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entstand sein Lustspiel gleiches Namens, welches zuerst in den Bremischen Beiträgen gedruckt wurde. Bald hernach, im J. 1747, erschien die Sammlung seiner Lustspiele, worin, auffer der Betschwester, noch die zärtlichen Schwestern, das Loos in der Lotterie, die kranke Frau, und aussers dem noch ein Singspiel, das Grakel, und ein Schåferspiel, Sylvia, enthalten find. Bei der Beurtheilung dieser Stücke muß man die Zeitperiode, in welcher sie geschrieben wurden, und den damaligen noch so wenig gebildeten Zustand des Deutschen Theaters in Erwägung ziehen, um diesem vers dienstvollen Schriftsteller auch von dieser Seite Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. ,, Unstreitig, sagt Leffing *), ist unter allen unsern komischen Schriftstellern Gellert derjenige, dessen Stücke das meiste ursprünglich Deutsche haben. Es find wahre Familiengemåhlde, in denen man sogleich zu Hause ist; jeder Zuschauer glaubt, einen Vetter, einen Schwager, ein Mühmchen aus seiner eignen Verwandts schaft darin zu erkennen. Sie beweisen zugleich, daß es an Originalnarren bei uns gar nicht mangelt, und daß nur die Augen ein wenig selten sind, denen sie sich in ihrem wahren Lichte zeigen. Unsre Thorheiten sind bemerkbarer, als bemerkt; im gemeinen Leben sehen wir über viele aus Guts herzigkeit hinweg; und in der Nachahmung haben sich unsre Birtuosen an eine allzuflache Manier gewöhnt. Sie machen fie ähnlich, aber nicht hervorspringend."- Uebrigens hat man von den Gellertschen Lustspielen von jeher, und wohl nicht ohne Grund, geurtheilt, daß sie sich besser lesen, als sehen lassen; und schon seit mehrern Jahren haben sie sich gaitz von unsrer Schaubühne verloren. Fast aber auch schon aus den Händen unsrer Leser, die immer nur nach neuen Schriften haschen, und die zu viel Ermüdung und Langes weile von jener Lettäre fürchten. Freilich wenn man Meis sterstücke

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*) Hamb. Dramaturgie, St. XXII.

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sterstücke des komischen Wiges und der dramatischen Kunst, wenn man immer reges, lebhaftes Interesse, wenn man viele Feinheiten der Anlage und der Ausführung, mehr Handlung als Gespräch, und Auffallendes in Beiden erwars tet; so möchte man sich in dieser Erwartung hier wohl ges täuscht finden. Auch trägt ohne Zweifel die seitdem vorges gangene beträchtliche Verändrung unsrer Sitten und Ums gangssprache dazu bei, daß uns jeßt in diesen Lustspielen manches mehr idealisch, als wahr, und nur wenig Scenen und Dialogen natürlich und leicht genug vorkommen. Håtte Gellert so viel entschiednes Originalgenie für die komische Dichtung, wie Shakspeare und Moliere besessen, so würde. dieß Alles dem Eindrucke seiner Schauspiele weniger im Wege stehen. So aber ist es sehr verzeihlich, wenn man sich in eine Welt und Gesellschaft nicht recht zu finden, und noch weniger lange daran zu ergößen weiß, die uns im wirks lichen Leben gar nicht mehr vorkommt; zumal, da selbst zu Gellert's Zeiten der in seinen Schauspielen herrschende Ton, wohl mehr nur Leipziger, als allgemeiner deutscher Ums gangston war. Indeß haben auch von dieser Seite diese Lustspiele einen gewissen historischen und charakteristischen; Werth; und ausserdem weiß man, welch ein strenger Beobs achter der Sittlichkeit dieser Dichter in allen seinen Werken war. Auch in seinen Lustspielen finden sich häufige Beweise, daß er, wie ihm Garve dieß Verdienst mit Recht beilegt,. bie moralische Welt auch in einem weiren Umfange tannte. ,,Er tannte die Empfindungen, das Betragen, die Sitten, die Neigungen, die Ausdrücke der verschiedenen Stånde und der verschiedenen Charaktere. Was er schildert, ist allemal kenntlich; und das innere Gefühl eines jeden Lesers stimmt bamit überein. Er tannte die Leidenschaften vielleicht nur in ihren sanftesten Aeußerungen; aber er war auch um so weniger in Gefahr, durch das Gemåhlde derselben schådlich zu werden." Gellert's Schriften sind übrigens in

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aller Hånden; und eine Probe aus einem seiner Lustspiele wäre daher überflüßig.

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IV.

Krüger.

Johann Christian Krüger, geb. zu Berlin, 1722, gest. zu Hamburg, 1750. Seiner dürftigen Glücksumstände ungeachtet, studirte er zu Halle und Frankfurt an der Oder. Theologie, wurde aber hernach im J. 1742 Schauspieler bei der damals in Berlin befindlichen Schönemannischen Ges sellschaft, und spielte nicht ohne Beifall. Im folgenden Jahre machte er seinen ersten dramatischen Versuch, die Geistlichen auf dem Lande, bekannt, welcher aber kein sonderliches Verdienst hatte, und daher von Löwen, dem Herausgeber seiner poetischen und theatralischen Schriften (Leipz. 1763. 8.) der verdienten Vergessenheit überlassen wurde. Im J. 1747 und 49 lieferte er die Ueberseßung einiger Schauspiele des Marivaux, und überseßte noch ausserdem verschiedne Komödien aus dem Französischen, die in der Schönemannischen Schauspielsammlung abgedruckt find. Für eben diese Bühne schrieb er auch neun allegorische Vorspiele in Versen, und folgende eigne Lustspiele: Der blinde Ehemann Die Kandidaten, oder, die Mittel zu einem Amte zu gelangen Der Teufel ein Bårens bauter Herzog Michel, nach einer in den Bremischen Beiträgen befindlichen Erzählung von Hrn. Schlegel → Hild den Anfang eines Lustspiels: der glückliche Bankerotierer. - Es bedarf allerdings vieler Nachsicht und Geduld, wenn man bei gegenwärtiger Lesung dieser Schauspiele, unter wels chen der blinde Ehemann und die Kandidaten wohl gewiß die besten find, die bald einleuchtenden mannichfaltigen Feh ler ihrer Bearbeitung übersehen, und den Vorzug anerken nen will, den sie vor den meisten damaligen Theaterstücken in

