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Valer. Mehr als alles aber die Gewalt Ihrer geistreichen Augen, Ihre von Jugend und Schönheit noch blus hende Gesichtszüge, so viel Annehmlichkeiten, welche den Liebesgott selbst auf Ihrer glänzenden Stirn, auf Ihrem feurigen Munde, auf Ihren tüssenswerthen Hånden, in Ihrer ganzen Leibesgestalt, abzeichnen sa s

Die Gråfin. (verliebt) Ach! Sie haben einen guten Geschmack!

Valer. Alle diese Reizungen, von welchen man die bewundernswürdigste nicht auszulesen weiß, haben mich in der Schule gehabt. Ich schäße mich mit Recht für den glücks seligsten Kandidaten, der noch jemals um ein Amt angehals ten hat. Was für eine Wollust ist es nicht, die Gewalt so vieler Schönheiten zu empfinden! Es kann kein Mensch, der gesunde Augen hat, Ihre Excellenz betrachten, ohne in Shren Blicken sogleich die Nothwendigkeit gewahr zu werden, sich um Ihre Gewogenheit zu bewerben, wenn er in seinen Absichten glücklich seyn will. Ich zum wenigsten habe diese Wahrheit so stark eingesehen, daß ich es gar für unnöthig gehalten habe, mich weitläuftig bei Ihrem Gemahle beltebr zu machen. Ich empfinde es, daß Ihre Excellenz mächtig genug sind, mich allein glücklich zu machen, und mir ein Amt zu geben, in dessen Bekleidung ich zeitlebens ein Zeuge niß von Ihrer Gewalt und Weisheit ablegen werde.

Die Gråfin. Sie betriegen sich vielleicht, Herr Valer. Meine Reizungen müssen in der That nicht so mächtig seyn, da der Licentiat so verwegen seyn kann, über dieselben hins zusehen.

Valer. Das ist sein Unglück, aber nicht der Fehler Ihrer Reizungen. Er muß keine Augen, kein Gefühl, teis nen Geschmack haben.

Die Gråfin. Der Klok!

Daler. Er mag wohl gar in dem Irrthume stehen, daß Ihre Excellenz alt find.

Die Gräfin. Der Tdipel!

Valer. Oder, er mag sich auch scheuen, Ihren Herrn Gemahl eifersüchtig zu machen.

Die Gråfin. Der Narr!

Valer. Oder er mag auch Ihrer Excellenz so wenig Wissenschaft zu leben zutrauen, und glauben, Sie wåren in Ihren Herrn Gemahl so verliebt, daß Sie den Weihrauch verschmähen würden, welchen Ihnen auch andre Mannss personen zu opfern schuldig sind,

Die Gråfin. Der einfältige Tropf! Kein Klang ist in meinen Ohren verhafster, als der Ton der Schmeicheleien, die mir mein Gemahl vorsagt. Allein zu meinem Glücke geråth er eben nicht oft auf diese Ausschweifung; diese Thorheit kommt ihm nur an, wenn er ein wenig getrunken hat.

Valer. Darin sind Ihre Excellenz noch glücklich. Ich tenne Frauen bürgerlichen Standes, welche recht von den Liebkosungen ihrer Månner belagert sind, und doch lieber in der Nachbarschaft eines Tag und Nacht lårmenden Großs schmides wohnen würden, wenn sie dadurch das Kreuz los werden könnten, daß sie die Seufzer ihrer verliebten Måns ner anhören müssen.

Die Gråfin. Ich kann aber bei dem allen die Ursache nicht ergründen, warum uns Frauen die Seufzer der Uns beter lieblicher klingen, als die Seufzer unsrer Månner; es sind doch Einmal wie allemal Seufzer. Ich kann nicht umhin, Ihnen zu gestehen, daß ich es für eine Schwachheit halte, aber diese Schwachheit hat in meinen Augen so etwas angenehmes und bezauberndes, daß ich lieber todt feyn, als diese Schwachheit nicht an mir haben wollte.

Valer. Ihre Excellenz haben vollkommen Recht; denn ein Leben ohne Schwachheiten ist ein verdrießliches Einerlei, welches einem Schlafe nicht unähnlich ist. Die Ursache aber von diesem Geschmacke der Frauen liegt in der Natur und in der Vernunft selbst. Die Seufzer eines Mannes sind

durch

durch den Argwohn vergiftet, daß sie nur die kalte Pflicht hervorbringt; die Seufzer eines Unbeters aber entstehen alles mal aus der feurigen Neigung. Diese sind die Wirkung der Vortrefflichkeiten eines Frauenzimmers; jene aber nur eine Nothwendigkeit, welche allemal etwas verdrießliches mit sich führt. Wenn ich hier aber von einer feurigen Neigung rede, so kann ich solches aus meinem Beispiele beweisen; denn ungeachtet mich die Ehrfurcht, welche ich als ein Bürs gerlicher Ihrem Stande und Ihrer Geburt schuldig bin, im Zaume halten sollte, so reissen mich doch Ihre Annehmlich, keiten aus den Schranken, und machen meine ganze Seele gegen Sie so zärtlich, als ob mich die Geburt berechtigtes

Die Gräfin. (verliebt) Ach! die Zärtlichkeit ist weit stårker, als Geburt und Stand; ich empfinde es nur allzu fehr. Noch mehr, ich muß Ihnen bekennen, daß ich von dem Umgange mit Edelleuten gar keine Freundin bin; ihre Liebesgeständnisse sind mehr zuversichtlich gegen ihre eignen Verdienste, als demüthig und empfindlich gegen die unsrigen. Vor allen aber find die Officiere in meinen Augen die abscheus lichsten; sie seufzen nicht nach unsern Gunstbezeugungen, fle wollen sie durch Drohen und Pochen erzwingen; sie meinen, es sei mit der Eroberung eines Herzens eben so beschaffen, als mit der Eroberung eines Citadells. Der Sturm sei der kürzeste und rühmlichste Weg. Die guten Herren wissen aber nicht, daß eine Dame nicht so unter den Fuß zu brins gen ist, als ein Regiment.

