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wieland. Der noch die Luft erfüllt. Drauf sinkt ein scheuer Blick
Auf ihren Vater hin, der wie in Todesschlummer
Zu starren, scheint. Sie seufzt, und wehmuthsvoller
Kummer

Mischt Bitterkeit in ihres Herzens Glück.

77.

Sie hüllt sich ein. Herr Hüon, dem die Liebe
Die Sinnen schärft, sieht nicht so bald
Ihr Herz beklemint, ihr schönes Auge tråbe,
Co drückt er sie, mit zärtlicher Gewalt,,
Den rechten Arm um ihren Leib gewunden,

er, ́ch

Zum Saal hinaus. Komm, spricht er, eh die Nacht
Uns überrascht, und jeder Arm erwacht,

Den uns zu Lieb der Geist mit Zauberschlaf gebunden.

78.

Komm, laß uns fliehn, eh uns den Weg zur Flucht
Ein neuer Feind vielleicht zu sperren sucht;
Und sey gewiß, sind wir nur erst geborgen,

Wird unser Schüßer auch für diese Schläfer sorgen.
Dies sprechend trågt er sie mit jugendlicher Kraft
Die Marmortrepp' hinunter bis zum Wagen,"
Den Oberon zu ihrer Flucht verschafft,
Und eine süssre Last hat nie ein Mann getragen.

4

von Nicolai.

S.B.I. S. 69. und -228.

v. Nicolai.

Von den neun Bånden

Bei so

seiner Vermischten Gedichte machen die romantischen Er, zählungen den größten Theil aus, wozu der Stof meistens aus dem Ariost und Bojardo entlehnt ist. Aber Manier und Einkleidung gehören dem deutschen Dichter eigenthüm lich, und haben seinen Erzählungen mit Recht Beifall und Bewunderung erworben. Er versteht gar sehr die Kunft, ins teressante Situationen anzulegen und auszuführen, die Phans tasie durch abwechselnde Gemählde beständig wach zu erhals ten, den Ausdruck des Ernsthaften und Komischen, des Starken und Sanften, gehörig abzuwechseln, und den Geist des Lesers in seine Ritterwelt hinein zu zaubern. mannichfaltigen Schönheiten übersieht man leicht einige Mängel und Schwächen des Vortrags, einige Weitschweiz figkeiten und Ermättungen des Tons. Die hier gelieferten Rittergeschichten find folgende: Richard und Meliffe Galwine, in sechs Gesängen — Alcinens Insel, in zwei Gryphon und Grille, in zwei Büchern Anselmo und Lilla; alle nach dem Ariost — Morganens Grotte, in vier Büchern, nach dem Bojardo — Das Schöne, eine Feenerzählung, in Prose Der Zauberbecher, nach dem Ariost-Reinhold und Angelika, nach dem Bojardo. — Es ist schwer, aus einem solchen Reichthume zu wählen; fol gende kleine Episode aus Zerbin und Bella sey bloß cin Vorschmack, um Leser, die mit diesem Dichter noch unbes kanut sind, zu dem Bergnügen seines vollen Genuffes zu reis jen.

Büchern
Zerbin und Bella, in sechs Gesängen

-

Zerbin und Bella, Ges. VI.

Im Maurenheere kam vor kurzem Stordilan,
Ein Fürst aus Spanien, mit seiner Tochter an.
So wie die rege Wolke zart gebauter Mücken
Auf einen einz'gen Hauch des Nordes niederfällt,
So fühlte jeder Sarazenenheld

.

v. 27colai. Sein Herz von Doralizens Blicken Versengt. Allein sobald es ruchtbar ward, Daß Rodomont und Mandrikard

Sich öffentlich um ihre Gunst bewarben,

So trat die schwächre Schaar, neugierig, wen das
Glück

Von beiden treffen werde, hoffnungslos zurück.

Wie manchen Sieg erhielt, mit Doralizens Farz ben

Bezeichnet, Rodomont! Wie manche Ritter starben Von des Verliebten Hand! Durch wie viel Christens blut

Bewies er Doralizen seine Glut!

Und auch mit wie verächtlichem und hohem Blicke
Sah er auf Mandrikards unblut'gen Dienst zurücke,
Der damals seufzend in dem Zelte saß,

und ob der Liebe Krieg und Ruhm vergaß!

Das ganze Heer der Sarazenen

Versprach dem Tapfern schon gewiß die Hand der Schö

nen;

Allein der schlaue Chan der Tartarei,

Wohlwissend, daß mit stillem Fleiß, mit süssem Schmach

ten

Und Küssen einer Dame mehr gedienet sey,

Als mit zehntausend Umgebrachten,

Ließ sich durch keine Reden, keinen Schein

In seinem heimlichen Entwurfe stören,

Ließ Rodomanten seine Siegeskränze mehren,

Und schlich indessen sich bei Doralizen ein,

Warf brennend sich vor ihre Füße,

Und bat und schwur, und wagte schwach verwehrte

Küsse.