und

eben

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eben dem Grade behaupten, in welchem sie freilich den nachs herigen bessern Arbeiten unsrer meisten neuern Lustspieldichter nachzusehen sind. Wirtlich, sagt Lessing *), hat unfre Bühne viel an Krügern verloren. Er hatte Talent zum Niedrigtomischen, wie seine Kandidaten beweisen. Wo er aber rührend und edel seyn will, ist er frostig und affektirt.“ Man bemerkt fast überall sein Bestreben nach Erreichung der molierischen Manier; selten aber ist er glücklich darin. In seinem Dialog herrscht noch allzu viel müssiges Geschwäg; auch haben seine Charaktere nur selten interessante und aufe ⚫ fallende Züge der Natur. „Wenn man aber bedenkt, was Krüger unter der schweren Last der Arbeit, und unter der noch traurigern Beschwerde einer langwierigen Abzehrung, bei der sauern Arbeit des beständigen Auswendiglernens, bet der steten Veränderung des Aufenthalts, der ein deutsches Theater unterworfen ist, wenn es sich erhalten soll, bet mühs seligen llebersetungen, um etwas über seinen dürftigen Uns terhalt zu gewinnen, gethan hat; so wird man leicht schließen können, was er unter gegenseitigen Umständen, und in der Folge der Zeit, bei reifern Jahren und geprüfterer Erfahs rung, würde können geleistet haben."**) — Auch die edlen Vorzüge, wodurch sich Krüger's moralischer Charakter auss zeichnete, dürfen hier nicht übergangen werden. „Er war, nach dein Zeugnisse des Herausgebers seiner Schriften, voll Ehrfurcht gegen die heiligsten Pflichten der Religion, aufrichtig und dienstfertig gegen seinen Nebenmenschen, stets bescheiden mit seinen Gaben, immer mit seinem måßigen Glücke vers gnügt, ein Feind der Thorheit, nicht der Thoren. Sein Stand machte zuweilen ihre Gesellschaft nothwendig. Er war ganz Zärtlichkeit gegen seine Freunde, unermüdet in seinem Ber rufe, geduldig in seinem Leiden, und freudig und zufrieden Y 2

* Hamb. Dramaturgie, St. LXXXIII,

**) Bibliothek d. sch, W. B. X. S. 241 ff.

bei

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bei seinem Tode."
In den Kandidaten bewirbt sich
ein rechtschaffner, aber allzu wahrheitliebender Sekretår eines
Grafen bei ihm um eine erledigte. Nathsherrnstelle. Seine
Mitwerber sind ein unwissender Licentiat, der seine Absichten
durch Bestechung und durch das Versprechen einer-Zusam
menkunft des Grafen mit seiner hübschen Frau zu erreichen
sucht; und Daler, ein Fähndrich, der, in bürgerlicher Vers
kleidung, die Rachbegierde seines durch die Gräfin beleidigs
ten Obersten befriedigen, und sich, ihres Alters ungeachtet,
in sie verliebt stellen muß. Dieß giebt folgende Scene:

Die Gråfin. Valer.

Die Gråfin. Es ist gut, daß ich Sie noch in meinem Hause antreffe. Ich habe eben erfahren, daß mein Ges mahl einem gewissen Licentiaten die Rathsherrenstelle noch Heute zu geben versprochen hat. Darum müssen sie sich ja nicht entfernen, damit ich Sie, als meinen Kandidaten, dem seinigen zu rechter Zeit entgegen sehen kann. Der Licens tiat muß ein abgeschmackter und unwissender Kerl seyn. Der Tölpel untersteht sich zu glauben, daß es in meines Gemahls Gewalt sey, ihm die Bedienung zu geben, und daß er meis ner Gewogenheit dabei entbehren tönne. Mein gutes Herrs chen! und wenn Ihr Doktor dazu wåret, so sollt Ihr diesess mal nicht Rathsherr werden. Ihr wäret der erste Kandis bat, der ein Amt erhielt, ohne meine Stimme zu haben. Sie find tlüger, Herr Valer, Sie verstehen es, eine Sache am rechten Ende anzugreifen,

Valer. Unterdessen muß ich doch zum Ruhme Ihrer Excellenz, und vielleicht auch zu dem meinigen, bekennen, daß ich diese Klugheit nicht von mir selbst habe. Die vors trefflichen Eigenschaften Ihres Geistes, gnådige Frau, Ihre Hoheit, Ihr scharfsinniger Verstand, Jhrss

Die Gräfin. (verdrießlich) pfui! bleiben Sie mit ders gleichen läppischen Schmeicheleien zu Hause.

Daler.

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