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Sein eigen Weib zu hören war.
Ihr Herren, schrie der Richter, nein!
Die Wahrheit muß am Tage seyn;
,,Was können wir sonst für ein Urtheil faffen?"

Ihn, schrieen alle, gehn zu lassen.

,,Nein, die Gerechtigkeit"

Hat jede noch einmal genennt,

und kurz der Delinquent

Und jeder hieng der Richter dann
Ein loses Wort für ihren Hahnreh an.
Das Hundert war schon mehr als voll;
Der Eremit, der mehr gestehen soll,
Stockt, weigert sich, scheut sich zu sprechen
,,Nu, nu, nur fort! was zwingt euch wohl,
So unvermuthet abzubrechen?

"Das sind sie alle!",,Seyd ihr toll?

„Ein Held wie ihr! Gestehet nur, gesteht!

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,,Denkt nach! ich laß euch Zeit dazu!"
,,Das sind sie wirklich alle!" „Nu -
„Macht, eh wir schärfer in euch dringen!“
,,Tein keine mehr; ich weiß genau"
„Ha! ha! ich seh, man soll euch zwingen“
„un gut, Herr Richter, Seine Frau."

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Daß man von der Erzählung nicht
Als einem Weibermährchen spricht,
So mach' ich sie zum Lehrgedicht
Durch beygefügten Unterricht:
Wer seines Nächsten Schande sucht,

Wird selber seine Schande finden!

Nicht wahr, so liest man mich mit Frucht?

Und ich erzähle sonder Sünden?

"

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XIII.

Die Brille. °)

Dem alten Freyherrn von Chrysant,

Wagts Amor, einen Streich zu spielen.
Für einen Hagestolz bekannt,

Fieng, um die Sechzig, er sich wieder an zu fühlen.

Es flatterte, von Alt und Jung begafft,
Mit Reizen ganz besondrer Kraft,
Ein Bürgermädchen in der Nachbarschaft.
Dieß Bürgermädchen hieß Finette.

Finette ward des Freyherrn Siegerinn.

Ihr Bild stand mit ihm auf, und gieng mit ihm zu Bette.
Da dacht' in seinem Sinn

Der Freyherr: Und warum denn nur ihr Bild?

„Ihr Bild, das zwar den Kopf, doch nicht die Arme füllt?

„Sie selbst steh' mit mir auf, und geh' mit mir zu Bette.

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Sie werde meine Frau! Es schelte, wer da schilt;

„Genäd'ge Tant' und Nicht' und Schwägerinn!

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Schon so gewiß? Man wird es hören.
Der Freyherr kömmt, sich zu erklären,
Er greift das Mädchen bey der Hand,
Thut, wie ein Freyherr, ganz bekannt,

Und spricht: Ich, Freyherr von Chrysant,

„Ich habe Sie, mein Kind, zu meiner Frau ersehen.

Sie wird sich hoffentlich nicht selbst im Lichte stehen.
Ich habe Guts die Hüll' und Fülle."

Und hierauf las er ihr, durch eine große Brille,
Von einem großen Zettel ab,

Wie viel ihm Gott an Gütern gab;

Wie reich er sie beschenken wolle;

Welch großen Wittwenschaß sie einmal haben solle.

Dieß alles las der reiche Mann

°) Zuerst in den vermischten Schriften, 1772.

Ihr von dem Zettel ab, und guckte durch die Brille

Beh jedem Punkte sie begierig an.

,,Nun, Kind, was ist ihr Wille?"

Mit diesen Worten schwieg der Freyherr stille,
Und nahm mit diesen Worten seine Brille
(Denn, dacht' er, wird das Mädchen nun
So wie ein fluges Mädchen thun;

Wird mich und sie ihr schnelles Ja beglücken;
Werd' ich den ersten Kuß auf ihre Lippen drücken:
So könnt' ich, im Entzücken,

Die theure Brille leicht zerknicken!)

Die theure Brille wohlbedächtig ab.

