, die Frau war blind.

Das Geheimniß. °)

Hans war zum Pater hingetreten,

Jhm seine Sünden vorzubeten.

Hans war noch jung, doch ohne Ruhm,

So jung er war, von Herzen dumm.

Der Pater hört ihn an. Hans beichtete nicht viel.

Was sollte Hans auch beichten?

Von Sünden wußt er nichts, und desto mehr vom Spiel. Spiel ist ein Mittelding, das braucht er nicht zu beichten. „Nun, soll das alles seyn?

„Fällt, sprach der Pater, dir sonst nichts zu beichten ein?“ „Ehrwürdger Herr, sonst nichts“

„Gar nichts, bey meiner Ehr!“

„Sonst weißt du gar nichts mehr?”

*) Diese Erzählung hat Leffing im I. 1772 nicht wieder mit abdrucken lassen. Sie Hand zuerst in der Vossischen Zeitung vom Jahr 1751.

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„Herr Pater, kann ich ihm bey meiner Treu nicht sagen.“ ,,So? weißt du etwa schon, worüber junge Dirnen,

„Wenn man es ihnen thut, und ihnen nicht thut, zűrnen?“

„Herr, ich versteh euch nicht“

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Und desto besser; gut.

,,Du weißt doch nichts von Diebercy, von Blut?
„Dein Vater hurt doch nicht?"
"Doch das ist alles nichts."

= =

,, meine Mutter sprichts;

„Nichts? Nu, was weißt du denn? Gestch! du mußt es sagen! „Und ich versprech es dir,

, Was du gestchest bleibt bey mir."

„Auf sein Versprechen, Herr, mag es ein andrer wagen; "Daß ich kein Narre bin!

„Er darfs, Ehrwürdger Herr, nur einem Jungen sagen, „So ist mein Glücke hin.“

,,Verstockter Bösewicht, fuhr ihn der Pater an,

,,Weißt du, vor wem du stehst?

daß ich dich zwingen kann?

,,Geh! dein Gewissen soll dich brennen!

,,Kein Heiliger dich kennen!

„Dich kenn Maria nicht, auch nicht Mariens Sohn!“

Hier wär dem armen Bauerjungen

Vor Angst bey nah das Herz zersprungen.

Er weint und sprach voll Neu: „Ich weis“ „Das weis ich schon, „Daß du was weißt; doch was?" -- „Was sich nicht sagen läßt" „Noch zauderst du?“ -- „Ich weis“ - - ,,Was denn?“ „Ein Vogelnest. „Doch wo es ist, fragt nicht; ich fürchte drum zu kommen. „Vorm Jahre hat mir Mag wohl zehne weggenommen.“ ,,Geh Narr, ein Vogelnest war nicht der Mühe werth,

„Daß du es mir gesagt, und ichs von dir begehrt.“

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Ich kenn ein drolligt Volk,*) mit mir kennt es die Welt,

Das schon seit manchen Jahren

Die Neugier auf der Folter hält,
Und dennoch kann sie nichts erfahren.

*) Die Freymäurer. Anmerkung, 1753.

Hör auf, leichtgläubge Schaar, sie forschend zu umschlingen!
Hör auf, mit Ernst in sie zu dringen!

Wer kein Geheimniß hat, kann leicht den Mund verschliessen.
Das Gift der Plauderey ist, nichts zu plaudern wissen.
Und wissen sie auch was, so kann mein Mährchen lehren,
Daß oft Geheimnisse uns nichts geheimes lehren,

Und man zuleßt wohl spricht: war das der Mühe werth,
Daß ihr es mir gesagt, und ichs von euch begehrt?

VII.

Faustin. *)

Faustin, der ganze funfzehn Jahr

Entfernt von Haus und Hof und Weib und Kindern war,

Ward, von dem Wucher reich gemacht,

Auf seinem Schiffe heimgebracht.

„Gott, seufzt der redliche Faustin,

Als ihm die Vaterstadt in dunkler Fern erschien,
,,Gott, strafe mich nicht meiner Sünden,

,, und gieb mir nicht verdienten Lohn!

„Laß, weil du gnädig bist, mich Tochter, Weib und Sohn

Gesund und fröhlich wieder finden.“

So seufzt Faustin, und Gott erhört den Sünder.

