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Der Mann war voller Freuden. Du verdienest diese Zier:
Indem will er ihn versuchen;

,,rathen, mein lieber Bogen!"

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2. Die Nachtigall und die Lerche.

Was soll man zu den Dichtern sagen, die so gern ihren Flug weit über alle Fassung des größten Theiles ihrer Leser nehmen? Was souft, als was die Nachtigall einst zu der Lerche sagte: Schwingst du dich, Freundin, nur darum so hoch, um nicht gehört zu werden?

3. Der Geist des Salomo.

Ein ehrlicher Greis trug des Tages Last und Hige, sein Feld mit eigner Hand zu pflügen, und mit eigner Hand den reinen Saamen in den lockern Schooß der willigen Erde zu streuen.

Auf einmal stand unter dem breiten Schatten einer Linde eine göttliche Erscheinung vor ihm da! Der Greis stugte.

Ich bin Salomo: sagte mit vertraulicher Stimme das Phantom. Was machst du hier, Alter?

Wenn du Salomo bist, versezte der Alte, wie kannst du fragen? Du schicktest mich in meiner Jugend zu der Ameise; ich sahe ihren Wandel, und lernte von ihr fleißig seyn, und sammeln. Was ich da lernte, das thue ich noch. —

Du hast deine Lection nur halb gelernet: verseßte der Geist. Geh noch einmal hin zur Ameise, und lerne nun auch von ihr in dem Winter deiner Jahre ruhen, und des Gesammelten genießen.

4. Das Geschenk der Feyen.

Zu der Wiege eines jungen Prinzen, der in der Folge einer der größten Regenten feines Landes ward, traten zwey wohlthätige Feyen.

Ich schenke diesem meinem Lieblinge, sagte die eine, den scharfsichtigen Blick des Adlers, dem in seinem weiten Reiche auch die kleinste Mücke nicht entgeht.

Das Geschenk ist schön: unterbrach sie die zweyte Feye. Der Prinz wird ein einsichtsvoller Monarch werden. Aber der Adler besigt nicht allein Scharfsichtigkeit, die kleinsten Mücken zu bemerken; er besigt auch edle Verachtung, ihnen nicht nachzujagen. Und diese nehme der Prinz von mir zum Geschenk!

Ich danke dir, Schwester, für diese weise Einschränkung: versegte die erste Feye. Es ist wahr; viele würden weit größere Könige gewesen seyn, wenn sie sich weniger mit ihrem durchdringenden Verstande bis zu den kleinsten Angelegenheiten hätten erniedrigen wollen.

5. Das Schaf und die Schwalbe.

του

Η χελιδων ἐπι τα νώτα των προβατων εξανει, και αποσπα μαλλου, και εντευθεν τοις ἑαυτης βρεφεσι το λεχος μαλακον OTQwσEV. Aelianus lib. III. c. 24.

Eine Schwalbe flog auf ein Schaf, ihm ein wenig Wolle, für ihr Nest, auszurupfen. Das Schaf sprang unwillig hin und wieder. Wie bist du denn nur gegen mich so karg? sagte die Schwalbe. Dem Hirten erlaubest du, daß er dich deiner Wolle über und über entblößen darf; und mir verweigerst du eine kleine Flocke. Woher kömmt das?

Das kömmt daher, antwortete das Schaf, weil du mir meine Wolle nicht mit eben so guter Art zu nehmen weißt, als der Hirte.

6. Der Rabe.

Der Rabe bemerkte, daß der Adler ganze dreyßig Tage über seinen Eyern brütete. Und daher kömmt es, ohne Zweifel, sprach er, daß die Jungen des Adlers so allsehend und stark werden. Gut! das will ich auch thun.

Und seitdem brütet der Rabe wirklich ganze dreyßig Tage über seinen Eyern; aber noch hat er nichts, als elende Raben ausgebrütet.

7. Der Rangstreit der Thiere,

in vier Fabeln.

[1]

Es entstand ein higiger Rangstreit unter den Thieren. Ihn zu schlichten, sprach das Pferd, laßet uns den Menschen zu Rathe ziehen; er ist keiner von den streitenden Theilen, und kann desto unpartheyischer seyn.

Aber hat er auch den Verstand dazu? ließ sich ein Maulwurf hören. Er braucht wirklich den allerfeinsten, unsere oft tief versteckte Vollkommenheiten zu erkennen.

Das war sehr weislich erinnert! sprach der Hamster.

Ja wohl! rief auch der Igel. Ich glaube es nimmermehr, daß der Mensch Scharfsichtigkeit genug besiget.

Schweigt ihr! befahl das Pferd. Wir wissen es schon: Wer sich auf die Güte seiner Sache am wenigsten zu verlassen hat, ist immer am fertigsten, die Einsicht seines Richters in Zweifel zu ziehen.