Finette, der dieß Zeit sich zu bedenken gab,

Bedachte sich, und sprach nach reiflichem Bedenken :

,Sie sprechen, gnäd'ger Herr, vom Freyen und vom Echenken: ,,Ach! gnäd'ger Herr, das alles wär' sehr schön!

„Ich würd' in Sammt und Seide gehu

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,,Was gehn? Ich würde nicht mehr gehn;
„Ich würde stolz mit Sechsen fahren.
,,Mir würden ganze Schaaren

Von Dienern zu Gebote stehn.

,,Ach! wie gesagt, das alles wär' sehr schön,

,,Wenn ich

wenn ich

,,Ein Wenn? Ich will doch sehn,

(Hier sahe man den alten Herrn sich blähn,)

,,Was für ein Wenn mir kann im Wege stehn!"

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,,Behüte!" sprach Finette,

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Verschworen nur mir keinen Mann zu freyn,

Der so, wie Ihre Gnaden pflegt,

Die Augen in der Tasche trägt!"

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„Das ist auch sehr verwegen,
Freund!" sprach ein Kaufherr, den zum Hochzeitschmause
Der Schiffer bat. , Du bist so lang' und oft von Hause;
,,Dein Weibchen bleibt indeß allein:

,, Und dennoch

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willst du mit Gewalt denn Hahnrey schn?

„Judeß, daß du zur See dein Leben wagst,

„Indeß, daß du in Surinam, am Amazonenflusse,

,,Dich bey den Hottentotten, Kannibalen plagst:

„Indeß wird sie

"

Mit Eurem schönen Schlusse!

Verseßte Nir. Indeß, indeß! Ey nun!

Das nehmliche kann Euer Weibchen thun
Denn, Herr, was brauchts dazu für Zeit?
Indeß ihr auf der Börse seyd.“

*) Zuerst gedruckt in der Göttinger voetischen Blumenlese auf das J. 1772, und im zweiten Bande der vermischten Schriften 1772 (1784).

Anhang,

aus den Ermunterungen zum Vergnügen des Gemüths, 1747.

Der Wunsch zu sterben.

Ein durch die Jagd ergrimmter Bär
Latscht hinter einem Wandrer her.

Aus Rache will er ihn zerreissen.

(Das mag dem Wandrer wohl ein unverdientes Unglück heiffen.)
Aus Rache, dummes Thier? wird mancher Leser sprechen,
Kannst du dich nicht an deinen Jägern rächen?

D schimpft mir nicht das gute Vieh:

Es folgt den Trieben nur; Vernunft regiert es nie.
Es hat ja unter uns - - - was sagt ich? nein
Gewiß nicht wenige von gleicher Art gefunden.
Geschwinde! Wanderer, geschwind und rette dich.

bey Hunden

Er läuft, der Bär läuft nach. Er schreyt, will sich verstecken,
Der Bär nicht faul, sucht ihn, bricht brummeud durch die Hecken,
Und jagt ihn wieder vor. Der ändert oft den Lauf;

Bald rechts, bald vor, bald links. Doch alle diese Ränke

Sind hier umsonst. Warum? Der Bär hat auch Gelenke.
Gewiß so eine Jagd wär mir nicht lächerlich!

Jedoch zu was wird sich der Wandrer nun entschließen?

Er springt den nächsten Baum hinauf.

D! das wird niemand wohl das beste Mittel nennen.

Er mußte doch in aller Angst nicht wissen,

Daß Bäre gleichfalls klettern können.

Das tolle Thier erblickt es kaum,

So stutt es, brummt und kraßt den Baum,

Es bäumt den schweren Leib, es seßt die Vordertaßen
An Rind und Aesten ein, so schnell, als scheue Kaßen.
So langsam gegentheils hebt es des Körpers Wucht;
Doch kömmt es schon so hoch, daß der den Gipfel sucht.
Was giebt uns oft die Angst nicht ein?
Der Wandrer sucht des Feindes loß zu seyn.
Er stößt, und stößt den Fuß mit voller Leibesstärke
Dem Bäre vor den Kopf. Doch große Wunderwerke
That dieses Stößchen nicht. Wie kann es anders seyn?
Wer Bäre tödten will, braucht der den Fuß allein?

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