Und meiner Meinung nach ging dieser aufs Gewisse.

Nun traf es sich, daß beide sich zu gleicher Zeit
Und mit gleichseit'ger Sicherheit

Zum Vater hinbegaben, ihm ihr Herz erklärten,
Und seiner Tochter Hand begehrten.
Mit bitterm Hohn und stolzer Art
Sah den verwegnen Mandrikard

Der

Der Afrikaner an, verwies ihm sein Erkühnen,
Und hieß ihn feiger Memmen Töchtern dienen.
Mit tålterm Blute, mindrer Eitelkeit,
Gesetzter Zuversicht und Unerschrockenheit

Hicß Mandrikard hinwieder Rodomonten schweigen,
Und trug sich an, ihm in besonderm Streit
Sein Recht auf eines Helden Kind zu zeigen.
Der Vorschlag wird genehmigt. Jede Rechte fährt
Echon an das Heft, und reisst das helle Schwert
Zur Hälfte schon aus der beståhlten Scheide.
Der gute Stordilan tritt bittend zwischen beide,
Beschwöret ihren Zorn zu ruhn,

Und Agramanten lässt er schnell zu wissen thun,
Was für ein großer Zwist in seinem Zelte brenne,
Den nur sein Ansehn stillen könne.

Der König eilt herbei, besänftigt jeden Geist
Zuerst durch Lob und Hoffnung; überweist
Darauf die Zånker von der Thorheit dieses Krieges,
Der durch das Ungefähr des Sieges

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Der Schönen keine Wahl erlaubt,
Ihm aber eines seiner Tapfersten beraubt.
Zulegt befiehlt er, als ihr Oberhaupt,
Daß beide fich durch einen Eid verpflichten,
Nach Doralizens Willen sich zu richten;
Und schnell sind sie dazu bereit.

In seines Königs Hand schwur jeder einen Eid,
Daß, wen nun auch die Wahl des Fräuleins treffen
sollte,

Der andre, sonder weitern Anspruch auf die Schlacht,
Sich seiner Hoffnung in Geduld begeben wollte.

Die junge Schöne wird herbei gebracht;

Sie steht, umringt von einem neubegier'gen Schwarı

me.

Ein enges Kleid gesteht den schönen Wuchs der Arme,
Des Leibes und der Brust. Die Hånde tief gefügt,
Das Kinn dem Busen nah, mit schamerhißten Wan-
gen,

Mit Blicken, die bescheiden an der Erde hangen,
In denen aber doch verbissnes Lächeln siegt,
Hört sie den Vortrag Agramants, und schweiget.

V. Nicolai.

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v. Nicolai. Von beiden Seiten naht sich ihr das Freierpaar,
Und jeder reichet ihr die Hand, erwartend, dar.
Nach einem kurzen Zaudern steiget

Der scheue Blick empor; als wählend flieget er
Ein Weilchen zwischen beiden hin und her,
Bis er sich in des Tartars heissen Blick versenket,
Dem sie zugleich beschämt die kleine Rechte; schenket.

Dem Hirten gleich, wenn ihn bei hellem Horizont
Ein unversehner Donnerknall erschüttert,

Und sein erschlagnes Lamm vor seinen Füßen zittert,
Steht der erstaunte Rodomont.

Dem Schrecken folget Zorn, und tiefer Schmerz der
Schande.

Ungültig, ungerecht schilt er die Wahl,

Fährt mit der Faust an seinen Stahl,

Uneingedenk der heil'gen Bande

Des Eides. In des Königs Gegenwart

Spricht er: Mein Schicksal kann mein Schwert allein

bestimmen,

Und nicht ein leichtes Weib, geneigter stets zum
Schlimmen.

Wie du begehrst, so sei's, erwidert Mandrikard,
Auch er von Zorne heiß. Aufs neue schweben
Jht beide, fortgerafft vom Sturme rascher Wuth,
Dem sie die vollen Segel übergeben,

Weit von dem Hafen wieder auf der hohen Fluth.
Doch Agramant, der sich zu Rodomonten kehret,
Des neuen Unrechts ihn belehret,

Ihm den gebrochnen Eid verweist,
Ihm sein Gebot verehren heisst,

Macht endlich daß sein Zorn die Segel streichet,
Und sein empörter Stolz gezwungen weichet.

Er stürzt durch die getrennte Menge fort,
Steht einmal noch, das Zelt verlassend, stille,
Und schickt an Mandrikarden dieses Wort:
Dein sey das Weib! damit ich meinen Eid erfülle;
Doch einen neuen schwdr' ich hier:
Nie fecht' ich wieder in dem Heere,
Bis ich die Kränkung meiner Ehre

(Denn

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