8. [2]

Der Mensch ward Richter. Noch ein Wort, rief ihm der majestätische Löwe zu, bevor du den Ausspruch thust! Nach welcher Regel, Mensch, willst du unsern Werth bestimmen?

Nach welcher Regel? Nach dem Grade, ohne Zweifel, antwortete der Mensch, in welchem ihr mir mehr oder weniger nüglich seyd.

Vortrefflich! versegte der beleidigte Löwe. Wie weit würde ich alsdenn unter dem Esel zu stehen kommen! Du kannst unser Richter nicht seyn, Mensch! Verlaß die Versammlung!

9. [3]

Der Mensch entfernte sich.

Maulwurf,

Nun, sprach der höhnische (und ihm stimmte der Hamster und der Igel siehst du, Pferd? der Löwe meint es auch, daß der Mensch unser Richter nicht seyn kann. Der Löwe denkt, wie wir.

wieder bey)

Aber aus bessern Gründen, als ihr! sagte der Löwe, und warf ihnen einen verächtlichen Blick zu.

10. [4]

Der Löwe fuhr weiter fort: Der Rangstreit, wenn ich es recht überlege, ist ein nichtswürdiger Streit! Haltet mich für den Vornehmsten, oder für den Geringsten; es gilt mir gleich viel. Genug ich kenne mich! - Und so ging er aus der Verfammlung.

Ihm folgte der weise Elephant, der kühne Tieger, der ernsthafte Bär, der kluge Fuchs, das edle Pferd; kurz, alle, die ihren Werth fühlten, oder zu fühlen glaubten.

Die sich am legten wegbegaben, und über die zerrissene Versammlung am meisten murreten, waren der Affe und der Esel.

11. Der Bär und der Elephant.

Aelianus de nat. animal. lib. II. cap. 11.

Die unverständigen Menschen! sagte der Bär zu dem Elephanten. Was fordern sie nicht alles von uns bessern Thieren! Ich muß nach der Musik tanzen; ich, der ernsthafte Vär! Und sie wissen es doch nur allzuwohl, daß sich solche Possen zu meinem ehrwürdigen Wesen nicht schicken; denn warum lachten sie sonst, wenn ich tanze?

Ich tanze auch nach der Musik: verseßte der gelehrige Elephant; und glaube eben so ernsthaft und ehrwürdig zu seyn, als du. Gleichwohl haben die Zuschauer nie über mich gelacht; freudige Bewunderung bloß war auf ihren Gesichtern zu lesen. Glaube mir also, Bär; die Menschen lachen nicht darüber, daß du tanzest, sondern darüber, daß du dich so albern dazu anschickst.

12. Der Strauß.

Das pfeilschnelle Rennthier fahe den Strauß, und sprach: Das Laufen des Straußes ist so außerordentlich eben nicht; aber ohne Zweifel fliegt er desto besser.

Ein andermal sahe der Adler den Strauß, und sprach: Fliegen kann der Strauß nun wohl nicht, aber ich glaube, er muß gut laufen können.

13. 14. Die Wohlthaten,

in zwey Fabeln.

[1]

Hast du wohl einen größern Wohlthäter unter den Thieren, als uns? fragte die Biene den Menschen.

Ja wohl! erwiederte dieser.

,,Und wen?"

Das Schaf! Denn seine Wolle ist mir nothwendig, und dein Honig ist mir nur angenehm.

[2]

Und willst du noch einen Grund wissen, warum ich das Schaf für meinen größern Wohlthäter halte, als dich Biene? Das Schaf schenket mir seine Wolle ohne die geringste Schwierigkeit; aber wenn du mir deinen Honig schenkest, muß ich mich noch immer vor deinem Stachel fürchten.

15. Die Eiche.

Der rasende Nordwind hatte seine Stärke in einer stürmischen Nacht an einer erhabenen Eiche bewiesen. Nun lag sie gestreckt, und eine Menge niedriger Sträuche lagen unter ihr zerschmettert. Ein Fuchs, der seine Grube nicht weit davon hatte, sahe sie des Morgens darauf. Was für ein Baum! rief er. Hätte ich doch nimmermehr gedacht, daß er so groß gewesen wäre!*)

16. Die Geschichte des alten Wolfs,

in sieben Fabeln.

Aelianus lib. IV. cap. 15.

[1]

Der böse Wolf war zu Jahren gekommen, und faßte den gleißenden Entschluß, mit den Schäfern auf einem gütlichen Fuß zu leben. Er machte sich also auf, und kam zu dem Schäfer, dessen Horden seiner Höhle die nächsten waren.

*) Ihr die ihr vom Geschick erhöht,
Weit über uns erhaben steht,

Wie groß ihr wirklich seyd, zu wissen,

Wird euch das Glück erst stürzen müssen. 1753.

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