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1. Horaz und die römische Dramatik. Von Professor Josef Lindenthal. 2. Schulnachrichten. Mitgeteilt von Direktor Hans Kny.

Oberhollabrunn 1905.

Eigentum und Verlag des k. k. Staats-Gymnasiums in Oberhollabrunn.
Druck von Maximilian Jordan, Oberhollabrunn.

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Horaz und die römische Dramatik.

Von Prof. Jos. Lindenthal.

Die kleine römische Militärkolonie Venusia, die Geburtsstätte Horazens, bot keine Gelegenheit zu einer höheren Ausbildung; denn über Lesen, Schreiben und Rechnen, das Trivium der Alten, dürften die Bildungsmittel des Flavius, der in Venusia eine öffentliche Schule hielt,1) nicht hinausgegangen sein. Um nun dem aufgeweckten Knaben eine bessere Erziehung geben zu können, übersiedelte der Vater Horazens nach Rom. Die glanzvolle Metropole des römischen Reiches war von jeher ein kraftvoller Nährboden für alle aufstrebenden Elemente gewesen; in Rom konnte ein keimendes Talent Nahrung finden und sich entfalten.

Hier also genoß Horaz weiteren Unterricht. In der Schule des plagosus Orbilius) beschäftigte ihn vor allem die Lektüre des Homer.3)

Hier lernte er die Odyssee kennen in der nur schwerverdaulichen Uebersetzung des Livius Andronikus,4) ferner wahrscheinlich auch die Ilias in der Uebersetzung des Matius oder des Ninnius Crassus, 5) wenn er nicht gar jetzt schon beide Gedichte im Original las. Denn wir dürfen annehmen, daß er schon in Venusia, wo sich Griechen und Römer ganz nahe berührten, griechisch sprechen gelernt hatte.")

Vor allem aber hat Horaz schon in dieser Zeit, was wohl keinem Zweifel unterliegen darf, den Grund gelegt zu seinen

1) Hor. Sat. I, 6, 72.

2) Hor. Epist. II, 1, 70.

3) Hor. Epist. II, 2, 41: Romae nutriri mihi contigit atque doceri, iratus Graecis quantum nocuisset Achilles. Quint. inst. or. I, 8, 5: optime institutum est, ut ab Homero....lectio inciperet.

4) Hor. Epist. II, 1, 69 ff: Non equidem insector delendave carmina Livi esse reor, memini quae plagosum mihi parvo Orbilium dictare.

5) Otto Ribbeck, Gesch. d. röm. Dicht. II. Bd. p. 108.

6) Vgl. Dillenburger, Q. Horatii Flacci opera omnia. Ed. VII, Bonnae 1884. puer tamen Horatius

p. 3: Atque etiamsi pater Graecus natione non fuit,.

.....

in paterna domo utraque lingua usus esse.... videbitur. S. auch ib. Anm. 9.

nachherigen, umfassenden und gründlichen Studien der römischen. Dramatik; und die Worte: non equidem delenda carmina Livi esse reor werden sich nicht, wie gewöhnlich angenommen wird, bloß auf die Uebersetzung der Odyssee beziehen, sondern es werden damit ebensogut die kunstlosen, von der späteren Zeit überholten Dramen des Livius Andronikus gemeint sein.

In dieser Meinung, daß nämlich auch das eine oder andere Drama des Ahnherrn der römischen Dramatik in der Schule gelesen wurde, bestärkt uns Cic. Brut. 18, 71: nam et Odyssea Latina est sicut opus aliquod Daedali et Livianae fabulae non satis dignae, quae iterum legantur. Die Dramen des Liv. Andronikus also wurden gelesen und wahrscheinlich in der Schule wie die Odyssee, die noch mehr einem Irrgarten glich als seine Dramen, die nicht dafür standen, zum zweitenmale gelesen zu werden, nachdem man sie zum erstenmale in der Schule hatte lesen müssen. Unterstützt wird unsere Meinung auch durch Hor. Epist. II, 1, 84 f.: Die älteren Leute hängen an den alten Dramen und unterschätzen infolgedessen die neuen,

..quia turpe putant parere minoribus et quae imberbi didicere senes perdenda fateri.