Paler. Ihre Excellenz irren sich in ihren Empfinduns gen gar nicht. Ein Officier verschwendet so viele Lobesers hebungen an seine Heldenthaten, an seine Wunden, an seine Gefahr, an seine Tapferkeit, daß er keine Worte übrig behålt, den Vortrefflichkeiten eines Frauenzimmers Lobreden zu halten. Es kann daher nicht fehlen, er muß mißfallen. Mit uns Gelehrten ist es ganz anders beschaffen. Ich wer nigstens wollte wohl ein ganzes Jahr lang von Ihrer Excels ❤ 4

lenz

lenz bewundernswürdigen Eigenschaften reden, und doch noch Materie genug übrig haben, Sie die folgenden Jahre damit zu unterhalten.

Die Gråfin. Und Sie besißen eine so einnehmende Beredsamkeit, daß ich niemals müde werden würde, Sie anzuhören. Allein, es ist zwar eine schöne Sache um eine angenehme Unterredung; doch ein zärtlicher und feuriger Liebhaber lässt es nicht dabei bewenden; er unterbricht das Gespräch zuweilen durch ein wenig Leichtfertigkeit. Er hat seinem geliebten Gegenstande so viel zu sagen, daß ihm die Sprache zu unvollkommen ist, sich auszudrücken; er nimmt noch andre Zeichen zu Hülfe. Verstehen Sie mich? Herr

Baler?

Valer. (füiffet ihre Hand) Urtheilen Ihre Excellenz selbst, pb ich Sie verstehe,

Der Graf. Die Vorigen.

Der Graf. (ohne die andern zu sehen) Der Licentiat ist ein Zauderer. Erst hat er mir den Mund durch die Abschils derung seiner Braut ganz wåssericht gemacht; und nun muß ich mir bald die Augen blind nach ihr sehen. (Er sieht sich nach allen Thüren und Fenstern um)

Valer. (obne den Grafen zu sehen) Meine Lippen saugen zu viel Wollust aus dieser reizenden Hand; ich kann unmögs lich schon aufhören. (Er wiederholt die Handküsse.)

Die Gräfin (fehr verliebt) Ach! was haben Sie für feurige Lippen! Sie brennen recht, sie entzünden mein gans zes Geblüte.

Der Graf. Ha! wo ich nicht irre, so ist sie schon da. (Er geht auf die Gräfin zu.)

Valer. (wiederholt den Handfuß, und wird zugleich den Grafen gewahr.) Da ist Ihr Gemahl.

Der

Der Graf. Mein schönstes::: Ey! es ist meine Frau. (ju Baler) Lassen Sie sich nicht stören, mein Herr; ich suchte Jemand anders. (Geht ab.)

V.

Romanus.

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Karl Franz Romanus, geb. zu Leipzig, 1731, gest. zu Dresden, als kurf. sächs. wirklicher Geheimer Kriegsrath, 1787. Ein paar Stücke von ihm waren schon früher auf dem deutschen Theater gangbar, als sie von ihm im J. 1765 in eine Sammlung gebracht wurden, welche bloß den Titel, Komödien, führt. Diese enthält folgende Lustspiele: Die Brüder, nach dem Terenz, in fünf Aufzugen Krispin als Vater - Der Wechselschuldner Das Tarockspiel Der Vormund. Man hat Unrecht, diese Stücke jeßt ganz unaufgeführt zu lassen; ungelesen sollten sie aber wenigstens nicht bleiben, weil sie wirklich viel originalen Werth, und mehr ächte komische Kraft haben, als man in allen, auch den besten, deutschen Lustspielen unsrer frühern Geschmacksperiode findet. Das gerechte Lob, welches vers schiedne Kunstrichter von Ansehen ihnen ertheilt, scheint indeß nicht sehr auf unser Publikum gewirkt zu haben. Das erste Stück, die Brüder gaben dem sel. Leffing *) zu einer trefflichen Bergleichung dieser Nachahmung mit dem Originale des Terenz, und zu einer kritischen Zergliederung der Vor: züge dieses leßtern, Gelegenheit. Es heisst darin unter ans dern:,, Herr Romanus hat seine Komddien zwar ohne seinen Namen herausgegeben; aber doch ist sein Name durch fie bekannt geworden. Noch jetzt sind diejenigen Stücke, die sich auf unsrer Bühne von ihm erhalten haben, eine Empfehs lung seines Namens, der in Provinzen Deutschlandes ger Y 5 nannt

*) Hamb. Dramaturgie, St. LXX. XCVI ff.

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