Er kam, und fand sein Haus in Ueberfluß und Ruh.
Er fand sein Weib und seine beiden Kinder,

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Die eheliche Liebe. *)

Klorinde starb; sechs Wochen drauf

Gab auch ihr Mann das Leben auf,

Und seine Seele nahm aus diesem Weltgetümmel

Den pfeilgeraden Weg zum Himmel.

*) Zuerst gedruckt in dem Neuesten aus dem Reiche des Wißes, September 1751.

**) Zuerst in der Bossischen Zeitung 1751.

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,,Seit dem die Schwindsucht ihn aufs Krankenbette brachte,

,,In Furcht, Gebet und Zittern wachte.

"

,,Macht bald!"

"

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Das Thor wird aufgethan.

a! ha! Klorindens Mann!

,,Mein Freund, spricht Petrus, nur herein;

Toch wird bey eurer Frau ein Plätzchen ledig seyn." ,,Was? meine Frau im Himmel? Wie?

,,Klorinden habt ihr eingenommen?

,, Lebt wohl! habt Dank für eure Müh'!

"

Ich will schon sonst wo unterkommen.“

IX.

Die Bäre. *)

Den Bären glückt' es, nun schon seit geraumer Zeit,
Mit Brummen, plumpem Ernst und stolzer Frömmigkeit,
Das Sittenrichteramt bey allen schwächern Thieren
Aus angemaster Macht, gleich Wütrichen, zu führen.
Ein jedes furchte sich, und keines war so kühn,
Sich um die saure Pflicht nebst ihnen zu bemühn;
Bis endlich noch im Fuchs der Patriot erwachte,
Und hier und da ein Fuchs auf Sittensprüche dachte.
Nun sah man beide stets auf gleiche Zwecke sehn ;
Und beide sah man doch verschiedne Wege gehn.
Die Bäre wollen nur durch Strenge heilig machen;
Die Füchse strafen auch, doch strafen sie mit Lachen.
Dort brauchet man nur Fluch, hier brauchet man nur Scherz;
Dort bessert man den Schein, hier bessert man das Herz;
Dort sieht man Düsternheit, hier sieht man Licht und Leben;
Dort nach der Heucheley, hier nach der Tugend streben.
Du, der du weiter denkst, fragst du mich nicht geschwind:
Ob beide Theile wohl auch gute Freunde sind?

*) Zuerst in den Ermunterungen, 1747, S. 479.

O wären sies! Welch Glück für Tugend, Wiß und Sitten!
Doch nein, der arme Fuchs wird von dem Bär bestritten,
Und, troß des guten Zwecks, von ihm in Bann gethan.
Warum? der Fuchs greift selbst die Bäre tadelnd an.

Ich kann mich dießmal nicht bey der Moral verweilen ;
Die fünfte Stunde schlägt; ich muß zum Schauplaß eilen.
Freund, leg die Predigt weg! Willst du nicht mit mir gehn?
Was spielt man? Den Tartüff. Dieß Schandstück sollt'ich sehn?*)

X.

Der Löwe und die Mücke.

Ein junger Held vom muntern Heere,
Das nur der Sonnenschein belebt,
Und das mit saugendem Gewehre
Nach Ruhm gestochner Beulen strebt,
Doch die man noch, zum großen Glücke,
Durch zwey Paar Strümpfe hindern kann,
Der junge Held war eine Mücke.
Hört meines Helden Thaten an!

Auf ihren Kreuz- und Ritterzügen
Fand sie, entfernt von ihrer Schaar,
Im Schlummer einen Löwen liegen,
Der von der Jagd entkräftet war.
Seht, Schwestern, dort den Löwen schlafen,
Schrie sie die Schwestern gauckelnd an.
Jest will ich hin, und will ihn strafen.
Er soll mir bluten, der Tyrann!

Sie eilt, und mit verwegnem Sprunge

Segt sie sich auf des Königs Schwanz.
Sie sticht, und flieht mit schnellem Schwunge,
Stolz auf den sauern Lorbeerkranz.

*) Geh, den mag ich nicht sehn. 1747. 53.

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