Der Sitte der damaligen Zeit folgend, ging Horaz zum Zwecke einer höheren Ausbildung als 20jähriger Jüngling nach Athen, um dort die bedeutendsten Lehrer seiner Zeit zu hören. War es auch vorzugsweise die Philosophie, deren Studium er nach der herrschenden Sitte betrieb, so wird er gewiß auch entsprechend seiner Neigung ein Großteil seiner freien Zeit den griechischen Dichtern gewidmet haben. Neben der Lyrik, deren klassische Formen ihm in Fleisch und Blut übergingen und die er nachher so meisterhaft verwertete, waren es besonders die Dramatiker, die seinen jugendlichen Sinn fesselten; denn daß Horazens Studien der römischen und griechischen Dramatik gerade in der Jugend eingehende und umfassende gewesen sein müssen, umfassender noch als die Studien auf anderen literarischen Gebieten, das beweisen am besten diejenigen Gedichte, die seiner Sturm- und Drangperiode am nächsten liegen, nämlich seine Satiren. Eine ganze Reihe von Stellen und Ausdrücken, die dem Gebiete der Dramatik entlehnt sind, ferner Erwähnungen von Dramatikern, Schauspielern, Schauspielerinnen, Theatervorgängen u. s. w. legen beredtes Zeugnis davon ab, wie tief das Interesse war, das Horaz der Dramatik entgegenbrachte.

Diese aus den Satiren geschöpften Stellen, die sich noch vermehren lassen,1) sind folgende:

Sat. I, 1, 10: ostia pulsat: Arist. Ran. 460: thν dúpav xófw. I, 1, 18: mutatis discedite partibus: „Das Leben ist ein Drama, wo jeder seine Rolle spielt." Fr.2)

I, 1, 19: Atqui licet esse beatis: Aristoph. Plut 286.

1, 1, 20 f.: Ouid causae est, merito quin illis Juppiter ambas iratus buccas inflet. „Nahe liegt eine Parallele mit Eurip. Iph. Aul. 381: τί δεινὰ φυσάς;“ Fr.

I, 1, 33: Parvula, nam exemplo est, magni formica laboris. Daß dem Dichter hier die Stelle: Formicae pol persimil est rusticus) vorschwebte, ist wahrscheinlich.

I, 1. 44: . . . . . . quid habet pulchri constructus acervus? Milia frumenti tua triverit area centum non tuus hoc capiet venter plus ac meus. Diese Verse betrachtet A. Göbel1) als Weiterführung der von Euripides in El. 427, Phoeniss. 554, Jon 646 ausgesprochenen Gedanken.

I, 1, 61: bona pars, ein Ausdruck, der auch bei Ter. Eun. I, 2, 43 = 123 vorkommt.

I, 1, 63: Quid facias illi? Vgl. Ter. Andr. I, 1, 116 quid facias illi, qui dedit damnum aut malum?

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I, 1, 99 f. ..... At nunc liberta securi divisit medium, fortissima Tyndaridarum: Erinnerung an die von den Tragikern oft behandelte Ermordung des Agamemnon durch Klytämnestra. Vgl. Soph. El. 99 ff.

I, 2, 1: pharmacopolae: Das griechische Wort findet sich bei Aristoph. Nub. 767 (Dind.)

I, 2, 2: mimae.

I, 2, 20:........ ut pater ille Terenti, fabula quem bezieht sich auf den Greis Menedemus, eine Figur in Terenz Heautontimorumenos.

1) Uebergangen wurde eine ganze Reihe von einzelnen Ausdrücken und Formen, die mit den bei römischen und griechischen Dramatikern vorkommenden eine auffallende Aehnlichkeit haben, so daß die Vermutung einer Anlehnung oder unbewußten Erinnerung von Seite Horazens nahe liegt.

2) Fr.

Leipzig, 1875.

Ad. Th. Herm. Fritzsche: Des Q. Hor. Flaccus Sermonen.

3) Ribbeck, Comic. Lat. Rel. p. 119.

4) Horaz und Euripides, in Ztschr. f. d. GW. 1851, p. 315.

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